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Freikorps

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Gesetz zur Bildung einer freiwilligen Volkswehr vom 12. Dezember 1918. (Reichs-Gesetzblatt 1918, Nr. 180, 1424)
Männlichkeits- und Frontkämpferideale zeigt exemplarisch die Titelseite des vom Bayerischen Kriegsarchiv herausgegebenen "Heldenbuchs". Illustrator war der Münchner Maler und Heereskundler Anton Hoffmann (1863-1938). (aus: Männer! Ein Heldenbuch aus dem Großen Krieg, München 1927)
Zahlreiche in den 1920er und vor allem 1930er Jahren erschienene Titel erinnern an die "Baltikumer", die 1919/20 im Baltikum kämpfenden deutschen Freikorps. (Walter von Medem, Stürmer von Riga. Die Geschichte eines Freikorps, Leipzig/Wien 1935, Titelblatt)
Aufruf der Regierung Hoffmann vom 14. April 1919 zur Bildung von Freiwilligen-Verbänden. (Bayerische Staatsbibliothek, 4 H.un.app. 219 t-1/145)
Aufruf zur Bildung des Freikorps Landsberg. (Bayerische Staatsbibliothek, 4 H.un.app. 219 t-1/145)
Panzerauto des Freikorps Görlitz in München. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv Hoffmann)
Parade der siegreichen Truppen in München, hier Freikorps Görlitz. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv Hoffmann)
Feier von Freikorps-Angehörigen in München. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv Hoffmann)

von Bruno Thoß

Bewaffnete Freiwilligenverbände außerhalb des Heeres, die größtenteils aus demobilisierten Soldaten bestanden. Die Freikorps sollten nach dem Reichsgesetz über die Volkswehr vom 12. Dezember 1918 Sicherheit und Ordnung gewährleisten und etablierten sich rasch als innenpolitischer Machtfaktor. Sie hatten wesentlichen Anteil an der Niederschlagung der Spartakisten in Berlin (Januar 1919) und der Räterepublik in München (Mai 1919), kämpften aber auch im sog. Grenzschutz Ost und im Ruhrgebiet. Nach den Bestimmungen des Versailler Vertrags mussten im Sommer 1919 alle Freikorps aufgelöst werden; einige Kontingente wurden daraufhin in die vorläufige Reichswehr überführt, die übrigen gingen bis Mitte 1920 in legale, halblegale und illegale paramilitärische Verbände über.

Aufstellung, Strukturen und Selbstverständnis

Den ersten Impuls für die Aufstellung von Freiwilligenverbänden setzte ein Hilferuf des Oberbefehlshabers Ost, Prinz Leopold von Bayern (1846-1930), der am 15. November 1918 zur Deckung seines Rückzugs an das Preußische Kriegsministerium erging und von der Obersten Heeresleitung einen Tag später genehmigt wurde. Da es dem Rat der Volksbeauftragten auch im Reich nicht gelang, mit zuverlässigen republikanischen Kräften ein Weitertreiben der Revolution zu unterbinden, entschloss sich sein Vorsitzender Friedrich Ebert (SPD, 1871-1925) nach dem Auseinanderbrechen der Revolutionsregierung im Dezember 1918 zum generellen Aufruf für eine "Armee aus Freiwilligen". Seit Januar 1919 folgte dem eine kaum noch überschaubare Zahl von Kampfverbänden unterschiedlichster Strukturen, Bezeichnungen und Größenordnungen. Das reichte von Divisionen und Brigaden unter Führung ihrer bisherigen Kommandeure bis zu Kompanien in der Hand populärer Frontoffiziere. In ihnen sammelten sich Berufssoldaten auf der Suche nach Weiterverwendung, reine Söldnertypen und studentische Zeitfreiwillige. Das beeinträchtigte ihren Einsatzwert ebenso wie ihre inneren Strukturen bis hin zu reinem Landsknechtstum. Ausschließlich auf ihre populären Frontführer fixiert, dominierte bei ihnen ein radikalisiertes Kriegshandwerk, das ohne Rücksicht auf das zivile Umfeld dem militärischen Erfolg und dem Zusammenhalt der eigenen Truppe absoluten Vorrang einräumte. In ihrer mehrheitlichen Selbstbezeichnung orientierten sich diese Freiwilligenverbände an den Freikorps aus den Befreiungskriegen gegen Napoleon (1769-1821) 1813/14.

Gemeinsam war ihnen die Ablehnung der aus der Novemberrevolution hervorgegangenen politisch-gesellschaftlichen Verhältnisse. Ihre Loyalität gegenüber der neuen republikanischen Führung reichte daher kaum über ein Zweckbündnis gegen regionale Räterepubliken hinaus. Einem selbst definierten Frontkämpferideal verpflichtet, verstanden sie sich mit ihrem radikalen Nationalismus und ihrer bis ins Antibürgerliche reichenden Mischung aus Männlichkeitswahn und unbedingter Tatbereitschaft aber auch von Anfang an als Bollwerk gegen den Abstieg des Reiches als Großmacht. Gegenrevolutionärer Kampf gegen die Revolution im Innern und äußerer Einsatz in den Grenzkämpfen gegen Gebietsabtretungen des Reiches wie Deutsch-Österreichs gingen dabei Hand in Hand.

Die "Baltikumer"

Die zeitweilige Stabilisierung der militärischen Lage im Baltikum um die Jahreswende 1918/19 mithilfe deutscher Freiwilligenverbände lag zunächst auch im Interesse der Ententemächte. Insbesondere die Engländer intervenierten deshalb nach der Oktoberrevolution von 1917 in den russischen Bürgerkrieg, um die drei von Russland abgespaltenen baltischen Republiken Litauen, Lettland und Estland als selbständige Staaten zu etablieren. Da sie im Ostseeraum jedoch über keine eigenen Landtruppen verfügten, konnten sie mit ihrer Marine nur die Häfen überwachen. Sie verpflichteten daher das Deutsche Reich im Art. 12 des Waffenstillstandsvertrags zum Verbleib angemessener Truppen auf dem Kriegsschauplatz, solange die neuen baltischen Staaten von der Roten Armee bedroht waren. Die aktiven Truppen des deutschen Ostheeres befanden sich jedoch bereits auf dem Rückzug und in voller Auflösung. Die lettische Regierung schloss deshalb mit der deutschen Seite Ende 1918 einen formellen Vertrag über die Anwerbung von Freiwilligen im Reich, denen dafür später sogar eine Ansiedlung im Lande in Aussicht gestellt wurde.

Ab Anfang März 1919 griffen die seit Januar aufgestellten Verbände aktiv in die Kämpfe gegen die Rote Armee ein. Sie eroberten am 22. Mai 1919 Riga und forderten nunmehr ultimativ ihren dauerhaften Verbleib im Lande. Damit wurden die zeitweilig bis auf 40.000 Mann angewachsenen "Baltikumer" zum Gefahrenmoment für die innere Stabilität der baltischen Staaten. Deshalb forderte die Entente jetzt ihre Rücknahme auf Reichsgebiet. Da sich die Freikorps mehrheitlich ihrer Rückverlegung widersetzten, suchte die Reichsregierung dies durch Zwangsmaßnahmen wie Sperrung von Löhnen und Nachschub zu erzwingen. Die Masse der "Baltikumer" schloss sich deshalb im Herbst 1919 der gegenrevolutionären russischen Westarmee des Fürsten Pawel Michailowitsch Bermondt-Awaloff (1877-1974) an, wurde damit aber in dessen militärische Niederlage hineingerissen. Bis 13. Dezember 1919 mussten sich schließlich alle deutschen Verbände nach Ostpreußen zurückziehen.

Die Haltung der Reichsregierung empfanden die "Baltikumer" als Verrat an der deutschen Sache. Ihrer Auflösung entzogen sich die radikalsten Teile durch ein Abtauchen in "Arbeitsgemeinschaften" auf ostelbischen Gütern oder durch den Übertritt in andere Wehrverbände und Geheimorganisationen.

Gegenrevolutionäre Einsätze im Reich

Seit Januar 1919 brachen in Berlin und anderen Regionen Nord- und Mitteldeutschlands linkssozialistische Aufstandsbewegungen gegen die Anhänger einer parlamentarischen Republik los. In den Bürgerkriegskämpfen stützte sich der für Wehrfragen zuständige Gustav Noske (SPD, 1868-1946) aus Mangel an einsatzfähigen und zuverlässigen republikanischen Verbänden nahezu ausschließlich auf die Freikorps. Mit ihrer überlegenen Ausrüstung und Kampferfahrung gelang es ihnen bis zum Frühjahr 1919, die Aufstände in Berlin sowie in Nord- und Mitteldeutschland niederzuschlagen. In den parallelen Grenzkämpfen gegen Polen konnten sie in Ostpreußen und Schlesien aber auch über die Waffenstillstandslinien hinausreichende Grenzveränderungen zu Lasten des Deutschen Reiches verhindern. Damit sahen sich die Freikorpsangehörigen als die eigentlichen Garanten eines sich allmählich stabilisierenden Reiches nach innen und außen. Die Abstützung der Weimarer Koalition aus SPD, Zentrum und Linksliberalen nach den für sie erfolgreichen Wahlen zur Nationalversammlung auf einen bis zum offenen Terror reichenden Einsatz der Freikorps führte andererseits zur dauerhaften Entfremdung der kritischen Intelligenz und der Linksparteien (USPD, KPD) von der jungen Republik.

Mit der Aufstellung einer "Vorläufigen Reichswehr" suchten Reichsregierung und oberste militärische Führung Anfang März dem Wildwuchs einer kaum noch zu steuernden Freikorpsbewegung entgegenzuwirken. Die Übernahme von deren größeren Verbänden als Kader für die Aufstellung regulärer Streitkräfte vertiefte freilich das Misstrauen zwischen Reichswehr und wesentlichen Teilen der republikanischen Linken zusätzlich.

Die Freikorps in Bayern

Im Freistaat Bayern hatte sich dagegen der Minister für militärische Angelegenheiten, Albert Roßhaupter (SPD, 1878-1949), schon im Dezember 1918 gegen die Schaffung gegenrevolutionärer Bürgerwehren gestellt. Auch der von Noske befürworteten Aufstellung eines bayerischen Freikorps unter Oberst Franz Ritter von Epp (1868-1947) hatte er sich Anfang Februar 1919 widersetzt und stattdessen zum Eintritt in einen republiktreuen Volksheimatschutz aufgerufen. Dessen Aufstellung scheiterte jedoch am Widerstand des Landessoldatenrats, der darin die "Bildung einer weißen Garde" witterte. Auch Roßhaupters Nachfolger, Ernst Schneppenhorst (SPD, 1881-1945), lehnte noch Anfang April die Werbung für das in Ohrdruf (Lkr. Gotha, Thüringen) entstehende Freikorps Epp und jede militärische Hilfe von außen gegen die in München ausgerufene Räterepublik ab. Nach den Exzessen bei der Niederschlagung der Berliner Spartakistenaufstände im Januar und März wollten die bayerischen Sozialdemokraten eine ähnliche Eskalation in den Bürgerkrieg zunächst noch vermeiden.

Versuche, die innenpolitische Lage mit Hilfe der "Republikanischen Schutztruppe" wiederherzustellen, scheiterten freilich schon Mitte April. Gegen die inzwischen geschaffene "Rote Armee" mussten die Regierungstruppen vielmehr bei Freising und Dachau empfindliche Niederlagen einstecken.

Größere bayerische Freikorps:

Name Stärke Aufstellung/Auflösung Übertritt in Reichswehr
FK Aibling 700 Mai 1919/unbekannt
FK Bayreuth 558 April/Juni 1919 Kader InfRgt 46
FK Bogendörfer 1.500 April 1919 mit FK Epp verschmolzen und Kader Brigade 21
FK Chiemgau einschließlich Ebersberg-Grafing 1.000 April/Mai 1919 Kader für österreichische Heimwehren in westlichen Alpenländern
FK v. Epp (Bayerisches Schützenkorps) über 1.000 Februar/Mai 1919 Kader Brigade 21
FK Erlangen (Jägerkorps E.) ca. 1.500 April/Juni 1919 Kader InfRgt 47 u. ArtRgt 42
FK Landsberg 700 April/Juli 1919 Kader InfRgt 42
FK Oberland 1.050 April/August 1919 Teile in Brigade 21 eingetreten; Masse als paramilitärischer Bund Oberland fortgeführt
FK Regensburg (Volkswehrregiment R.) Rgt April/Juli 1919 Kader InfRgt 48 und ArtRgt 24
FK Schwaben 1.000 April/Juli 1919 Kader InfRgt 43
FK Wasserburg 650 April/Mai 1919 Kader InfRgt 44
FK Werdenfels 270 April/Mai 1919
FK Würzburg 1.700 April/Juni 1919 Kader InfRgt 45
Selbstdarstellung des Freikorps Landsberg als bayerische und volksnahe Befreier auf dem Titelblatt einer Broschüre von 1919. Oben der Auszug aus der Landsberger Altstadt (im Hintergrund das Bayertor), unten die Silhouette von München. (Das Freikorps "Landsberg". Gruppe "Listl-Heller". Eine Erinnerung an den Befreiungskampf von München in den ersten Maitagen 1919, München 1919).
Einweihung des Freikorpskämpfer-Denkmals in München-Giesing (Schule an der Ichostraße) am 3. Mai 1942. Das Denkmal "für die Befreier Münchens von den kommunistischen Horden" wurde 1933 vom Münchner Stadtrat initiiert und 1945 von den Amerikanern entfernt. Die Skulptur schuf der Bildhauer Ferdinand Liebermann (1883-1941). (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv Hoffmann)

Auflösung und Fortwirken in der "Ordnungszelle Bayern"

Die Zeit der Freikorps begann bereits mit dem alliierten Verlangen vom 1. Dezember 1919 nach Reduzierung der deutschen militärischen Stärke auf das im Versailler Vertrag vorgeschriebene Niveau von 100.000 Mann ihrem Ende entgegen zu gehen. Noch hoffte freilich die Reichsregierung mit Blick auf die unsichere innere Lage und die drohend-ablehnende Haltung der Paramilitärs der Auflösung der Freikorps durch Verhandlungen mit den Ententemächten entgehen zu können. Die Alliierten erhöhten jedoch im Frühjahr 1920 ihren Druck und setzten nunmehr eine Frist von vier Wochen für die Auflösung der Wehren. Die grundsätzliche Bereitschaft der Reichsregierung, dies in geregelten und zeitlich gestreckten Bahnen umzusetzen, wurde zum Auslöser des Kapp-Putsches. Danach drängten vor allem die Regierungen im Reich und in Preußen ebenfalls auf eine rasche Auflösung der unzuverlässigen Wehren. Sie konnten sich dazu auf den ultimativen Druck der Entente berufen, die jetzt nur noch eine Übergangsfrist bis zum 1. Januar 1921 akzeptierte.

Der Schock der Münchner Räterepubliken und die politische Rechtsverlagerung im Zuge der Märzereignisse von 1920 schufen demgegenüber in Bayern ein politisch-gesellschaftliches Klima, das hier einem verdeckten Weiterwirken der Verbände entgegenkam. Aus dem Personal der größeren Freikorps rekrutierten sich seit Frühjahr 1919 die Kader zum Aufbau der 7. (Bayerischen) Reichswehrdivision. Die Einsatzerfahrungen der Freikorps aus dem Bürgerkrieg fanden Eingang in die Ausbildungsvorschriften der neu geschaffenen Bayerischen Landespolizei als Bereitschaftstruppe für den inneren Einsatz. Führende Freikorpsoffiziere nahmen in einem breit gefächerten Lager von Einwohnerwehren und Wehrverbänden wichtige Schaltstellen ein und sicherten die Herausbildung Bayerns zu einer rechtsgerichteten "Ordnungszelle" im Reich bis in die Herbstkrise von 1923 paramilitärisch ab.

In enger Zusammenarbeit mit dem Stab der 7. Division gelang es schließlich, Waffen, Ausrüstung und Munition vor der Interalliierten Kontroll-Kommission für die Entwaffnung des Reiches in einem über ganz Südbayern verteilten Netz geheimer Waffenlager zu deponieren und damit für die Wehrverbände verfügbar zu halten. Die Aufdeckung solcher Verstecke zog eine Serie sog. Fememorde gegen die "Verräter" nach sich.

Vor allem sagte der als "starker Mann" aus der Regierungsumbildung vom März 1920 hervorgegangene Ministerpräsident Gustav Ritter von Kahr (BVP, 1862-1934) den Wehrverbänden weitere politische Unterstützung gegen das Auflösungsverlangen der Entente wie der Reichsregierung zu. Seine Ablehnung der im Militärprotokoll von Spa im Juli 1920 niedergelegten Auflösungsbedingungen führte zum monatelangen Dauerkonflikt zwischen Bayern und Reich. Auf der Pariser Konferenz setzte die Entente zwar im Januar 1921 nochmals eine Verlängerungsfrist bis zum 30. Juni des Jahres. Mit seinem fortdauernden Ablehnungsbegehren war Kahr daher im Kreis der deutschen Ministerpräsidenten seit Februar endgültig isoliert.

Die Ermordung des Reichsfinanzministers Matthias Erzberger (1875-1921) durch ehemalige Freikorpsangehörige im Sommer 1921 gab Innenminister Carl Severing (1875-1952) schließlich die letzte Handhabe für seinen Erlass vom 15. August, auch den kaum getarnten zivilen Dachverband der Wehren, die Organisation Escherich (ORGESCH), reichsweit aufzulösen. Andererseits setzten die bayerischen Wehrverbände Kahr weiter unter Druck, sein mehrfach gegebenes Versprechen der Gegenwehr einzuhalten. Da indes jetzt auch die tonangebende Bayerische Volkspartei innerhalb seiner Koalition gegenüber der Entente und dem Reich einlenkte, blieb Kahr im September 1921 schließlich nur der Rücktritt. Die ORGESCH wurde danach auch in Bayern in eine Art Notpolizei des vom regierungsnahen Sanitätsrat Otto Pittinger (1878-1926) aufgebauten "Bund Bayern und Reich" überführt. Wie wenig damit freilich die ebenfalls zeitweilig unter dieses Dach geflüchteten radikalen Teile der ehemaligen Freikorps kontrollierbar zu halten waren, sollte ihr Umschwenken zu den Putschisten um Erich Ludendorff (1865-1937) und Adolf Hitler (1889-1945) im Jahre 1923 zeigen. Erst mit dem Scheitern des Hitlerputsches am 9./10. November 1923 verloren auch in Bayern die aktionsbereiten Wehrverbände ihren politischen Rückhalt.

Forschungslage und Bewertung

Im Anschluss an die Bürgerkriegskämpfe in der Weimarer Frühzeit (1919/20) beherrschte zunächst noch eine Flut kontroverser Erinnerungsliteratur aus den Freikorps selbst und von Seiten ihrer Gegner den Markt. Erst nach der "Machtübernahme" der Nationalsozialisten gab das Reichskriegsministerium eine mehrbändige Serie "Darstellungen aus den Nachkriegskämpfen deutscher Truppen und Freikorps" heraus, die sich aber wesentlich mit den Kampfhandlungen befasste. Erste Gesamtdarstellungen von freikorpsnahen Autoren suchten daneben den Einsatz im Bürgerkrieg in die Vorgeschichte des Nationalsozialismus einzubinden. Nach 1945 konnte eine breitere Forschung zur Reichswehr und den Wehrverbänden erst einsetzen, nachdem die deutschen militärischen Akten wieder aus alliierten Händen in deutsche Archive zurückgegeben worden waren. Anfängliche Rechtfertigungsliteratur in den 1950er Jahren wurde schnell von quellengestützten, differenzierten Darstellungen der Freikorps insgesamt und einzelner Verbände abgelöst.

In der neueren Forschung herrscht mittlerweile Übereinstimmung über das Eigenleben der paramilitärischen Verbände in der Weimarer Frühzeit, die in ihrer überwiegenden Mehrheit zwar eindeutig dem radikalen antirepublikanischen Lager der deutschen Rechten zuzuordnen sind, wegen ihrer Eigenständigkeit aber nicht nahtlos als Vorläufer des Nationalsozialismus qualifiziert werden können.

Literatur

  • Hans Fenske, Konservativismus und Rechtsradikalismus in Bayern nach 1918, Bad Homburg 1969.
  • Harold J. Gordon, Die Reichswehr und die Weimarer Republik 1919-1926, Frankfurt am Main 1959.
  • Nigel H. Jones, Hitler's Heralds. The Story of the Freikorps 1918-1923, London 1987.
  • Hansjoachim W. Koch, Der deutsche Bürgerkrieg. Eine Geschichte der deutschen und österreichischen Freikorps 1918-1923, Dresden 2. Auflage 2002.
  • Ingo Korzetz, Die Freikorps in der Weimarer Republik: Freikorpskämpfer oder Landsknechtshaufen? Aufstellung, Einsatz und Wesen der bayerischen Freikorps 1918-1920, Marburg 2009.
  • Hans-Joachim Mauch, Nationalistische Wehrorganisationen in der Weimarer Republik. Zur Entwicklung und Ideologie des "Paramilitarismus", Frankfurt am Main/Bern 1982.
  • Horst G. W. Nußer, Konservative Wehrverbände in Bayern, Preußen und Österreich 1918-1933. Mit einer Biographie von Forstrat Georg Escherich 1870-1941, München 1973.
  • Jan-Philipp Pomplun, Deutsche Freikorps. Sozialgeschichte und Kontinuitäten(para)militärischer Gewalt zwischen Weltkrieg, Revolution und Nationalsozialismus (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 244), Göttingen 2022.
  • Jan-Philipp Pomplun, Die Entstehung der Freikorps in der Revolution von 1918/19, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 66 (2018) 10, 813-825.
  • Michael Salewski, Entwaffnung und Militärkontrolle in Deutschland 1919-1927 (Schriften des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik 24), München 1966.
  • Hagen Schulze, Freikorps und Republik 1918-1920, Boppard am Rhein 1969.
  • Klaus Theweleit, Männerphantasien. 2 Bände, Frankfurt am Main 1977/78.
  • Dominik Venner, Ein deutscher Heldenkampf. Die Geschichte der Freikorps 1918-1923. Söldner ohne Sold, Kiel 1998.
  • Robert G. L. Waite, Vanguard of Nazism. The Free Corps Movement in Postwar Germany 1918-1923 (Harvard historical studies 60), Cambridge 1952.

Quellen

  • Robert Thoms, Bibliographie zur Geschichte der deutschen Freikorps 1918-1923, Berlin 1997.
  • Robert Thoms/Stefan Pochanke, Handbuch zur Geschichte der deutschen Freikorps, Bad Soden-Salmünster 2001.

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Empfohlene Zitierweise

Bruno Thoß, Freikorps, publiziert am 10.09.2012; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Freikorps> (19.03.2024)