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Glasmalerei (Spätmittelalter/16. Jahrhundert)

Aus Historisches Lexikon Bayerns

(Weitergeleitet von Glasmalerei (Spätmittelalter/16. Jahrhundert))
Verkündigung an Maria aus dem Genealogie-Christi-Fenster im Regensburger Dom. Regensburg, um 1230. (Corpus Vitrearum Freiburg i. Br., R. Toussaint)
Prophet aus dem Thron-Salomonis-Fenster im Augsburger Dom. Augsburg, um 1330/40. (Corpus Vitrearum Freiburg i. Br., R. Wohlrabe)
Zug der Seligen des Jüngsten Gerichts. Regensburg, Dom, Apostelfenster. Regensburg, um 1315. (Corpus Vitrearum Freiburg i. Br., R. Toussaint)
Prophetenfenster im Langhausobergaden des Augsburger Domes. Augsburg, Anfang 12. Jahrhundert. (G. Frenzel, Nürnberg)
Aquarell des verlorenen Wurzel-Jesse-Fensters aus Speinshart von 1333. (Museen der Stadt Regensburg)
Verkündigung an Maria. Nürnberg, St. Sebald, Behaim-Fenster (Ausschnitt). Nürnberg, um 1380. (Corpus Vitrearum Freiburg i. Br., R. Tonojan)
Die 15 Zeichen vor dem Jüngsten Gericht. Nürnberg, St. Martha, Rieter-Fenster (Ausschnitt). Nürnberg, um 1385/90. (Corpus Vitrearum Freiburg i. Br., R. Tonojan)
Geburt Christi. Freising, Dom, Hornbeckh-Fenster (Ausschnitt). München?, um 1412. (Corpus Vitrearum Freiburg i. Br., R. Toussaint)
Mannalese. Rothenburg o. d. T., St. Jakob, Sakramentsfenster (Ausschnitt). Nürnberg, um 1390/1400. (Corpus Vitrearum Freiburg i. Br., R. Toussaint)
Züchtigung und Versuchung des Hl. Veit. Iphofen, Pfarrkirche, Veitsfenster. Würzburg, um 1425/30. (Corpus Vitrearum Freiburg i. Br., R. Harling)
Kreuzigung der Rot-grünen Passion. München, Frauenkirche. München, um 1430. (Corpus Vitrearum Freiburg i. Br., R. Toussaint)
Die Ägypter ertrinken im Roten Meer. München, Frauenkirche, Speculumfenster. München, 1480. (Corpus Vitrearum Freiburg i. Br., R. Toussaint)
Kreuztragung Christi. Landsberg/Lech, Stadtpfarrkirche. Augsburg, um 1490, nach Entwurf von Hans Holbein d. Ä. (Corpus Vitrearum Freiburg i. Br., J. Mutter)
Hl. Christophorus. Landsberg/Lech, Stadtpfarrkirche. München (Werkstatt Hans Winhart), um 1510. (P. van Treeck, München)
Konhofer-Fenster im Chor der Nürnberger Lorenzkirche. Nürnberg (Werkstatt Michael Wolgemut), 1479. (Corpus Vitrearum Freiburg i. Br., R. Tonojan)
Markgrafenfenster im Chor der Nürnberger Sebalduskirche (Ausschnitt). Nürnberg, 1515, Werkstatt Veit Hirsvogel nach Entwurf Hans von Kulmbachs. (Corpus Vitrearum Freiburg i. Br., A. Gössel)
Weltgerichtsfenster im Mortuarium des Eichstätter Domes. Augsburg, um 1505, nach Entwurf von Hans Holbein d. Ä. (Corpus Vitrearum Freiburg i. Br., A. Gössel)
Auferweckung des Lazarus. Neuötting, Pfarrkirche. Landshut (Werkstatt Hans Wertinger), um 1510/15. (Corpus Vitrearum Freiburg i. Br., R. Wohlrabe)

von Hartmut Scholz

Glasmalerei ist zwar schon im 11. Jahrhundert in Tegernseer Quellen belegt, doch sind viele Fenster im Laufe der Zeit verloren gegangen. Das früheste erhaltene Zeugnis sind die Prophetenfenster des Augsburger Doms. Im altbayerischen Raum sind Glasmalereien seit dem 13. Jahrhundert erhalten geblieben, in Franken ab dem 14. Jahrhundert. Unter diesen Voraussetzungen erweisen sich Regensburg und ab 1400 auch Nürnberg als bedeutende Zentren der Glasmalerei. Auch aus München gibt es im 15. Jahrhundert eine gute Überlieferung. Zeugnisse der Augsburger und Landshuter Glasmalerei aus der Zeit um 1500 sind nur noch vereinzelt erhalten. Die Reformation bedeutete auch in katholisch gebliebenen Gebieten das Ende der monumentalen Glasmalerei.

Überlieferung

Mit den "Augsburger Propheten" (Augsburger Dom) vom Anfang des 12. Jahrhunderts sind die ältesten noch in situ befindlichen monumentalen figürlichen Farbfenster überhaupt in den aktuellen politischen Grenzen Bayerns erhalten geblieben. Die schriftliche Überlieferung bezeugt gemalte Fenster für Kloster Tegernsee unter Abt Gozbert (reg. 982–1001). Dies nährte im 19. Jahrhundert den Mythos, die Glasmalerei sei in Tegernsee erfunden worden.

Dennoch lässt sich die Entwicklung der Gattung in Altbayern von einzelnen Vorläufern abgesehen erst ab Ende des 13. Jahrhunderts verfolgen. Von den reichen Farbverglasungen früherer Zeiten, die insbesondere in den Bischofs- und Klosterkirchen umfassende, theologisch anspruchsvolle Bildprogramme zur Darstellung gebracht hatten, ist so gut wie nichts auf uns gekommen. Nur wiederverwendete Relikte, alte Beschreibungen und Bilddokumente geben eine Ahnung davon, was durch Kriege, Bilderstürme, Barockisierung und Säkularisation verloren gegangen ist.

In Franken setzt die Überlieferung gar erst ab Mitte des 14. Jahrhunderts ein, doch sind insbesondere zwei Hochblüten – die Jahrzehnte von 1380–1430 und die Dürerzeit – außergewöhnlich gut dokumentiert.

In Schwaben dagegen ist die Region bis auf die wenigen, zeitlich gestreuten Einzeldenkmale im Augsburger Dom von 1330/40, 1413, 1480 und 1500 so gut wie leer gefegt.

Klassische Technik und Innovationen späterer Zeit

Trotz formaler und inhaltlicher Veränderungen, denen die Glasmalerei seit ihren Anfängen unterworfen war, blieben die prinzipiellen technischen Voraussetzungen, Materialien und Verfahrensweisen über Jahrhunderte hinweg gleich: Das durch Zugabe von Metalloxiden in der Masse oder im Überfang gefärbte mundgeblasene Glas, das in Tafeln von Standardgröße von nahe gelegenen Glashütten im Bayerischen Wald, später zunehmend auch von überregional agierenden Großhändlern bezogen wurde, wurde in der Werkstatt des Glasmalers zunächst entsprechend der gewünschten figürlichen oder ornamentalen Komposition zugeschnitten. Auf der Grundlage einer Werkzeichnung (anfangs auf Holz oder Pergament, ab Ende des 14. Jahrhunderts auf Papier) wurde anschließend die Malfarbe – Schwarz- oder Braunlot – in mehreren Schichten, als deckende Konturzeichnung bzw. lasierend als Halbton auf Vorder- und Rückseite, mit dem Pinsel aufgebracht. Mit Hilfe unterschiedlicher Werkzeuge (Pinsel, Federkiel, Hölzchen oder Nadel) konnten zudem Lichter aus den Überzügen herausgewischt, -gestupft oder -radiert und damit alle erdenklichen Formen und Oberflächen erzielt werden. Schließlich wurden die Malschichten bei rund 600 Grad im Brennofen eingebrannt, d. h. fest auf dem Trägerglas aufgeschmolzen, und hernach die einzelnen Glasstücke durch ein Netz von Bleiruten zu Rechteck- oder Maßwerkfeldern zusammengefügt.

Zum Schwarzlot kam in der abendländischen Glasmalerei gegen 1300, von Frankreich ausgehend, das Silbergelb als eine zweite Malfarbe in Gebrauch, und gegen Ende des 15. Jahrhunderts als dritte noch das Eisenrot hinzu – maltechnische Innovationen, die in den bayerischen Denkmälern allerdings erst spät und auch nur punktuell auftreten.

Formale Vorgaben und Bildprogramme

Farbverglasungen mittelalterlicher Kirchenräume erfüllen mehrere Funktionen. Als Fensterverschluss und Lichtquelle waren sie zugleich Bildträger für ornamentale und figürliche Darstellungen und trugen so neben Wandmalerei und Skulptur zur primären künstlerischen Ausstattung bei. Die Glasmalerei unterscheidet sich von anderen Bildkünsten dadurch, dass hier allein das durchscheinende Licht selbst im Medium des farbigen, transluziden Glases das Bild zum Leuchten bringt ("erleuchtet"). Von lichtmetaphysischen und lichtsymbolischen Prädikationen neuplatonischen Ursprungs einmal abgesehen ruft sie den mystisch-stimmungsvollen Raumeindruck mittelalterlicher Sakralräume erst hervor.

Obwohl in der Glasmalerei die gleichen heilsgeschichtlichen Themen veranschaulicht werden konnten wie in Skulptur, Buch-, Wand- und Tafelmalerei, bildeten sich bedingt durch den Wandel in Gestalt und Größe der Fensteröffnungen über die Epochen hinweg jeweils spezifische Darstellungsmöglichkeiten, Erzählstrukturen und bevorzugte Bildprogramme heraus. Retrospektive und innovative Tendenzen überschneiden sich vielfach: Von den komplexen theologischen Programmen, die bis ins frühe 13. Jahrhundert auf begrenzter Fläche innerhalb eines Fensters in kunstvoller Verschränkung zentrale heilsgeschichtliche Ereignisse mit typologischen, symbolischen und allegorischen Bezügen zur Darstellung brachten - wie etwa in Soest, in Köln oder auch in der französischen Glasmalerei - sind in Bayern, Schwaben und Franken keine Beispiele erhalten. Allenfalls die Reste des Wurzel-Jesse-Fensters im Regensburger Dom von 1230 stehen mit ihrer eigentümlichen, auf Gregor dem Großen (Papst 590-604) und Honorius Augustodunensis (gest. ca. 1151) fußenden Ikonographie der Überwindung des Leviathan noch in dieser Tradition. Selbst von den ab Mitte des 13. Jahrhunderts aufkommenden und bis weit ins nächste Säkulum hinein üblichen typologischen Bibelfenstern auf der Basis der "Biblia Pauperum" und des "Speculum Humanae Salvationis" ist im bayerischen Raum kein einziges typisches Beispiel erhalten geblieben: Ausnahmefall ist die gleich auf alle drei Fenster des Chorschlusses ausgedehnte Typologie mit der Passion Christi im Zentrum, flankiert von Szenen des alten Testaments und der Legende des Hl. Franziskus, die bis 1810 den Chor der Regensburger Minoritenkirche zierte (heute: Bayerisches Nationalmuseum).

Daneben traten zu allen Zeiten Einzelfiguren (Propheten, Apostel, Heilige, Märtyrer und Könige), die auch in den weiter entfernten Fenstern des Lichtgadens für jedermann gut sichtbar waren, doch nicht allein auf diese "himmlische" Zone des Kirchenraumes beschränkt blieben. Langpassrahmen wurden durch architektonische Rahmenformen verdrängt, die entweder als Abbreviaturen des himmlischen Jerusalem zu betrachten waren oder an das Vorbild der orthogonalen Baurisse und der gebauten Kleinarchitektur angelehnt waren. Szenische Bildprogramme der Heilsgeschichte, Heiligenlegenden, lehrhafte und moralisierende Inhalte wurden meist als Abfolge von kleinen runden oder passförmigen Medaillons, ab dem 14. Jahrhundert dann zunehmend auch in architektonisch gerahmten Kompositionen und verschiedenen Formen von Großmedaillons dargestellt.

Im Verlauf des 15. und 16. Jahrhunderts traten schließlich vermehrt Wappen und Stifterbilder in den Vordergrund, während die sakralen Bildthemen vielfach auf die Einbeziehung der Patrone der Auftraggeber reduziert wurden. Letzteres geschah besonders in den um 1500 in Mode gekommenen sog. partiellen Farbverglasungen, in denen – umgeben von einer farblosen Blankverglasung mit Butzen oder Rauten – nur mehr einzelne Fensterzeilen mit farbig-figürlichen Bildern gefüllt waren.

Von figürlichen Kreuzgangsverglasungen, wie sie beispielsweise im Rheinland überliefert und – zumeist transloziert – erhalten geblieben sind, ist im bayerischen Raum kaum etwas bekannt. Nur in Franken gibt es vereinzelte Beispiele, darunter der früheste bekannte Zyklus aus dem Leben des Hl. Bernhard von Clairvaux (um 1090-1153), der zwischen 1466 und 1472 in Nürnberg oder Augsburg für das Zisterzienserkloster Heilsbronn (Lkr. Ansbach) geschaffen worden war (verloren, doch 1626 detailliert beschrieben), oder der berühmte, heute auf mehrere Standorte im Nürnberger Umland verteilte umfassende heilsgeschichtliche Zyklus aus dem Kreuzgang des Nürnberger Karmeliterklosters, der 1504 bis 1511 unter Beteiligung Hans Baldungs (gest. 1545) an den Entwürfen entstanden ist.

Die Anfänge in Regensburg

Das älteste erhaltene Zeugnis bayerischer Glasmalerei sind die Restscheiben des gegen 1230 entstandenen Genealogie-Christi-Fensters aus dem Westchor des romanischen Regensburger Domes, die als Spolien im Triforium des gotischen Neubaus wieder verwendet wurden und nur deshalb erhalten geblieben sind. Es ist bedeutendes Zeugnis einer durch das Vorbild der byzantinischen Kunst geprägten Regensburger Malerschule, der sich auch die Miniaturen des Liber Matutinalis aus Kloster Scheyern (Lkr. Pfaffenhofen a. d. Ilm) sowie Werke der Regensburg-Prüfeninger Buchmalerei anschließen. Gleichzeitig ist es Beispiel für einen im deutschsprachigen Raum – nicht in Frankreich – verbreiteten Typus der szenisch erweiterten Wurzel Jesse, wie er zur gleichen Zeit auch im Chorscheitelfenster von St. Kunibert in Köln ins Bild gesetzt wurde.

Mutmaßlich Bamberger Provenienz und damit Zeugen einer ansonsten vollständig untergegangenen bedeutenden Glasmalerei des 13. Jahrhunderts in Oberfranken (die Farbverglasung des Bamberger Domes ist komplett verloren) sind hingegen die beiden kleinen Glasgemälde eines Erzengels Michael und eines Hl. Nikolaus aus der Pfarrkirche in Henfenfeld (um 1240/50, Lkr. Nürnberger Land).

Aus dem weiteren Verlauf des 13. Jahrhunderts haben sich mit der Johannesscheibe aus Plattling im Diözesanmuseum Regensburg (um 1260) und den Resten der Ornamentverglasung aus der Minoritenkirche in Regensburg, um 1280/90 (heute im Bayerischen Nationalmuseum, München), nur mehr spärlichste Relikte von Glasmalerei in Bayern erhalten. Enge formale Bezüge zur hochgotischen Ornamentik der Farbverglasung des Hauptchores im Regensburger Dom um 1300–1320 deuten auf heimische Kräfte, deren Stilquellen jedoch vornehmlich am Oberrhein zu suchen sind. Formal reiht sich die Haupt- und Nebenchorverglasung des Regensburger Doms in das damalige Spektrum an Darstellungsmöglichkeiten ein: Standfiguren mit und ohne Architekturbekrönung und Figuren im Langpass kombiniert mit ausgedehnten ornamentalen Lanzettfüllungen sowie szenische Folgen in kleinen runden oder passförmigen Medaillons vor durchlaufenden Teppichgründen. Das Bildprogramm erzählt von der Menschwerdung und Passion Christi, der Hl. Sippe, Aposteln und Heiligen, Apostelmartyrien und den 14 Nothelfern. Es fehlt indessen die inhaltliche Betonung der Chorachse, wie sie üblicherweise durch das Thema der Wurzel Jesse oder ab Mitte des 13. Jahrhunderts durch die typologischen Bibelfenster vorgegeben war.

Landshut und Augsburg: Aufträge aus dem Kreis der Wittelsbacher

Mutmaßlich frühe Erzeugnisse der Landshuter Glasmalerei sind die Restscheiben einer Wittelsbacher Fensterstiftung für das Zisterzienserinnenkloster Seligenthal (Stadt Landshut), ein bald nach 1300 entstandenes Werk mit Heiligen und Stifterbildern der Klosterfrauen des Herzogshauses. Heute befindet es sich weit verstreut im Bayerischen Nationalmuseum in München, im Victoria & Albert Museum zu London und in der Sammlung des Palácio nacional da Pena im portugiesischen Sintra.

Auferstehung Christi aus der Regensburger Minoritenkirche (jetzt München, Bayer. Nationalmuseum). Regensburg, um 1350/60. (Corpus Vitrearum Freiburg i. Br., R. Toussaint)

Der Auftrag für das monumentale Thron-Salomonis-Fenster über dem Südwestportal im Langhaus des Augsburger Domes kam aus dem direkten Umfeld der Wittelsbacher, aus dem Lager Kaiser Ludwigs des Bayern (reg. 1314-1347, ab 1328 als Kaiser). Als Stifter fungierte offenbar der Domkustos Konrad von Randegg (gest. ca. 1346). Die gewaltige, die gesamte Fensterfläche beanspruchende architektonisch gegliederte Großkomposition um 1330/40 verrät engste formale, technische und stilistische Zusammenhänge mit dem christologischen Chorachsenfenster der Pfarr- und Deutschordenskirche St. Jakob in Rothenburg o. d. T. (gegen 1350) und dem Passionsfenster der Regensburger Minoritenkirche (um 1350/60).

Regensburg zwischen West und Ost, Oberrhein und Wien

Ein relativ geschlossenes Bild der Entwicklung vom Beginn des 14. Jahrhunderts bis um 1370 vermittelt allein die Farbverglasung in Langchor, Quer- und Langhaus des Regensburger Domes. Nach dem beherrschenden Vorbild der oberrheinischen Glasmalerei in früher Zeit tritt ab 1330/40 eine stärkere Hinwendung zum bayerisch-österreichischen Kunstraum (Vorbild Graz, Leechkirche). Auch eigenständige lokale Traditionen, v. a. in der Buchmalerei des Dominikanerinnenklosters Hl. Kreuz, wirkten stilbildend. Ein Großteil der im zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts für den Dom ausgeführten Farbfenster wird heute übereinstimmend mit der Werkstatt des verlorenen, jedoch in einer Zeichnung des 17. Jahrhunderts überlieferten Wurzel-Jesse-Fensters des Prämonstratenserklosters Speinshart (Gde. Speinshart, Lkr. Neustadt a. d. Waldnaab) von 1333 verbunden, womit auch ein Ausstrahlen der Regensburger Produktion fassbar wird. Umgekehrt offenbaren einzelne Fenster im Südseitenschiff (s XIII) Mitte des Jahrhunderts klare Zusammenhänge mit verschiedenen Wiener Ateliers (Stephansdom, Maria am Gestade, Strassengel), so dass hier Import oder Zuwanderung von Kräften außer Frage stehen.

Mit den Farbverglasungen der 1370er Jahre in den hohen Fenstern des Langchores, im Querhausobergaden und in den westlichsten Fenstern des Südseitenschiffes im Regensburger Dom und den etwa zeitgleichen Chorflankenfenstern der Minoritenkirche, die ihre Orientierung an der böhmischen Malerei (etwa den Fresken im Kreuzgang des Prager Emausklosters) nicht verleugnen, lässt sich erstmals mit einiger Wahrscheinlichkeit der Name des verantwortlichen Glasmalers (d. h. Werkstattleiters), Heinrich Menger, verbinden. Dieser hatte sich 1372 dem Domkapitel vertraglich verpflichtet, Fenster am Dom anzufertigen und zu pflegen.

Nürnberg: das neue Zentrum in Franken

Auch um die Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert standen die meisten im bayerischen Raum erhaltenen Farbverglasungen von Belang mehr oder weniger eng in einem weitreichenden Beziehungsgeflecht, doch traten nun mit zunehmender ökonomischer Bedeutung der Städte auch einzelne künstlerische Zentren in den Vordergrund. Hier ist an erster Stelle Nürnberg zu nennen. Die personal- und leistungsstarken Werkstätten in Nürnberg bewältigten nicht nur die eigenen Verglasungsprojekte in den innerstädtischen Kirchenbauten St. Sebald, St. Lorenz, St. Jakob und St. Martha, sondern bedienten auch einen überregionalen Einzugsbereich bis nach Thüringen (Erfurt, Mühlhausen). Aus Nürnberg stammen die verlorenen Fenster im Eichstätter Dom und deren Ableger in der nahe gelegenen Pfarrkirche zu Pollenfeld (Lkr. Eichstätt) (um 1390) sowie eine Gruppe von Großmedaillonfenstern in der Münchner Frauenkirche (nach 1392), im Dom zu Freising (um 1412) und im Augsburger Dom (nach 1413). Letztere verraten bis in handschriftliche Details der Ausführung Werkstattzusammenhänge mit den großartigen Chorflankenfenstern der Jakobskirche in Rothenburg (um 1390/1400) und lassen sich gemeinsam mit diesen bis auf das mutmaßlich früheste Werk derselben Stilgruppe in Nürnberg, das Mendelfenster im Ostchor der Sebalduskirche (um 1380/90) zurückführen. Zweifelsfreie Nürnberger Exportwerke in Amberg (um 1412) zeigen, dass Regensburg seine lange gehaltene Führungsposition abgegeben hatte. Allein in St. Jakob in Straubing könnte in den originalen Resten eines Passionsfensters von 1418 in der Maria-Hilf- oder Prächsenkapelle eine Herkunft aus Regensburg oder Straubing selbst angenommen werden, während die Restscheibe eines Katharinenfensters, ebenfalls in Straubing, aus dem Umkreis des Wiener Meisters der Votivtafel von St. Lambrecht hervorgegangen sein muss.

Charakteristisch für die Glasmalerei der Zeit um 1400 im gesamten süddeutschen Raum sind stark verräumlichte Scheinarchitekturen. Sie dienen als Rahmung für Szenen und Figuren und sind der italienischen Malerei des Trecento entlehnt. Es handelt sich um gewölbte und flach gedeckte Gehäusekonstruktionen, Loggien, Balkonen und Tabernakeltürmchen, deren unorthodoxe Auf- und Untersichten keiner systematischen Perspektive unterliegen. In hoch aufragenden, verschachtelten Turmarchitekturen nahmen sie die gesamte Fensterfläche in Anspruch.

Würzburg und Bamberg

Im Bistum Würzburg liegen mit den Farbverglasungen der Pfarrkirchen zu Münnerstadt (Gde. Münnerstadt, Lkr. Bad Kissingen) und Iphofen (Gde. Iphofen, Lkr. Kitzingen) zwei ebenso umfangreiche wie herausragende Denkmälerbestände aus dem ersten Drittel des 15. Jahrhunderts vor, welche die hohe Qualität einer etablierten Würzburger Glasmalerei eindrücklich unter Beweis stellen. Dagegen weist die oberfränkische Bischofsstadt Bamberg weder in ihren Mauern noch außerhalb nennenswerte Spuren einer einstmaligen Glasmalereitradition auf.

München und die Beziehung zur Salzburger Glasmalerei

Im 15. Jahrhundert tritt auch München aus dem Schatten der großen Kunstzentren hervor. Neben Restscheiben einer Passion Christi des späten 14. Jahrhunderts in der Frauenkirche bezeugen um 1430 das Großmedaillonfenster mit den Freuden Mariä, die Marienkrönung, die Rot-Grüne Passion und das Dreikönigsfenster bereits eine ausgereifte Glasmalereitradition, die technisch wie künstlerisch neben den besten Leistungen der Zeit bestehen kann. Konkrete Beziehungen zur Salzburger Glasmalerei sind in dieser Zeit sowohl in München als auch wiederholt in niederbayerischen Werken, so in der Tilly-Kapelle in Altötting (1426) (Lkr. Altötting) und in den von Herzog Heinrich dem Reichen von Bayern-Landshut (reg. 1393-1450) gestifteten Medaillonfenstern in Jenkofen (1447) (Gde. Adlkofen, Lkr. Landshut) zu konstatieren. Diese Arbeiten stammen zweifelsfrei aus demselben Werkstattverband wie jene mit dem Meister des Weildorfer Altars verknüpften Fenster der Wallfahrtskirche St. Leonhard ob Tamsweg (Lungau, Land Salzburg).

Die sog. Weißscheiben der Münchner Frauenkirche aus der Mitte des 15. Jahrhunderts mit Szenen aus dem Leben Jesu teilen mit den herausragenden Münchner Malwerken der Zeit, der Tegernseer Tabula Magna und der Lettnerkreuzigung des Stadtmalers Gabriel Angler (gest. um 1462), dieselbe ästhetische Grundhaltung überwiegender Grisaille-Farbigkeit. Dieser zeittypischen Modeerscheinung sind auch Werke in der Oberpfalz (Regensburg, Dom, Waldeisen-Fenster) und in Mittelfranken (Kalbensteinberg, Gde. Absberg, Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen) verpflichtet.

Die großen Neuausstattungsmaßnahmen Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts

In das letzte Viertel des 15. Jahrhunderts und die ersten Jahre nach 1500 datieren einige der bedeutendsten und umfassendsten Neuverglasungskampagnen der Spätgotik im bayerischen und fränkischen Raum. Sie übertreffen durch die schiere Quantität des Erhaltenen alles Frühere. Zugleich treten die Künstler als historische Personen mehr und mehr ans Licht. Mit zunehmender Spezialisierung der Gewerke erhält die Trennung von Entwurf und Ausführung speziell in der Glasmalerei Gewicht.

München und Landsberg

In München waren an der Chorverglasung der neuen Frauenkirche von 1473 bis 1494 – abgesehen vom Scharfzandt-Fenster der Straßburger Werkstattgemeinschaft (1483) – gleich mehrere lokale Glasmalerwerkstätten beteiligt (Speculumfenster von 1480, Stiftung Herzog Sigismunds, und Herzogenfenster mit dem zentralen Schutzmantelbild, um 1485; Legendenfenster mit den Legenden der Heiligen Florian, Michael und Sebastian, um 1490; Märtyrerfenster, um 1485/90; Dornenkrönungsfenster, um 1490).

Ein zweites Großprojekt, an dem überwiegend Münchner Glasmaler beschäftigt waren, war die Stadtpfarrkirche zu Landsberg am Lech, die ab etwa 1484 bis ins frühe 16. Jahrhundert mit wahrhaft monumentalen Farbfenstern der Passion Christi und des Marienlebens ausgestattet wurde. Die Darstellungen füllen in überdimensionalen Bildkompositionen die Chorschlussfenster. Neben Augsburger Meistern, die nach Entwürfen Holbeins d. Ä. (gest. 1524) für Geißelung, Dornenkrönung und Kreuztragung verantwortlich zeichneten, war hier weitgehend dieselbe Münchner Werkstatt tätig, die bereits 1480 im Auftrag Herzog Sigismunds das kleinteilige Speculumfenster für die Frauenkirche geschaffen hatte.

Mit den im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstörten Farbfenstern der Münchner Salvatorkirche (1497 bzw. 1499 datiert) ist eine dritte bedeutende Farbverglasung in alten Schwarzweißaufnahmen und wenigen rekonstruierten Fragmentfeldern überliefert. In großen fensterübergreifenden Bildkompositionen, die gleichwohl nicht mehr die gesamte Fläche bis in den Fensterscheitel hinauf in Anspruch nahmen, waren hier neben verschiedenen Einzelheiligen und Heiligenlegenden tafelmalereiartige Szenen des Lebens Jesu und der Passion sowie die Marienkrönung, die Wurzel Jesse und die seltene Darstellung der Mannalese ausgeführt.

Inwieweit einzelne Münchner Werkstätten mit außenstehenden Entwerfern kooperierten, ist noch nicht geklärt. Jan Polack (gest. 1519) erhielt 1485 für Glasgemälde in die Klosterkirche von Scheyern Bezahlung. 1515 lieferte er die Visierung für die Verglasung der Trinkstube im Münchner Rathaus, die der Glasmaler Hans Winhart (erw. 1485-1539) ausführte. Da beide Werke verloren sind, lassen sich aus diesem Sachverhalt aber leider keine weiteren Schlüsse ziehen. Entwürfe der Pollack-Werkstatt werden für den 1497 datierten Passionszyklus in den Fenstern der Schlosskapelle der Blutenburg vorausgesetzt.

Nürnberger Glasmalerei der Dürerzeit

Das Phänomen arbeitsteiliger Auftragsabwicklung tritt am deutlichsten in der Nürnberger Glasmalerei zutage, dort erstmals bei der Farbverglasung des Chorneubaus der Lorenzkirche. Diese erforderte innerhalb kürzester Zeit eine immense Konzentration künstlerischer Kräfte. Neben Importwerken aus Regensburg (Rieter-Fenster, um 1478), Bamberg? (Haller-Fenster, um 1480) und Straßburg (Volckamer-Fenster, um 1481) stammt das Gros der zentralen Chorschlussfenster aus der Nürnberger Werkstatt des Michel Wolgemut (1434-1519), mit der sich Entwürfe, Kartons und Ausführung verbinden lassen. Am Fenster der Hl. Sippe um 1500 sind bereits externe Entwürfe Albrecht Dürers (1471-1528) zu erschließen, welche die Werkstatt des Nürnberger Stadtglasers Veit Hirsvogel (1461-1525) ausführte.

Von Albrecht Dürer und seinem Schülerkreis (in erster Linie Hans Baldung Grien [gest. 1485] und Hans von Kulmbach [gest. 1522]) stammt der bei weitem größte Teil erhaltener Vorlagen für Glasmalerei: Gesamtfensterentwürfe, Entwurfsskizzen und reingezeichnete Visierungen für Einzelfiguren und Szenen, Risse für kleinformatige Kabinettscheiben oder originalgroße Kartons für monumentale Kirchenfenster sind in weit über 100 Exemplaren in den graphischen Sammlungen in aller Welt erhalten geblieben, wobei viele Zeichnungen ihre Bestimmung nicht auf den ersten Blick verraten.

Mosesfenster in der Jakobskirche in Straubing. Nürnberg, um 1500, Werkstatt Veit Hirsvogel nach Entwurf Albrecht Dürers. (Corpus Vitrearum Freiburg i. Br., R. Tonojan)

Damit einher ging ein Bruch mit den Bildtraditionen, auch wenn die Glasmaler selbst an den hergebrachten Darstellungsformen länger festhielten. Charakteristisch ist die Nähe zur zeitgenössischen Tafelmalerei. Modernismen der rahmenden Bildarchitektur in Renaissanceformen und -dekor setzten sich zunehmend durch. Beispielhaft für die konsequente Abkehr vom Althergebrachten ist die ohne Rahmung auf den gesamten Fensterspiegel ausgedehnte Übergabe der Gesetzestafeln im Mosesfenster in der Jakobskirche zu Straubing, das um 1500 nach Dürers Entwurf in Nürnberg ausgeführt worden war. Ähnliche Lösungen zeigen wenig später auch das Eichstätter Weltgericht nach Holbein um 1505 und der monumentale Landsberger Hl. Christophorus aus der Werkstatt des Münchner Glasmalers Hans Winhart?, um 1510. In der zentralperspektivischen Komposition des doppelgeschossigen Triumphbogens im Pfinzing-Fenster der Nürnberger Sebalduskirche (1515) vollzog Dürer schließlich den entscheidenden Schritt zum zeitgemäßen monumentalen Renaissancefenster.

Hans Holbein d. Ä. und die Augsburger Glasmalerei um 1500

In Augsburg, dessen Glasmalerei um 1500 leider nur mehr in vereinzelten, weit gestreuten Überresten auf uns gekommen ist, war Hans Holbein d. Ä. die maßgebliche Leitfigur. Seine Entwurfstätigkeit für den bedeutendsten Glasmalereibestand im Mortuarium des Eichstätter Domes (um 1495–1505) ist sowohl durch erhaltene Entwürfe als auch durch Signaturen auf den Fenstern des Weltgerichts und der Schutzmantelmadonna selbst belegt. Ausführende Werkstatt war die des Augsburger Malers und Glasmalers Gumpolt Giltlinger d. Ä. (gest. 1522). Im Fall der wenigen Restscheiben aus St. Ulrich und Afra oder wie bei den Exportwerken für Tiroler Auftraggeber in der Stadtpfarrkirche Schwaz 1506 und 1509 ist dies auch archivalisch überliefert. Mit den beiden führenden Meistern der Augsburger Renaissancemalerei, Hans Burgkmair (1473-1531) und Jörg Breu (gest. 1537), konnten dagegen bislang keine ausgeführten Glasmalereien monumentalen Stils verbunden werden, wenngleich sich Fensterentwürfe Breus vereinzelt erhalten haben (Christi Höllenfahrt, Berlin, Kupferstichkabinett). Ihre Bedeutung lag vielmehr auf dem Gebiet kleinformatiger Kabinettscheiben meist profaner Thematik, die sich im 16. Jahrhundert zunehmender Beliebtheit erfreuten. Die Tätigkeit Burgkmairs als Entwerfer ist zumindest für acht Scheiben in die Ratsstube des alten Augsburger Rathauses im Jahr 1515 schriftlich belegt.

Ausklang und letzte Blüte in Landshut und Regensburg

Die Werkstätten der drei großen Zentren spätmittelalterlicher Glasmalerei in Bayern, Franken und Schwaben (München, Nürnberg, Augsburg) waren zumeist nebeneinander für weitere umfangreiche Farbverglasungen etwa in Straubing, Ingolstadt und Ansbach verantwortlich. In St. Gumpertus in Ansbach ist mit dem Fenster des Würzburger Domherrn Friedrich d. J. von Brandenburg-Ansbach (1497-1536) sogar noch ein vereinzeltes Beispiel Würzburger Glasmalerei um 1515 in außerordentlicher Qualität erhalten geblieben. Im frühen 16. Jahrhundert lassen sich auch mit den kleineren Produktionsstätten Landshut und Regensburg wieder bedeutende Werke verbinden. Stellvertretend für die Regensburger Glasmalerei der Zeit steht die Fensterstiftung der Herzöge Albrecht IV. (reg. 1465-1508) und Wilhelm IV. (reg. 1508-1550) (heute: Bayerisches Nationalmuseum) um 1513 mit Heiligen und Stifterbildern unter aufstrebenden spätgotischen Architekturbekrönungen, nur mehr partiell farbig verglaste Fenster inmitten einer farblosen Wabenverglasung.

Landshuter Glasmalerei aus der Werkstatt des Hofmalers Hans Wertinger (ca. 1465-1533) ist ein noch immer wenig erforschtes Terrain, doch sein glasmalerisches Schaffen schöpft vornehmlich aus zweiter Hand. In den einigermaßen gesicherten Arbeiten des zweiten Jahrzehnts in der Annakirche in Neuötting ist Wertinger in der Gestaltung der Landschaft der "Donauschule" verpflichtet. Im Fall des 1515 datierten Hl. Christophorus in Kriestorf (Gde. Witzmannsberg, Lkr. Passau) geht die figürliche Komposition auf eine 1510 entstandene Zeichnung Albrecht Altdorfers (gest. 1538) in der Hamburger Kunsthalle zurück. Ein Großteil der ihm zugeschriebenen partiellen Farbverglasungen in Neuötting, Freising, Mining (Bez. Braunau, Oberösterreich) und Ingolstadt zeigt im Aufbau zudem enge Bezüge zu den steinernen Epitaphien der lokalen Bildhauerei. Noch sein spätes Hauptwerk, das 1527 im Auftrag der bayerischen Herzöge Wilhelm IV. und Ludwig X. (reg. 1516-1545) ausgeführte gewaltige Verkündigungsfenster in der Hochchorachse der Oberen Pfarrkirche Unserer Lieben Frau in Ingolstadt verrät die Abhängigkeit vom mächtigen Vorbild des Landshuter Bildhauers Hans Leinberger (ca. 1480-1531). Die Hauptgruppe wiederholt den "Englischen Gruß" des Veit Stoß (gest. 1533), sodass selbst dieses "größte und schönste bayerische Glasgemälde der Renaissance" (Frankl) den im Kern eklektizistischen Charakter der Landshuter Glasmalerei bestätigt.

Glasmalerei in nachreformatorischer Zeit

Die Reformation beendete die letzte Blüte monumentaler sakraler Glasmalerei im bayerischen, fränkischen und schwäbischen Raum, auch wenn sich weite Landesteile nach wie vor zum alten Glauben bekannten.

Die Nachfrage nach Wappenscheiben blieb davon unberührt, und auch der Markt für fromme und profane Darstellungen im Kabinettscheibenformat (z. B. Monatsbilder, religiöse, mythologische und allegorische Themen) hatte Bestand. So finden sich bis weit ins 17. und 18. Jahrhundert hinein, freilich mit zunehmend sinkendem Anspruch, Zeugnisse dieser Art. Dagegen gab es im fortgeschrittenen 16. Jahrhundert nur noch vereinzelt Fensterstiftungen größeren Stils, wie beispielsweise der Auftrag Herzog Albrechts V. (reg. 1550-1579) für den Chor der Stadtpfarrkirche Landsberg am Lech 1562. Dieses gläserne Epitaph zum Gedächtnis der herzoglichen Familie führte auf Wunsch des Herzogs der "Hofglaser" Wolfgang Prielmayr (gest. 1594) aus, um keinen "ausländischen" Meister zum Zuge kommen zu lassen. In München waren die heimischen Glasmaler noch in der Lage, Aufträge zur vollsten Zufriedenheit der Auftraggeber auszuführen. Dies zeigen auch die großen Fassadenfenster mit dem Bild des Erzengels und den herzoglichen Wappen in St. Michael in München, die 1590 durch den Glasmaler Hans Hebenstreit (erw. 1554-1590) und dessen Sohn Georg (erw. 1590-1630) - allerdings mit Hilfe dreier Straßburger Gesellen - verfertigt wurden. Um 1601 zogen die Nürnberger Patrizierfamilien Tucher und Imhoff für ihre monumentalen fensterfüllenden Neustiftungen in den Pfarrkirchen St. Lorenz und St. Sebald den Zürcher Glasmaler Jakob Sprüngli (gest. 1637) hinzu. Diese letzten raren Beispiele einer Wiederbelebung musivischer Glasmalerei in barocker Zeit waren dann allerdings auch nichts anderes mehr als ins Monumentale gesteigerte "Schweizer Wappenscheiben".

Literatur

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Quellen

  • Gabriela Fritzsche/Fritz Herz (Bearb.) Die mittelalterlichen Glasmalereien im Regensburger Dom (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland 13/1), Berlin 1987.
  • Hartmut Scholz (Bearb.), Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg extra muros (Corpus vitrearum medii aevi. Deutschland 10/1), Berlin 2002.

Weiterführende Recherche

Externe Links

Empfohlene Zitierweise

Hartmut Scholz, Glasmalerei (Spätmittelalter/16. Jahrhundert), publiziert am 26.04.2010; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Glasmalerei_(Spätmittelalter/16._Jahrhundert) (3.10.2024)