Würzburger Städtekrieg/Schlacht von Bergtheim, 1400
Aus Historisches Lexikon Bayerns
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Der Konflikt zwischen einer nach Autonomie strebenden Bürgerschaft und der Durchsetzung der Stadtherrschaft durch den Bischof zählt zu den Grundkonstanten der Würzburger Geschichte des Spätmittelalters. In der Schlacht von Bergtheim im Jahr 1400 eskalierte der Konflikt. Mit der blutigen Niederlage des Bürgeraufgebotes wurde der Kampf um die Vorherrschaft der Stadt zugunsten des Bischofs entschieden.
Die Anfänge der Konflikte zwischen Bürgertum und Bischof in Würzburg
Erste Konflikte zwischen Bischof und Stadt reichen bis in die Zeit des Investiturstreits zurück, als sich die Stadt mehrfach gegen die politischen Interessen des Bischofs als uneingeschränkt reichstreu erwies.
Ab der Mitte des 13. Jahrhunderts konzentrierten sich die Auseinandersetzungen jedoch auf die Partizipation der Bürgerschaft an der Stadtherrschaft. Die Zünfte strebten in den Rat und wehrten sich gegen den herrschaftlichen und fiskalischen Zugriff des Bischofs sowie gegen die Steuerprivilegien der Geistlichkeit, die ihnen wirtschaftliche Nachteile brachten. Die Bischöfe reagierten regelmäßig mit Zunftverboten, Absetzungen des Rates, Einzug und Vernichtung von Privilegien, ließen sich die Schlüssel der Stadttore ausliefern und erließen zur Durchsetzung ihrer Forderungen Interdikte.
Zu den Stationen des langjährigen und regelmäßig blutig ausgetragenen Konfliktes im 13. Jahrhundert gehörten u. a. folgende Ereignisse:
- 1247 kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Stadt, die im folgenden Jahr im Überfall der Bürger auf eine Prozession von Domherren anlässlich der Domkirchweihe gipfelten.
- Anfang 1254 mussten sich die geistlichen Institutionen unter Interdiktandrohung gegen Gefangennahme, Verletzung und Tötung von Klerikern zusammenschließen.
- Eine neue Serie von Auseinandersetzungen in den Jahren 1258-1265 endete für die Bürger ungünstig. Nach einem bereits von Albertus Magnus (gest. 1280) 1261 vermittelten Ausgleich bestimmte ein Vertrag vom 26. August 1265, dass Zünfte künftig nur noch mit Zustimmung des Bischofs eingerichtet werden durften; Rat und Bürgermeister sollten vom Bischof eingesetzt werden, Siegel und Schlüssel waren auszuliefern und die Bürger hatten dem Stadtherrn eine Buße von 2.000 Mark Silber zu entrichten. Der grundlegende Konflikt war damit jedoch nicht gelöst.
- 1279 und 1294 kam es zu erneuten Zunftverboten.
- 1296 wurde der Rat aufgehoben. Die Bürger wehrten sich 1297 mit Angriffen auf die steuerlich begünstigten Stadthöfe der Zisterzienserklöster, worauf der Bischof erneut ein Interdikt verhängte.
Das Ringen um die städtische Autonomie im 14. Jahrhundert
1303 bis 1308 endeten nach Einschaltung des Königtums neuerliche Konflikte mit Zunftverboten und der Einsetzung eines bischöflichen Oberrates. 1344 wurden nach dem Scheitern eines Sonderbündnisses der Bürger mit der Reichsstadt Nürnberg die städtischen Befestigungen geschleift. 1354 belagerten bischöfliche Truppen die Stadt. Der Konflikt endete nach Intervention Karls IV. (reg. 1346-1378) erneut mit ungünstigen Friedensbedingungen für die Bürger: Niederlegung städtischer Befestigungen, Bündnis-, Rat- und Zunftverbot, Bürgenstellung und hohe Schadensersatzleistungen. Ein Hofgerichtsentscheid von 1357 verschlimmerte die Bedingungen noch. Im Frühjahr 1360 mussten schließlich die Schlüssel zu Toren und Befestigungen dauerhaft dem Bischof ausgeliefert werden. Nicht anders endeten die Auseinandersetzungen der Jahre 1373 und 1374.
Gegen Ende des 14. Jahrhunderts schien der Bischof von Würzburg siegreich aus allen Konflikten hervorgegangen zu sein. Bereits damals setzte ein sukzessiver Auszug der bürgerlichen Eliten ein, der die Wirtschaftskraft der Stadt minderte. Dennoch waren die grundlegenden Probleme um Ratsverfassung und Zunftorganisation noch immer nicht gelöst. Insbesondere der starke fiskalische Druck auf die Stadt, entstanden durch die Versuche Bischof Gerhards von Schwarzburg (reg. 1372-1400), das verschuldete Hochstift zu sanieren, führte zu einer neuen Eskalation.
Der Städtebund 1396
Am 24. Juli 1396 schlossen sich Würzburg und 14 weitere Städte des Hochstifts, zunächst mit Zustimmung Bischof Gerhards, zu einem Städtebund zusammen. Das Bündnis zwischen der Bischofsstadt und Karlstadt (Lkr. Main-Spessart), Iphofen (Lkr. Kitzingen), Gerolzhofen (Lkr. Schweinfurt), Schwarzach (= Stadtschwarzach, Markt Schwarzach am Main, Lkr. Kitzingen), Arnstein (Lkr. Main-Spessart), Neustadt (= Bad Neustadt an der Saale, Lkr. Rhön-Grabfeld), Mellrichstadt (Lkr. Rhön-Grabfeld), Meiningen (Lkr. Schmalkalden-Meiningen, Thüringen), Königshofen (=Bad Königshofen im Grabfeld, Lkr. Rhön-Grabfeld), Haßfurt (Lkr. Haßberge), Ebern (Lkr. Haßberge), Seßlach (Lkr. Coburg), Fladungen (Lkr. Rhön-Grabfeld) und Bischofsheim (Lkr. Rhön-Grabfeld) war auf fünf Jahre terminiert.
Nachdem Bischof Gerhard jedoch weiterhin rigide alle städtischen Autonomiebestrebungen bekämpfte, mit Unterstützung König Wenzels (reg. 1376-1400) weitere Sondersteuern erließ und nach den Protesten der Bürgerschaft ein Interdikt verhängte, brach in der Pfingstwoche 1397 ein Aufstand los. Zwei bischöfliche Parteigänger starben, Kirchen wurden geplündert und Bischof Gerhard selbst mehrere Tage in der Festung Marienberg belagert. Zur Absicherung der Befreiung von bischöflicher Herrschaft suchte die Stadt nun ihrerseits Rückhalt beim Königtum.
Die "Reichsfreiheitsurkunde" von 1397
Gegen Zahlung von 4.000 Gulden erlangte eine städtische Abordnung unter Leitung des Bürgers Fritz Schad am 13. Oktober 1397 eine Urkunde König Wenzels, die Würzburg und zehn weitere Bundesstädte "in vnsern vnd des Heiligen Reichs schucz vnd schirme" aufnahm. Die vermeintliche Bestätigung der Reichsfreiheit wurde begeistert aufgenommen; bei einem Aufenthalt Wenzels im Dezember 1397 erfolgten Huldigungen mit großen Festlichkeiten. Die Urkunde enthielt allerdings auch einen von den Bürgern nicht bemerkten bzw. ignorierten Passus, der die angestrebte Autonomie von vornherein als hinfällig erscheinen ließ: Die Städte sollten "eynem bischoff von Wirczpurg reichen alle reht die er von alders von rehtes" innehabe.
Bereits im Januar 1398 vollzog Wenzel einen Wandel seiner vorgeblich städtefreundlichen Politik, indem er die Entscheidung des Konflikts an sich zog und unbeschadet der fürstbischöflichen Rechte Bořivoj von Svinaře (gest. nach 1399) zum Reichshauptmann über das Hochstift und seine Städte einsetzte. Vollends wandte er sich im Januar 1399 von den Städten ab, als er die "Reichsfreiheitsurkunde" widerrief und deren Herausgabe sowie die Übergabe der Verteidigungswerke der Stadt anordnete. Zeitgleich bestätigte er aber wiederum Ende Januar 1399 die Rechte für die Städte. In den folgenden Monaten kam es zu ersten kriegerischen Auseinandersetzungen Bischof Gerhards von Schwarzburg mit einzelnen Bundesstädten. Parallel dazu geführte Ausgleichsverhandlungen scheiterten mehrfach, so dass sich eine große Entscheidungsschlacht bereits abzeichnete.
Die Überlieferung der Reichsfreiheitsurkunde
Die Quellen zu den Auseinandersetzungen der Jahre 1396-1400 und zur entscheidenden Schlacht von Bergtheim (Lkr. Würzburg, ca. 15 km nordöstlich von Würzburg) sind von unterschiedlicher Qualität.
Die urkundliche Überlieferung ist relativ gut; insbesondere die schwankende Politik Wenzels lässt sich an den Schriftstücken seiner Kanzlei gut nachvollziehen. Lediglich die Reichsfreiheitsurkunde, die für elf Städte galt und somit in mehrfacher Ausfertigung überliefert sein sollte, ist tatsächlich nur in einem einzigen Exemplar erhalten, das nach einer jüngeren Untersuchung von Klaus Arnold (geb. 1942) nicht ein Original, sondern eine nicht beglaubigte Kopie darstellt. Vermutlich ließ sich der Bischof spätestens nach seinem Sieg über die Städte alle vorhandenen Originale aushändigen und sie vernichten. Die bis heute erhaltene Kopie in Form eines beschnittenen Fragments diente seit etwa 1600 als Einband eines städtischen Steuerbuches, wurde um 1836 wieder entdeckt, geriet auf nicht nachvollziehbarem Weg in den Besitz des Historischen Vereins von Unterfranken und wurde 1940 an das Stadtarchiv Würzburg verkauft.
Die historiographischen Quellen
Die historiographischen Quellen zur Schlacht von Bergtheim sind überwiegend aus bischöflicher Perspektive geschrieben und in ihren Wertungen mit entsprechender Vorsicht zu genießen. Die wesentlichen äußeren Ereignisse dürften jedoch glaubhaft geschildert sein.
Die umfangreichsten Informationen enthält eine über 2.000 Verse umfassende Reimpaardichtung über den "Würzburger Städtekrieg", die nach neueren Untersuchungen von Ernst Schubert (1941-2006) wohl von mehreren Verfassern zeitnah niedergeschrieben wurde. Einer der Verfasser gibt sich als Bernhard von Uissigheim zu erkennen, ein sonst nicht weiter belegter Mitkämpfer im bischöflichen Adelsaufgebot mit dezidiert bürgerfeindlicher Perspektive. Das Gedicht wurde 1527 gedruckt und lag in dieser Form auch dem bischöflichen Sekretär und Archivar Lorenz Fries (1489-1550) vor, der daraus – nicht unkritisch – für seine Schilderung der Auseinandersetzungen in seiner Würzburger Bischofschronik schöpfte. Ansonsten standen Fries die reichen Überlieferungen des bischöflichen Archivs zur Verfügung. Den Wortlaut der sog. Reichsfreiheitsurkunde kannte er allerdings nicht.
Ergänzend heranzuziehen ist der zeitnahe Bericht des Nürnberger Patriziers Ulman Stromer (1329-1407) im "Püchel von mein geslecht und von abentewr" sowie ein Brief des nach Nürnberg geflohenen Würzburger Klerikers Konrad Schilher (gest. 1405), der wenige Tage nach dem Sieg von Bergtheim den Bischof zur Milde gegenüber den Besiegten mahnte. Weiterhin berichten auch die zu Beginn des 16. Jahrhunderts entstanden Annales Hirsaugieneses von Johannes Trithemius (1462-1516) über die Auseinandersetzungen.
Die Schlacht von Bergtheim
Zu Beginn des Jahres 1400 schienen beide Parteien bereit, es auf einen größeren militärischen Konflikt ankommen zu lassen. Bischof Gerhard von Schwarzburg versuchte, die Stadt einzuschließen und auszuhungern. Da verbreitete sich in der Stadt das Gerücht, dass in der nur einen Tagesmarsch entfernten Kirchenburg von Bergtheim umfangreiche bischöfliche Getreidevorräte lägen. Die Bürger planten einen Ausfall, um sich dieser dringend benötigten Vorräte zu bemächtigen. Es bleibt unklar, ob - wie das Lied vom Städtekrieg behauptet - dieser Plan dem Bischof verraten wurde, oder ob die Bergtheimer Vorräte von vorneherein als Falle dienen sollten, um die bürgerlichen Truppen aus der Stadt auf freies Feld zu locken.
Nachdem die Bürger mit einem Aufgebot von ca. 3.000 Mann, darunter auch 60 bis 100 angeworbene Söldner aus dem Hessischen, am 11. Januar 1400 die Bergtheimer Getreidevorräte nach unbedeutendem Widerstand gewonnen hatten und sich mit beladenen Wagen zurückziehen wollten, sahen sie sich einem wohlgerüsteten bischöflichen Heer gegenüber. Es bestand aus etwa 2.500 Mann, darunter 60 Panzerreiter, die überwiegend vom bischofstreuen Stiftsadel gestellt wurden. Das Bischofsheer zog mit dem alten Wallfahrerlied "In Gottes Namen fahren wir" und unter dem Kiliansbanner in die Schlacht; die städtischen Truppen mit dem Würzburger Rennfähnlein (möglicherweise auch mit dem Reichsadler) und dem Schlachtruf "Byberstein" – gemeint war vermutlich der königliche Rat Hans von Biberstein, auf dessen Haltung als Nachfolger Bořivojs von Svinaře sich die Hoffnungen der Bürger stützten. Gegen die gut gerüsteten, kriegserfahrenen und abgesessen im Verband kämpfenden Bischofstruppen hatte das Bürgeraufgebot keine Chance. Die Niederlage war spätestens dann nicht mehr abzuwenden, als die bislang in Reserve gehaltenen 60 bischöflichen Panzerreiter über die Bürger hereinbrachen.
Nach dem Bericht Ulman Stromers sollen 900 Bürger gefallen sein; das Lied vom Städtekrieg spricht von 1.200 Toten und 2.000 Gefangenen. Von 636 ritterlichen Teilnehmern im bischöflichen Heer sollen dagegen nur fünf ums Leben gekommen sein.
Die Folgen
Die Niederlage der Bürger war vollständig. Bereits am Tag nach der Schlacht wurde ein Sühnevertrag mit harten Bedingungen geschlossen. Dem Bischof war erneut zu huldigen und es waren ihm die Tore und Türme zu überantworten; die Strafsummen für den Wiederaufbau zerstörter Kirchen und Klöster wurde auf 40.000 Pfund Heller festgelegt. Größere Summen wurden in den folgenden Monaten auch den verbündeten Städten auferlegt. Drei Tage nach der Schlacht wurden die Anführer der bürgerlichen Opposition, der Würzburger Bürgermeister Jacob de Leone (1336-1400), ein Neffe Michaels de Leone (gest. 1355), und die Ratsleute Hans Weibler, Siegfried vom Rebstock und Hans von Erfurt durch die Straßen geschleift, gevierteilt und aufs Rad gebunden.
Die wirtschaftlichen Folgen waren enorm. Der Auszug der Eliten verstärkte sich, während für die Verbleibenden der Steuerdruck weiter anwuchs. Ein markanter Bevölkerungsrückgang beschränkte zuletzt auch die Möglichkeiten zur Entschuldung des Hochstifts. Bischof Johann I. von Egloffstein (reg. 1400-1411), der den bald nach der Schlacht verstorbenen Gerhard von Schwarzburg ablöste, versuchte ohne großen Erfolg wirtschaftliche Impulse durch die Gründung einer Universität (1402) und die Wiederansiedlung einer jüdischen Gemeinde zu setzen.
Die erhaltenen Bürgerbücher (StadtA Würzburg, Ratsbuch 207, ab 1405) und Steuerlisten (StadtA Würzburg, Rechnung 9188 von 1412; Edition durch F. Huggenberger in Vorbereitung) lassen darauf schließen, dass nur jene Bürger in der Stadt blieben, die wenig hatten und sich einen Wegzug nicht leisten konnten. Die Anforderungen an Neubürger und die Bürgeraufnahmegebühren waren niedrig; das Durchschnittsvermögen betrug weniger als 50 Gulden bei kaum noch überdurchschnittlich reichen Bürgern, aber vielen wegen Armut völlig von der Steuer befreiten Zahlern.
Die bischöfliche Stadtherrschaft wurde unumschränkt bestätigt und geriet in der Folgezeit nur noch einmal während des Bauernkrieges 1525 kurzzeitig in Gefahr. Auch die umstrittenen Fragen der Ratsverfassung und des Zünftewesens wurden vollständig im bischöflichen Sinne geklärt. Künftig lenkte ein bischöflich dominierter Oberrat die Geschicke der Stadt, in dem sechs Dom- und Chorherren sechs vom Bischof zu bestätigenden Bürgern gegenüberstanden. Der Oberrat kontrollierte auch die Aufsicht über das Gewerbe. Von Zünften war nach 1400 nicht mehr die Rede. Die Durchsetzung bischöflicher Stadtherrschaft eröffnete auf lange Sicht schließlich den Ausbau Würzburgs zur frühmodernen Residenzstadt samt der Errichtung der barocken fürstbischöflichen Residenz unmittelbar vor den alten Stadtmauern.
Vergleichende Einordnung
Würzburg ist dabei kein Einzelfall bürgerlicher Opposition gegen bischöfliche Stadtherrschaft. Erfolgreich waren in den lang anhaltenden Kämpfen vom 13. bis zum 15. Jahrhundert die Bürger in Köln, Straßburg, Speyer, Worms und Augsburg. In Mainz, Trier, Bamberg und Passau konnten dagegen die Freiheiten der Bischofsstädte beschnitten werden. Neben dem Kampf um die unmittelbare Stadtherrschaft manifestieren sich in den Würzburger Auseinandersetzungen auch der reichsweite Konflikt um den Ausbau geistlicher Landesherrschaften sowie spätestens seit dem Süddeutschen Städtekrieg 1388 der Versuch der Städte, zu einer eigenständigen verfassungsbildenden Kraft im Gefüge des Reiches zu gelangen.
Nachleben
Die Schlacht von Bergtheim ist als einschneidendes Ereignis der Stadtgeschichte im historischen Bewusstsein der Stadt Würzburg auf außergewöhnliche Weise präsent. Die Niederlage entwickelte sich zu einem langfristigen Trauma, dessen Tragweite erst von dem des verheerenden Luftangriffs vom 16. März 1945 übertroffen wurde.
Noch im Bauernkrieg - 125 Jahre nach Bergtheim - genügte die dezente Anspielung eines bischöflichen Rates auf die drastischen Folgen vergangenen Ungehorsams, um den Rat zu einer sehr zurückhaltenden Position gegenüber den aufständischen Bauern und Forderungen seiner eigenen Bürgerschaft zu veranlassen, die stets von Treuebekundungen und (für den Fall des Scheiterns der Bauern) von vorausblickend exkulpierenden Rechtfertigungen begleitet war. Gleichwohl manifestiert sich unter den Stichworten "Reichsfreiheit" und "Bergtheim" vor allem im öffentlichen Auftreten der Stadthäupter bis in die Gegenwart eine stete Memoria und eine geradezu reflexartig auftretende demonstrative Betonung bürgerlichen Selbstbewusstseins. Dazu trägt auch die spätere Benennung des Ratssaals im ältesten Teil des Grafeneckarts als "Wenzelsaal" bei. An der Eingangstür befindet sich eine ebenfalls neuere Darstellung eines Reichsadlers mit einem zerbrochenen Szepter als symbolische Verdichtung der gescheiterten Freiheitsbestrebungen. Auch im neuen Ratssaal ist die Niederlage von Bergtheim als Teil eines 1984 bis 1987 von Wolfgang Lenz (1925-2014) geschaffenen Bilderzyklus zu zentralen Ereignissen der Stadtgeschichte präsent.
Die Schlacht ist auch mehrfach in literarischer Form verarbeitet worden. In national-konservativer Perspektive machte Walter Bloem (1868-1951) das Ereignis zum Gegenstand seines Romans "Gottesferne" (2 Bände, Leipzig 1920). Oskar Kloeffel (1893-1953) erstellte eine dramatische Bearbeitung ("Die Schlacht bei Bergtheim. Historisches Schauspiel", Frankfurt am Main, Verlag des Bühnenvolksbundes 1924). Selbst in jüngerer Vergangenheit entstand auf Grundlage des Roman von Bloem noch ein musikalisches Theaterstück "Würzburg 1399" (Gerhard Horling, Roland Volk, aufgeführt von der Schauspielgruppe des Yes-Club e. V., Bergtheim 2002).
Dokumente
Literatur
- Klaus Arnold, Byberstein was ir geschrey ...Würzburgs Traum von der Reichsfreiheit zu Ausgang des 14. Jahrhunderts im Licht der Überlieferung, in: Hans-Peter Baum/Rainer Leng/Joachim Schneider (Hg.), Wirtschaft – Gesellschaft – Mentalitäten im Mittelalter. Festschrift für Rolf Sprandel zum 75. Geburtstag (Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte 107), Stuttgart 2006, 453-472.
- Klaus Arnold, Die Schlacht von Bergtheim 1400, in: Ulrich Wagner (Hg.), Geschichte der Stadt Würzburg. 1. Band: Von den Anfängen bis zum Ausbruch des Bauernkriegs, Stuttgart 2001, 110-113.
- Klaus Arnold, Im Ringen um die bürgerliche Freiheit: Die Stadt Würzburg im späten Mittelalter (ca. 1250-1400), in: Ulrich Wagner (Hg.), Geschichte der Stadt Würzburg. 1. Band: Von den Anfängen bis zum Ausbruch des Bauernkriegs, Stuttgart 2001, 91-109.
- Georg Lommel, Für Kaiser und Reich! Elfstädtebund und Bauernkrieg in Franken (Fränkische Bibliothek 6), Würzburg 1910.
- Heike Lonsdorf, Gewaltanwendung und Rechtsdurchsetzung in innerstädtischen Konflikten in Würzburg, in: Horst Brunner (Hg.), Die Wahrnehmung und Darstellung von Kriegen im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit (Imagines Medii Aevi 6), Wiesbaden 2000, 167–197.
- Johannes Merz, Fürst und Herrschaft. Der Herzog von Franken und seine Nachbarn 1470-1519, München 2000.
- Winfried Romberg, Die Schlacht von Bergtheim im Jahre 1400 - Epochenwende für Mainfranken, in: Frankenland 52/6 (2000), 413-422.
- Hans Steidle, Die Schlacht von Bergtheim: Würzburg vor 600 Jahren: die Bürger kämpfen um ihre Freiheit. Würzburger Stadtbuch, Würzburg 2000, 8-18.
- Ulrich Wagner, Bürgerfreiheit gegen Fürstenmacht. Würzburg im fränkischen Städtekrieg aus der Sicht des Lorenz Fries, in: Ders. (Hg.), Lorenz Fries (1489–1550). Fürstbischöflicher Rat und Sekretär. Studien zu einem fränkischen Geschichtsschreiber (Schriften des Stadtarchivs Würzburg 7), Würzburg 1989, 57–74.
- Franz Xaver Wegele, Fürstbischof Gerhard und der Städtekrieg im Hochstift Würzburg, Nördlingen 1861.
- Dietmar Willoweit, Bischöfliche Stadtherrschaft und bürgerliches Ratsregiment in Würzburg, in: Albrecht Cordes u. a. (Hg.), Stadt – Gemeinde – Genossenschaft. Festschrift für Gerhard Dilcher zum 70. Geburtstag, Berlin 2003, 103–115.
Quellen
- Lorenz Fries/Ulrich Wagner (Hg.), Chronik der Bischöfe von Würzburg. 742-1495 (Fontes Herbipolenses), Würzburg 1992-2004.
Weiterführende Recherche
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Empfohlene Zitierweise
Rainer Leng, Würzburger Städtekrieg/Schlacht von Bergtheim, 1400, publiziert am 17.09.2012; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Würzburger_Städtekrieg/Schlacht_von_Bergtheim,_1400> (8.12.2024)