Freikorps Epp
Aus Historisches Lexikon Bayerns
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Das Freikorps Epp, aufgestellt am 11. Februar 1919 auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf in Thüringen, stand unter der Leitung von Oberst Franz Xaver Ritter von Epp (1868-1947). Neben Ernst Röhm (1887-1934) gehörten auch Rudolf Heß (1894-1987), Hans Zöberlein (1895-1964) und die Brüder Gregor (1892-1934) und Otto Strasser (1897-1974) dem Freikorps an. Nach anfänglichem Widerstand der Regierung Hoffmann spielte der Verband im Mai 1919 eine aktive Rolle bei der Niederschlagung der Räterepublik in München, erwarb sich dadurch großen Ruhm in rechtsnationalen Kreisen und wurde danach als "1. Bayerisches Schützenregiment"/"Schützenbrigade 21" unter der Leitung Epps in die vorläufige Reichswehr übernommen.
Die Auseinandersetzungen um die Aufstellung
Schon seit Anfang Dezember 1918 versuchten bürgerliche Kräfte in München, der revolutionären Bewegung der Soldatenräte ein Gegengewicht in Form von Bürgerwehren entgegenzustellen. Trotz grundsätzlichen Interesses daran bis in die gemäßigte SPD-Führung hinein kam die dazu erforderliche überparteiliche Zusammenarbeit jedoch nicht zustande. Noch suchten Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) und Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) stattdessen mehrheitlich, die inneren Verhältnisse mit republikanischen Kräften zu stabilisieren und damit bürgerkriegsähnliche Konfrontationen zu vermeiden. Als sich daher der letzte Kommandeur des Bayerischen Infanterie-Leib-Regiments, Oberst Franz Ritter von Epp (1868-1947), analog zu den Vorgängen im Reich mit dem Gedanken an die Aufstellung eines bayerischen Freikorps trug, musste er dazu außer Landes gehen. Am 11. Februar 1919 kam es in Weimar zu einem Treffen Epps mit dem für den Schutz der Nationalversammlung verantwortlichen Gustav Noske (1868-1946), der seine Unterstützung zur Aufstellung der ersten Kader eines "Bayerischen Freikorps für den Grenzschutz Ost" auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf (Lkr. Gotha, Thüringen) unter Epps Führung ab 13. März 1919 zusagte.
Der Verdacht, dass sich unter diesem Deckmantel eine gegenrevolutionäre "weiße Garde" zu bilden begann, führte in München zunächst zu scharfen Gegenreaktionen. Jede Werbung wurde verboten; Werber auf bayerischem Boden wurden verhaftet und Angeworbene auf ihrem Weg nach Ohrdruf aus den Zügen geholt. Der Zulauf hielt sich denn auch mit 400 Mann bis Anfang April in Grenzen. Er verstärkte sich jedoch sofort nach Ausrufung der Räterepublik in München. Selbst jetzt lehnte die mittlerweile nach Bamberg ausgewichene Regierung Johannes Hoffmann (SPD, 1867-1930) aber öffentlich die von Epp ausgegebene Parole als "frechen Schwindel" ab, sein Verband stünde in Ohrdruf zum Schutz der Regierung bereit.
Mit Billigung Noskes konnte Epp seinen Freiwilligen immerhin die spätere Aufnahme in die künftige bayerische Reichswehr in Aussicht stellen. Dazu wurde das inzwischen auf 700 Mann angewachsene Freikorps auf Anordnung Noskes am 18. April programmatisch umbenannt in "Bayerisches Schützenkorps". Als sich schließlich auch die Landesregierung zum Ruf nach militärischer Hilfe von außen gegen die in den ersten Kämpfen erfolgreiche "Rote Armee" gezwungen sah und deshalb nunmehr die Werbung für Freikorps in Bayern generell freigab, erreichte der fortgeschrittene Verband Epps zeitweilig sogar eine Stärke von 1.000 Mann. Mit späteren NS-Führern wie Rudolf Heß (1894-1987), Ernst Röhm (1887-1934) und den Brüdern Gregor (1892-1934) und Otto Strasser (1897-1974) sammelten sich in seinen Reihen freilich neben den auf Wiederverwendung hoffenden Soldaten und studentischen Zeitfreiwilligen auch bereits führende Vertreter der rechtsradikalen "völkischen" Bewegung.
Einsatz gegen München
Am 22. April 1919 begann der Vormarsch des Freikorps zum Einsatz gegen die Räterepublik in München. Dazu durfte Epp jedoch nicht den direkten Weg durch Nordbayern auf die Landeshauptstadt nehmen, denn Noske wollte nach dem wochenlangen Ringen mit dem bayerischen Bevollmächtigten beim Reich um die Wiederherstellung des bayerischen Heeresreservats keinen Präzedenzfall eigenständiger bayerischer Operationen zulassen. Das Freikorps Epp wurde deshalb über Stuttgart in Richtung Ulm in Marsch gesetzt. Hier wurde der Verband unmittelbar in die vorläufige Reichswehr eingegliedert und den gegen München vorgehenden württembergischen Truppen unter General Otto Haas (1864-1930) unterstellt.
Unter dem Gesamtkommando Noskes und seines preußischen Oberbefehlshabers Ernst von Oven (1859-1945) legten die Regierungstruppen Ende April einen Ring um München, wobei den württembergisch-bayerischen Verbänden die Südfront zugewiesen war. Von Starnberg aus beteiligte sich das Freikorps Epp unter heftigen Kämpfen um die südlichen Vororte am 2./3. Mai 1919 an der Einnahme Münchens.
Obwohl die Hauptlast der Kampfhandlungen auf den Schultern außerbayerischer Kontingente lag, ließ sich Epp mit seinem Freikorps als "Befreier" der Landeshauptstadt feiern. Nach der Einnahme der Stadt konnten sich führende Mitglieder des Freikorps im Rahmen einer über München verhängten mehrwöchigen Militärherrschaft der wichtigsten Schaltstellen innerhalb der Exekutive bemächtigen. Sie steuerten nicht nur die mit äußerster Härte durchgesetzte Säuberung von Polizei, Justiz und Verwaltung, sondern besetzten auch die Spitzenposten im Polizeipräsidium München. Damit war schon im Mai/Juni 1919 eine wichtige Weichenstellung vollzogen, die von den Wehrverbänden insgesamt im März 1920 für eine politische Rechtswende unter dem Schlagwort von der "Ordnungszelle Bayern" genutzt werden sollte.
Überführung in die Reichswehr
Epps Freikorps wurde im Mai 1919 aufgelöst und als Kader des im südbayerischen Raum stationierten Bayerischen Schützenregiments, dem Stamm der Brigade 21, in die bayerische Reichswehr überführt. Dabei suchte die SPD-Führung zwar dessen unliebsamen Führer durch einen ihr genehmeren Kommandeur zu ersetzen. Der vom noch amtierenden Militärminister Ernst Schneppenhorst (1881-1945) ernannte Oberst Hans Ritter von Mieg (1865-1945) wurde freilich nicht nur von den bayerischen Soldaten und Wehrverbandsleuten unisono abgelehnt, hatte er beim Vormarsch auf München doch noch einen letzten Verhandlungsversuch mit der Führung der Roten Armee befürwortet. Auch Noske und der Kommandeur der neugeschaffenen 7. (Bayerischen) Reichswehrdivision, Arnold Ritter von Möhl (1867-1944), votierten für die Ernennung des um die Aufstellung des Verbandes verdienten Epp. Nach einem tagelangen Tauziehen wurde schließlich nicht nur das Freikorps als Gesamtverband in die Reichswehr überführt, sondern auch sein bisheriger Kommandeur Epp an die Spitze der 21. Brigade berufen. Als Infanterieführer der 7. (Bayerischen) Division wurde Epp 1921 zum Generalmajor befördert.
Epps Bedeutung als "Befreier Münchens"
Wegen seines Sympathisierens mit den rechtsradikalen Verbänden im Krisenjahr 1923 nahm Epp Ende des Jahres seinen Abschied aus der Reichswehr, blieb aber in konservativen Kreisen Bayerns als "Befreier Münchens" populär. Nach seinem schon 1928 erfolgten Beitritt zur Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) avancierte er 1933 kurzfristig zum bayerischen Ministerpräsidenten, nach der Gleichschaltung der Länder zum Reichsstatthalter in Bayern. Eine Nutzung seines Ansehens für eine Beendigung des Krieges 1945, wie von einigen konservativen Mitgliedern des bayerischen Widerstandes angedacht, war daher eine Illusion und kam auch nicht zustande.
Literatur
- Hans Fenske, Konservativismus und Rechtsradikalismus in Bayern nach 1918, Bad Homburg/Berlin/Zürich 1969.
- Harold J. Gordon, Ritter von Epp und Berlin 1919-1923, in: Wehrwissenschaftliche Rundschau 9 (1959), 329-341.
- Ingo Korzetz, Die Freikorps in der Weimarer Republik: Freikorpskämpfer oder Landsknechthaufen? Aufstellung, Einsatz und Wesen der bayerischen Freikorps 1918-1920, Marburg 2009.
- Peter Kritzer, Die bayerische Sozialdemokratie und die bayerische Politik in den Jahren 1918 bis 1923 (Miscellanea Bavarica Monacensia 20), München 1969.
- Bernd Steger, Berufssoldaten oder Prätorianer. Die Einflußnahme des bayerischen Offizierskorps auf die Innenpolitik in Bayern und Reich 1918-1924, Frankfurt am Main 1980.
- Bruno Thoß, Der Ludendorff-Kreis 1919-1923. München als Zentrum der mitteleuropäischen Gegenrevolution zwischen Revolution und Hitler-Putsch, München 1978.
- Katja-Maria Wächter, Die Macht der Ohnmacht. Leben und Politik des Franz Xaver Ritter von Epp (1868-1946) (Europäische Hochschulschriften 3/824), Frankfurt am Main 1999.
Quellen
- Wolfgang Ehberger (Bearb.), Das Kabinett Hoffmann I. 17. März-31. Mai 1919 (Die Protokolle des Bayerischen Ministerrats 1919-1945 2/1), München 2010.
- Walter Frank, Franz Ritter von Epp. Der Weg eines deutschen Soldaten, Hamburg 1934.
- Joseph H. Krumbach (Hg.), Franz Ritter von Epp. Ein Leben für Deutschland, München 1939.
- Gustav Noske, Von Kiel bis Kapp. Zur Geschichte der deutschen Revolution, Berlin 1920.
- Ernst Röhm, Die Geschichte eines Hochverräters, München 1928.
Weiterführende Recherche
Externe Links
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Bayerisches Schützenkorps, Grenzschutz Ost
Empfohlene Zitierweise
Bruno Thoß, Freikorps Epp, publiziert am 10.09.2012; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Freikorps_Epp> (10.10.2024)