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Bayerisches Rotes Kreuz (BRK)

Aus Historisches Lexikon Bayerns

von Daniel-Erasmus Khan und Donald Riznik

Das Bayerische Rote Kreuz (BRK) ist mit 24.500 hauptamtlichen Mitarbeitern, 200.000 aktiven ehrenamtlichen Mitgliedern und ca. 750.000 Fördermitgliedern (Zahlenbasis 2023) der größte Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und damit auch Teil der internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung. Entstehung und Entwicklung des BRK sind untrennbar mit dieser weltweiten humanitären Bewegung verknüpft, deren Ursprünge bis in die 1860er Jahre zurückreichen.

Die Geburt der internationalen Rotkreuzbewegung und das Königreich Bayern

Titelblatt des Buchs "Un souvenir de Solférino" von J. Henry Dunant (1828-1910, Friedensnobelpreis 1901), Erstausgabe, Genf 1862. (Foto von RomanDeckert lizenziert durch CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Im Juni 1859 wurde der Genfer Geschäftsmann Henry Dunant (1828–1910, Friedensnobelpreis 1901) in Oberitalien Zeuge der völlig unzureichenden medizinischen Versorgung Tausender verwundeter Soldaten, die in der Schlacht von Solferino verwundet wurden (2. Italienischer Unabhängigkeitskrieg: Sardinien/Frankreich gegen Österreich). Die Erinnerungen daran veranlassten ihn zur Abfassung einer Schrift, die als intellektuelle Initialzündung der gesamten Rotkreuzbewegung wirken sollte (J. Henry Dunant, Un souvenir de Solférino, Genf 1862). Hierin erhob er zwei Hauptforderungen: Erstens sollten auf zivilgesellschaftliche Initiative hin in allen Ländern private (nicht armeeeigene) Hilfsgesellschaften gegründet werden, die sich in professioneller Weise der Pflege von Kriegsopfern widmen sollten. Und zweitens sollte eine vertragliche Übereinkunft zur Neutralisierung der Sanitätsdienste in Kriegszeiten geschaffen werden.

Gründungskomitee des Internationalen Roten Kreuzes, Genf 1863. (ICRC)

An die wichtigsten politischen und militärischen Akteure in Europa verschickt, erreichte mindestens ein Exemplar dieser Schrift auch den bayerischen König Maximilian II. (1811–1864, König 1848–1864). Die Schrift hinterließ bei ihm offenbar einen so tiefen Eindruck, dass er die „hochwichtige Angelegenheit“ zur unverzüglichen gutachterlichen Berichterstattung an das Kriegsministerium überwies. Ein auf diese königliche Order hin am 13. Oktober 1863 erstatteter Bericht von Generalarzt Dr. Feder befürwortete die Genfer Initiative nachdrücklich. Daraufhin wurde Stabsarzt Dr. Theodor Dompierre (gest. 1881) zu der vom „Fünfer Komitee“ für den 29. Oktober 1863 nach Genf einberufenen Konferenz zur Gründung einer „Hilfsorganisation für verwundete Militärpersonen“ entsandt. Hier wirkte er gemeinsam mit Vertretern von 14 Staaten - Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Österreich, Russland, Schweden, Spanien, Bayern, Baden, Preußen, Hessen-Darmstadt, Hannover, Sachsen - sowie einer Reihe privater Vereinigungen an der Ausarbeitung und Verabschiedung von Beschlüssen mit, welche das Gründungsdokument der internationalen Bewegung des Roten Kreuzes bilden sollte.

Beschlüsse der Internationalen Konferenz vom 29. Oktober 1863 (Auszug):

  • "1. Es besteht in jedem Lande ein Ausschuß, dessen Aufgabe es ist, in eintretenden Kriegszeiten mit allen in seiner Macht stehenden Mitteln bei dem Sanitätsdienst der Heere mitzuwirken. Dieser Ausschuß bildet sich selbst in der Art und Weise, die ihm am nützlichsten und angemessensten erscheint."
  • "8. Sie [die Helfer] tragen in allen Ländern, als gleichförmiges Erkennungszeichen, eine weiße Armbinde mit einem roten Kreuz."
  • "Unabhängig von den vorstehenden Beschlüssen spricht die Konferenz folgende Wünsche aus: B. Daß in Kriegszeiten von den kriegführenden Nationen die Neutralisation der Ambulanzen und Spitäler proklamiert und in vollständiger Weise auf das offizielle Sanitätspersonal, die freiwilligen Helfer, die Einwohner des Landes, welche den Verwundeten Hilfe leisten, und endlich auf die Verwundeten selbst ausgedehnt werde."

In seinem Bericht hob Dompierre nach seiner Rückkehr die vielfältigen Vorteile einer nationalen Hilfsgesellschaft hervor und warb intensiv für eine Beteiligung Bayerns an der für das Folgejahr geplanten diplomatischen Konferenz. Nach dem Tod Maximilians II. im März 1864 erwiesen sich die Vorbehalte in der Staatsregierung gegenüber jedweder Reglementierung des ius in bello indes als so stark, dass die Genfer Konvention „betreffend die Linderung des Loses der im Felddienst verwundeten Militärpersonen“ am 22. August 1864 ohne Beteiligung Bayerns durch zwölf europäische Staaten angenommen wurde (Baden, Belgien, Dänemark, Frankreich, Hessen-Darmstadt, Italien, Niederlande, Portugal, Preußen, Schweiz, Spanien, Württemberg).

Erst die positiven Berichte über das Wirken von Hilfsverbänden im Deutsch-Dänischen Krieg (1864), die zunehmende Zahl der Staaten, die dem Genfer Regelwerk beitraten, sowie der Ausbruch des Deutschen Krieges im Juni 1866 veränderten schließlich auch in Bayern das Meinungsbild. Mit dem noch während des Krieges erfolgten Beitritt zur Genfer Konvention übernahm Bayern dann auch die Verpflichtung zur Gründung einer nationalen Rotkreuzgesellschaft. Bereits am Tag der Bekanntmachung des Beitritts (18. Juli 1866) erreichte das Kriegsministerium die Anordnung von Feldmarschall Prinz Carl von Bayern (1795–1875), wonach die bisherige scharlachrote Binde der „Blessirtenträger“ fortan durch „eine weiße Binde mit rothem Kreuze“ ersetzt werden solle.

Gründungsphase (1866/1870)

An der Seite Österreichs erlitt Bayern im Deutschen Krieg 1866 eine schwere militärische Niederlage (Schlacht von Kissingen, 10. Juli 1866). Evidente Führungs- und Organisationsmängel führten nicht nur zu einer Reorganisation der Armee nach preußischem Vorbild (Bayerische Heeresreform 1868). Zu den „Nachwehen bitterster Art“ des Krieges gehörte vielmehr „vor Allem [auch] das Loos unserer im Krieg verstümmelten und invalid gewordenen braven Soldaten“ – so der von prominenten Mitgliedern eines breiten gesellschaftlichen Spektrums, vornehmlich aus München und Umgebung, unterzeichnete „Aufruf zur Bildung eines Vereins zur Unterstützung der im letzten Kriege invalid gewordenen bayerischen Soldaten“ vom 4. Oktober 1866.

Unterzeichner des Gründungsaufrufs vom 4. Oktober 1866
Name Lebensdaten Bemerkung
Franz von Aichberger k.A. Oberrechnungsrat
Ludwig Graf von Arco-Zinneberg 1840–1882 Vereinsfunktionär (Bayerisch-Patriotischer Bauernverein Tuntenhausen, St. Vincentius-Zentralverein München) und Politiker
Ludwig Brey 1821–1897 Brauereibesitzer (Löwenbräu)
Gustav Graf zu Castell-Castell 1829–1910 Obersthofmeister
Leo Haenle gest. 1887 Fabrikbesitzer, Vorsitzender des Fabrikrats und der Kreis-Gewerbe- und Handelskammer für Oberbayern, MdL 1863–1869
Dr. Daniel Bonifaz von Haneberg OSB 1816–1876 Theologe, Abt von Sankt Bonifaz in München 1854–1872, Bischof von Speyer 1872–1876
Dr. Adolf Ritter von Harleß 1806–1879 Theologe, Oberkonsistorialpräsident der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern 1852–1879, Reichsrat
Dr. Johann Nepomuk Ritter von Nußbaum 1829–1890 Chirurg
Maximilian Freiherr von Ow 1815-1896 Generalmajor
Dr. Oskar Schanzenbach k.A. Arzt
Julius Scheuer gest. 1901 Bankier, Rentier
Max Schulze gest. 1890 Kaufmann
Gabriel Sedlmayr 1811-1891 Brauereibesitzer (Spaten)
Hugo Stöber k.A. Regimentsauditor und Adjunkt
Carl Graf von Tauffkirchen zu Guttenburg 1826–1895 Stadtrichter, bayerischer Gesandter
Gustav Graf zu Castell (1829-1910), Mitbegründer des Bayerischen Roten Kreuzes, hier 1886 in der Uniform eines Generalleutnants der Bayerischen Armee. (Stadtarchiv München, C1886051, lizenziert durch CC BY-ND 4.0)

Da es nur eine unzureichende staatliche Unterstützung gab, war Privatinitiative gefordert. Bereits am 18. Oktober 1866 fand in München eine „öffentliche Versammlung behufs Constituirung des Vereines“ statt. Dieses Datum, das – so wurde damals ausdrücklich vermerkt – gleichzeitig den Jahrestag der Völkerschlacht von Leipzig (1813) markierte, sollte künftig als „Stiftungs- und Gründungstag“ begangen werden. Angesichts der Tatsache, dass die Statuten des Vereins einen expliziten Verweis auf die „Grundsätze des Genfer Vertrages“ von 1864 enthielten (§ 14), kann dieser Tag als Gründungsdatum des (nachmaligen) Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) angesehen werden. Der neu gewählte erste Vorsitzende, Gustav Graf zu Castell-Castell rief hierzu aus: "Sie alle wissen, dass durch diesen Vertrag ein Fortschritt im Kriegs- und Völkerrechte geschehen ist, welcher wohl zu den bedeutendsten des Jahrhunderts zu zählen ist. Das rothe Kreuz auf weißem Grunde soll unantastbar sein, selbst im Getümmel der Schlacht. Dieses Zeichen, meine Herren, möchte ich als unser Vereinszeichen adoptiren."

Auch die Organisationsstruktur lehnte sich eng an das Genfer Modell an: Neben einem „Centralausschuss“ in München (1. Vorsitzender Gustav Graf zu Castell-Castell; weitere prominente Mitglieder, u. a. Eigentümer bedeutender Münchner Unternehmen, wie etwa der Vergolder Radspieler und der Buchhändler Oldenbourg) sollten unverzüglich in jedem Verwaltungsbezirk „Zweigvereine“ (und jeweils ein Kreisausschuss) gebildet werden. Dies gelang binnen Jahresfrist fast flächeneckend.

Die Vereinsgründung war durch ein Spannungsverhältnis gekennzeichnet, welches alle Komponenten der weltweiten Rotkreuzbewegung bis heute prägt: Unabhängigkeit einerseits und ein großes Wohlwollen seitens der jeweiligen politischen Führung andererseits. Kein Wunder, übernahmen die Vereinsmitglieder doch – von gleichermaßen humanitärem wie patriotischem Geiste beseelt – freiwillig und unentgeltlich ureigentliche Staatsaufgaben. Auch König Ludwig II. (1845–1886, König seit 1864) hatte so nicht nur den Gründungsauftrag erteilt, dem sich die gesellschaftlichen Eliten nur schwerlich verweigern konnten. Bereits am 25. Oktober 1866 sollte der König vielmehr auch „mit besonderer Befriedigung“ durch „allerhöchstes Handbillet“ das Protektorat über den Verein übernehmen, der sodann mit Wirkung vom 8. April 1868 in „Bayerischer Verein zur Pflege und Unterstützung im Felde verwundeter und erkrankter Krieger“ umbenannt werden sollte.

Explizit mit der Aufgabe, die Zwecke dieses Vereins zu unterstützen („insoweit dieselben in das Gebiet der weiblichen Thätigkeit einschlagen“), wurde im Jahre 1870 auf Initiative der Königinmutter Marie (geb. Prinzessin von Preußen, 1825–1889) ein „Bayerischer Frauenverein“ gegründet (später mit dem Zusatz „vom Rothen Kreuze“). Auch in Bayern konnte die Tätigkeit von Frauenvereinen im Dienste Verwundeter, Kranker und Kriegsgefangener auf lokaler Ebene indes auf eine bis in die napoleonische Zeit zurückreichende Tradition verweisen (bspw. Eichstätter Frauenverein von 1814).

Die Satzung definierte einschlägige Aufgaben für Friedens- und Kriegszeiten (§ 2); die oberste Leitung des Vereins übernahm die Königinmutter persönlich (§ 3). Auch die heutige Schwesternschaft München vom Bayerischen Roten Kreuz, deren Gründungsversammlung am 15. April 1872 stattfand, findet ihre organisatorischen Wurzeln im Frauenverein von 1870, der erstmals im deutsch-französischen Krieg 1870/71 Aufgaben der Verwundetenpflege wahrnehmen sollte.

Siegesfeier im Jahre 1870 mit Darstellung der Rotkreuzfahne. Gemälde von Nikolaus Gysis (1842-1901), Genremaler der Münchner Schule, 1871. (Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Neue Pinakothek, München lizenziert durch CC BY-SA 4.0)

Noch vor Ausbruch des Krieges hatte das Kriegsministerium am 5. März 1870 den Landesverein im Sinne der Rotkreuzstatuten als das für Bayern allein zuständige Organ der freiwilligen Krankenpflege anerkannt und damit die (rechtliche) Sonderstellung des BRK gegenüber anderen Hilfsorganisationen begründet. Um mit der im Felde stehenden Armee in Verbindung treten zu können, mussten sich fortan alle Vereine mit ähnlicher Zielsetzung dem Landesverein anschließen oder ihre Tätigkeit durch eben diesen vermitteln lassen.

Der gemeinschaftliche Rechenschaftsbericht von 1872 legt Zeugnis ab von der „Wirksamkeit der Vereine auf dem Kriegsschauplatze … und im Zusammenhange mit den Nachwehen des Krieges.“ – u. a. auch durch die Organisation von „Spitalzügen“. Für die Formationen der unter dem roten Kreuz organisierten Krankenträger und -pfleger wurde in Bayern die später allgemein übernommene Bezeichnung „Sanitätskolonne“ geprägt. Der Bericht listet auch die insgesamt 46 Männer und Frauen auf, die bei der Ausübung der freiwilligen Krankenpflege ihr Leben gelassen hatten: Bemerkenswerterweise starb keine einzige Person durch unmittelbare Kriegseinwirkung, sondern praktisch alle durch übertragbare Krankheiten (in erster Linie Typhus). Das Zeichen des „Roten Kreuzes“ schien also bereits damals eine deutliche Schutzwirkung zu entfalten.

Von der Reichsgründung bis zum Ersten Weltkrieg

Auch nach Gründung des Deutschen Reiches 1871 konnte der bayerische Rotkreuzverein seine unabhängige Stellung in der internationalen Rotkreuzbewegung behaupten. Über die am 20. April 1869 mit gesamtdeutscher Gesinnung gegründete Dachorganisation „Centralkomité der deutschen Vereine zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger“ war er nach wie vor nur lose mit den anderen Rotkreuzvereinen innerhalb des Reichs verbunden. Daran sollte sich bis zur Gründung des Deutschen Roten Kreuzes 1921 nichts ändern. Entsprechendes galt auch für den bayerischen Frauenverein, der sich im August 1871 in Würzburg mit den anderen deutschen Frauenvereinen im „Verband der Deutschen Frauen-, Hilfs- und Pflegevereine vom Roten Kreuz“ ein organisatorisches Dach schuf. Schon am 16. März 1878 waren die Aufgaben des Frauenvereins in Bayern sodann – weit über den ursprünglichen Rotkreuzauftrag hinausgehend – auf jede gemeinnützige Tätigkeit erweitert worden. Neben rein karitativen, den Rotkreuzidealen verpflichteten Motiven spielten hierbei aber auch immer wieder patriotische Gesichtspunkte eine Rolle: Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Geburtenziffer in Deutschland zu sinken begann, was nicht zuletzt im Hinblick auf die „Erhaltung der Wehrtüchtigkeit des Volkes“ zu Besorgnis Anlass gab, begann sich so etwa auch der Bayerische Frauenverein verstärkt der Säuglingsfürsorge zu widmen.

Vorbildcharakter auch für andere Landesverbände entfaltete das bayerische Modell einer direkten Unterstellung der 146 Sanitätskolonnen (1909) mit insgesamt 7.519 Mitgliedern unter die Kreisausschüsse vom Roten Kreuz. Diese sollten sich nicht nur auf den Sanitätsdienst in Kriegszeiten vorbereiten, sondern auch in Friedenszeiten bei Unglücksfällen und besonderen Notstandssituationen Hilfe leisten (Grundbestimmungen von 1873). Damit stellen die bayerischen Sanitätskolonnen auch eine wichtige organisatorische Keimzelle für Rettungssanitäter und den Katastrophenschutz insgesamt dar.

Die Männer der 1912 neu gegründeten Sanitätskolonne Rottenburg. (Bild: Sanitätskolonne Rottenburg an der Laaber)

Durch Ausbildung, Bevorratung von Material, Errichtung von Lazaretten (u. a. „Rotkreuzkrankenhäuser“) sowie – mit Unterstützung des Kriegsministeriums – sogar die Ausrüstung kompletter Lazarettzüge bereitete sich das BRK aber jahrzehntelang auch auf den Kriegsfall vor. Als dieser dann 1914 eintrat, erfolgte nicht nur ein umfangreicher Einsatz im Heeressanitätsdienst. Es wurde auch die Wohlfahrtspflege fortgesetzt und – unter erschwerten Kriegsbedingungen – weiter ausgebaut.

Bereits vor dem Ersten Weltkrieg war es vereinzelt zu Einsätzen von Angehörigen des BRK außerhalb des Deutschen Reiches gekommen: So hatte etwa der Münchener Chirurg Julius Fessler (1862–1937) im Auftrag des Roten Kreuzes 1897 nicht nur am Türkisch-Griechischen Krieg („Dreißigtagekrieg“) teilgenommen sondern 1899/1900 mit dem Ziel der Versorgung von Verwundeten im Burenkrieg auch eine Rot-Kreuz-Expedition nach Südafrika geleitet. Im Jahre 1900 war der Münchener Sanitäter Franz Sigl während des sog. Boxeraufstandes (1899–1901) als Pfleger auf das deutsche Lazarettschiff „Gera“ nach Ostasien abgeordnet worden. 1905 gehörten schließlich mehrere Mitglieder der Münchner Sanitätskolonne zu einer Abteilung freiwilliger Krankenpfleger bei der Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika.

Weimarer Republik, Anpassung, Auflösung, Zweiter Weltkrieg (1921–1945)

Zum 1. Oktober 1921 erfolgte der Zusammenschluss der beiden Rotkreuzvereine in Bayern – des Landeshilfsvereins und des Frauenvereins – zum „Bayerischen Landesverein vom Roten Kreuz“ (BRK). Das bereits zuvor am 25. Januar 1921 gegründete Deutsche Rote Kreuz (DRK) sollte fortan als Dachorganisation der damals deutschlandweit bestehenden 24 Landeshilfs- und Landesfrauenvereine fungieren. Damit endete – wie für alle Landesvereine – auch für das BRK die eigenständige Stellung in der internationalen Rotkreuzbewegung: Auch die Möglichkeit einer Mitgliedschaft in der 1919 gegründeten „Liga der Rotkreuz-Gesellschaften“ war ihm damit verwehrt. Angesichts der dezidiert föderalen Struktur der Rotkreuzorganisation in Deutschland konnten die Landesverbände indes im Innenverhältnis auch in rechtlicher Hinsicht ein hohes Maß an Autonomie behaupten.

Postkarte zum 50-jährigen Bestehen der Freiwilligen Sanitätskolonne München, 1926. (Daniel-Erasmus Khan)

Durch den Versailler Vertrag (1919) war den Vereinen in Deutschland jede militärnahe Tätigkeit untersagt worden (Artikel 177): "... Vereine, Gesellschaften, Unterrichtsanstalten und Hochschulen dürfen in keinerlei Verbindung mit dem Kriegsministerium oder irgendeiner anderen militärischen Behörde stehen." Damit verlagerten sich die Rotkreuzaktivitäten auch in Bayern weg von der Vorbereitung von Hilfsmaßnahmen im Kriegsfall hin auf den Wohlfahrtssektor: Der ursprüngliche Vereinszweck „inter arma caritas“ wurde um die neue Komponente „per humanitatem ad pacem“ erweitert und zunehmend von dieser überlagert. Programmatisch ganz in diesem Sinne auch der Untertitel des zentralen Vereinsorgans, der „Blätter des Deutschen Roten Kreuzes“ (erschienen 1921–1937): „Wohlfahrt und Sozialhygiene“.

Postkarte des Bayerischen Frauenvereins vom Roten Kreuz mit den Abbildungen der zwei Kliniken in München und Würzburg und des Stifts in Neustadt a.d.Haardt (seit 1950 Neustadt a.d.Weinstraße), ca. 1916. (Daniel-Erasmus Khan)

Erst ab 1933 rückte die Unterstützung des Sanitätsdienstes im Kriegsfall wieder ganz in den Vordergrund – aus dem zivilen Wohlfahrtssektor wurde das Rote Kreuz sukzessive zugunsten der NS-Volkswohlfahrtspflege (NSV) verdrängt: Sehr rasch hatten die neuen Machthaber das Potential dieser bewährten und international anerkannten humanitären Organisation für die Erreichung ihrer nur mittels militärischer Aggression erreichbaren außenpolitischen Ziele erkannt. Und so konnte das Rote Kreuz – anders als praktisch alle anderen zivilgesellschaftlichen Akteure in Deutschland – bis 1945 seine formelle Eigenständigkeit behaupten. Mehr aber auch nicht.

Einsatzübung des Roten Kreuzes vor den Werkstoren der Süddeutschen Bremsen AG am Oberwiesenfeld in München mit Einsatz des Hilfszuges Bayern. Foto: März 1934. (Stadtarchiv München, DE-1992-FS-NS-02314)

Bereits unmittelbar nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 erfolgte auch in den Gliederungen des BRK fast flächendeckend zunächst eine „Selbstgleichschaltung“ (Wicke), bevor sodann sukzessive in personeller, struktureller und programmatischer Hinsicht eine umfassende Gleichschaltung auf Druck von außen stattfand. Während andernorts zumindest der Versuch hinhaltenden Widerstandes – etwa gegen den Ausschluss jüdischer Mitglieder – gemacht wurde, ist entsprechendes aus Bayern nicht bekannt. Als exemplarisch für die in vorauseilendem Gehorsam auf lokaler Ebene erfolgte Anpassung an die neuen Machtverhältnisse und die damit einhergehende Opferung zentraler Rotkreuzgrundsätze beschloss bspw. die Mitgliederversammlung des Fürther Vereins bereits im März 1933 ihren Versammlungsraum in „Adolf Hitler-Saal“ umzubenennen, diesen mit einem Bild des „Führers“ zu versehen und hier dann auch im Mai 1933 über den Ausschluss nichtarischer Mitglieder und das Aufrücken von Parteimitgliedern in Führungspositionen des BRK zu debattieren. All dies noch bevor der Präsident des DRK, Joachim von Winterfeldt-Menkins (1865–1945, Präsident des DRK 1921–1933), in einem Rundschreiben vom 1. Juni 1933 mit der Übernahme der staatlichen Bestimmungen über die arische Abstammung den auch in der Satzung verankerten fundamentalen Rotkreuzgrundsatz der Neutralität gegenüber religiöser und rassischer Zugehörigkeit aufgeben sollte. Am 29. November 1933 traten mit der neuen Satzung des DRK dann auch die ersten formellen Zentralisierungsmaßnahmen in Kraft, welche die Rechtsstellung des DRK gegenüber den Landesvereinen stärkten. So wurden die Präsidenten der Landesvereine (zuvor 1. Vorsitzende) ab 1934 für die Dauer von vier Jahren vom Präsidenten des DRK berufen und nicht mehr wie bisher vom Hauptvorstand der Landesvereine gewählt. Darüber hinaus enthielt die neue Satzung auch die formelle Grundlage für die Neugliederung des DRK, die vier Jahre später realisiert werden sollte (vgl. § 22: „Tritt eine neue politische Einteilung des Reichsgebietes in Kraft, so hat sich die Gliederung des DRK dieser Einteilung anzupassen.“). Am 1. September 1934 übernahm schließlich der „Führer“ und Reichskanzler die Schirmherrschaft über das DRK.

Mit der spätestens 1938 abgeschlossenen „vollen Einordnung in den Bau von Partei, Staat und Wehrmacht“ (Grüneisen) war auch die Eigenständigkeit des Roten Kreuzes zu einer inhaltsleeren Formel degradiert worden. Der bayerische Landesverein war zunächst unter Aufrechterhaltung des Körperschaftstatus in „Deutsches Rotes Kreuz. Bayerischer Landesverein“ umbenannt worden (Satzung von 1934) bevor er, wie alle anderen Landesverbände auch, durch das Reichsgesetz über das Rote Kreuz vom 9. Dezember 1937 (flankierend: Satzung vom 24. Dezember 1937) seine rechtliche Eigenständigkeit im straff zentralistisch organisierten Deutschen Roten Kreuz verlieren sollte. Die neuen „Landesstellen“ – in Bayern: München (VII) sowie Nürnberg (XIII) – entsprachen den Wehrkreisen und waren räumlich nicht mit dem Landesgebiet identisch. Am 8. März 1938 bestimmte der seit 1937 amtierende DRK-Präsident Ernst-Robert Grawitz (NSDAP, 1899–1945, seit 1935 Chef des SS-Sanitätsamtes und „Reichsarzt der SS“, ab 1941 maßgeblich verantwortlich für Menschenversuche in den Konzentrationslagern) im Einvernehmen mit Innenminister Adolf Wagner (NSDAP, 1890–1944, Gauleiter München-Oberbayern 1930–1942) den SA-Gruppenführer Willy Liebel (NSDAP, 1897-1945, Oberbürgermeister von Nürnberg 1933–1945) zum Landesführer XIII. SA-Brigadeführer Gotthold Dziewas (NSDAP, 1900–1940, ab 1938 im Innenministerium an führender Stelle für „Arisierungsmaßnahmen“ zuständig) wurde Landesführer VII. Öffentliche Äußerungen, die im fundamentalen Gegensatz zu den Rotkreuz-Grundsätzen standen und auch im Ausland ein negatives Echo auslösten, führten dazu, dass Dziewas bereits im Frühsommer 1938 durch SS-Gruppenführer Prof. Dr. Walther Schultze (NSDAP, 1894-1979, 1932/33 MdL, 1938-1945 MdR) ersetzt wurde. Multifunktionär in (Gesundheits-)Verwaltung und Partei, war Schultze von 1939 bis 1942 aktiv und an leitender Stelle an den Euthanasie–Verbrechen beteiligt.

Zwischen 1938 und 1945 waren die örtlichen Untergliederungen des DRK in Bayern ohne erkennbare Sonderrolle gegenüber den anderen territorialen Organisationseinheiten in Deutschland vollumfänglich an den Friedens- und späteren Kriegsaktivitäten der Gesamtorganisation beteiligt. Nach Kriegsende wurde das DRK samt aller, und damit auch der bayerischen Untergliederungen (Landesstellen), von der Militärregierung aufgelöst.

Neugründung (1945) und Entwicklung bis zum Anfang des 21. Jahrhunderts

Nachdem das BRK mit Billigung der US-Militärregierung schon Ende Mai 1945 seine Tätigkeit faktisch wieder aufgenommen hatte, wurde Ministerpräsident Fritz Schäffer (CSU, 1888–1967, Ministerpräsident 1945) am 19. September 1945 von der amerikanischen Militärregierung angewiesen, „in Bayern eine gemeinnützige, unpolitische Rote-Kreuz-Organisation zu gründen“, deren Zweck es sein sollte, „das öffentliche Wohl zu fördern“. Mit der Flüchtlingsfürsorge sowie dem Suchdienst sollte zunächst der Kriegsfolgenbewältigung ein besonderer Stellenwert zukommen. Die Denazifizierung hatte in Übereinstimmung mit den für den öffentlichen Dienst geltenden Grundsätzen zu erfolgen. Bereits am Folgetag erfuhr das BRK durch Schreiben des Ministerpräsidenten an den bereits geschäftsführend tätigen Präsidenten Josef Stürmann (CSU, 1906–1959, MdL 1948–1950) die formelle Anerkennung seiner Neugründung.

In der Folgezeit baute das Rote Kreuz seine Aktivitäten in der Wohlfahrts- und Sozialarbeit kontinuierlich aus und wurde so auch in Bayern zu einem der wichtigsten Akteure im Bereich der freien Wohlfahrtspflege. In einigen Tätigkeitsbereichen erlangte das BRK sogar eine Quasi-Monopolstellung, etwa im Bereich der Rettungsdienste (ca. 80 % Marktanteil). Insgesamt aber gerät die (gemein-)wirtschaftliche Tätigkeit durch private Konkurrenz aus dem In- und Ausland sowie vergaberechtliche Bestimmungen zunehmend unter Druck.

In eine schwere Vertrauenskrise geriet das BRK 1998 durch finanzielle Unregelmäßigkeiten im Blutspendedienst. Der „Schmiergeldskandal“ gipfelte in der rechtskräftigen Verurteilung des damaligen Landesgeschäftsführers des BRK, Heinrich Hiedl (1932–2017), und des damaligen Geschäftsführers des Blutspendedienstes, Adolf Vogt (1934–2020), zu Freiheitsstrafen von mehreren Jahren. Als Reaktion darauf und andere durch den Bayerischen Obersten Rechnungshof (ORH) beanstandeten „Mängel, die eine ordnungsgemäße und wirtschaftliche Verwendung der anvertrauten Mittel beeinträchtigt haben“, hat sich das BRK neu ausgerichtet und reformiert. Dies u. a. durch eine Stärkung der Position der Landesgeschäftsstelle im Gesamtverband BRK. Schließlich wurde 1999 durch eine Änderung des Gesetzes über die Rechtsstellung des Roten Kreuzes die Rechtsaufsicht der Staatsregierung über das BRK gestärkt (Neufassung des Artikels 3, Gesetz über die Rechtsstellung des Roten Kreuzes (Rechtsaufsicht)):

  • (1) Das Staatsministerium des Innern führt die Rechtsaufsicht über das Bayerische Rote Kreuz.
  • (2) Das Staatsministerium des Innern ist befugt, sich über alle Angelegenheiten des Bayerischen Roten Kreuzes zu unterrichten. Es kann insbesondere die Einrichtungen des Bayerischen Roten Kreuzes besichtigen sowie Berichte und Akten anfordern. Dem Staatsministerium des Innern ist Gelegenheit zu geben, an den Sitzungen der satzungsmäßigen Gremien des Bayerischen Roten Kreuzes teilzunehmen; auf Verlangen ist seinen Vertretern das Wort zu erteilen.
  • (3) Das Staatsministerium des Innern kann rechtswidriges Verhalten des Bayerischen Roten Kreuzes beanstanden und zur Herstellung rechtmäßiger Zustände die Vornahme oder die Unterlassung bestimmter Maßnahmen verlangen.
Präsidenten und Präsidentinnen
Name Lebensdaten Amtszeit Bemerkung
Gustav Graf zu Castell-Castell 1829–1910 1866-1896 Obersthofmeister
Karl Graf von Drechsel-Deufstetten 1842-1928 1897-1919 Reichsrat
Otto Ritter von Dandl 1868-1942 1919 Staatsminister des königlichen Hauses und des Äußeren 1917-1918
Friedrich Ritter von Brettreich 1858-1938 1919-1921 Innenminister 1907-1912, 1916-1918, Regierungspräsident von Unterfranken und Aschaffenburg 1913-1916
Heinrich Ritter von Thelemann 1851-1923 1921-1923 Justizminister 1912-1918
Friedrich Ritter von Brettreich 1858-1938 1923-1934 Innenminister 1907-1912, 1916-1918, Regierungspräsident von Unterfranken und Aschaffenburg 1913-1916
Max Adam k.A. 1934-1937 Sanitätsarzt, vom Präsidenten des DRK ernannt
Gotthold Dziewas 1900-1940 1937 NS-Funktionär, SA-Brigadeführer
Adalbert Prinz von Bayern 1886–1970 1945
Karl Scharnagl 1881–1963 1946–1949 Münchner Oberbürgermeister 1925–1933, 1945–1948
Otto Geßler 1875–1955 1949–1955 Präsident DRK 1950-1952, MdS 1950-1955
Hans Ehard 1887–1980 1955–1969 Ministerpräsident 1946–1954, 1960–1962
Alfons Goppel 1905–1991 1969–1985 Ministerpräsident 1962–1978
Bruno Merk 1922–2013 1985–1990 Innenminister 1966–1977, MdL 1958–1977, MdS 1986–1991
Reinhold Vöth 1930–1997 1991–1997 MdL 1958–1972
Albert Schmid 1943–2014 1997–1999 MdL 1978–2003
Heinz Köhler geb. 1942 1999–2003 MdL 1994–2002
Christa Prinzessin von Thurn und Taxis geb. 1941 2003–2013
Theo Zellner geb. 1949 2013-2021 Landrat (Cham) 1996-2010, Präsident Sparkassenverband Bayern 2010-2014
Angelika Schorer geb. 1958 seit 2021 MdL seit 2003

Anmerkung: von Oktober 1866 bis September 1921 lautete die Amtsbezeichnung "1. Vorsitzender", ab Oktober 1934 "Präsident" bzw. "Präsidentin".

Rechtliche Stellung, Organisationsstruktur, Finanzierung und Mitgliederzahlen

Körperschaft des öffentlichen Rechts

Anders als die anderen 18 Landesverbände des DRK, die – wie das DRK selbst – eingetragene Vereine sind, ist das BRK eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Bereits am 5. März 1870 hatte das bayerische Kriegsministerium den Landesverein im Sinne der Rotkreuzstatuten als das für Bayern allein zuständige Organ der freiwilligen Krankenpflege anerkannt und ihm Körperschaftsrechte verliehen. Dieser historisch bedingte rechtliche Sonderstatus ist seither immer wieder bestätigt worden, zuletzt durch das Gesetz über die Rechtsstellung des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK-Gesetz) vom 16. Juli 1986. Mangels Übertragung hoheitlicher Aufgaben ist das BRK indes lediglich eine Körperschaft des öffentlichen Rechts im formellen Sinne.

Organisationsstruktur

Das BRK gliedert sich in fünf Bezirks- und 73 Kreisverbände, die grundsätzlich originär zuständig für die operativen Aufgaben in ihrem jeweiligen Gebiet sind. Die Leitung und Steuerung des Gesamtverbandes obliegt einer Landesgeschäftsstelle in München. Einzelheiten des Zusammenwirkens der einzelnen Gliederungsebenen regelt die Satzung des Bayerischen Roten Kreuzes vom 21. Juli 2001 (zuletzt geändert am 20. Juli 2019). Ebenfalls zum Landesverband gehört der „Verband der Schwesternschaften vom Roten Kreuz in Bayern“, der nach der Insolvenz der Schwesternschaft Coburg im Jahre 2017 aus drei rechtlich selbständigen Schwesternschaften besteht (München, Nürnberg, Wallmenich-Haus/Amberg).

Organisationsstruktur des Bayerischen Roten Kreuzes. (Bayerisches Rotes Kreuz)
Organe des BRK. (Daniel-Erasmus Khan)

Die operative Tätigkeit des BRK ist nach „Gemeinschaften“ organisiert, die ihrerseits über organisatorische Strukturen auf Kreis-, Bezirks- und Landesebene verfügen:

  • Bereitschaften,
  • Wasserwacht,
  • Jugendrotkreuz,
  • Wohlfahrts- und Sozialarbeit
  • Bergwacht.

Die zentralen wirtschaftlichen Aktivitäten des BRK sind in rechtlich selbständige Tochtergesellschaften (GmbHs) ausgegliedert worden:

  • Blutspendedienst,
  • Sozialservice-Gesellschaft,
  • Handels- und Dienstleistungsgesellschaft,
  • Bayerisches Zentrum für besondere Einsatzlagen.

Finanzierung und Mitgliederzahlen

Wohlfahrtspostkarte des Orts-Sammel-Komitees vom Roten Kreuz München Stadt, 1915. (Daniel-Erasmus Khan)

Das Gründungskapital des Invalidenunterstützungsvereins von 1866, der organisatorischen Keimzelle des BRK, setzte sich aus Spenden zusammen. Diese stammten zum überwiegenden Teil aus dem Hause Wittelsbach: Ludwig I. (1786–1868, König 1825–1848) und Ludwig II. spendeten jeweils 10.000 Gulden, Prinz Karl von Bayern (1795–1875) 5.000 Gulden, Königinmutter Marie 1.000 Gulden. Weitere knapp 5.000 Gulden wurden von Vereinigungen, Gemeinden und Einzelpersonen gespendet. In der Folgezeit wurden Einnahmen im Wesentlichen aus Mitgliedsbeiträgen und freiwilligen Spenden generiert, die sich bereits im Jahre 1867 etwa allein im Kreisausschuss Oberbayern auf die beachtliche Summe von 60.000 Gulden beliefen.

Mit diesen beiden Einnahmequellen (flankierend kamen 1872/1873 insgesamt 170.000 Mark Kriegsentschädigungen für den Bayerischen Männer- und Frauenverein hinzu) konnte das BRK einen soliden wirtschaftlichen Grundstock bilden, den es in den nachfolgenden Jahrzehnten kontinuierlich weiter ausbaute. Mit diesem stetig wachsenden Grundkapital generierte der Männerverein bis zum Jahre 1913 durchschnittlich ca. 50 % seiner Gesamteinnahmen durch Zinsen und „Cours-Gewinne“. Das Gesamtvermögen des Vereins wuchs damit bis kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges auf insgesamt 1.450.195 Mark an. Auch die Mitgliederzahlen und die damit verbundenen Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen erhöhten sich kontinuierlich (1903: 9.492 Mitglieder = 24.794 Mark und 1913: 15.502 Mitglieder = 43.667 Mark – ohne Berücksichtigung der Sanitätskolonnen, die 1913 bereits fast 45.000 Mitglieder verzeichneten). Ab 1905 kam verstärkt eine neue, innovative und äußerst lukrative Einnahmequelle hinzu, die Rotkreuz-Lotterien (bereits 1908: fast 50 % der Gesamteinnahmen). Spendenbeiträge unterlagen im Verlauf der Jahre hingegen starken Schwankungen und erreichten im Durchschnitt nur knapp die Hälfte der Summe der Mitgliedsbeiträge. Ein signifikanter Anstieg von Einnahmen aus Spenden und Sammlungen war erst mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges zu verzeichnen (von Januar 1914 bis August 1916: 7,4 Mio. Mark) – nicht zuletzt befeuert durch zahlreiche „patriotische“ Spendenaufrufe. Auch die Mitgliederzahlen konnten sich in dieser Zeit mehr als verdoppeln (1916: 35.455, ohne Sanitätskolonnen). Gegen Kriegsende flachten Geldzufluss sowie Zuwachs an Mitgliedern dann deutlich ab: Während das BRK zu Beginn des Krieges im Durchschnitt etwa 700.000 Mark Einnahmen pro Monat erzielen konnte, war es gegen Kriegsende mit 65.000 Mark nur mehr knapp 1/10 dieser Summe. Nach 1918 befand sich das BRK daher zunächst auch wirtschaftlich in einer schwierigen Lage. Die Ausfälle bei den traditionellen Einnahmequellen (Lotterien, Zins- und Kursgewinne, Spenden- und Mitgliedsbeiträge) konnten während der Weimarer Republik allerdings zunehmend durch Einnahmen aus der Wohlfahrtspflege sowie staatliche Zuwendungen kompensiert werden (Gesamteinnahmen im Geschäftsjahr 1930/31: 247.422 Mark). Mit der Machtübernahme der NSDAP flossen dann ab 1934 auch vermehrt Zuwendungen vom DRK an das BRK, welche etwa 1/3 der Gesamteinnahmen ausmachten. Mit dem (vorübergehenden) Verlust seiner organisatorischen Selbständigkeit wurde Ende 1937 das gesamte Vermögen des BRK dem DRK übertragen. Diese Vermögensverschiebung wurde nach dem Zweiten Weltkrieg rückgängig gemacht.

Erst mit der (massiven) Ausweitung seines Tätigkeitsspektrums nach 1945 (insbesondere Bereitschaften, Katastrophenschutz, Wohlfahrtssektor) hat sich das BRK in jüngerer Zeit in substantieller Weise neue Einnahmequellen erschlossen. Diese haben im Laufe der Zeit fast zu einer Marginalisierung der Bedeutung der traditionellen Finanzmittel geführt. So bestanden nach einem Bericht des Obersten Rechnungshofes (1997) die beiden mit Abstand größten Einnahmeposten in der Kostenerstattung, insbesondere für den Rettungsdienst (37 %) sowie den Erlösen aus vollstationären Einrichtungen, insbesondere aus den 98 vom BRK betriebenen Alten- und Pflegeheimen (32 %). Demgegenüber machten Mitgliedsbeiträge, Spenden und Sammlungen nur noch gut 5,0 % des Gesamtetats aus, ungeachtet einer stetigen Zunahme von BRK-Mitgliedern. Umfasste das BRK im Jahre 1955 mit insgesamt 138.888 Mitgliedern noch 1,52 % der bayerischen Gesamtbevölkerung, so waren es 1963 bereits 368.334 Mitglieder (3,7 % der Gesamtbevölkerung). Mit mittlerweile 950.000 Mitgliedern (7,28 % der Gesamtbevölkerung) ist das BRK auch bei weitem der mitgliederstärkste Landesverband im DRK.

Quellenlage

Eine umfassende Aufarbeitung der Geschichte des Bayerischen Roten Kreuzes existiert nicht. Diese bedauerliche Forschungslücke beruht nicht zuletzt auf der dezidiert dezentralen Organisationsstruktur des BRK, die ihrerseits allerdings auch mit einer insgesamt als desaströs zu bezeichnenden Quellenlage einhergeht. Mangels eines Zentralarchivs sind einschlägige Bestände, soweit überhaupt (noch) vorhanden, im ganzen heutigen Verbandsgebiet (und zum Teil auch darüber hinaus) zerstreut. Im Einzelnen handelt es sich bislang um folgende Quellenbestände:

  • Lokale Archivbestände der einzelnen Verbandsgliederungen (Landes-, Bezirks-, Kreis- und Ortsebene): Sind zwar oftmals vorhanden, aber in vielen Fällen überaus lückenhaft und vielfach auch schlichtweg entsorgt worden.
  • Bayerische Rotkreuzmuseen (München, Nürnberg, Nabburg und Hofheim): Durch Privatinitiative engagierter Bürger sind z. T. durchaus beachtliche Dokumentensammlungen aus dem ganzen Verbandsgebiet zusammengetragen worden (größter Bestand wohl in Nürnberg). Diese sind aber ganz überwiegend nicht systematisch erschlossen.
  • Archiv des DRK Generalsekretariats: Sehr viel Archivmaterial ist im Zweiten Weltkrieg entweder zerstört oder später von den Alliierten beschlagnahmt worden (Verbleib unbekannt).
  • Bundesarchiv (Koblenz): Von den Alliierten beschlagnahmte und teilweise später zurückgegebene DRK-Dokumente.
  • IKRK-Archiv (Genf) und Bayerisches Hauptstaatsarchiv: Einzelne Dokumentenbestände, v. a. auch aus der Gründungsphase.
  • Bayerische Staatsbibliothek: Eine Reihe veröffentlichter Materialien auch aus der Frühzeit der Organisation.

Dokumente

Literatur

  • Karl Otto Gigl, Das Königreich Bayern und die Genfer Konventionen, Diss. masch. München 1982.
  • Sonja Glaab-Seuken, Das Rote Kreuz vor Ort: die Entstehungsgeschichte der internationalen Rotkreuzorganisation in der bayerischen Region Unterfranken (Veröffentlichungen des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e.V. 55), Aschaffenburg 2006.
  • Felix Grüneisen, Das Deutsche Rote Kreuz in Vergangenheit und Gegenwart, Potsdam-Babelsberg 1939.
  • Daniel-Erasmus Khan, Das Rote Kreuz. Geschichte einer Humanitären Weltbewegung (Beck'sche Reihe 2757), München 2013.
  • Franz Kimberger, Geschichte des Roten Kreuzes in Stadt- und Landkreis Fürth in Bayern, Fürth 1986.
  • Peter Poguntke, Gleichgeschaltet: Rotkreuzgemeinschaften im NS-Staat (Stuttgarter Historische Forschungen 10), Köln u. a. 2010.
  • Dieter Riesenberger, Das Deutsche Rote Kreuz – Eine Geschichte 1864–1990, Paderborn u. a. 2002.
  • Horst Seithe/Frauke Hagemann, Das Deutsche Rote Kreuz im Dritten Reich (1933–1939): Mit Einem Abriss Seiner Geschichte in der Weimarer Republik (Mabuse-Verlag Wissenschaft 9), Frankfurt a.M. 1993.
  • Markus Wicke, SS und DRK – Das Präsidium des Deutschen Roten Kreuzes im nationalsozialistischen Herrschaftssystem, Potsdam 2002.

Quellen

  • 10 Jahre Bayerisches Rotes-Kreuz 1945/55.
  • Bayerischer Oberster Rechnungshof (Jahresbericht 2001 und 2010).
  • Blätter des Bayerischen Landesvereins vom Roten Kreuz: amtl. Organ d. Hauptvorstandes, d. Kreis- u. Zweigvereine, sowie d. Sanitätskolonnen (1921-1937).
  • Blätter des Deutschen Roten Kreuzes: Wohlfahrt und Sozialhygiene 1–16 (1921–1937).
  • Der Deutsche Kolonnenführer – Fachblatt des Reichsverbandes deutscher Sanitätskolonnen und verwandter Männervereinigungen vom Roten Kreuz.
  • DRK-Verordnungsblatt, März 1938.
  • Julius Fessler, Unter dem Roten Kreuz in Transvaal, München 1902.
  • Wilhelm Helferich, Der Bayerische Landeshilfeverein vom Roten Kreuz, o.O. 1910.
  • Jahresberichte Bayerisches Rotes Kreuz (1951–1966).
  • Ludwig Kimmle (Hg.), Das Deutsche Rote Kreuz. Entstehung, Entwicklung und Leistungen der Vereinsorganisation seit Abschluss der Genfer Covention i. J. 1864, Berlin 1910.
  • Ludwig Kimmle, Das Deutsche Rote Kreuz im Weltkrieg, Berlin 1919.
  • Rechenschafts-Bericht des Bayerischen Landeshilfsvereines vom Roten Kreuz über seine Tätigkeit (1874–1919).

Externe Links

Weiterführende Recherche

Verwandte Artikel

Empfohlene Zitierweise

Daniel-Erasmus Khan/Donald Riznik, Bayerisches Rotes Kreuz (BRK), publiziert am 11.10.2021; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bayerisches_Rotes_Kreuz_(BRK)> (5.12.2024)