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Bayerisches Kriegsministerium

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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Bayerisches Kriegsministerium, Stahlstich von Carl Schleich jun. 1833. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv port-000148)
Kriegsministerium, hier der Wohntrakt an der Schönfeldstraße 1906. (aus: Arthur Weese, München. Eine Anregung zum Sehen. Leipzig 1906, 215, Abb. 137)
Otto Freiherr Kreß von Kressenstein (1850-1929) war von Februar 1912 bis Dezember 1916 "Minister für militärische Angelegenheiten". (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv port-025993)
Albert Roßhaupter (1878-1949) war von November 1918 bis Februar 1919 "Minister für militärische Angelegenheiten". (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv hoff-3289)
Ernst Schneppenhorst (1881-1945) war 1919 nur wenige Monate als Minister im Amt, bevor das "Ministerium für militärische Angelegenheiten" aufgehoben wurde. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv port-024504)

von Rainer Braun

1808 gegründetes Ministerium, dessen Vorläufer der 1620 eingerichtete bayerische Hofkriegsrat und dessen Nachfolgeinstitutionen waren. Das für alle Angelegenheiten des bayerischen Militärs zuständige Ministerium besaß im Vergleich zu anderen Staaten besondere Machtfülle, da der Kriegsminister seit 1829 auch Oberbefehlshaber der Bayerischen Armee war und kein eigenes Armeekommando bestand. Mit der Revolution von 1918 wurde das Ressort in "Ministerium für militärische Angelegenheiten" umbenannt, 1919 wurde es infolge der Auflösung der eigenständigen Bayerischen Armee aufgehoben (Abwicklung bis 1921). Aufgrund seiner herausragenden Bedeutung besaß das Ministerium seit 1885 ein eigenes Archiv, das bis heute als Abteilung des Bayerischen Hauptstaatsarchivs besteht.

Name und Geschichte

Die Geschichte der obersten Kommandobehörde des bayerischen Heeres bzw. der Bayerischen Armee begann 1620 mit der Gründung des Hofkriegsrats, der bis zum Reformjahr 1799 bestand und dann vom Oberkriegskollegium abgelöst wurde. Von nun an wechselten Auflösungen, Neugründungen und vor allem die Bezeichnungen des Amtes in rascher Folge: 1801 traten Kriegsjustizrat und Kriegsökonomierat an die oberste Stelle, 1804 das "Geheime Kriegsbureau", 1808 das "Ministerium des Kriegswesens", 1817 das "Staatsministerium der Armee". Ein kurzes Zwischenspiel als Armee-Ministerium folgte 1822, bis sich 1825 die endgültige Bezeichnung "Kriegsministerium" fand, die bis zum Ende der Monarchie Bestand hatte und allenfalls - zur Unterscheidung von den übrigen bundesstaatlichen Kriegsministerien - durch das bayerische Attribut ergänzt wurde.

Nach der Revolution von 1918 wurde das Amt zunächst unter der Bezeichnung "Ministerium für Militärische Angelegenheiten" fortgeführt. Mit der Weimarer Verfassung vom 11. August 1919 erfolgt de jure die Aufhebung. De facto wurde unter den Bezeichnungen "Reichswehrbefehlsstelle Bayern", dann "Abwicklungsamt des früheren Ministeriums für Militärische Angelegenheiten", dann "Heeresabwicklungsamt Bayern" die Abwicklung der Bayerischen Armee bis 31. März 1921 fortgesetzt. Erst dann endete - nach fast genau 300 Jahren - die Tätigkeit des Bayerischen Kriegsministeriums.

Gliederung und Zuständigkeit

Das Ministerium war von 1829 bis 1857 in sechs Sektionen gegliedert, wobei neben einem Generalsekretariat (1) auch Sektionen für Personal und Material (2-4), Polizei und Politik, Sanitätswesen etc. (5) und die Kasse (6) bestanden. 1857 wurden die Sektionen bis auf das Generalsekretariat aufgehoben und die jeweiligen Referenten direkt dem Kriegsminister unterstellt.

Zuletzt, im Kaiserreich, war das Ministerium seit 1876 in mehrere Abteilungen nach preußischem Vorbild unterteilt: für den inneren Dienstbetrieb, für persönliche Angelegenheiten der Offiziere und Fähnriche, für allgemeine Armee-Angelegenheiten, wie Organisation, Formation, Mobilmachung, Dienstverhältnisse, Ausbildung, Ersatzwesen, Presse usw. Aus ihr erwuchs 1902 eine eigene Abteilung für Artillerie- und Waffenwesen. Daneben bestanden Abteilungen für Verwaltungs-, Rechnungs- und Garnisonsbauwesen, für Pensions- und Versorgungsangelegenheiten, für die medizinische Versorgung und für die Militärjustiz.

Als Folge der Mobilmachung und des "Gesetz(es) über den Kriegszustand" von 1912 entstand nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Sommer 1914 ein eigenes Pressereferat mit weit reichenden Zensurvollmachten. Zugleich stellte das Ministerium 1914 erstmals in seiner Geschichte ein "Zentral-Nachweisebureau" auf. Seine Aufgabe war die Sammlung und Mitteilung von Nachrichten über Verwundete, Gefallene, Vermisste und Kriegsgefangene sowie die Führung der Verlustlisten und einer Kriegsgräberkartei. 1916 wurde nach preußischem Vorbild das "Bayerische Kriegsamt" als eigene Abteilung eingerichtet, das alle Belange des "Vaterländischen Hilfsdienstes" und die Beschaffung von Waffen, Kriegsgerät und Munition zu regeln hatte. Es war im Rahmen der zentralisierten Kriegswirtschaft auch zu Eingriffen in die Privatindustrie berechtigt. 1920 wurde es in Feldzeugmeisterei-Abteilung umbenannt.

Bedeutung

Nicht nur diese Machtfülle während des Ersten Weltkriegs belegt den auffallenden Stellenwert des Bayerischen Kriegsministeriums. Generell galt der bayerische Kriegsminister als Oberster Chef der Armeeverwaltung und - anders als selbst sein preußischer Kollege - zugleich als Oberster Befehlshaber, da ein eigenständiges Armeekommando nur 1822-1829 existierte. Dank des Reservatrechts der Wehrhoheit im Frieden behielt er diese Sonderstellung bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs bei.

Archivalische Überlieferung

Diese herausragende Bedeutung schlug sich im Schriftgut des Kriegsministeriums nieder, das nahezu vollständig erhalten blieb und im 1885 gegründeten "Kriegsarchiv", heute die Abteilung IV Kriegsarchiv des Bayerischen Hauptstaatsarchivs, verwahrt wird. Mit dieser eigenen Organisationsform ist das Kriegsministerium eine Ausnahmeerscheinung unter den Ministerien.

Gebäude des Kriegsministeriums

Die beiden im Winkel zueinander stehenden, durch Arkaden verbundenen Gebäudeflügel an der Ecke Ludwig-/Schönfeldstraße in München entstanden in den Jahren 1822 bis 1830 nach Plänen des klassizistischen Baumeisters Leo von Klenze (1784-1864). Dabei diente der Trakt an der Ludwigstraße als Amts-, der Flügel an der Schönfeldstraße als Wohngebäude des Ministers. Nach schwersten Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg erfolgte 1964-1967 der Wiederaufbau im klassizistischen Stil. Seit 1967 sind im ehemaligen Amtsgebäude das Institut für Bayerische Geschichte und Teile des Bayerischen Hauptstaatsarchivs, im ehemaligen Wohngebäude das Staatsarchiv München untergebracht.

Liste der Minister

Kriegsminister Lebensdaten Amtszeit Besonderheiten
Johann Nepomuk Graf v. Triva 1755-1827 27. März 1808 - 30. September 1822 Graf v. Triva leitete seit 1804 als Vorstand das "Geheime Kriegsbureau", ab 1808 als "Minister-Staatssekretär im Kriegswesen" das "Ministerium des Kriegswesens". Erst 1817 wurde er Staatsminister des "Staatsministerium der Armee". Bis 1817 unterstand es König Max I. Joseph persönlich.
Nikolaus v. Maillot de la Treille 1774-1834 30. September 1822 - 31. Januar 1829
Georg v. Weinrich 1768-1836 31. Januar 1829 - 12. Dezember 1836
Franz Xaver Freiherr v. Hertling 1780-1844 12. Dezember 1836 - 1. November 1838
Albrecht Freiherr Besserer v. Thalfingen 1787-1839 1. November 1838 - 28 Januar 1839 Verweser
Friedrich Freiherr v. Hertling 1781-1850 28. Januar 1839 - 9. Juni 1839 Verweser
Anton Freiherr v. Gumppenberg 1787-1855 9. Juni 1839 - 1. März 1847
Leonhard Freiherr v. Hohenhausen 1788-1872 1. März 1847 - 1. Februar 1848 Verweser
Heinrich v. d. Mark 1782-1865 1. Februar 1848 - 5. April 1848 Verweser
Carl Weishaupt 1787-1853 5. April 1848 - 21. November 1848
Wilhelm v. Le Suire 1787-1852 21. November 1848 - 29. Mai 1849
Ludwig v. Lüder 1795-1862 29. Mai 1849 - 25. März 1855
Wilhelm v. Manz 1804-1867 25. März 1855 - 13. April 1859
Ludwig v. Lüder 1795-1862 13. April 1859 - 12. Juni 1861 Zweite Amtszeit
Moritz v. Spieß 1805-1862 12. Juni 1861 - 10. Oktober 1862
Hugo v. Bosch 1782-1865 11. Dezember 1861 - 20. Januar 1862 Vertreter für den erkrankten Minister Spieß
Bernhard v. Heß 1792-1869 20. Januar 1862 - 16. Juni 1862 Vertreter für den erkrankten Minister Spieß
Bernhard v. Heß 1792-1869 10. Oktober 1862 - 1. März 1863 Verweser
Karl Friedrich v. Liel 1799-1863 1. März 1863 - 11. Juli 1863
Hugo v. Bosch 1782-1865 11. Juli 1863 - 26. Juli 1863
Bernhard v. Heß 1792-1869 26. Juli 1863 - 15. August 1863 Verweser
Eduard v. Lutz 1810-1893 15. August 1863 - 1. August 1866
Sigmund Freiherr v. Pranckh 1821-1888 1. August 1866 - 4. April 1875
Joseph v. Maillinger 1820-1901 4. April 1875 - 1. Mai 1885
Adolph v. Heinleth 1823-1895 1. Mai 1885 - 6. Mai 1890
Benignus v. Safferling 1825-1899 6. Mai 1890 - 5. Juni 1893
Adolf Freiherr v. Asch zu Asch auf Oberndorff 1839-1906 5. Juni 1893 - 4. April 1905
Carl Graf v. Horn 1847-1923 4. April 1905 - 16. Februar 1912
Otto Freiherr v. Kreß v. Kressenstein 1850-1929 16. Februar 1912 - 7. Dezember 1916
Philipp v. Hellingrath 1862-1939 11. Dezember 1916 - 8. November 1918
Albert Roßhaupter 1878-1949 8. November 1918 - 21. Februar 1919 SPD
Richard Scheid 1876-1962 1. März 1919 - 17. März 1919 USPD
Ernst Schneppenhorst 1881-1945 18. März 1919 - 22. August 1919 SPD

Literatur

  • Margot Hamm (Hg.), Napoleon und Bayern. Katalog zur Bayerischen Landesausstellung 2015. Bayerisches Armeemuseum, Neues Schloss Ingolstadt, 30. April bis 31. Oktober 2015, Augsburg 2015.
  • Gerhard Heyl, Ministerium der Armee - Kriegsministerium, in: Wilhelm Volkert (Hg.), Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799-1980, München 1983, 330-336.
  • Walter Schärl, Die Zusammensetzung der bayerischen Beamtenschaft von 1806 bis 1918 (Münchener Historische Studien 1), Kallmünz 1955, 15-17, 234-243 (Biogramme der Minister bis 1918).
  • Eberhard Weis, Die Begründung des modernen bayerischen Staates unter König Max I. Joseph (1799-1825), in: Max Spindler (Begr.)/Alois Schmid (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte. Vierter Band: Das neue Bayern. Von 1800 bis zur Gegenwart. Erster Teilband: Staat und Politik, München 2. Aufl. 2007, 4-128, hier 83-85.
  • Bernhard Zittel, Der Neubau des Bayerischen Hauptstaatsarchivs München, in: Archivalische Zeitschrift 64 (1968), 148-172.

Weiterführende Recherche

Externe Links

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Empfohlene Zitierweise

Rainer Braun, Bayerisches Kriegsministerium, publiziert am 26.05.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bayerisches_Kriegsministerium (19.03.2024)