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Gundelfingen-Hellenstein, Adelsfamilie

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Siegel Ulrichs II. von Gundelfingen, 1280. (Staatsarchiv Augsburg KU Kaisheim 227 [1280 III 21])

von Christof Paulus

Edelfreies Geschlecht, das seit Beginn des 12. Jahrhunderts im schwäbischen Donautal auftrat. Seit spätestens Friedrich I. Barbarossa (reg. 1152-1190) befanden sie sich im Gefolge der Staufer und gelangten so in der bedeutenden spätstaufischen Zentralregion an der Donau zu Einfluss. Das Geschlecht blühte im 13. Jahrhundert. In dieser Zeit gründete es bei der Stammburg die Stadt Gundelfingen (Lkr. Dillingen a. d. Donau). Auf dem Höhepunkt ihrer Bedeutung stellten die Herren von Gundelfingen wichtige geistliche Würdenträger. Mitte des 14. Jahrhunderts starb die Familie aus.

Zur Forschung

Die genealogische Forschung trennt die Herren von Gundelfingen-Hellenstein/Gundelfingen a. d. Donau (Landkreis Dillingen a. d. Donau) von denen im Lautertal (Gundelfingen, Gde. Münsingen, Lkr. Reutlingen, Baden-Württemberg), was sich wegen Gleichnamigkeit oft als schwierig erweist. So wurde auch die Ansicht vertreten, bei den Gundelfingern handle es sich um ein mächtiges hochadliges Geschlecht mit Wirkungsbereich vom schwäbischen Donautal über die Ostalb bis zum Westrand des Rieses. Zur historischen Untermauerung wurde eine Abkunft von den Hupaldingern des 9. und 10. Jahrhunderts angenommen, deren Güter in diesem Bereich nachzuweisen sind. Ferner vermutete man eine Verwandtschaft mit den Staufern, was die Königsnähe der Gundelfinger erklären könnte. Da die genauen genealogischen Zusammenhänge im Dunkeln liegen, wird im Folgenden die gängige Zweiteilung zwischen den Herren von Gundelfingen-Hellenstein und denen im Lautertal beibehalten.

Anfänge des Geschlechts

Um 1100 ist ein Billung von Gundelfingen (Pillunc de Gundolvingen) Zeuge in einer Traditionsurkunde des Augsburger Benediktinerklosters St. Ulrich und Afra. Vermutlich reicht die Geschichte der Burg Gundelfingen in diese Zeit zurück. Wo diese stand, ob in der Südostecke der Stadt in der Nähe des Unteren Tors oder auf dem Buschel in der Gegend des heutigen Bahnhofs, ist umstritten. Siedlungsspuren lassen sich in der Gegend, für die die Römerstraße zwischen Faimingen (Stadt Lauingen, Lkr. Dillingen a. d. Donau) und Urspring (Gde. Lonsee, Alb-Donau-Kreis in Baden-Württemberg) eine zentrale Bedeutung hatte, weit zurückverfolgen. Zum Verwandtenkreis des erwähnten Billung gehörten Gumpert und Kuno, die um 1120 das wohl vom Hirsauer Reformideal bestimmte Benediktinerkloster Echenbrunn (Gde. Gundelfingen a. d. Donau, Lkr. Dillingen a. d. Donau) stifteten und dieses mit Gütern in Echenbrunn, Gundelfingen, Hygstetten und Peterswörth (Gde. Gundelfingen a. d. Donau) ausstatteten. Vielleicht entstammte auch der Abt Gotebold (1122) dem Geschlecht. Da Echenbrunn keinen Anteil an der fruchtbaren Hochterrasse hat, sondern an den Wäldern der Donauauen, mag der Klostergründung, der Papst Calixt II. (reg. 1119-1124) am 24. März 1122 Besitz sowie freie Abt- und Vogtwahl unter Berücksichtigung verwandtschaftlicher Bande (consanguinitas) bestätigte, der Charakter einer Ausbausiedlung zugekommen sein. Etwa zur gleichen Zeit sind ein Sifrid, Rudprecht, Reginboto und Gerung von Gundelfingen mit Beziehungen nach Schwabmühlhausen (Gde. Langerringen, Lkr. Augsburg) nachzuweisen.

Bindung der Gundelfinger an die Staufer im 12. Jahrhundert

In der Folgezeit zeigten sich die Gundelfinger als treue Anhänger der Staufer. Mehrfach sind die Brüder Rupert, Diemo II. und Gottfried als Vasallen Friedrichs I. Barbarossa (reg. 1152-1190) belegt. 1170 erscheint Gottfried im kaiserlichen Gefolge. Im Mai 1171 lassen sich Diemo und Gottfried zu Giengen a. d. Brenz (Lkr. Heidenheim, Baden-Württemberg) im Umkreis Barbarossas nachweisen. Diemo trat 1171 in Donauwörth als Zeuge bei der Privilegienbestätigung Barbarossas für die Benediktinerabtei Ottobeuren auf. Im April 1172 fanden sich die beiden Brüder auf dem Hoftag Friedrichs I. in Würzburg ein. Nochmals 1183 und 1189 ist Diemo, der seinen Bruder überlebte, doch wohl keine männlichen Nachkommen hatte, im Umkreis des Kaisers bezeugt. Um 1203 verlieh König Philipp (reg. 1198-1208) Diemo II. die Vogteirechte über Güter des Zisterzienserklosters Heilsbronn in der Gegend von Gunzenhausen (Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen).

Die Blüte der Gundelfinger im 13. Jahrhundert

Die Bedeutung der Gundelfinger in der für die Staufer wichtigen Gegend führte zu einer "weltlichen Blüte" des Geschlechts im 13. Jahrhundert. Ulrich I., wohl Sohn Gottfrieds, und sein gleichnamiger Sohn Ulrich II. lassen sich von der Zeit wenig nach der Jahrhundertwende bis 1280 nachweisen. Ulrich I. erscheint in Urkunden des Staufers Philipp wie im Gefolge des Welfen Ottos IV. (reg. 1198/1208-1218). In der Nähe König Konrads IV. (reg. 1237-1254) ist 1246 zu Augsburg Ulrich II. bezeugt, der sich bereits ab der Jahrhundertmitte nach der wohl unter der Regierungszeit Friedrichs II. (reg. 1220-1250) als Lehen empfangenen und nahe Gundelfingen gelegenen Reichsburg Hellenstein (meist in der Form Haellvnstaein) nannte, die das Geschlecht jedoch nicht lange halten konnte. 1251 nahm Ulrich in Neresheim (Ostalbkreis, Baden-Württemberg) am Begräbnis des Dillinger Grafen Ludwig teil. Bei diesem Anlass trug Ulrich erstmals die Bezeichnung "de Helenstein". Im Oktober 1266 bezeugten Ulrich II. und sein Sohn Degenhard in Augsburg die Belehnung Konradins (1252-1268) mit der Augsburger Hochstiftsvogtei. Bis zuletzt bewahrten die Gundelfinger weitgehend eine staufertreue Gesinnung. Als das konradinische Erbe an die Wittelsbacher fiel - bereits 1251/1252 hatte König Konrad IV. die staufischen Besitzungen im ostschwäbischen Donautal an seinen Verwandten, Herzog Otto II. von Bayern (reg. 1231-1253), verpfändet -, nahmen sich diese in der Folge verstärkt auch der Gegend um Gundelfingen an. Ottos Sohn, Ludwig II. (reg. 1253-1294), durchdrang die Gegend herrschaftlich, worüber das jüngere bayerische Herzogsurbar, das für die civitas Gundelfingen 55 Hofstätten aufführt, Zeugnis ablegt. Degenhard von Gundelfingen, Sohn Ulrichs II., erscheint 1270 als Edler von Aislingen (Lkr. Dillingen a. d. Donau). Vielleicht ließ er die dortige Burg anlegen.

Bedeutende Vertreter um die Wende zum 14. Jahrhundert

Um 1300 erreichte das Geschlecht mit den Söhnen und Enkeln Ulrichs II. seinen Höhepunkt. So war etwa Andreas von Gundelfingen zunächst Propst in den Chorherren-Stiften Öhringen (Hohenlohekreis, Baden-Württemberg) und Ansbach, dann Bischof von Würzburg (reg. 1303-1313). Hartmann ist 1291 als Deutschordenskomtur zu Lauterbach (Gde. Buttenwiesen, Lkr. Dillingen a. d. Donau), 1305 als Landkomtur an der Etsch und im Gebirge, sein Stiefbruder Degenhard als Ulmer Komtur 1310 und im Folgejahr als Landkomtur in Franken belegt. Degenhards Bruder Konrad, 1315 als Komtur in Blumenthal (Lkr. Aichach-Friedberg), 1319 als Komtur in Würzburg nachzuweisen, stieg zum Deutschmeister auf (1323–1329). Er zog 1311 mit König Heinrich VII. (reg. 1308-1313) nach Italien und ist als Vermittler bezeugt, auch für König bzw. Kaiser Ludwig den Bayern (reg. 1314-1347, ab 1328 Kaiser), von dem er als Rat zu bedeutsamen Aufgaben herangezogen wurde. Konrad wurde posthum vom Papst exkommuniziert. Der ältere Stiefbruder der Genannten, ebenfalls Degenhard, war zunächst Propst des Augsburger Stifts St. Moritz (1260) und wurde dann Oberhirte in der Lechstadt (1303-1307).

Herrschaftsausbau

Die Burg Gundelfingen bot angesichts ihrer Lage in der flachen Donauterrasse wohl nur unzureichend Schutz, auch wenn sie eventuell als eine durch die Brenz gespeiste Wasserburg dienen konnte. Später besaßen die Gundelfinger im nahen Hellenstein eine wehrhafte Anlage. Wahrscheinlich im frühen 13. Jahrhundert gründeten Ulrich I. von Gundelfingen und sein gleichnamiger Sohn - im Zusammenwirken mit den Staufern und anknüpfend an bestehende Strukturen - die Stadt Gundelfingen. Sie entwickelten die Burgsiedlung zu der von einem Mauerring umgebenen Stadt. Möglicherweise erhielt diese schon damals ihren markanten rechteckigen, im Westen hufeisenförmig auslaufenden Grundriss. Achsenpfeiler waren vermutlich die Pfarrkirche St. Martin - zurückgehend auf einen romanischen Bau - und die Burg, wohl an der Brenz gelegen. Die Stadt war somit im Umfang größer als das nahe, dem Bischof von Augsburg gehörige Dillingen a. d. Donau. Neben den anzunehmenden militärisch-strategischen Gesichtspunkten scheinen bei der Gründung auch wirtschaftliche Aspekte in der bedeutenden spätstaufischen Zentralregion an der Donau, die das Geschlecht vor allem mittels einer hohen Städtedichte zu durchdringen und zu stabilisieren suchte, eine Rolle gespielt zu haben. Um 1270 ist Gundelfingen im jüngeren bayerischen Herzogsurbar erstmals als civitas belegt.

Niedergang

Die Burg Gundelfingen ging unter Kaiser Ludwig dem Bayern an die Wittelsbacher über. Sie erscheint im Hausvertrag von Pavia 1329, dem Todesjahr Konrads von Gundelfingen. Möglicherweise ging ein Abkommen zwischen König Ludwig dem Bayern und dem ihm treuen Konrad voraus. Ab Mitte des 14. Jahrhunderts verschwinden die Gundelfinger aus den Quellen. Dies war ohne Zweifel eine Folge ihres großen kirchlichen Engagements, besonders in der Enkelgeneration Ulrichs II. Als letzte Vertreter gelten die 1356 bezeugten Brüder Eberhard und Degenhard. Zu den entfernteren Nachkommen gehört etwa das Nürnberger Patriziergeschlecht der Pirckheimer.

Stellung und Wappen

Die Herren von Gundelfingen sind vor allem ab Mitte des 13. Jahrhunderts mehrfach als nobiles geführt. Ein - wenngleich in seiner Bedeutung zu relativierendes - Indiz für ihre Stellung ist ferner die Position als testes in den Zeugenreihen. Die Königsnähe - ob zu den Staufern oder zum Wittelsbacher Ludwig IV. - führte zu einer Steigerung ihrer Position. Einer der letzten Gundelfinger, Eberhard von Hellenstein, nannte sich 1313 Graf, doch steckt dahinter eher ein (auch anderweitig nachzuweisender) Anspruch denn eine konkrete verfassungsrechtliche Stellung oder der Verweis auf seine Abkunft als Sohn einer Gräfin von Kirchberg. Ab 1316 ist Eberhard dann als Augsburger Domkapitular nachzuweisen. Von den Herren von Gundelfingen-Hellenstein sind mehrere Siegel überliefert, die zwei (schwarze) Querbalken (auf silbernem Grund) in einem Rautenschild zeigen.

Besitzungen

Der Hauptbesitz des Geschlechts lag im Raum von Donau und Brenz, ferner im Ries (um Flochberg, Gde. Bopfingen, Ostalbkreis, Baden-Württemberg), im nördlichen Härtsfeld (Baden-Württemberg) und im Zusamtal. Hauptbesitzkomplexe befanden sich um die Stammburg (v. a. Bächingen, Birkach (in Lauingen aufgegangen), Bolheim, Deisenhofen, Eppisburg, Finningen, Forheim, Holzheim, Mödingen, Mörslingen, Obermedlingen, Sonderheim, Wolpertstetten) sowie um Bopfingen (Ostalbkreis, Baden-Württemberg), Deiningen und Nördlingen im Ries (beide Lkr. Donau-Ries). Vieles kam gewiss durch Heirat in den Besitz der Gundelfinger, so etwa Rechte in Altenmünster (Gde. Altenmünster, Lkr. Augsburg) als Mitgift der Agnes von Dillingen (um 1250) oder in Wullenstetten (Stadt Senden, Lkr. Neu-Ulm) aus der Verbindung mit den Kirchbergern.

Verwandtschaftliche Beziehungen

Verwandtschaftliche Bande bestanden wohl zu den Grafen von Calw, deren Wiedererrichtung des Klosters Hirsau (Stadt Calw, Baden-Württemberg) Mitte des 11. Jahrhunderts möglicherweise auf Echenbrunn ausstrahlte, zu den Grafen von Dillingen, Hohenlohe, Kirchberg, Ronsberg, den Markgrafen von Burgau sowie zu den edelfreien Geschlechtern von Albeck, Eberstall, Faimingen, Hürnheim, Pappenheim und Tapfheim.

Förderung von Klöstern durch die Gundelfinger

Besondere Unterstützung gewährten die Gundelfinger, v. a. Ulrich II., der Zisterze Kaisheim (Lkr. Donau-Ries). Daneben sind Anhausen a. d. Brenz, St. Margareth in Augsburg, die eigene Gründung Echenbrunn, in der die Gundelfinger Vogteirechte besaßen (erster Vogt Diemo I., belegt 1127), Fultenbach, vielleicht Heilig Kreuz in Donauwörth, Herbrechtingen, Kirchheim im Ries, Maria Medingen, Niederschönenfeld, Obermedlingen – das Dominikanerinnenkloster war von Walther II. von Faimingen, dem Schwiegersohn Ulrichs II. gestiftet worden –, Oberschönenfeld und Zimmern im Ries zu nennen. Insgesamt zeigt sich eine Tendenz zur religiös-wirtschaftlichen "Streuung" und "Verzahnung", ohne dass indes von einer gleichsam programmatischen Klosterpolitik zu sprechen wäre.

Überlieferung

Die Überlieferung zu den Herren von Gundelfingen ist sehr disparat. Wichtige archivalische Bestände liegen im Staatsarchiv Augsburg (vor allem Klosterurkunden), dem Hauptstaatsarchiv Stuttgart (ebenfalls vor allem Klosterurkunden) und verschiedenen Stadtarchiven, darunter Nördlingen und Ulm. Vieles jedoch ist in den einschlägigen Traditions- und Urkundenbüchern, etwa des Benediktinerklosters St. Ulrich und Afra (Augsburg), der Zisterzienser(innen)klöster Kaisheim und Oberschönenfeld sowie im württembergischen, hohenlohischen oder Salzburger Urkundenbuch ediert. Wichtig ist ferner die Regestensammlung von Alfons Uhrle.

Literatur

  • Adolf Layer, Die Edelfreien von Gundelfingen-Hellenstein, in: Landkreis und Stadt Dillingen ehedem und heute, Dillingen 1967, 80f.
  • Alfred Schröder, Die Edelfreien von Gundelfingen in Bayern, in: Historisch-politische Blätter 163 (1919), 422–432.
  • Wolfgang Wüst, Die Schwabegger (898?–1167) und die Eberstaller (1113–1330). Schwäbische Edelfreie zwischen Ministerialität, Vasallität und Nobilität, in: Ferdinand Kramer/Wilhelm Störmer (Hg.), Hochmittelalterliche Adelsfamilien in Altbayern, Franken und Schwaben (Studien zur Bayerischen Verfassungs- und Sozialgeschichte 20), München 2005, 433–447.

Quellen

  • Alfons Uhrle, Regesten zur Geschichte der Edelherren von Gundelfingen, von Justingen, von Steusslingen und von Wildenstein, Diss. masch. Tübingen 1960.

Weiterführende Recherche

Externe Links

Empfohlene Zitierweise

Christof Paulus, Gundelfingen-Hellenstein, Adelsfamilie, publiziert am 12.07.2010; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Gundelfingen-Hellenstein,_Adelsfamilie> (19.03.2024)