Bayerische Staatszeitung (BSZ): Unterschied zwischen den Versionen
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Die erste Nachkriegsnummer vom 1. Juli 1950 hatte eine Auflage von 32.000 Exemplaren, von denen 23.292 an Abonnenten gingen. Die Druckauflage sank dann ab und bewegte sich bis 1958 durchschnittlich um die 25.000. 1960 lag sie bei 21.000. Die Verkaufsauflage lag und liegt jeweils etwa 10 % bis 15 % unter der Druckauflage. Die Kreisreform von 1972 und die [[ | Die erste Nachkriegsnummer vom 1. Juli 1950 hatte eine Auflage von 32.000 Exemplaren, von denen 23.292 an Abonnenten gingen. Die Druckauflage sank dann ab und bewegte sich bis 1958 durchschnittlich um die 25.000. 1960 lag sie bei 21.000. Die Verkaufsauflage lag und liegt jeweils etwa 10 % bis 15 % unter der Druckauflage. Die Kreisreform von 1972 und die [[Gebietsreform]] von 1978 beendeten die Selbständigkeit vieler Gemeinden, was den Verlust von Abonnements zur Folge hatte. Die Umgestaltung bewirkte keine Auflagensteigerung. Die Auflagenhöhe allein sagt allerdings nichts über die Reichweite aus. Nach Umfragen von 2008/2009 wird ein Exemplar von mehreren Personen gelesen. Demnach schätzt man die Leserzahl auf 100.000. | ||
Zwischen 80 % und 90 % gingen an Abonnenten. 1956 gingen 64 % der Abonnements an Behörden und Gemeinden, 29 % an Wirtschaftskreise. Diese Zusammensetzung galt auch 1987 noch im Wesentlichen unverändert. 23 % der Abonnenten befanden sich in diesem Jahr in München und Umgebung, 18 % in [[Ort:ODB_A00000900|Oberbayern]]{{#set:OID=ODB_A00000900}}. Die Kommunen sind immer noch die wichtigste Zielgruppe. | Zwischen 80 % und 90 % gingen an Abonnenten. 1956 gingen 64 % der Abonnements an Behörden und Gemeinden, 29 % an Wirtschaftskreise. Diese Zusammensetzung galt auch 1987 noch im Wesentlichen unverändert. 23 % der Abonnenten befanden sich in diesem Jahr in München und Umgebung, 18 % in [[Ort:ODB_A00000900|Oberbayern]]{{#set:OID=ODB_A00000900}}. Die Kommunen sind immer noch die wichtigste Zielgruppe. | ||
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Paul Hoser, Bayerische Staatszeitung (BSZ), publiziert am 05.03.2013; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <span class="url"><nowiki><http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bayerische_Staatszeitung_(BSZ)></nowiki></span> ({{CURRENTDAY}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}}) | Paul Hoser, Bayerische Staatszeitung (BSZ), publiziert am 05.03.2013; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <span class="url"><nowiki><http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bayerische_Staatszeitung_(BSZ)></nowiki></span> ({{CURRENTDAY}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}}) | ||
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Version vom 2. Dezember 2020, 13:26 Uhr
Die Bayerische Staatszeitung (BSZ) ist eine bayernweit erscheinende Wochenzeitung. Sie wurde 1912 gegründet und war zunächst eher Sprachrohr der Regierungen, zumal ein Teil der Zeitung für amtliche Mitteilungen reserviert war. Nach anfänglicher Distanz zum Nationalsozialismus sympathisierte sie nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten mit der neuen Regierung. Dennoch wurde 1934 der "Völkische Beobachter" amtliches Organ der Staatsregierung und die BSZ eingestellt. Wiederbelebt wurde die Zeitung bereits 1946 und erschien ab 1950 wieder in gewohnter Form mit amtlichen und journalistischen Beiträgen. Seit 1997 wird die BSZ auch redaktionell vom herausgebenden Verlagskonsortium, dem Süddeutschen Verlag und dem Münchner Zeitungsverlag, betreut. Seither wandelte sie sich von einem regierungstreuen Sprachorgan hin zu einem liberal-kritischen Blatt.
Die Initiative der Regierung Hertling für eine Regierungszeitung
Unter der Regierung Georg Graf von Hertling (Zentrum, 1843-1919, Vorsitzender des Ministerrats 1912-1917) war zum ersten Mal ein Vertreter der katholischen Mehrheitspartei in der Kammer der Abgeordneten an Stelle der bisherigen, vom Regenten berufenen liberalen Regierungschefs getreten. Dies löste scharfe Kritik der liberalen Presse aus, die in wichtigen bayerischen Städten dominierte. Es war daher nicht erstaunlich, dass die neue Regierung das Bedürfnis nach einem ihr zur Verfügung stehenden Presseorgan hatte. Schon seit Maximilian Graf von Montgelas (1759-1838, Amtszeit 1799-1817) hatten die Regierungen in Bayern immer wieder versucht, die Öffentlichkeit durch regierungseigene, regierungsnahe oder heimlich finanziell unterstützte Blätter zu beeinflussen. Dem war aber nie ein nachhaltiger Erfolg beschieden gewesen. In Berlin, Dresden und Stuttgart ließ sich die Regierung durch ihre Gesandtschaften über die dortigen Regierungszeitungen informieren. Diese waren in einigen Fällen in Regierungs-, in anderen in Privatbesitz. Die Regierung entschied sich für einen Vertrag mit einem privaten Verlag, da sie auf diese Weise den Landtag umgehen konnte.
Der Vertrag zwischen Verlag und Regierung
Am 8. Oktober gründeten die Buchverleger Hans Oldenbourg (1849-1922) und Paul Oldenbourg (1858-1936) sowie der Verlagsbuchhändler Wilhelm Cornides Edler von Krempach (1886-1964) - ein Gesellschafter des R. Oldenbourg Verlags - nach Verhandlungen mit der Regierung die "Monachia Gesellschaft mit beschränkter Haftung". Am 26. November 1912 wurde der Vertrag zwischen der in die "Bayerische Staatszeitungs-Verlag GmbH" umgewandelten "Monachia" und dem bayerischen Staat abgeschlossen. Demnach erschien die "Bayerische Staatszeitung" mit dem Untertitel "K. Bayerischer Staatsanzeiger" sechsmal pro Woche. Das neue Regierungsorgan hatte kostenlos die amtlichen Bekanntmachungen der Staatsregierung, der Hofstellen und die Einträge in die Handels- und Genossenschaftsregister zu veröffentlichen. Die Staatszeitung sollte die amtlichen Nachrichten vor den übrigen Zeitungen erhalten. Zwei Spalten des dreispaltig aufgemachten Blatts hatten der Regierung kostenlos für "offiziöse Mitteilungen" zur Verfügung zu stehen. Die Regierung war verpflichtet, alle Bekanntmachungen und Anzeigen der Behörden und Gerichte, die diese gegen Bezahlung in der übrigen Presse publizierten, auch der Staatszeitung zuzuweisen. Behörden, Gemeinden und Pfarrämter mussten die Zeitung zwangsweise abonnieren.
Die Eigentümer des Verlags "Bayerische Staatszeitung"
Inhaber der Gesellschafteranteile | Anteile in Mark |
---|---|
Firma Oldenbourg | 200.000 |
Theodor Freiherr von Cramer-Klett (1874-1938) | 60.000 |
Ernst Graf von Moy (1860-1922) | 40.000 |
Alois Fürst zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (1871-1952) | 10.000 |
Karl Ernst Graf Fugger von Glött (1859-1940) | 20.000 |
Bertram Fürst von Quadt zu Wykradt auf Isny (1849-1927) | 10.000 |
Richard Müller (1851-1931) | 40.000 |
gesamt | 380.000 |
Die adligen Gesellschafter waren sämtlich erbliche Reichsräte und Katholiken, die das Vertrauen der Regierung genossen. Richard Müller (1851-1931) war Reichstagsabgeordneter des Zentrums und hielt den Anteil nur im Namen des Fürsten Löwenstein, der es wohl vorzog, im Hintergrund zu bleiben. 1913 übertrug er den Anteil dem Schiffsreeder Josef Carl Neckermann (gest. 1928) aus Würzburg. Dieser übernahm seinerseits 1920 die Anteile Löwenstein und Quadt. Erbin war nach seinem Tod 1928 Julie Neckermann. Der Anteil Graf Moys ging nach dessen Ableben an die Firma Oldenbourg über.
Die politischen Prinzipien
Das erste Exemplar erschien am 31. Dezember 1912. Für den Inhalt der Staatszeitung zeichnete die Redaktion verantwortlich. Die offiziellen Bekanntmachungen der Regierung beschränkten sich auf einen "Amtlichen Teil". Beiträge im nichtamtlichen Teil, für die die Regierung verantwortlich war, waren als "halbamtliche" mit *** gekennzeichnet. Der Leitartikel des ersten Chefredakteurs Philipp Frick (1857-1935) behauptete, die Zeitung werde überparteilich sein. Sie werde zwar besonders Gebiete behandeln, denen das bayerische Interesse gelte, wolle aber nicht in Partikularismus verfallen.
Eine Vorzugsstellung genoss die Staatszeitung auch insofern, als ihr Chefredakteur wöchentlich vom Ministerratsvorsitzenden Hertling persönlich über die politische Lage und die Absichten der Regierung informiert wurde.
Als Aufsichtsorgan der Regierung wurde jeweils ein Regierungskommissar für die Zeitung bestellt. Ihm waren die Leitartikel und die politischen Beiträge vor der Veröffentlichung vorzulegen. Er gab seinerseits die offiziösen Darstellungen an die Redaktion zur Publikation weiter. Offenbar war das Verhältnis der ersten drei Kommissare zu Verlag und Redaktion weitgehend konfliktfrei.
Die Chefredakteure
Nach den Bestimmungen des Vertrags musste der Vorsitzende des Ministerrats die Genehmigung bei der Anstellung eines Chefredakteurs einholen. Hertling ging noch darüber hinaus und zwang den Verlegern den Chefredakteur Frick auf, obwohl er diesen nicht geeignet schien. Frick galt als der am stärksten katholisch exponierte Journalist und Verfechter des Ultramontanismus in München und musste auf die Liberalen und ihre Presse wie ein rotes Tuch wirken. Es hagelte schon vor dem Erscheinen der ersten Nummer Angriffe in den liberalen Zeitungen und der sozialdemokratischen "Münchener Post", denen das neue Blatt überdies als Konkurrenz ein Dorn im Auge war.
Auch den Gemeinden und den Pfarrämtern war die "Bayerische Staatszeitung" wegen des Zwangsabonnements verhasst. Im Reichstag legte im Januar 1913 eine Anfrage des liberalen Abgeordneten Friedrich Thoma (geb. 1873) den Verdacht nahe, die bayerische Regierung wolle sich mit ihrem neuen Presseorgan in die Reichspolitik einmischen. Im September 1913 protestierten die Liberalen in der Kammer der Abgeordneten gegen die zwangsweise Verwendung öffentlicher Mittel für ein privates Unternehmen. Hertling bestritt, dass der Chefredakteur parteilich sei.
Die Verleger waren mit Chefredakteur Frick unzufrieden. Zum einen sahen sie in seiner parteipolitischen Vergangenheit eine Belastung für die Zeitung, zum anderen reichten in ihren Augen seine Fähigkeiten für den Posten nicht aus. Sie schlugen Max Scharre (1867-1955) vor, der vor seinem Weggang nach Norddeutschland lange Jahre als Redakteur bei der "Münchener Zeitung" gearbeitet hatte. Er übernahm die Stelle am 1. Oktober 1916. Gegen ihn protestierte jetzt die Zentrumspresse, weil er liberal, Norddeutscher und Protestant sei. Scharre baute das Blatt aus, indem er Mitarbeiter in ganz Deutschland gewann und die Redaktion verjüngte.
Regierung und Staatszeitung im Ersten Weltkrieg
Im ersten Jahr des Bestehens brachte das Unternehmen den Gesellschaftern einen Verlust von 91.534,66 Mark, der vor allem auf die Gründungskosten zurückzuführen war. Die Verleger forderten jetzt ein Monopol für die amtlichen und halbamtlichen Nachrichten. Die übrigen Zeitungen sollten so gezwungen werden, dafür auf die Staatszeitung zurückzugreifen. Diverse Minister und Referenten bevorzugten sogar andere Zeitungen bei der Nachrichtenvergabe.
München war im Juli und August 1916 der Mittelpunkt der radikalen, für Annexionen und unbeschränkten U-Boot-Krieg eintretenden Gegner des Reichskanzlers Theobald von Bethmann-Hollweg (1856-1921, Reichskanzler 1909-1917), die alle Hebel in Bewegung setzten, um seinen Sturz herbeizuführen. Zu seiner Unterstützung inspirierte die bayerische Regierung - ohne sich offiziell zu erkennen zu geben - am 16. September 1916 einen demonstrativen Artikel in den angesehenen "Münchner Neuesten Nachrichten", die auch einen weit höheren Verbreitungsgrad hatten. Die Staatszeitung durfte ihn dann nur nachdrucken.
Als schließlich unter dem neuen Chefredakteur Max Scharre die Staatszeitung amtliche Nachrichten früher veröffentlichen konnte, gründeten die übrigen Zeitungen einen "Schutzverband der Münchner Presse". Sie vermieden jede Erwähnung der Staatszeitung und verweigerten sogar die Aufnahme bezahlter amtlicher Bekanntmachungen, wenn diese darin genannt war. Die Regierung scheute vor rigorosen Gegenmaßnahmen zurück. Otto von Dandl (1868-1942, Ministerpräsident 1917-1918) war kein großer Freund der Staatszeitung. Er erklärte dem Chefredakteur, dass die Zeitung keine amtliche Förderung durch die Vergabe amtlicher Notizen mehr brauche und selbst sehen müsse, wo sie bleibe. Die Regierung könne in den schweren Kriegszeiten auf die Unterstützung durch die übrige Presse nicht verzichten.
Die Bayerische Staatszeitung in der Revolution von 1918/19
Nach dem Ausbruch der Revolution in Bayern erklärten Redaktion und Verleger, auch der neuen Regierung zur Verfügung stehen zu wollen. Nach einigem Hin und Her war sie bereit, dies zu akzeptieren. Zuständiger Regierungskommissar wurde der frühere Leiter der Zensur im Kriegsministerium, Alfons Falkner von Sonnenburg (1851-1929). Ministerpräsident Kurt Eisner (SPD, USPD, 1867-1919, Ministerpräsident 1918-1919) und Falkner waren mehrfach mit der Redaktion unzufrieden, weil sie von ihnen gewünschte Nachrichten gar nicht oder nur verspätet brachte.
Nach Eisners Ermordung durfte die Zeitung einige Tage nicht erscheinen. Auch in der Rätezeit konnte sie wegen des allgemeinen Generalstreiks vom 14. bis zum 30. April nicht herauskommen. Die Regierung unter Johannes Hoffmann (DVP, SPD, 1867-1930, Ministerpräsident 1919-1920) in Bamberg bestimmte die sozialdemokratische Zeitung "Der Freistaat" bis zu ihrer Rückkehr nach München als Ersatzorgan. Danach stand ihr die Staatszeitung wieder zur Verfügung. Falkner von Sonnenburg war nicht mehr im Amt. Von nun an verzichteten die Staatsregierungen auf einen Regierungskommissar.
Die politische Linie der Bayerischen Staatszeitung 1920-1922
Besonders nahe stand Scharre dem Ministerpräsidenten Gustav von Kahr (BVP, 1862-1934, Ministerpräsident 1920-1921), dessen Konfrontationskurs gegen das Reich die Staatszeitung bis zu seinem Rücktritt verteidigte. Nach der Ermordung Matthias Erzbergers (Zentrum, 1875-1921, Reichsfinanzminister 1919-1920) verstieg sie sich zu der Formulierung, dieser sei ein "Schädling des Volkes" gewesen. Scharre, der an dem betreffenden Tag vertreten worden war, distanzierte sich allerdings davon. Die Ermordung Walther Rathenaus (DDP, 1867-1922, Reichsaußenminister 1922) verurteilte die Zeitung entschieden, genauso aber das in der Folge verabschiedete Republikschutzgesetz. Als Eisners ehemaliger Sekretär Felix Fechenbach (1894-1933, Pseudonym: Rudolf Franke, Nazi Jüsken) in einem von Justizwillkür bestimmten Prozess am 22. Oktober 1922 wegen Landesverrats verurteilt wurde, lobte Scharre das Urteil und diffamierte den Angeklagten auch persönlich, da er aus der Revolutionszeit noch eine Rechnung mit ihm zu begleichen hatte.
Die Bayerische Staatszeitung und der Hitlerputsch
Die Aktivitäten der nationalistischen paramilitärischen Verbände und der Nationalsozialisten wurden unter Scharres Oberaufsicht verharmlost. Erst die Agitation des "Völkischen Beobachters" nach dem provokativen Auftreten der Nationalsozialisten am 1. Mai 1923 veranlasste die Staatszeitung zu einer scharfen Stellungnahme. Die Ernennung Gustav von Kahrs zum Generalstaatskommissar im September 1923 nahm sie mit großer Sympathie auf. Nach dem gescheiterten Hitlerputsch vom 8./9. November 1923 rügte Ministerpräsident Eugen von Knilling (BVP, 1865-1927, Ministerpräsident 1922-24) die allzu tolerante Haltung des Blatts gegenüber den unter Führung der Nationalsozialisten im Kampfbund zusammengeschlossenen Verbänden der radikalen Rechten, zog aber keine weiteren Konsequenzen.
Die Ermordung des Pfälzer Separatisten Franz Josef Heinz (DVP, 1884-1924) erschien der "Bayerischen Staatszeitung" weitgehend gerechtfertigt. Für die Nationalsozialisten hatte die Zeitung dagegen kein Verständnis mehr.
Die Bayerische Staatszeitung und die Regierung Held
Unter der Regierung von Heinrich Held (BVP, 1868-1938, Ministerpräsident 1924-1933) sollte die Zeitung der Amtlichen Bayerischen Pressestelle untergeordnet werden, was allerdings nicht dauerhaft gelang. Held und sein föderalistischer Kurs wurden aber rückhaltlos unterstützt. Die Zeitung rechtfertige die von der Regierung zur Haushaltssanierung vorgelegte Schlachtsteuer, die der Landtag am 15. Juli 1930 ablehnte. 1931 spann der für Innenpolitik zuständige Redakteur Rudolf Werner (geb. 1887) mit Hilfe des Generalsekretärs der Bayerischen Volkspartei, Anton Pfeiffer (BVP, CSU, 1888-1957), eine Intrige gegen Scharre, da er dessen Stellvertreter werden wollte. Dies führte kurzfristig zu einer Entfremdung zwischen Held und Scharre, die aber beendet war, als die Intrige ans Licht kam. Bei der Reichspräsidentenwahl im März und April 1932 warb die Staatszeitung für Paul von Hindenburg (1847-1934, Reichspräsident 1925-1934).
Nach den Angriffen von Joseph Goebbels (NSDAP, 1897-1945) auf den Reichspräsidenten sprach die Zeitung den Nationalsozialisten die Regierungsfähigkeit ab. Sie protestierte scharf gegen die von der NSDAP geforderte und von der Regierung Franz von Papen (Zentrum, 1879-1969, Reichskanzler 1932) veranlasste Aufhebung des bayerischen Uniformverbots am 29. Juni 1932. Nach den Verlusten der NSDAP in den Reichstagswahlen vom 6. November 1932 hielt sie deren Hoffnung auf eine Alleinherrschaft endgültig für aussichtslos. Die Berufung Adolf Hitlers (NSDAP, 1889-1945) zum Reichskanzler nahm die Staatszeitung dann mit Skepsis auf.
Die Bayerische Staatszeitung von der Machtübernahme der Nationalsozialisten bis zur Einstellung 1934
Nach der Einsetzung der kommissarischen nationalsozialistischen Regierung in Bayern am 9. März 1933 bekannte sich die Zeitung sogleich rückhaltlos zu den neuen politischen Verhältnissen. Trotz Scharres Anpassungsbereitschaft war er aber den neuen Machthabern, darunter insbesondere dem für die Presse zuständigen Leiter der Staatskanzlei, Staatsminister Hermann Esser (NSDAP, 1900-1981, Landtagspräsident 1933-1934), dessen Haltung sich schließlich auch Ministerpräsident Ludwig Siebert (NSDAP, 1874-1942, Ministerpräsident 1933-1942) anschloss, nicht mehr erwünscht und verlor im Oktober 1933 sein Amt. Die Nachfolge übernahm der Kulturredakteur und Stellvertreter Scharres, Friedrich Möhl (1875-1957). Der Leiter des nationalsozialistischen Parteiverlags Franz Eher Nachf. GmbH, Max Amann (1891-1957), war auf das Anzeigengeschäft der Staatszeitung für den "Völkischen Beobachter" erpicht und verlangte unter massiven Drohungen ihre Einstellung. Am 30. Juni 1934 erschien die letzte Nummer. Amtliches Organ der Staatsregierung wurde der "Völkische Beobachter".
Seit ihrer Gründung war die Zeitung ständig ein Verlustgeschäft gewesen. Erst mit dem Ende der Inflation änderte sich dies. Der Verlag machte nun laufend Gewinne. Überdies hatten die Gesellschafter in den Jahren 1925 und 1927 Darlehen erhalten, das erste davon zwei Jahre lang zinslos. Die Regierung beanstandete diese Vergünstigung und beanspruchte ein Viertel der Darlehen für den Staat. Sie klagte deshalb am 17. Januar 1933 gegen den Staatszeitungs-Verlag. Dieser strengte 1934 seinerseits einen Prozess gegen den bayerischen Staat wegen des Vertragsbruchs durch die nationalsozialistische Regierung an. Beide Seiten kamen dann 1936 zu einem Vergleich. Danach musste der Verlag dem bayerischen Staat wegen der Darlehen 100.000 RM zahlen und erhielt seinerseits 650.000 RM Entschädigung. 1948 versuchte der Oldenbourg-Verlag erfolglos, die Rückerstattung des Vermögens des Staatszeitungs-Verlags in die Wege zu leiten. Das bayerische Finanzministerium hatte sich gegen die Ansprüche des Verlags auf ein Reichsgesetz vom 16. Oktober 1934 berufen, wonach die Länder Verträge über die Herausgabe von Zeitungen kurzfristig kündigen konnten. Dieses Gesetz war nach Auffassung des Ministeriums keine Verfolgungsmaßnahme gewesen, weshalb dem Oldenbourg-Verlag auch kein Anspruch auf Entschädigung zustand.
Die Neugründung der Bayerischen Staatszeitung 1950
In der Besatzungszeit erschien zunächst nur ab 1. Juni 1946 ein amtlicher "Bayerischer Staatsanzeiger" ohne politische Beiträge. Am 29. April 1950 schloss die Regierung von Hans Ehard (CSU, 1887-1980, Kabinett Ehard II) mit dem Richard Pflaum Verlag einen neuen Vertrag, demzufolge wieder die "Bayerische Staatszeitung" mit dem "Bayerischen Staatsanzeiger" erschien, allerdings nur mehr als Wochenblatt. Die Verantwortung für die Staatszeitung lag bei der Redaktion, die für den Staatsanzeiger beim Presse- und Informationsamt der Staatsregierung. Der Ministerpräsident hatte das Vorschlagsrecht für den Posten des Chefredakteurs, dessen jeweilige Anstellung überdies von ihm genehmigt werden musste. Die Aufgaben der Staatszeitung bestanden in der Information über die Auffassungen der Regierung und der Berichterstattung über die Arbeit des Parlaments. Auch die Opposition sollte ihre Standpunkte darstellen können. Der Verlag war verpflichtet, der Regierung Einblick in seine Bücher und Bilanzen zu geben. Obwohl es nicht explizit vertraglich festgelegt war, galt es als selbstverständlich, dass Beiträge von Regierungsmitgliedern und Behördenvertretern in das Blatt aufgenommen wurden.
Erstmals im September 1952 kam die heute noch bestehende, monatlich erscheinende Kulturbeilage "Unser Bayern" heraus. Eine weitere, vor allem für Schulen gedachte Beilage, "Der Staatsbürger", erschien monatlich seit September 1953. Nach 2005 wurde sie eingestellt.
Die Bayerische Staatszeitung und die Politik 1950-1954
Zwar fiel das Zwangsabonnement für die Behörden weg, die Zeitungsverleger kritisierten aber die indirekte Subventionierung des Blatts durch die bezahlten Behördenabonnements und die staatlichen Anzeigen. Erster Chefredakteur wurde Josef Hermann Mauerer (1910-1883). Die Regierungen von Hans Ehard (Kabinett Ehard I, Kabinett Ehard II, Kabinett Ehard III) unterstützten das Blatt ohne jegliche Vorbehalte.
Wegen eines Beitrags vom 9. Januar 1954, in dem eine Wiedervereinigung Deutschlands nur als sinnvoll bezeichnet wurde, falls garantiert sei, dass eine Neuentstehung des preußischen Staates unterbleibe, polemisierte Thomas Dehler (FDP, 1897-1967, Bundesvorsitzender der FDP 1954-1957) im Bundestag gegen die Staatszeitung. Der Abgeordnete August Haußleiter (DG, 1905-1989, Pseudonym: Karl Konstantin) forderte gar die Einstellung des Blattes.
Mit der CSU bestanden gelegentlich Spannungen. So forderte einmal Landtagspräsident Alois Hundhammer (CSU, 1900-1974, Landtagspräsident 1951-1954), ein anderes Mal Landwirtschaftsminister Alois Schlögl (CSU, 1893-1957, Landwirtschaftsminister 1948-1954) erfolglos die Entlassung des Chefredakteurs Mauerer.
Die Bayerische Staatszeitung und die Viererkoalition 1954-1957
In der Viererkoalition (1954-1957) unter Wilhelm Hoegner (SPD, 1887-1980, Ministerpräsident 1945-1946, 1954-1957) war die Regierung mit der Zeitung unzufrieden. Das lag zum einen daran, dass Chefredakteur Mauerer unter einem Pseudonym auch für den "Münchner Merkur" schrieb und dort die Regierung kritisierte; zum anderen waren die Erträgnisse der Zeitung gering und die Abonnentenzahl schwand.
Der Verlagswechsel
Der Vertrag mit dem Pflaum Verlag wurde zum 22. Juni 1955 aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung der Zeitung aufgelöst und ein neuer mit der "Süddeutschen Verlag GmbH" ("Süddeutsche Zeitung") und dem "Münchner Zeitungsverlag KG" ("Münchner Merkur") geschlossen. Beide Verlagshäuser übernahmen je 50 % der Anteile des Bayerischen Staatszeitungsverlags. Mauerer blieb auf Wunsch beider Münchner Zeitungsverlage Chefredakteur. Geschäftlich ging es von da an aufwärts. Der Pflaum Verlag hatte mit der Staatszeitung nur Verluste gemacht. 1956 konnte der Staatszeitungsverlag dagegen 30.000 Mark an den Staat abführen, 1987 sogar 150.000 Mark.
Die Bayerische Staatszeitung unter Chefredakteur Karlheinz Lange
Mauerer wechselte Ende Juli 1957 zum Bayerischen Rundfunk (BR). Sein Nachfolger wurde unter der Regierung von Hanns Seidel (CSU, 1901-1961, Ministerpräsident 1957-1960) Karlheinz Lange (1922-1999), zuvor Pressereferent im Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge. Seidel verzichtete ausdrücklich auf jedes Weisungsrecht gegenüber der Redaktion, obwohl es ihm nach dem Vertrag von 1955 zustand. Zwar erregten gelegentlich Artikel den Ärger einzelner Minister oder anderer Stellen, konnten aber die Position der Redaktion nie erschüttern.
1970 wurde Lange vom Chefredakteur des "Bayernkurier" angegriffen, da er zu viel Sympathie für die Verhandlungen um die Ostverträge zeigte. Solche Spannungen bildeten aber eine Ausnahme.
Völlig abfällig beurteilte Lange konsequent die Grünen. Ebenso machte die Staatszeitung keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegen die Studentenbewegung und verurteilte die Proteste gegen den Bau der Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf (Lkr. Schwandorf).
Die Bayerische Staatszeitung unter Carl Schmöller und Peter Jakob Kock
Nachfolger Langes wurde 1987 Carl Schmöller (geb. 1935). Er stand zwar grundsätzlich der CSU und Franz Josef Strauß (CSU, 1915-1988, Ministerpräsident 1978-1988) nahe, war aber 1965 als Chefredakteur des "Bayernkurier" ausgeschieden, weil er einen zensierenden Eingriff von Strauß nicht hatte hinnehmen wollen. Auf ihn folgte 2000 Peter Jakob Kock (geb. 1946), der eine zurückhaltend-sachliche Linie einhielt.
Wie schon vor 1933 stand die Verfechtung der Rechte des bayerischen Staats im Vordergrund. Föderalismus war demnach eine Grundvoraussetzung einer funktionierenden Demokratie. Immer wieder wurde die Bedrohung der Länderrechte durch den Zentralismus von Bundesregierung und Bundesbehörden heraufbeschworen, die durch das Grundgesetz nicht genug gesichert seien. Erst seit den 1990er Jahren trat die Frage völlig in den Hintergrund.
Der Wandel der Bayerischen Staatszeitung seit 2005
Schon 1997 ging die Redaktion des "Bayerischen Staatsanzeigers" auf den Verlag über. Die persönlichen Befugnisse des Ministerpräsidenten gegenüber der Zeitung wurden in die Staatskanzlei verlagert. Damit war die Bedeutung der Zeitung herabgestuft. Zuständig für sie war jetzt der jeweilige Sprecher des Bayerischen Ministerpräsidenten (bis 1998: Friedrich Wilhelm Rothenpieler, geb. 1945).
2005 erlebte das Blatt unter dem neuen Chefredakteur Ralph Schweinfurth (geb. 1969) eine totale Reform. Dem Zeittrend entsprechend wurden die Artikel kürzer und damit schneller lesbar, ebenso die griffigeren Kommentare. Auf die bis dahin häufigen Beiträge von Regierungsmitgliedern und hohen Behördenvertretern wurde verzichtet. Bayerische Staatsregierung und CSU waren keine Tabus mehr, sondern mussten oft scharfe Kritik hinnehmen. Als Kommentator wurde zeitweilig der frühere Redakteur der "Süddeutschen Zeitung" Michael Stiller (geb. 1945) gewonnen, der für seine schonungslosen Artikel über die CSU bekannt war.
Jetzt galten auch die Grünen als ernstzunehmende Partei und anders als früher wurde beispielsweise die Atomenergie nicht mehr unkritisch befürwortet. Die Staatszeitung wurde vom konservativen Blatt zu einem liberal-kritischen.
Auflage und Abonnenten der Bayerischen Staatszeitung
1916 betrug die Auflage rund 19.000. Die höchste Auflage erreichte die Zeitung 1919 mit 34.000 Stück. In den 1920er Jahren dürfte sie durchschnittlich um die 25.000 betragen haben. Im Januar 1934 waren es 21.460.
Die erste Nachkriegsnummer vom 1. Juli 1950 hatte eine Auflage von 32.000 Exemplaren, von denen 23.292 an Abonnenten gingen. Die Druckauflage sank dann ab und bewegte sich bis 1958 durchschnittlich um die 25.000. 1960 lag sie bei 21.000. Die Verkaufsauflage lag und liegt jeweils etwa 10 % bis 15 % unter der Druckauflage. Die Kreisreform von 1972 und die Gebietsreform von 1978 beendeten die Selbständigkeit vieler Gemeinden, was den Verlust von Abonnements zur Folge hatte. Die Umgestaltung bewirkte keine Auflagensteigerung. Die Auflagenhöhe allein sagt allerdings nichts über die Reichweite aus. Nach Umfragen von 2008/2009 wird ein Exemplar von mehreren Personen gelesen. Demnach schätzt man die Leserzahl auf 100.000.
Zwischen 80 % und 90 % gingen an Abonnenten. 1956 gingen 64 % der Abonnements an Behörden und Gemeinden, 29 % an Wirtschaftskreise. Diese Zusammensetzung galt auch 1987 noch im Wesentlichen unverändert. 23 % der Abonnenten befanden sich in diesem Jahr in München und Umgebung, 18 % in Oberbayern. Die Kommunen sind immer noch die wichtigste Zielgruppe.
Staatszeitungen anderer deutscher Länder
Auch andere deutsche Länder verfügten über eigene Regierungsorgane, die aber - anders als in Bayern - sämtlich in Regierungsbesitz waren. Die "Karlsruher Zeitung/Badischer Staatsanzeiger" erschien zwar in einem privaten Verlag, war aber an diesen nur verpachtet. Beim "Dresdner Tagblatt" (seit September 1914 "Sächsische Staatszeitung") besorgten Beamte die Redaktion und die Geschäftsführung, ähnlich war es bei der "Darmstädter Zeitung" der hessischen Regierung. Der "Staatsanzeiger für Württemberg" wurde von einem Beamten überwacht. Auch in Sachsen, Württemberg und Hessen waren die Behörden und Kommunen zum Abonnement verpflichtet. Die preußische Regierung besaß seit 1819 die "Allgemeine Preußische Staatszeitung", die auch einen politischen Teil mit Kommentaren hatte. 1918 ging diese im "Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger" auf, der nur noch amtliche Anzeigen enthielt.
Die heutigen Staatsanzeiger diverser anderer deutscher Länder sind amtliche Anzeigenblätter ohne einen unabhängigen redaktionellen Teil.
Literatur
- Kersten Bassow/Hans Wagner, Die Bayerische Staatszeitung, in: Hans Wagner/Ursula E. Koch/Patricia Schmidt-Fischbach (Hg.), Enzyklopädie der bayerischen Tagespresse, München 1990, 75-86.
- Kersten Bassow, Die Bayerische Staatszeitung von 1950 bis 1988, unpublizierte Magisterarbeit München 1988. [Exemplar bei der Redaktion der Bayerischen Staatszeitung]
- Karin Dütsch (Hg.), 100 Jahre Bayerische Staatszeitung 1912-2012, Bamberg 2012.
- Paul Hoser, Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Hintergründe der Münchner Tagespresse zwischen 1914 und 1934. Methoden der Pressebeeinflussung (Europäische Hochschulschriften III/447). 2 Bände, Frankfurt am Main u. a. 1990 (zugl. Diss. München 1988).
- Kurt Koszyk, Publizistik und Medien, in: Max Spindler/Alois Schmid (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte. 4. Band, 2. Teil, München 2. Auflage 2007, 495-535.
- Siegfried Mohm, Die Geschichte der Bayerischen Staatszeitung, unpublizierte Diplomarbeit Nürnberg 1959. [Exemplar bei der Redaktion der Bayerischen Staatszeitung]
- Tilmann Wesolowski, Verleger und Verlagspolitik. Der Wissenschaftsverlag R. Oldenbourg zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus (Studien zur modernen Verlagsgeschichte und Wissensproduktion 1), München 2010.
- Reinhard Wittmann, Wissen für die Zukunft. 150 Jahre Oldenbourg Verlag, München 2008.
Weiterführende Recherche
Externe Links
K. Bayerischer Staatsanzeiger, Bayerische Staatszeitungs-Verlag GmbH, Monachia Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Empfohlene Zitierweise
Paul Hoser, Bayerische Staatszeitung (BSZ), publiziert am 05.03.2013; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bayerische_Staatszeitung_(BSZ)> (31.10.2024)