Staatsministerium des Innern (nach 1945)
Aus Historisches Lexikon Bayerns
Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat als zentrale innere Verwaltungsbehörde des Freistaats Bayern gegenwärtig Zuständigkeiten für die Organisation der staatlichen allgemeinen inneren Verwaltung einschließlich der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Kommunalverwaltung, der öffentlichen Sicherheit und Ordnung einschließlich des Verfassungsschutzes sowie des Brand- und Katastrophenschutzes und des Rettungswesens. Eine Besonderheit stellt die Oberste Baubehörde im Staatsministerium des Innern mit ihren Aufgabenfeldern Staatlicher Hochbau, Straßen- und Brückenbau, Recht, Planung und Bautechnik sowie Wohnungswesen und Städtebauförderung dar. Ungeachtet beständiger Zuständigkeitsverluste an andere Ministerien bleibt das Staatsministerium des Innern neben dem Staatsministerium der Finanzen gerade auch im Hinblick auf die Anzahl der nachgeordneten Behörden das bedeutendste Ressort im Freistaat Bayern.
Anfänge des Wiederaufbaus unter amerikanischer Besatzung
Auf Vorschlag des vorläufigen Ministerpräsidenten Fritz Schäffer (BVP, CSU, 1888-1967) ernannte die amerikanische Militärregierung am 7. Juni 1945 den vormaligen Ministerialdirektor aus dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus Karl August Fischer (DNVP, 1885-1975) zum geschäftsführenden Innenminister. Das Ministerium war für die Bereiche Verwaltung, Gesundheit, Bau, Wiederaufbau und Polizei zuständig; der Bereich Arbeit und Wohlfahrt wurde in das neue Arbeitsministerium ausgegliedert. Das Innenministerium war provisorisch in einem Gebäude an der Prinzregentenstraße 5 untergebracht, weil die bisherigen Räume an der Theatiner- und Ludwigstraße überwiegend kriegszerstört waren. Wie Schäffer wehrte sich Fischer gegen die Entlassung politisch vorbelasteter Beamter; wegen Zweifel an seiner politischen Zuverlässigkeit musste er sein Ministeramt zum 1. September 1945 auf Druck der Militärregierung aufgeben. Sein am 14. September ernannter Nachfolger Heinrich Wirschinger (1875-1950), ehemaliger Regierungspräsident von Niederbayern - 1934 von der NS-Regierung verdrängt -, amtierte nur zwei Wochen, ehe Schäffer mitsamt seinem Kabinett am 28. September 1945 von der Militärregierung abgesetzt wurde.
Der neue vorläufige Ministerpräsident Wilhelm Hoegner (SPD, 1887-1980) ernannte am 22. Oktober den früheren Landtagsabgeordneten Josef Seifried (SPD, 1892-1962) zum Innenminister. Die Regierung Hoegners (Kabinett Hoegner I) trat für eine entschiedenere Entnazifizierung ein. Zuständig für die politische Befreiung war bis zur Bildung des Staatsministeriums für Sonderaufgaben zunächst das Innenministerium. Die eigentliche Kernaufgabe des Ministeriums in der unmittelbaren Nachkriegszeit bestand aber darin, die Verwaltung auf allen Ebenen wieder in Gang zu bringen. Es bildete nach 1945 das Zentrum für den Wiederaufbau der inneren Staatsverwaltung. Hierzu wurden mit der Gemeindeordnung vom 18. Dezember 1945 und der Landkreisordnung vom 18. Februar 1946 wesentliche rechtliche Grundlagen geschaffen. Der Neuaufbau der Landespolizeiorganisation mündete in die Schaffung eines Präsidiums der Landespolizei von Bayern in München im April 1946. Das Beamtengesetz vom 28. Oktober 1946 brachte eine Neuregelung des Berufsbeamtentums.
Das Innenministerium im ersten und zweiten Kabinett Ehard (1946/47 bis 1954)
Gemeinsam mit der Volksabstimmung über die Bayerische Verfassung fanden am 1. Dezember 1946 die ersten freien Landtagswahlen im Nachkriegsbayern statt. Die Landeswahlleitung oblag dem im Bayerischen Staatsministerium des Innern ressortierenden Bayerischen Statistischen Landesamt. Der vom Landtag neu gewählte Ministerpräsident Hans Ehard (CSU, 1887-1980) bildete trotz absoluter Mehrheit der CSU eine Koalitionsregierung mit SPD und WAV (Kabinett Ehard I). Der Sozialdemokrat Seifried blieb im Amt des Innenministers. Zentrale Aufgaben der Innenpolitik blieben neben der Entnazifizierung der Aufbau der Verwaltung und die Beseitigung der Folgen von Krieg und Gewaltherrschaft. Eine Kernaufgabe stellte auch die Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen dar, die in einer eigenständigen Flüchtlingssonderverwaltung unter Staatskommissar (ab 31. Januar 1947 Staatssekretär) Wolfgang Jänicke (1881-1968) angesiedelt war. Diese Behörde wurde 1950 wieder aufgelöst und die entsprechenden Aufgaben in das Arbeitsministerium (heute: Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen) integriert. Nach dem Ende der Koalitionsregierung wurde der Jurist und bisherige Staatssekretär im Innenministerium, Willi Ankermüller (CSU, 1901-1986), am 21. September 1947 neuer Innenminister in einem reinen CSU-Kabinett (Kabinett Ehard II).
An der Zuständigkeit des Innenministeriums für die Verwaltungsgerichtsbarkeit änderte sich auch nach Kriegsende nichts. Bis heute ressortieren der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und die Verwaltungsgerichte im Unterschied zu den übrigen Ländern der Bundesrepublik Deutschland, wo sie den Justizministerien zugeordnet sind, im Zuständigkeitsbereich des Innenressorts.
Im April 1948 wurde mit dem Gesetz über die behördliche Organisation des Bauwesens das gesamte Bau- und Wohnungswesen dem Geschäftsbereich des Innenministeriums zugeordnet. Ziel war es, dem durch die Kriegszerstörungen bedingten Gebäude- und Wohnungsmangel durch eine zentrale Koordination der Wiederaufbaumaßnahmen besser abhelfen zu können. Organisatorisch schlug sich dies in der Wiedererrichtung der Obersten Baubehörde nieder, die 1932 zur Verwaltungsvereinfachung als Ministerialbauabteilung in das Ministerium eingegliedert worden war. Die Oberste Baubehörde beim Bayerischen Staatsministerium des Innern war lange Jahre selbst nur notdürftig in Baracken an der Friedrichstraße untergebracht (Gelände der heutigen Uni-Mensa), ehe sie 1969 an der Prinzregentenstraße ein zweckmäßiges Dienstgebäude erhielt. Ebenfalls im April 1948 wurde die Selbständigkeit aller sieben bayerischen Regierungsbezirke (Mittelfranken, Niederbayern, Oberbayern, Oberfranken, Oberpfalz, Schwaben, Unterfranken) wiederhergestellt (1932 wurden die vier Regierungsbezirke Oberfranken, Mittelfranken, Niederbayern und Oberpfalz zu den beiden Regierungsbezirken "Oberfanken und Mittelfranken" und "Niederbayern und Oberpfalz" zusammengeschlossen).
Aus den Wahlen zum zweiten Nachkriegslandtag 1950 ging die CSU geschwächt hervor und wurde von der SPD überflügelt. Dennoch wurde Hans Ehard erneut zum Ministerpräsidenten gewählt. Neuer Innenminister in seinem Koalitionskabinett (Kabinett Ehard III) wurde der vormalige Ministerpräsident Wilhelm Hoegner. Zu den wichtigen Vorhaben seiner Amtszeit gehörte neben der Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen auch die Weiterentwicklung des Rechts der Selbstverwaltungskörperschaften. Neuer Amtssitz wurde das kriegszerstörte und in Teilen wiederaufgebaute Odeon. 1952 wurden eine neue Gemeindeordnung und eine neue Landkreisordnung erlassen, 1953 eine neue Bezirksordnung. Die ersten Bürgermeister in den Gemeinden wurden nun (ebenso wie die Landräte bereits seit 1948) direkt gewählt. Auch das Polizeiwesen wurde forciert ausgebaut. Hierzu gehörte u. a. der Aufbau der Bayerischen Bereitschaftspolizei als besonderer staatlicher Polizeiverband – in Konkurrenz zu den Aktivitäten des Bundes, eine Bundesbereitschaftspolizei zu etablieren – , die Schaffung eines Landeskriminalamtes und die Integration des Polizeiwesens der kreisangehörigen Städte und Gemeinde (ab 1968 auch der kreisfreien Städte) in die Landespolizei. Diese sogenannte Verstaatlichung der Polizei wurde erst am 1.Oktober 1975 mit der Integration der Münchner Stadtpolizei in die Landespolizei abgeschlossen. Ebenfalls neu geschaffen wurde 1950 das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz.
Das Innenministerium in der Viererkoalition und im ersten Kabinett Seidel (1954 bis 1957 und 1957/58)
Nach den Landtagswahlen im November 1954 bildete die SPD mit Hoegner als Ministerpräsident eine Koalitionsregierung (Kabinett Hoegner II) unter Einschluss der Bayernpartei, der FDP und dem Gesamtdeutschen Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE). Das Innenministerium fiel an August Geiselhöringer (1886-1963) von der Bayernpartei. Mit dem Vorschlag eines bayerischen Staatsangehörigkeitsgesetzes (nach Art. 6 Abs. 3 BV) konnte dieser sich nicht durchsetzen. Ebenfalls abgelehnt wurde die Umsetzung eines im Auftrag der neuen Regierung von VGH-Präsident Ottmar Kollmann (1886-1969) erstellten Gutachtens über Möglichkeiten der Verwaltungsvereinfachung, welches Hoegner zu radikal erschien, da es eine Einschränkung des Parlamentarismus und eine Ausweitung der Bürokratie zur Folge gehabt hätte. In der Verordnung über die Geschäftsverteilung der Staatsregierung vom 19. Dezember 1956 wurde der Geschäftsbereich des Innenministeriums wie folgt dargestellt: Kommunale Angelegenheiten, Gesundheitswesen, Bevölkerungsschutz, Öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie Bauwesen.
In Geiselhöringers Amtszeit fiel die Konzessionierung von Spielbanken, die später in die sogenannte Spielbanken-Affäre mündete. Im Hintergrund dieser nie vollständig geklärten Vorgänge um angebliche Korruption standen erbitterte Machtkämpfe zwischen CSU und Bayernpartei.
Nach der Bundestagswahl 1957, bei der die CSU fast zwei Drittel der Stimmen in Bayern erhalten hatte, strebten GB/BHE und Bayernpartei eine Koalition mit der CSU an. Hoegner trat zurück; der Landtag wählte am 16. Oktober 1957 den CSU-Vorsitzenden Hanns Seidel (1901-1961) zum neuen Ministerpräsidenten (Kabinett Seidel I). Dieser ernannte den Vorsitzenden der FDP-Fraktion im Landtag, Otto Bezold (1899-1984), der unter Hoegner bereits als Wirtschaftsminister amtiert hatte, zum neuen Innenminister. Bezold trieb den Ausbau des Autobahnnetzes und der Großschifffahrtsstraße Rhein-Main-Donau voran.
Die Ära Goppel (1958 bis 1962 und 1962 bis 1978)
Nach den Landtagswahlen 1958 bildete Hanns Seidel neuerlich eine Koalitionsregierung aus CSU, GB/BHE und FDP (Kabinett Seidel II). Neuer bayerischer Innenminister wurde der aus Regensburg stammende Jurist Alfons Goppel (CSU, 1905-1991). Infolge des krankheitsbedingten Rücktritts Seidels im Januar 1960 wählte der Landtag am 26. Januar 1960 den bereits 73-jährigen Hans Ehard nochmals zum Ministerpräsidenten (Kabinett Ehard IV). Er übernahm das Kabinett seines Vorgängers nahezu unverändert und beließ auch Alfons Goppel im Amt des Innenministers. In die Zeit Goppels als Innenminister fielen die Neufassung des Bayerischen Beamtengesetzes vom 18. Juli 1960, des Bayerischen Wassergesetzes vom 26. Juli 1962 und der Bayerischen Bauordnung vom 1. August 1962. Einen Meilenstein im bayerischen Gesundheitswesen stellte die Einführung der Schluckimpfung gegen Kinderlähmung (Poliomyelitis) dar, die in den Verantwortungsbereich der Gesundheitsabteilung des Innenministeriums fiel.
Da Ehard altersbedingt nicht mehr für das Ministerpräsidentenamt zur Verfügung stand, wählte der Landtag nach den Wahlen vom November 1962 Alfons Goppel am 11. Dezember 1962 zum neuen Ministerpräsidenten (Kabinett Goppel I). Er sollte dieses Amt bis 1978 inne haben. In der 16-jährigen Regierungszeit Goppels amtierten drei verschiedene Minister an der Spitze des Staatsministeriums des Innern: Heinrich Junker (CSU, 1911-1993, von 1962 bis 1966), Bruno Merk (CSU, 1922-2013, von 1966 bis 1977) und Alfred Seidl (CSU, 1911-1993, 1977/78). Junker schied 1966 aus dem Kabinett aus und wurde Präsident der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt. Sein Nachfolger Bruno Merk verließ das Kabinett nach elf Jahren, da er unter Franz Josef Strauß (1915-1988), dessen Wahl zum Ministerpräsidenten sich 1977 bereits abzeichnete, nicht als Minister amtierten wollte. Vorausgegangen waren heftige Auseinandersetzungen zwischen Merk und dem CSU-Chef Strauß über die Gebietsreform, die Strauß ablehnte, weil er fürchtete, sie würde die Partei Wählerstimmen kosten. Merks Nachfolger Seidl amtierte nur knapp ein Jahr, da Strauß ihn nicht in sein Kabinett (Kabinett Strauß I) übernehmen sollte.
Im Jahr 1971 wurde – Ergebnis erster Ansätze einer bereits unter Junker in den 1960er Jahren begonnenen Umweltschutzpolitik – das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen gegründet. Das neue Ministerium übernahm vom Innenministerium die Kompetenzen für Natur- und Landschaftsschutz, Luftreinhaltung, Lärmschutz, Abfallbeseitigung, Strahlenschutz und die wasserwirtschaftliche Rahmenplanung (u. a. wechselte das Landesamt für Naturschutz in den neuen Geschäftsbereich). Im selben Jahr musste das Innenministerium Kompetenzen auf dem Gebiet der Sozialhilfe und sonstigen Wohlfahrtspflege, Jugendfürsorge, sozialen Fürsorge für Kriegsopfer und Hinterbliebene, Erholungsfürsorge für Heimkehrer, zum Vollzug des Schwerbeschädigtengesetzes, Kriegsgräberfürsorge, Kriegsgefangenenentschädigung sowie teilweise auch aus dem Bereich des Gesundheitswesens an das neu strukturierte Ministerium für Arbeit und Sozialordnung abgeben.
Ein zentrales Thema der bayerischen Innenpolitik in den 1970er Jahren war die große Gebietsreform, die die Effektivität und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung sicherstellen und die kommunale Selbstverwaltung stärken sollte. Hierbei wurde im Zuge der Landkreisreform mit Wirkung vom 1. Juli 1972 die Zahl der 143 Landkreise und 48 kreisfreien Städte (1970) auf 71 Landkreise und 25 kreisfreie Städte reduziert. In der daran anschließenden Gemeindegebietsreform, die am 1. Mai 1978 ihren Abschluss fand, wurde anschließend die Zahl der 7.073 Gemeinden (1969) auf 2.052 (1978) reduziert. Parallel zur Gebietsreform wurden die Ämterbereiche der staatlichen Behörden und Gerichte den neuen Strukturen angepasst.
Zu den innenpolitischen Herausforderungen der 1970er Jahre gehörte auch die Auseinandersetzung mit verschiedenen Formen von Gewalt und Terrorismus, auf die man zunächst wenig vorbereitet war. Aufgrund des misslungenen Polizeieinsatzes im Zuge der Ermordung und Geiselnahme israelischer Sportler durch palästinensische Terroristen während der XX. Olympischen Sommerspiele in München am 5. September 1972 bot Innenminister Merk schließlich sogar seinen Rücktritt an, den Ministerpräsident Goppel aber ablehnte. Kritik musste sich die Staatsregierung in den innenpolitisch stark spannungsgeladenen 1970er Jahren auch wegen des sog. Radikalenerlasses gefallen lassen, mit dem sie jedoch am 27. März 1973 nur einen Beschluss der Bundesregierung und der Ministerpräsidenten der Länder umsetzte. Mit dem unter Innenminister Alfred Seidl im "Deutschen Herbst" 1977 erlassenen Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung des Terrorismus beanspruchte Bayern auf diesem Gebiet eine führende Stellung unter den deutschen Ländern. Auch das Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei vom 24. August 1978 mit der Einführung des "finalen Rettungsschusses" ist vor diesem Hintergrund einer Politik zu sehen, in welcher der Aspekt der inneren Sicherheit mehr und mehr in den Vordergrund rückte.
Das Innenministerium in der Zeit von Ministerpräsident Franz Josef Strauß (1978-1988)
Nachdem der 73-jährige Alfons Goppel nach vier Wahlperioden nicht mehr für das Ministerpräsidentenamt kandidierte, wählte der Landtag nach den Landtagswahlen vom Oktober 1978 am 6. November 1978 den CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß zum neuen Ministerpräsidenten. Er übernahm das Kabinett seines Vorgängers weitgehend, ernannte aber an Stelle Seidls den CSU-Generalsekretär Gerold Tandler (geb. 1936) zum neuen Innenminister.
In seiner vierjährigen Amtszeit widmete sich dieser unter anderem der Neuordnung des Feuerwehrwesens. Im Jahr 1982 wurde das Bayerische Landesamt für Datenverarbeitung, das 1970 zunächst der Bayerischen Staatskanzlei nachgeordnet war, in das Bayerische Statistische Landesamt integriert. Der Name des Landesamtes änderte sich in Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung. Das neue Amt hatte zu diesem Zeitpunkt 1.100 Mitarbeiter.
Aufsehen erregte im Frühjahr 1982 die "Affäre Langmann" um den Leiter der Staatsschutzabteilung im Innenministerium, Hans Langmann, der des Geheimnisverrats angeklagt und später rechtskräftig verurteilt wurde. Politisch geschwächt, wechselte Tandler nach den Landtagswahlen 1982 auf das Amt des Vorsitzenden der CSU-Landtagsfraktion.
Tandlers Nachfolger im Amt des Innenministers wurde der bisherige Justizminister und stellvertretende Ministerpräsident Karl Hillermeier (CSU, 1922-2011). In seine politisch unruhige Amtszeit, in der Fragen der inneren Sicherheit im Vordergrund standen, fiel die Ermordung der Wirtschaftsführer Ernst Zimmermann (1929-1985) und Karl Heinz Beckurts (1930-1986) durch RAF-Terroristen. Zu schweren Auseinandersetzungen mit hunderten Verletzten und über 3.000 eingesetzten Polizisten kam es im Zusammenhang mit den Protesten gegen den Bau der Wiederaufbereitungsanlage für Kernbrennstoffe (WAA) bei Wackersdorf (Lkr. Schwandorf) in den Jahren 1985 und 1986.
Bei der Kabinettsumbildung 1986 wechselte Hillermeier in das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung. Sein Nachfolger als Innenminister wurde der bisherige Justizminister August Lang (CSU, 1929-2004). In die Kritik geriet das Innenministerium, nachdem Innenstaatssekretär Peter Gauweiler (CSU, geb. 1949) 1987 angeregt hatte, auf HIV-Infizierte Maßnahmen des Bundesseuchengesetzes anzuwenden und von ihm identifizierte Risikogruppen zu Zwangsuntersuchungen zu verpflichten.
Das Innenministerium unter den Ministern Edmund Stoiber und Günther Beckstein (1988 bis 2007)
Nach dem plötzlichen Tod von Ministerpräsident Franz Josef Strauß am 3. Oktober 1988 wählte der Landtag am 19. Oktober 1988 den bisherigen Finanzminister Max Streibl (CSU, 1932-1988) zum neuen Ministerpräsidenten. Der bisherige Staatsminister in der Bayerischen Staatskanzlei, Edmund Stoiber (CSU, geb. 1941), wurde neuer Innenminister. Unter seiner Leitung wurde wiederum das Thema der inneren Sicherheit stark fokussiert. Bundesweite Schlagzeilen verursachte hierbei unter anderem die Einkesselung von Demonstranten am Rande des Weltwirtschaftsgipfels 1992 in München ("Münchner Kessel"). Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung leistete das Staatsministerium des Innern nach 1990 personelle und materielle Hilfe beim Aufbau der Verwaltungsstruktur in den neuen Ländern Sachsen und Thüringen. Ein zentrales innenpolitisches Thema stellte zu Beginn der 1990er Jahre die Debatte um das Asylrecht dar, in welcher Stoiber einen restriktiven Kurs verfolgte.
Nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Max Streibl im Rahmen eines "Amigo-Affäre" genannten Korruptions- und Bestechungsskandals wurde Innenminister Stoiber am 28. Mai 1993 zu Streibls Nachfolger im Amt des Ministerpräsidenten gewählt. Stoiber ernannte den bisherigen Innenstaatssekretär Günther Beckstein (CSU, geb. 1943) zum neuen Innenminister.
Im Zuge der Kabinettsumbildung 1993 (Kabinett Stoiber I) kam es zu einer Umressortierung von Ministeriumszuständigkeiten. So kamen vom Innenministerium die Zuständigkeiten für die Wasserwirtschaft an das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen und für das Gesundheits- und Veterinärwesen an das damalige Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit. Im Gegenzug erhielt das Innenministerium vom Finanzministerium die Finanzbauverwaltung. Auch unter Staatsminister Beckstein wurde Fragen der inneren Sicherheit hohe Priorität eingeräumt. So legte das Innenministerium 1994 ein 15-Punkte-Programm zur inneren Sicherheit vor, zu dessen vielfach diskutierten Bestandteilen auch die Einführung der "Sicherheitswacht" zählte, bei der Bürger ehrenamtlich in die Polizeiarbeit eingebunden wurden. Die Abwehr des politischen Extremismus, eine strikte Ausländerpolitik und das Ringen um das Zuwanderungsgesetz bestimmten die bayerische Innenpolitik vor und nach der Jahrtausendwende. Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Regierung Stoiber lag auf dem Feld der Privatisierung von Staatsbetrieben. So wurde etwa die dem Innenministerium nachgeordnete Bayerische Versicherungskammer 1994/95 neu strukturiert und teilweise privatisiert. 1998 und nochmals 2003 war das Innenministerium in die Verfassungsreform involviert, die u. a. die Zahl der Landtagsabgeordneten von 204 auf 180 reduzierte, den Bayerischen Senat abschaffte, die Wahlperiode von vier auf fünf Jahre verlängerte und die Zahl der Regierungsmitglieder begrenzte. 2004 folgte die Einleitung einer Polizeireform, bei welcher die bisherigen Polizeipräsidien und Polizeidirektionen mit dem Ziel der Effektivitätssteigerung zu einer Ebene verschmolzen.
Mit seiner Wahl zum Bayerischen Ministerpräsidenten am 9. Oktober 2007 endete die 14-jährige Amtszeit von Günther Beckstein als Bayerischer Staatsminister des Innern. Zu seinem Nachfolger ernannte Beckstein den bisherigen Vorsitzenden der CSU-Landtagsfraktion Joachim Herrmann (geb. 1956). Dieser übt sein Amt seit dem 16. Oktober 2007 aus.
Staatsminister des Innern | Partei | Lebensdaten | Amtszeit als Staatsminister des Innern |
---|---|---|---|
Karl August Fischer (als geschäftsführender Minister) | parteilos | 1885–1975 | 07.06.1945–01.09.1945 |
Heinrich Wirschinger | parteilos | 1875-1950 | 14.09.1945–28.09.1945 |
Josef Seifried | SPD | 1892–1962 | 03.10.1945–16.12.1946 u. 21.12.1946 – 20.09.1947 |
Willi Ankermüller | CSU | 1901–1986 | 21.09.1947–17.12.1950 |
Wilhelm Hoegner | SPD | 1887-1980 | 18.12.1950–13.12.1954 |
August Geiselhöringer | Bayernpartei | 1886-1963 | 14.12.1954–16.10.1957 |
Otto Bezold | FDP | 1899-1984 | 16.10.1957–09.12.1958 |
Alfons Goppel | CSU | 1905-1991 | 09.12.1958–11.12.1962 |
Heinrich Junker | CSU | 1911-1993 | 11.12.1962–05.12.1966 |
Bruno Merk | CSU | 1922-2013 | 05.12.1966–31.05.1977 |
Alfred Seidl | CSU | 1911-1993 | 01.06.1977–06.11.1978 |
Gerold Tandler | CSU | geb. 1936 | 07.11.1978–27.10.1982 |
Karl Hillermeier | CSU | 1922-2011 | 27.10.1982–30.10.1986 |
August Lang | CSU | 1929-2004 | 30.10.1986–19.10.1988 |
Edmund Stoiber | CSU | geb. 1941 | 19.10.1988–28.05.1993 |
Günther Beckstein | CSU | geb. 1943 | 17.06.1993–09.10.2007 |
Joachim Herrmann | CSU | geb. 1956 | seit 16.10.2007 |
Literatur
- Franz Bauer, Flüchtlinge und Flüchtlingspolitik in Bayern 1945-1950, Stuttgart 1982.
- Festschrift zum 125-jährigen Bestehen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, München 2004.
- Karl-Ulrich Gelberg, Ausblick, in: Max Spindler/Alois Schmid (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte. 4. Band, 1. Teil, München 2. Auflage 2003, 957-1008.
- Karl-Ulrich Gelberg, Die Oberste Baubehörde zwischen 1932 und 1949. Zur Kontinuität einer bayerischen Zentralbehörde, in: Hermann Rumschöttel/Walter Ziegler (Hg.), Staat und Gaue in der NS-Zeit. Bayern 1933-1945 (Beihefte zur Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte B 21), München 2004, 297-339.
- Karl-Ulrich Gelberg, Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ära Goppel (1945-1978), in: Max Spindler/Alois Schmid (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte. 4. Band, 1. Teil, München 2. Auflage 2003, 635-956.
- Roland Joerg, Beiträge zur Geschichte der Bayerischen Staatsbauverwaltung. Neubeginn und Wiederaufbau 1945-1962 (als Manuskript gedruckt), München 1983.
- Peter Koch, 200 Jahre Bayerisches Staatsministerium des Innern. Eine Behörde für Bayern. Festschrift zum 200-jährigen Bestehen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, München 2006. [einzige Gesamtdarstellung, allerdings nicht immer zuverlässig/Forstner]
- Oberste Baubehörde (Hg.), 150 Jahre Bayerische Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, München 1980.
- Wilhelm Volkert (Hg.), Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799-1980, München 1983, 30-35.
- Wilhelm Weidinger, 200 Jahre Bayerisches Staatsministerium des Innern, in: Bayerische Verwaltungsblätter 137 (2006), 681-690.
Quellen
- Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung (Hg.), 200 Jahre amtliche Statistik in Bayern 1808 bis 2008, München 2008.
Weiterführende Recherche
Externe Links
Innenministerium, Innenminister, Oberste Baubehörde
Empfohlene Zitierweise
Thomas Forstner, Staatsministerium des Innern (nach 1945), publiziert am 04.12.2012; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Staatsministerium_des_Innern_(nach_1945)> (12.12.2024)