Oberste Baubehörde
Aus Historisches Lexikon Bayerns
Die 1830 gegründete Oberste Baubehörde stellte als Teil des Innenministeriums die oberste Ebene der technischen Zentralverwaltung für das staatliche Bauwesen in Bayern dar. Sie betreute die staatlichen Bauten, die rechtlichen und technischen Belange des kommunalen und privaten Bauwesens sowohl des Hoch- wie des Tiefbaus (Straßen-, Brücken- und Flussbau) und das Baupolizeiwesen. Sie hatte einen eigenen Sach- und Personalhaushalt und rangierte damit deutlich über einer Ministerialabteilung. In diesem Zuschnitt war sie bundesweit einzigartig. 2018 wurde sie in das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr überführt.
Vorgeschichte
Mit seinem Reskript zur Gründung der „Obersten Baubehörde“ vom 27. Januar 1830 setzte König Ludwig I. (1786-1868, König von Bayern 1825-1848) einen vorläufigen Schlusspunkt hinter mehr als 40 Jahre zähen Ringens um eine effektive Organisation des staatlichen Bauwesens in Bayern. Schon Kurfürst Karl Theodor (1724-1799, Kurfürst von der Pfalz 1742-1777, Kurfürst von Pfalzbayern 1777-1799) hatte 1788 ein Verzeichnis von sämtlichen „Hof- und Landgebäuden, Wasserleitungen, Wehren und Brücken“ anlegen lassen, um auf dieser Grundlage die Neuordnung des Hof- und Landbauwesens in Angriff zu nehmen, kam aber über eine bloße Bestandsaufnahme nicht hinaus. Die Montgelas’schen Reformen schufen zwar eine neue Struktur der bayerischen Bauverwaltung, die jedoch von Doppelungen und Unübersichtlichkeit gekennzeichnet war und an Effizienz zu wünschen ließ. In den Jahren von 1805 bis 1818 entstanden insgesamt fünf zentrale Baubehörden: Zentrallandbaubüro, Zentralbüro für das Straßen- und Wasserbauwesen, Oberbaukommissariat bei der Ministerial-Stiftungs- und Kommunalsektion, Baukommission in München und Hofbauintendanz. Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Entwicklung der verschiedenen Baubehörden bis 1830.
König Ludwig I. von Bayern (1786-1868) gründete die Oberste Baubehörde 1830, Gemälde von Wilhelm von Kaulbach (1804-1874), 1843. (Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Neue Pinakothek München WAF 425, lizenziert durch CC BY-SA 4.0)
Bekanntgabe der Verordnung zur Errichtung der Obersten Baubehörde 1830. Abb aus: Regierungsblatt für das Königreich Bayern, 1830, 177-180. (Bayerische Staatsbibliothek, BHS VIII D 4-1830)
Das ehem. Theatinerkloster in München war bis 1945 neben dem Innenministerium auch Sitz der Obersten Baubehörde. Foto von 1911. (Stadtarchiv München, DE-1992-FS-NL-PETT1-309, lizenziert durch CC BY-ND 4.0)
Name der Behörde | Zeitraum | Aufsichtsbehörde | Aufgaben |
---|---|---|---|
Provinzial-Centralstelle für das Landbauwesen, ab 1808 Zentrallandbauamt |
1805-1821 | Ministerium der Finanzen bzw. Steuer- und Domänensektion |
Kontrolle: Erfassung der rund 6000 staatlichen Bauten; Prüfung der Etats der 15 Kreisbaulandinspektionen |
Zentralbüro für das Straßen- und Wasserbauwesen | 1805-1821 | bis 1811 Ministerium des Innern 1811-1817 Ministerium der Finanzen |
Bau und Unterhalt von Straßen, Brücken und Kanälen |
Ministerialbaubüro | 1821-1825 | Ministerium der Finanzen | Aufgaben des Zentrallandbaubüros und des Zentralbüros für das Straßen-und Wasserbauwesen |
Baukommissariat | 1808-1818 | Ministerium des Innern, Ministerial-Stiftungs- und Kommunalsektion |
Kultus- und Kommunalgebäude, die dem Staat im Zuge der Säkularistion 1802/03 und der Aufhebung der Gemeindeautonomie zugefallen waren |
Oberbaukommissariat | 1818-1825 | Ministerium des Innern | Gutachten zu den öffentlichen Bauten, Generalpläne, Forschung |
Sektion des Bauwesens | 1826-1830 | Ministerium des Innern | Aufgaben des Ministerialbaubüros und Oberbaukommissariats |
Baukommission | 1809-1818 | Ministerium des Innern | Ehem. Münchner Kommunalbauten, ab 1810 Generalplan der Stadterweiterung |
Hofbauintendanz | 1804-1886 | Ministerium der Finanzen (bis 1825), Ministerium des Innern (ab 1826) |
Betreuung, Unterhalt und ggf. auch Um-/Neubau aller zum Hof gehörenden Bauten (u.a. Residenzen in München und Umgebung u. weitere Hofbauten, wie z.B. Hofpfisterei u. Hofhühnerhaus) |
Die ineffiziente und konfliktreiche Doppelstruktur von Baubehörden in verschiedenen Ressorts, die teilweise Restitution der Gemeindeautonomie 1818, Rivalitäten zwischen führenden Baubeamten sowie der baupolitische Ehrgeiz Ludwigs I. ab 1825 führten zu mehreren zunächst unbefriedigenden Versuchen einer Behördenreform, ehe mit der Einrichtung der Obersten Baubehörde 1830 eine Struktur gefunden war, die mit wenigen Unterbrechungen bis 2018 Bestand hatte.
Aufbau und Aufgaben der Obersten Baubehörde
Die Organisation der Behörde trug in Vielem die Handschrift ihres ersten Leiters Leo von Klenze (1784-1864), der schon als Privatarchitekt von Kronprinz Ludwig und als Chef der Hofbauintendanz eine zentrale Rolle im bayerischen Bauwesen gespielt hatte. Nun war eine Zentralbehörde für alle staatlichen Bauten (mit Ausnahme der Militärbauten) zuständig. Zu ihren Aufgaben gehörten die Kontrolle der Jahresetats der Kreisbaubeamten, die technische Prüfung der Baupläne, die Kartographierung von Flüssen und Straßen, die Vervollständigung des Grundkatasters und die Überwachung der wichtigsten Neubauvorhaben. Ausdrücklich sollte sie nur beratend tätig sein, also nur ausnahmsweise eigene Bauten selbst planen und durchführen. Außerdem hielt die Oberste Baubehörde alljährlich die Prüfungen der Anwärter für den Staatsbaudienst ab; Kandidaten für den Höheren Dienst wurden dabei sowohl im Hoch- als auch im Tiefbau geprüft. Die Personalausstattung war denkbar knapp: neben dem Direktor, dem Hofbauintendanten und dem Oberingenieur gab es vier Oberbauräte, drei davon nach heutigem Verständnis Architekten, einer Ingenieur. Dazu kam Verwaltungspersonal wie ein Sekretär, ein Buchhalter, ein Registrator, ein Kanzlist sowie einige Zeichner – insgesamt zwischen 12 und 15 Personen.
Historische Entwicklung
Die Oberste Baubehörde bis 1932
Nachdem die Oberste Baubehörde zunächst von einem Architekten geleitet worden war, vertraute man die Leitung nach der Amtsenthebung Klenzes 1843, die mit Kostenüberschreitungen beim Ludwig-Main-Donau-Kanal begründet wurde, vorrangig Ingenieuren an. Ab den 1870er Jahren, in der Zeit der Gründerjahre und des rasanten Städtewachstums, folgten drei Architekten an der Spitze der Behörde, danach waren die Leiter fast immer Wasserbauexperten oder Straßenbauingenieure. In den Berufswegen der Leiter spiegeln sich Veränderungen in den Aufgabenschwerpunkten der Behörde.
An der Organisation der Zentralbehörde änderte sich zunächst wenig, abgesehen von einem Intermezzo 1848-1871, während dessen sie dem unter König Maximilian II. (1811-1864, reg. 1848-1864) neu gegründeten Ministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten zugeordnet war. Es erfolgte allerdings eine Ausdifferenzierung der mittleren und unteren Ebenen der Bauverwaltung. Die Oberste Baubehörde war seit 1857 nicht mehr für den Gemeinde- und Distriktsbereich zuständig, denn es wurden auf Kreisebene 91 Baubehörden geschaffen, die nun den Kreisregierungen unterstanden. 1871 erfolgte mit der Gründung von 24 Landbauämtern und 24 Straßen- und Flussbauämtern wieder eine explizite Trennung von Hoch- und Tiefbau. Der zunehmenden Bedeutung der Wasserwirtschaft trug 1880 die Einsetzung von Kulturbauingenieuren Rechnung. Sie waren für die Förderung der landwirtschaftlichen Bodenkultur und für Hochwasserschutz zuständig. Im Ministerium des Inneren wurde ein kulturtechnisches Referat aufgestellt, das der Obersten Baubehörde zugeordnet war. 1908 wurden 21 Kulturbauämter (seit 1941: Wasserwirtschaftsämter) eingerichtet, die den Landbau- und Straßen- und Flussbauämtern gleichrangig waren.
Die Aufgabenschwerpunkte der Obersten Baubehörde wandelten sich im Zuge der Industrialisierung und den damit verbundenen Anforderungen an Mobilität, Energiezufuhr und Hygiene. War in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem der Ausbau des Verkehrswesens innovative Aufgabe der obersten Baubeamten gewesen, so gewann gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Wasserwirtschaft vermehrt an Bedeutung, zunächst vor allem unter den Aspekten der Hygiene und Versorgung, später auch zur Energiegewinnung. 1898 wurde daher ein hydrotechnisches Büro, 1916 das Landesamt für Wasserversorgung gegründet. 1908 wurde eine neue Abteilung für die Nutzung der Wasserkraft in der Obersten Baubehörde eingerichtet, die Projekte zur Stromversorgung koordinieren und privatwirtschaftliche Unternehmungen prüfen und genehmigen sollte.
Großen Anteil hatte die Oberste Baubehörde an der Professionalisierung der Bauberufe. Sie nahm die Prüfungen für den Staatsbaudienst vor und stimulierte über ihre Zulassungsvoraussetzungen den Ausbau der Polytechnischen Schulen. 1841 wurde ein zweijähriger Vorbereitungsdienst zwischen der theoretischen und der praktischen Prüfung eingeführt.
Mit Fragen des Wohnungsbaus war die Oberste Baubehörde dagegen kaum befasst. Das Kaiserreich war wohnungspolitisch „blind“ gewesen, die Errichtung von Wohnungen hatte man bis zur Jahrhundertwende überwiegend der privaten Bautätigkeit überlassen. Die Republikgründung am 8. November 1918 änderte zunächst nichts an der Behördenstruktur. Allerdings nahm man das Recht auf gesundes Wohnen in die Weimarer Verfassung auf (Art. 155). Bayern reagierte auf das Nachkriegselend mit der Errichtung eines Ministeriums für soziale Fürsorge und definierte die Wohnungsfrage als ein Feld staatlichen Handelns. Die Oberste Baubehörde wirkte nun durch Ausarbeitung von Verordnungen und Vergabe von Fördermitteln für verschiedene gemeinnützige Bauträger an der Entstehung von Wohnungen mit.
Die Straße zwischen Berchtesgaden und Ramsau wurde 1889/1890 neu errichtet. Das Foto stammt aus einem großformatigen Bildband, mit welchem die Oberste Baubehörde ihre Tätigkeit für eine breite Öffentlichkeit dokumentierte. Abb. aus: Bauwerke der Staats-Bau-Verwaltung in Bayern auf dem Gebiete des Straßen-, Brücken- und Wasser-Baues, München 1892, 1. (Bayerische Staatsbibliothek, 4 Don.Reg. 4 x)
Die 1890 bis 1891 bei Bischberg (Lkr. Bamberg) errichtete Stauanlage im Main diente der Anhebung des Wasserspiegels in der Regnitz für die Schifffahrt. Das Foto zeigt die Bauarbeiten an Kammerschleuse, Floßgasse und linksseitiger Wehröffnung. Abb. aus: Bauwerke der Staats-Bau-Verwaltung in Bayern auf dem Gebiete des Straßen-, Brücken- und Wasser-Baues, München 1892, 21. (Bayerische Staatsbibliothek, 4 Don.Reg. 4 x)
Die Ministerialbauabteilung 1932-1945
Im Zuge einer Staats- und Verwaltungsvereinfachung im Februar 1932 verlor die Oberste Baubehörde ihre privilegierte Stellung; sie blieb zwar eine eigene Abteilung des Staatsministeriums des Innern, nun allerdings unter dem Namen „Ministerialbauabteilung“. Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 verringerten sich die Kompetenzen der „Ministerialbauabteilung“. Im Zuge der Gleichschaltung der Länder zog das Reich mehr und mehr Zuständigkeiten auch im Straßenbau, beim Ausbau der Wasserstraßen und der Energiewirtschaft an sich. Im Frühjahr 1934 ließ Adolf Hitler (NSDAP, 1889–1945, Reichskanzler 1933–1945) ein dem Ministerialbaubüro zugeordnetes Planungsbüro für die Neugestaltung Münchens unter der Leitung des Chefs des Hochbauabteilung Fritz Gablonsky (1876-1971) einrichten, das an den Monumentalplanungen für die „Hauptstadt der Bewegung“ mitwirkte. So genehmigte Gablonsky die Errichtung der Ehrentempel am Königsplatz, gab den Abrissbefehl für die evangelische Matthäuskirche an das Hochbauamt der Stadt München weiter und wirkte an den (nicht ausgeführten) Umbauplanungen für die Alte Pinakothek und den Hauptbahnhof mit; vergeblich versuchte er, den Abriss des Herzog-Max-Palais zu verhindern. Das Ministerialbaubüro war an den Planungen für das Stadt- und Kreisforum Aschaffenburg ab 1938 und für das Stadtforum Bamberg 1941 beteiligt ebenso wie an dem Umbau des ehemaligen Hauses Wachenfeld bei Berchtesgaden zu Hitlers „Berghof“ und zuständig für Straßenbauten wie die Alpenstraße oder die sogenannte „Ostmarkstraße“ von Hof nach Passau. Auch Wohnsiedlungen wie die „Julius-Streicher-Siedlung“ in Nürnberg fielen nun in den Zuständigkeitsbereich des Ministerialbaubüros.
Königsplatz München, November 1935; im Hintergrund sind Ehrentempel zu erkennen, an deren Errichtung Fritz Gablonsky beteiligt war. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv hoff-11882)
Der Berghof in Obersalzberg (Lkr. Berchtesgadener Land) auf einer Aufnahme aus dem August 1936. Foto: Heinrich Hoffmann (1885-1957). (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv hoff-13447)
Personell bestand auf den unteren Ebenen große Kontinuität. Nach jetzigem Forschungsstand wurden nach 1933 nur wenige Beamte aus Gründen rassistischer oder politischer Diskriminierung entlassen; überdurchschnittlich viele traten dagegen insbesondere nach Aufhebung der Mitgliedersperre 1937 in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ein. Auf der Leitungsebene gab es dagegen Veränderungen. Der der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) nahestehende Ministerialdirektor Wilhelm Weigmann (1874-1939) wurde 1935 aus politischen Gründen versetzt. Sein Nachfolger Josef Vilbig (1874-1956) war ein international anerkannter Straßenbauexperte, dessen Beförderung aus fachlichen Gründen erfolgte. Anders war dies bei Arno Fischer (NSDAP, 1898-1982), der die Behörde von 1939 bis 1942 leitete. Er erfüllte nicht die Laufbahnvoraussetzungen, war aber fanatischer Nationalsozialist. Als Inhaber eines Patents für Unterwasserkraftwerke bereicherte er sich während seiner Amtszeit persönlich am Ausbau der Wasserkraft. Reichsstatthalter Franz Xaver Ritter von Epp (NSDAP, 1868-1947) und Ministerpräsident Ludwig Siebert (NSDAP, 1874-1942) setzten 1942 die Entfernung Fischers aus dem Staatsdienst durch. Bis 1945 wurde das Amt nur noch kommissarisch verwaltet.
Ministerialbaubehörde/OBB 1945-2018
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Regierungsbaurat Franz Fischer (1889-1962) zum neuen Behördenchef berufen. Er war zuvor beim Kulturbauamt München beschäftigt und zählte als langjähriges BVP-Mitglied zur katholischen Beamtenelite. Fischer gelang gegen große Widerstände beispielsweise des zunächst für den Wohnungsbau zuständigen Arbeitsministeriums oder des Wirtschaftsministeriums die Wiedererrichtung der Obersten Baubehörde als Zentralabteilung beim Staatsministerium des Innern (Gesetz Nr. 112 über die behördliche Organisation des Bauwesens und des Wohnungswesens vom 9. April 1948). Damit hatte sich die Behörde ihren traditionellen Zuschnitt und ihre zentrale Zuständigkeit bewahren können.
Personell gab es nach 1945 nicht nur auf der Leitungsebene zunächst einen Bruch, da rund 45 % der Baubeamten im Zuge von Entnazifizierungsmaßnahmen entlassen wurden. Mit Fachkräftemangel wurde allerdings ihre baldige Wiedereinstellung begründet. Im Vergleich zu den Anfängen 1830 war das Personal der bayerischen Staatsbauverwaltung enorm gewachsen. Von den 1719 Baubeamten und 2146 Angestellten des Jahres 1955 arbeiteten allerdings nur rund fünfzig in der Obersten Baubehörde. Deren Dienstsitz war bis zur Zerstörung 1945 in der Theatinerstraße in München gewesen; nach einigen Provisorien hatte die OBB ihren Sitz in einer Notbaracke an der Friedrichstraße 8-16, bis der Neubau an der Ecke Prinzregentenstraße-Franz-Josef-Strauß-Ring im Frühjahr 1969 bezugsfertig wurde, den sie beziehungsweise das neu geschaffene Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr noch heute nutzt.
Die Aufgaben der Obersten Baubehörde nach 1948 spiegeln sich in der Gliederung in neun Abteilungen:
- staatlicher Hochbau
- Planung und Bauordnung
- Siedlungs- und Wohnungsbau
- Straßen- und Brückenbau
- Wasserbau
- Energie
- Personal
- Recht und Haushalt/Allgemeines
Zunächst war eine enorme Wiederaufbauleistung zu bewältigen. Bei Kriegsende fehlten rund eine Million Wohnungen, die meisten Brücken waren gesprengt, Straßen zerstört. Hier wirkte die Oberste Baubehörde regulierend, fördernd, beratend und planend mit. Wiederaufbau oder Neubauten für Universitäten, Kliniken oder Amtsgebäude wurden von der Abteilung Hochbau initiiert; die Planungsaufträge wurden als Wettbewerbe ausgeschrieben, an der sich staatliche Beamte beteiligten. Binnen zehn Jahren wurden über 1.000 Brücken errichtet und ein 120.000 km langes Straßennetz betreut. Mit dem Sylvensteinspeicher und dem Rhein-Main-Donau-Kanal wurden zwei große Wasserbauprojekte realisiert. Dieser von der 1921 gegründeten Rhein-Main-Donau-Aktiengesellschaft begonnene und 1992 eröffnete Kanalbau zeigt beispielhaft die Problematik solcher Jahrhundertprojekte. Der Wandel im Natur- und Umweltbewusstsein sowie ein weit unter den Erwartungen bleibendes Verkehrsaufkommen führten zu massiver Kritik am Kanalbau, den die Süddeutsche Zeitung (SZ) am 16. Juli 2017 als „kompletten Fehlschlag“ bezeichnete.
Foto der am 26.4.1945 gesprengten Donaubrücke in Regensburg. (Stadt Regensburg, Bilddokumentation, Christoph Lang)
Karte des 1960 bis 1992 errichteten Rhein-Main-Donau-Kanals. (Abb. von Jailbird, lizenziert durch CC BY-SA 2.0 DE via Wikimedia Commons)
Probleme ganz anderer Art stellten sich der OBB im Zusammenhang mit der Energieversorgung. 1946 wies Ministerpräsident Wilhelm Hoegner (1887-1980) die Energieaufsicht dem Innenministerium, also der OBB, zu, obwohl spätestens seit 1949 nach Bundesrecht das Wirtschaftsministerium dafür zuständig gewesen wäre. Kompetenzwirrwarr und Unstimmigkeiten zwischen der Baubehörde und den Unternehmen der Energiewirtschaft führten in den 1950er Jahren zur weitgehenden Stagnation des Energieausbaus. 1961 wurde die Energieaufsicht auf das Wirtschaftsministerium übertragen.
Zwischen 1993 und 2018 gab es weitere Umstrukturierungen, so kamen 1993 die Finanzbauverwaltung, 2000 das Bauamt der Schlösserverwaltung und 2013 die Verkehrsabteilung des Wirtschaftsministeriums zur Obersten Baubehörde, während die Wasserwirtschaft 1993 dem Umweltministerium zugeordnet wurde. 2018 schließlich wurde die Oberste Baubehörde in das neue Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr überführt. Damit hörte sie 188 Jahre nach ihrer Gründung zwar nominell auf zu bestehen, doch wurde sie dadurch letztlich, so ihr letzter Leiter Helmut Schütz, „massiv aufgewertet und gestärkt“ (bauintern 2018/2).
Ausgewählte Bauten und Projekte der Obersten Baubehörde
Projekt | Anmerkung | Abbildung |
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Ludwig-Donau-Main-Kanal (1830-1846) | 1836-1845 erbaut; verband Kelheim über Nürnberg mit Bamberg; bis 1950 in Betrieb. |
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Kesselbergstraße (1893-1897) | Aus bzw. teilweise Neubau der Trasse und starke Reduktion der Steigung; acht Brücken mussten neu errichtet werden. |
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Neubau der Nordbrücke in Regensburg (1949) | Ersatz für die am 26.4.1945 gesprengte Donaubrücke, bis 1949 fertiggestellt; 2001-2004 Abriss und Neubau der Brücke. |
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Faller-Klamm-Brücke am Sylvensteinspeicher (1954-1959) | Brücke über den 1954 bis 1959 erbauten Sylvensteinspeicher. Die Brücke entstand von 1955 bis 1957 und ist Teil des Bundesstraße 307. |
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Hochbrücke München-Freimann, sog. Tatzelwurm (1958-1960) | 1958-1960 als Querung der Autobahn A 9 mit dem Münchener Eisenbahn-Nordring und Ausfahrt zum Frankfurter und Föhringer Ring errichtet; 2007-2010 durch Neubau ersetzt. |
Projekt | Anmerkung | Abbildung |
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Lehrerbildungsanstalt Amberg (1878-1880) | 1878 bis 1880 durch Kreisbaurat Georg v. Stengel (1814-1882) errichtet; seit 1954 als Gymnasium genutzt. |
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Plenarsaal Maximilianeum (1949) | 1946-1948 Einbau des Plenarsaales anstelle des ehem. südl. Galeriesaales in des Stiftungsgebäude; 2004 Umbau; Teile der Ausstattung heue im Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg. |
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Universität Augsburg (ab 1974) | seit 1974 unter Leitung des Landbauamtes Augsburg errichteter Universitätscampus im Süden Augsburgs. |
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Hochschule Ansbach (2008-2011) | 2008-2011 errichtetes Hörsaal- und Verwaltungsgebäude für die 1996 gegründete Hochschule Ansbach. |
Projekt | Anmerkung | Abbildung |
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Transformatorenstation in Altjoch (Lkr. Bad Tölz-Wolfratshausen) für das Walchenseekraftwerk (1923) | Teil des 1918 bis 1924 errichteten Walchenseekraftwerkes. (untere Teil des Bildes) |
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Innkraftwerk Wasserburg (Lkr. Rosenheim) (1935-1938) | zwischen 1935 und 1938 durch die Innwerk AG errichtetes Kraftwerk. |
Die Leiter der Obersten Baubehörde
Name | Lebensdaten | Amtszeit | Porträt |
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Leo von Klenze | 1784-1864 | 1830-1843 | |
Franz von Schierlinger | 1790-1855 | 1843-1855 | |
Friedrich August von Pauli | 1802-1883 | 1856-1872 | |
Hermann von Herrmann | 1809-1898 | 1872-1885 | |
Max von Siebert | 1829-1901 | 1885-1900 | |
Georg von Maxon | 1833-1919 | 1900-1903 | |
Hans von Sörgel | 1848-1910 | 1903-1909 | |
Richard von Reverdy | 1851-1915 | 1909-1915 | |
Ludwig von Stempel | 1850-1917 | 1915-1917 | |
Eduard von Reuter | 1855-1942 | 1917-1921 | |
Hermann Riegel | 1868-1928 | 1921-1928 | |
Theodor Freytag | 1865-1933 | 1929-1932 | |
Wilhelm Weigmann | 1874-1939 | 1932-1935 | |
Josef Vilbig | 1874-1956 | 1935-1939 | |
Arno Fischer | 1898-1982 | 1939-1942 | |
Karl Popp (kommissarisch) | geb. 1885 | 1942-1945 | |
Franz Fischer | 1889-1962 | 1945-1954 | |
Ludwig Wambsganz | 1897-1982 | 1954-1962 | |
Max Röthlein | 1899-1987 | 1962-1964 | |
Ludwig Spörl | 1903-1969 | 1964-1969 | |
Hans Koch | 1913-2007 | 1969-1978 | |
Alois Friedl | 1919-2001 | 1978-1984 | |
Manfred Milz | 1926-2002 | 1985-1991 | |
Benno Brugger | 1936-2018 | 1991-2000 | |
Hans Hermann Schneider | geb. 1938 | 2000-2003 | |
Josef Poxleitner | geb. 1948 | 2003-2014 | |
Helmut Schütz | geb. 1957 | 2014-2018 |
Literatur
- Bayerisches Staatsministerium des Innern (Hg.), 125 Jahre Bayerische Oberste Baubehörde, Redaktion Maria von Berchem, München 1955.
- Bayerisches Staatsministerium d. Innern/Oberste Baubehörde München (Hg.), Hundertfünfzig Jahre Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, Redaktion Bernt Eisgruber, München 1980.
- Stephan Deutinger, „Eine Lebensfrage für die bayerische Industrie“. Energiepolitik und regionale Energieversorgung 1945 bis 1980, in: Thomas Schlemmer / Hans Woller (Hrsg.): Bayern im Bund. Band 1: Die Erschließung des Landes 1949-1973, München 2001, 33-118, hier 40-64.
- Franziska Dunkel, Reparieren und Repräsentieren. Die bayerische Hofbauintendanz 1804-1886 (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 152), München 2007, 53-86.
- Thomas Forstner, Die Beamten des bayerischen Innenministeriums im Dritten Reich, St. Ottilien 2002, 92-110.
- Franz Geiger, 150 Jahre Staatsbauwesen, 125 Jahre Oberste Baubehörde in Bayern, in: 125 Jahre Bayerische Oberste Baubehörde, 3-21.
- Karl-Ulrich Gelberg, Die Oberste Baubehörde zwischen 1932 und 1949. Zur Kontinuität einer bayerischen Zentralbehörde, in: Hermann Rumschöttel/Walter Ziegler (Hg.): Staat und Gaue in der NS-Zeit. Bayern 1933-1945, München 2004, 297–339.
- Wolfgang Jahn, Bauen für Bayern – Die Oberste Baubehörde, in: Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.), Bauen für Bayern, Edition Geschichte Bd. 7, Augsburg 2014, 16-45.
- Wilhelm Volkert (Hg.), Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte, 1799-1980, München 1983, 59-61.
- Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr/Architekturmuseum der TU München (Hg.), Wohnungen, Wohnungen, Wohnungen! Wohnungsbau in Bayern 1918-2018, München 2018.
Quellen
- Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Bestand Oberste Baubehörde.
Weiterführende Recherche
- Schlagwortsuche im Online-Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern
- Schlagwortsuche in bavarikon
- Schlagwortsuche in der Bayerischen Bibliographie
Verwandte Artikel
- Staatsministerium des Innern (nach 1945)
- Staatsministerium des Innern (Weimarer Republik und NS-Zeit)
- Straßen und Straßenverkehr (19./20. Jahrhundert)
- Wasserkraftwerke
Empfohlene Zitierweise
Franziska Dunkel, Oberste Baubehörde, publiziert am 22.06.2022; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Oberste_Baubehörde> (06.12.2024)