Landstände Pfalz-Neuburgs
Aus Historisches Lexikon Bayerns
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Die Landstände Pfalz-Neuburgs hatten weitgehend die gleiche rechtliche Ausgangssituation wie die Stände des 1505/1506 vereinigten Herzogtums Bayern. Hier wie dort bestand die Landschaft aus den drei Kurien der Prälaten, des Adels sowie der Städte und Märkte. Besondere Bedeutung erlangte die Neuburger Landschaft durch die Übernahme der Regierung des Fürstentums 1544, während der überschuldete Landesherr Pfalzgraf Ottheinrich (reg. 1522-1557) ins Exil gehen musste. Im 17. Jahrhundert ersetzten verstärkt Ausschusstage die Vollversammlungen. 1680 fand der letzte Volllandtag im Fürstentum Neuburg statt. Ausgeschieden aus dem Verband der Pfalz-Neuburger Landstände sind die Stände des Deputatfürstentums Sulzbach, das 1656 die Selbständigkeit erlangte. Eine eigene Landschaftsverwaltung hatte sich jedoch nur in Neuburg ausgebildet. Die Neuburger Landschaft bestand bis zu ihrer Auflösung 1808.
Entstehung und Rechtsgrundlagen
Pfalz-Neuburg wurde am Ende des bayerischen Erbfolgekriegs 1505 neu geschaffen. Das Fürstentum diente als Ausgleich für Ottheinrich (reg. 1522-1557) und Philipp (reg. 1522-1541), der Söhne Rupprechts von der Pfalz (1481-1504) und der Herzogin Elisabeth von Bayern-Landshut (1478-1504), der Tochter Herzog Georgs des Reichen (reg. 1479-1503). Das Pfalz-Neuburger Territorium stammte zu einem Teil aus dem Herzogtum Bayern-Landshut und hatte vor 1447 zu Bayern-Ingolstadt gehört. Der andere Teil wurde aus dem Herzogtum Bayern-München herausgelöst und Pfalz-Neuburg zugeschlagen. Auch wenn die Zugehörigkeit der einzelnen Ämter zum Fürstentum der "Jungen Pfalz" im Wesentlichen erst der Ingolstädter Vertrag von 1509 festlegte, hatte König Maximilian I. (reg. 1486-1519, als Kaiser ab 1508) bereits 1505 in seinem Kölner Schiedsspruch die betroffenen Stände aufgefordert, sich aus ihrer bisherigen Ständeversammlung zu lösen und zu einer neuen Ständeversammlung zusammenzufinden.
Zu einem ersten Landtag kam es 1508 in Neuburg a. d. Donau (Lkr. Neuburg-Schrobenhausen). Der Vormund der noch minderjährigen Neuburger Landesherren Pfalzgraf Friedrich (reg. als Kurfürst von der Pfalz 1544-1556) stellte den pfalz-neuburgischen Ständen dabei gleichsam die Gründungsurkunde aus und bestätigte ihnen zunächst vierzehn bayerische Freibriefe, darunter auch die "Ottonische Handfeste", welche dem niederbayerischen Adel 1311 die Hofmarksgerichtsbarkeit gewährte. Somit konnten auch die Landstände in Pfalz-Neuburg die Niedergerichtsrechte für sich beanspruchen. Im Gegenzug erfolgte die Erbhuldigung und die Bewilligung einer Landsteuer. Die zweite Ständeversammlung fand 1514 ebenfalls in Neuburg statt. Beim dritten Landtag 1522 erhielten die Stände mit dem zweiten Freibrief der Jungen Pfalz vier weitere bayerische Freibriefe bestätigt. Nur ein Jahr später wurden in einem neuerlichen Landtag (1523) nachträglich noch weitere Freibriefe des 15. Jahrhunderts in einer Privilegienurkunde gewährt. Damit hatten die Neuburger Stände einen vergleichbaren rechtlichen Rahmen wie die bayerischen Landstände (29 von insgesamt 64 bayerischen Freiheitsbriefen wurden explizit bestätigt). 1554 genehmigte Pfalzgraf Ottheinrich seinen Ständen angesichts deren Anstrengungen zur Schuldentilgung die "Landesfreiheit des Fürstentums Neuburg", die im Druck erschien und die fortan grundlegend für die Pfalz-Neuburger Landesverfassung war. Die Erweiterung der Landesfreiheit im Herzogtum Bayern durch die Edelmannsfreiheit von 1557 wurde im Fürstentum Neuburg mit ähnlichem Inhalt durch den sog. Grünauer Abschied von 1562 und seiner Erweiterung von 1607 zugestanden.
Gliederung in drei Kurien: Prälaten, Adel, Städte und Märkte
Die Pfalz-Neuburger Landschaft war wie die bayerische dreigliedrig: Neben der Kurie der Prälaten und des Adels bestand die Kurie der Städte und Märkte.
Kurie der Prälaten
Bis zum Glaubenswechsel Pfalzgraf Ottheinrichs nahm der Prälatenstand den ersten Rang ein. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zählten als feste Mitglieder elf bzw. nach der Aufhebung der Klöster von Monheim und Unterliezheim 1530 neun Klöster zur Neuburger Prälatenkurie (die Augustiner-Eremitinnenklöster in Höchstädt a. d. Donau und Gundelfingen (beide Lkr. Dillingen a. d. Donau) erschienen nicht durchgehend in den Landtafeln):
- Neuburg a. d. Donau (Benediktinerinnen) (Lkr. Neuburg-Schrobenhausen)
- Bergen (Benediktinerinnen) (Lkr. Neuburg-Schrobenhausen)
- Echenbrunn (Benediktiner) (Lkr. Dillingen a. d. Donau)
- Monheim (Benediktinerinnen) (Lkr. Donau-Ries)
- Mödingen (Dominikanerinnen) (Lkr. Dillingen a. d. Donau)
- Obermedlingen (Dominikanerinnen) (Lkr. Dillingen a. d. Donau)
- Pettendorf/Adlersberg (Dominikanerinnen) (Lkr. Regensburg)
- Pielenhofen (Zisterzienserinnen) (Lkr. Regensburg)
- Unterliezheim (Benediktinerinnen) (Lkr. Dillingen a. d. Donau)
Die Heranziehung von nicht landsässigen Klöstern, die aber landtagsfähigen Besitz im Fürstentum Neuburg hatten, gelang nur teilweise, etwa bei den Klöstern St. Ulrich und Afra (Augsburg), Heilig Kreuz (Donauwörth, Lkr. Donau-Ries), Walderbach, Reichenbach (beide Lkr. Cham) und Ensdorf (Lkr. Amberg-Sulzbach), Niederalteich (Lkr. Deggendorf) schied beim Verkauf des sogenannten Niederlandes 1509 aus und Kaisheim (Lkr. Donau-Ries) entzog sich den Neuburger Landtagen, weil es die Reichsfreiheit anstrebte und schließlich auch erlangte.
Bei der Einführung der Reformation in Pfalz-Neuburg ab 1542 wurden die Klöster zwar nicht sofort aufgehoben, aber ihre Güter der Landesverwaltung unterstellt und von landesherrlichen Pröpsten verwaltet. Diese Pröpste vertraten die Klöster auch auf den Landtagen, was die Position der Regierung bei den Ständeversammlungen stärkte. Die in Lauingen (Lkr. Dillingen a. d. Donau) eingerichtete fürstliche Landesschule wurde von den Einnahmen der staatlich verwalteten Klostergüter finanziert. Im Zuge der Rückkehr zur katholischen Konfession unter Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm (reg. 1614-1653) wurde das ehemalige Kloster Neuburg 1617 in ein Jesuitenkollegium überführt, dem auch Echenbrunn zugeteilt wurde. Kloster Bergen erhielten ebenfalls die Jesuiten, zur Ausstattung ihres Neuburger Seminars. Pielenhofen (Lkr. Regensburg) kam 1655 an Kloster Kaisheim, ebenso wie 1676 Pettendorf/Adlersberg. Obermedlingen erhielt 1651 der Dominikanerorden zurück, begründete dort aber einen Männerkonvent. Einziger Frauenkonvent, der wiederbelebt wurde, war Maria Mödingen (Lkr. Dillingen a. d. Donau). Unterliezheim kam 1655 an die Abtei St. Ulrich und Afra in Augsburg, die es als landtagsfähige Propstei führte. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens 1773 wurden deren Güter auf die 1781 gegründete Malteser Großballei Neuburg übertragen.
Kurie des Adels
In der Adelskurie waren ursprünglich nur durch adelige Abstammung bevorzugte Besitzer von Grund und Boden zugelassen, die zudem Herrschaft über Land und Leute ausübten. Bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde jedoch die Adelskorporation auch für nichtadelige Gruppen geöffnet, indem verdiente Beamte und gelehrte Räte durch die Verleihung von Landsassenbriefen oder durch den Kauf gefreiter Güter ebenfalls Aufnahme fanden. Auch die sogenannten Hammerherren konnten für ihre Hammerwerke einen Landsassenbrief erhalten und schließlich auch Bürger, wenn sie Landsassengüter erwarben.
Die Größe der landtagsfähigen Besitzungen und der Umfang der mit ihnen verbundenen Rechte variierten stark, etwa von einer mit dem Blutbann ausgestatteten, mehrere Orte umfassenden Herrschaft, über ein Hofmarksdorf bis hin zu einem einzelnen Anwesen.
Die Adelskurie hatte in der Pfalz-Neuburger Landschaft politisch das größte Gewicht. Auch zahlenmäßig war sie deutlich überlegen. Der landständische Adel verfügte mitunter über rund dreimal so viele Stimmen wie die beiden anderen Kurien zusammen. Allein dadurch konnte er maßgeblichen Einfluss auf die Landtagsentscheidungen nehmen. In den ständigen Ausschüssen war die Dominanz des Adels noch größer. Michael Cramer-Fürtig zählt in seiner Studie zu den Neuburger Landständen von 1505/08 bis 1546 223 landtagsfähige adelige Besitzungen. Allerdings gab es eine rege Fluktuation in der Landtafel. Bei Gewährung der Landsassenfreiheit wurden diese Besitzungen neu in die Matrikel aufgenommen. Andere dagegen wurden gestrichen, etwa wenn bei Besitzwechsel der neue Eigentümer des Gutes keinen Landsassenbrief erhielt. Die Zahl der gleichzeitig in der Matrikel eingetragenen Güter schwankte daher. Außerdem kamen territoriale Veränderungen hinzu.
Für unterschiedliche Zeitpunkte in den drei Jahrhunderten des Bestehens der Neuburger Landschaft nennen Quellen zwischen 120 und 160, in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts auch rund 200 Landsassengüter. Die Zahl der Teilnehmer auf den Pfalz-Neuburger Landtagen war aber deutlich kleiner. Nicht alle Landsassen konnten (oder wollten) jeweils zum Landtag in Neuburg erscheinen und beauftragten daher Vertreter. Außerdem besaßen einige gleichzeitig mehrere landtagsfähige Güter.
Andererseits kam es vor, dass sich Personen ein Landsassengut teilten und das Stimmrecht gemeinsam ausübten. Beispielsweise erzielte der auf dem Landtag vom 21. November 1615 zum Landmarschall gewählte Ludwig Andreas Lemblein (1578-1635) 75 von 128 Stimmen (alle drei Kurien zusammen). Zum Landtag von 1680 kamen nach der Angabe von Felix Joseph von Lipowsky (1764-1842/44) insgesamt 83 Personen (bereits ohne Sulzbach). Bei der Wahl des Landschaftskanzlers 1797 im Umlaufverfahren zählte man insgesamt 97 abgegebene Stimmen.
Kurie der Städte und Märkte
In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts gab es in Pfalz-Neuburg 11 Städte und 14 Märkte, die auf den Landtagen von ihren Bürgermeistern oder von einem städtischen Rechtsgelehrten, dem Syndikus, vertreten wurden.
Liste der Städte
- Gundelfingen (Lkr. Dillingen a. d. Donau)
- Hemau (Lkr. Regensburg)
- Hilpoltstein (Lkr. Roth)
- Heideck (Lkr. Roth)
- Höchstädt (Lkr. Dillingen a. d. Donau)
- Lauingen (Lkr. Dillingen a. d. Donau)
- Monheim (Lkr. Donau-Ries)
- Neuburg a. d. Donau (Lkr. Neuburg-Schrobenhausen)
- Schwandorf (Lkr. Schwandorf)
- Sulzbach (Lkr. Amberg-Sulzbach)
- Weiden (kreisfrei)
Grafenau (Lkr. Freyung-Grafenau) lag im sogenannten Niederland und zählte nur bei den ersten Landtagen dazu, da es 1509 an das Herzogtum Bayern abgetreten wurde.
Liste der Märkte
- Allersberg (Lkr. Roth)
- Burgheim (Lkr. Neuburg-Schrobenhausen)
- Burglengenfeld (Lkr. Schwandorf) [ab 1540 unter den Städten]
- Erbendorf (Lkr. Tirschenreuth)
- Floß (Lkr. Neustadt a. d. Waldnaab)
- Kallmünz (Lkr. Regensburg)
- Kaltenbrunn (Lkr. Neustadt a. d. Waldnaab)
- Kohlberg (Lkr. Neustadt a. d. Waldnaab)
- Laaber (Lkr. Regensburg)
- Regenstauf (beide Lkr. Regensburg)
- Reichertshofen (Lkr. Pfaffenhofen a. d. Ilm)
- Rennertshofen (Lkr. Neuburg-Schrobenhausen)
- Schmidmühlen (Lkr. Amberg-Sulzbach)
- Vohenstrauß (Lkr. Neustadt a. d. Waldnaab)
Die Märkte Hengersberg (Lkr. Deggendorf), Hofkirchen (Lkr. Passau), Schönberg (Lkr. Freyung-Grafenau) schieden mit dem Niederland aus der Neuburger Landschaft aus. Ebenso der Markt Titting (Lkr. Eichstätt), der 1544 an den Bischof von Eichstätt verkauft wurde. Mit der Verselbständigung des Herzogtums Sulzbach 1656 gingen Sulzbach, Floß, Vohenstrauß, Weiden, Kaltenbrunn, Erbendorf und Kohlberg verloren. Erwerben konnte Pfalz-Neuburg 1626 die Stadt Pleystein (Lkr. Neustadt a. d. Waldnaab) (1764 jedoch an Pfalz-Sulzbach), den Markt Lupburg (Lkr. Neumarkt i.d.Opf.) (1572 aus der Verpfändung gelöst) und den Markt Beratzhausen (Lkr. Regensburg) (mit der Herrschaft Ehrenfels 1565/68 gekauft). Der Markt Painten gehörte von Beginn an zu Pfalz-Neuburg, erschien aber erst seit 1579 auf den Landtagen.
Tagungsorte
Eine systematische Untersuchung der Tagungsorte der Neuburger Landschaft liegt nur für die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts vor: Zwischen 1505 und 1546 (bis zur Eroberung und Besetzung des Fürstentums im Schmalkaldischen Krieg durch Kaiser Karl V. [reg. als römisch-deutscher König 1519-1556, Kaiser 1530-1556]) fanden 36 Ständeversammlungen statt. Bis auf drei Ausnahmen (1522, 1542 und 1546 in Burglengenfeld) kamen die Stände in der Haupt- und Residenzstadt Neuburg zusammen. Nur in zehn Fällen ist in den Quellen auch das Gebäude bzw. der Raum der Versammlung genannt: In beiden Orten wurden entweder das Schloss oder das Rathaus genutzt. Ein Landschaftshaus ist in Neuburg erst ab der Mitte des 16. Jahrhunderts belegt. Es stand in der Nähe des (alten) Rathauses und des Benediktinerinnenklosters. 1657 wurde dieses Haus abgebrochen und stattdessen ein Gebäude in der heutigen Landschaftsstraße (A 115) genutzt.
Auch in der Zeit von 1546 bis zur Auflösung der Neuburger Landschaft war der Tagungsort in der Regel Neuburg. Insgesamt trafen sich die Neuburger Landstände in den 300 Jahren ihres Bestehens zu rund 100 Versammlungen, von denen etwa ein Drittel Volllandtage waren.
Ablauf der Tagungen
Die Tagungen liefen gewöhnlich folgendermaßen ab: Sie begannen mit der Verlesung der von den fürstlichen Räten formulierten Proposition des Landesherrn. Darüber berieten dann die Kurien zunächst getrennt und geheim, um sich anschließend auf eine gemeinsame Replik der Stände zu einigen. Diese wurde zumeist durch den Landmarschall übergeben und bekannt gemacht. Danach folgten teils langwierige Verhandlungen bis sich Landesfürst und Ständeversammlung auf einen gemeinsamen Landtagsbeschluss einigen konnten. Die oft schwierige und zeitaufwändige Entscheidungsfindung auf den Vollversammlungen führte bereits bald nach dem Regierungsantritt der jungen Pfalzgrafen 1522 dazu, dass diese von der Landschaft die Wahl und Einsetzung von Ausschüssen zur Beratung bestimmter Angelegenheiten forderten.
Ausschusswesen
Mit einem kleineren Gremium, welches die Vollversammlung vertreten sollte, hofften die Landesherren die gewünschten Ergebnisse leichter und schneller herbeiführen zu können. Für die Landstände brachte dies zwar die Vorteile der Zeit- und Kostenersparnis und durch die Etablierung und Perpetuierung des Ausschusswesens eine dauerhafte politische Mitwirkung, allerdings auch den Verzicht auf die persönliche Beteiligung. Wurden auf den Landtagen Ausschüsse gebildet, so erfolgte dies zu Beginn der Sitzung durch die Verordnung und Bevollmächtigung von Landtagsmitgliedern für bestimmte Aufgaben.
Ein erster Ausschuss wurde in Pfalz-Neuburg 1523 gebildet und mit dem Recht ausgestattet, die Vollversammlung zu vertreten. Davon ausgenommen und dem allgemeinen Landtag vorbehalten war jedoch die Befugnis, für alle Stände bindende Beschlüsse zu fassen, etwa eine neue Landsteuer zu genehmigen. Der Landtag behielt also zunächst seine Bedeutung als letzte Entscheidungsinstanz. Ein ständiger Ausschuss nahm seine Arbeit erstmals von 1528 bis 1532 auf. Von 1532 an gab es den sogenannten größeren Ausschuss, der eine Vermittlerfunktion zwischen Fürst und Ständen einnahm und der durch seine Vorarbeiten auch die Beschlüsse (Abschiede) beeinflussen konnte. Ab 1535 wurden von dem Verordnetengremium auch Aufgaben zwischen den Tagungen übernommen. Ständische Spezialgremien zur Veranlagung, Einhebung und Verwahrung von Steuern, Hilfsgeldern oder zur Schuldentilgung sind ebenfalls bereits seit den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts belegt. Von besonderer Bedeutung waren darunter stets die Steuerkommissionen.
Organisation und Verwaltung
Der ranghöchste Vertreter der Ständekorporation war der Landmarschall. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wählte die Ständeversammlung den Marschall aus ihrer Mitte. Im 17. Jahrhundert jedoch beanspruchten die Landesfürsten die Entscheidung über die Ernennung des Landmarschalls und setzten sich damit durch, so dass das Wahlrecht der Stände zu einem bloßen Vorschlagsrecht verkam. Der Landmarschall übte die Leitung der Landtagsversammlungen aus, nur er stellte die "Umfragen" (= Stimmensammeln), er hatte das Ordnungsrecht im Versammlungsraum und sogar gewisse Polizei- und Jurisdiktionsbefugnisse über die Stände. Im Unterschied zum bayerischen Landmarschall-Amt, das sich eher zu einem Ehrentitel wandelte, behielt in Pfalz-Neuburg der Landmarschall stets seine hohe Stellung und seine aktive Funktion für die Landschaft.
Ebenfalls fast ausschließlich aus der Adelskurie wurden die Landschaftskommissare gewählt. Seit 1559 ist das Landschaftskommissariat in Neuburg belegt, das als Finanzbehörde der Landschaft anzusehen ist. Die Kommissare – die meist gleichzeitig noch weitere hochrangige Hof- oder Staatsämter bekleideten – waren sowohl der Ständeversammlung als auch der Landesverwaltung verpflichtet. Durch ihre Doppelfunktion boten sie dem Fürsten eine Möglichkeit der Einflussnahme auf die Landschaft. Auch die Kommissare wurden anfangs von den Ständen, ab dem 17. Jahrhundert aber maßgeblich von den Landesfürsten ausgewählt, die nur mehr versprachen, durchgeführte Wahlen der Stände zu berücksichtigen. Da aber zunehmend der Landesfürst selbst Kommissare vorschlug, blieb den Ständen schließlich de facto nur noch ein Bestätigungsrecht. In den Bestallungen wurde ein beiderseitiges Kündigungsrecht festgeschrieben, aber auch ein Anspruch auf Besoldung vom Hofe, wohingegen das Amt des Landmarschalls lange Zeit als Ehrenamt betrachtet wurde.
Die Kommissare standen an der Spitze der Landschaftskanzlei und übernahmen wichtige organisatorische Aufgaben wie das Verfassen und Versenden der Einberufungsschreiben, das Führen des Teilnehmerverzeichnisses, die Prüfung der Vollmachten und die Organisation von Unterkünften und Verpflegung für die Versammlungsdauer. Sie sorgten für die ordnungsgemäße Führung der Protokolle und unterzeichneten die Landtagsabschiede mit. Den Kommissaren oblag auch die Kassen- und Rechnungsprüfung und sie waren regelmäßig im Besitz eines der Schlüssel, welche nur gemeinsam mit dem Schlüssel des Pfennigmeisters ein Öffnen der im Landschaftshaus verwahrten Landschaftskasse ermöglichte.
Wegen all dieser Verwaltungsaufgaben galt für die Kommissare – im Gegensatz zum Landmarschall – eine Residenzpflicht in Neuburg. Um 1795 (spätestens 1799) wurde die Bezeichnung "Kommissare" durch den Begriff "Verordnete" ersetzt.
Neben Landmarschall und Landschaftskommissaren gab es zumindest zeitweise einen Landobersten ("Colonel du Pais"), der aus dem Adel stammte und wohl über militärische Kompetenzen verfügte. Karl Freiherr von Servi (gest. 1789) hatte dieses Amt in den 1770er und 1780er Jahren inne, ab den 1790er Jahren Maximilian von Thurn und Taxis (1745-1825).
Ein weiteres wichtiges Amt war das des Landschaftskanzlers, der für die Leitung der Landschaftskanzlei hohe Kompetenz in Verwaltungsaufgaben benötigte. Nicht selten konnten die Landschaftskanzler ein Rechtsstudium vorweisen (teilweise wurden sie auch als Landschaftsadvokaten bezeichnet). Landsassen oder von adeliger Herkunft mussten sie nicht sein. Auch diese Position wurde trotz des Wahlrechts der Stände fallweise von den Neuburger Fürsten vergeben (so etwa 1693/98). Der letzte Neuburger Landschaftskanzler war von 1797 bis 1808 Karl Gremmel. Seine unmittelbaren Vorgänger waren Anton von Eyb (1795-97) und Karl Nopper (1773-1795).
Unter diesen Spitzenämtern bildete sich ein Verwaltungsapparat der Landschaft aus, der sich im 18. Jahrhundert besonders ausdifferenziert darstellte: Zum einen gab es einen Landschaftsrat, der mit Beamten besetzt war, die nicht selten noch weitere fürstliche oder städtische Ämter ausfüllten. Neben dem schon erwähnten, für die Kassenführung zuständigen Pfennigmeister bestand die eigentliche Verwaltung in einem oder mehreren Landschaftssekretären, den Landschaftsregistratoren, den Rechnungsprüfern ("Rechnungsverhörer", "Auditeure" oder "Reviseure") einem Archivar, mehreren – in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis zu sieben – Landschaftskanzlisten sowie meist einem Kanzleidiener und einem Kanzleiboten.
Wirken der Landstände von 1508 bis zum Höhepunkt der Finanzkrise 1544
Eine herausragende Bedeutung im Wirken der Landstände hatten das Recht zur Bewilligung von Steuern und die Aufgaben bei deren Einhebung und Verwaltung. Die wichtigste Steuer war die sogenannte Landsteuer, eine direkte Steuer, die ausgehend vom jeweiligen Vermögen berechnet wurde. Die eigenen Hintersassen wurden von den Ständen selbst besteuert. Die landesherrlichen Untertanen dagegen wurden zwar von der fürstlichen Verwaltung besteuert, aber die etwa bei der Vermögensschätzung unumgängliche enge Zusammenarbeit zwischen landesherrlichen und ständischen Steuerern führte auch hier zu einem großen Einfluss der Landschaft. Die adeligen Landstände selbst waren mit ihrem eigenen Vermögen grundsätzlich steuerfrei. Von ihnen wurde jedoch auf den Landtagen parallel zur Landsteuer der Untertanen eine sogenannte Kammersteuer gefordert (in der Gesamtsumme deutlich niedriger als die Landsteuer). Die Stände betonten bei deren Gewährung stets die Freiwilligkeit dieser Leistung.
Die Finanzsituation des Fürstentums war wegen der hohen Schulden aus dem bayerischen Erbfolgekrieg und der geringen Einnahmen von Beginn an ungünstig. Zudem fruchteten die Mahnungen der Stände zur sparsamen Hofhaltung an die jungen Fürsten nicht. Die zunehmende Finanznot Pfalz-Neuburgs und die deswegen häufigeren Steuerforderungen intensivierten die Partizipation der Landstände und förderten auch den Ausbau des ständischen Ausschusswesens sowie den Aufbau einer leistungsfähigen Finanzverwaltung der Landstände. Diese Entwicklung gipfelte bereits früh in der ständischen Beteiligung an der Schuldentilgung, die schließlich zur Übernahme der Regierung durch die Landstände 1544 führte. Andere Themen wie etwa das Beschwerdewesen spielten bei der Pfalz-Neuburger Landschaft zumindest in den ersten Jahrzehnten aufgrund der akuten Finanzprobleme kaum eine Rolle.
Übernahme der Regierung durch die Landstände 1544 und Schuldenabbau bis 1559
Als sich die Finanzlage Pfalzgraf Ottheinrichs mit der Übernahme der Schulden seines Bruders Philipp 1541 dramatisch verschlechterte, beteiligten sich die Landstände 1542 an einer Tilgungskommission, welche durch Verpfändung oder Verkauf von Besitzungen die Schuldenlast reduzieren sollte. Außerdem setzten sich Ständevertreter bei Gläubigerverhandlungen für einen Zahlungsaufschub ein. Dafür musste Ottheinrich 1543 einem Ständeausschuss zur Schuldenablösung die Mitsprache bei künftigen Krediten einräumen. Schließlich verweigerten die Stände ihre Zustimmung zur Aufnahme von neuen Schulden. So kam es auf Vorschlag Kurfürst Ludwigs V. von der Pfalz (reg. 1508-1544) im Februar 1544 zu einer Versammlung von Gläubigern und Bürgen, die vom Pfalzgraf und der Ständekorporation nach Neuburg einberufen wurde.
Die Landstände waren nicht nur als Gesamtheit, sondern vielfach auch persönlich Gläubiger oder Bürgen des hoch verschuldeten Landesherrn. Als die Schuldenlast Ottheinrichs auf über eine Mio. Gulden angewachsen war, lehnten die Stände angesichts des jährlichen Ertrags des Fürstentums von weniger als 20.000 Gulden neue Kreditaufnahmen ab. Es kam zu einer weiteren Gläubigerversammlung in Neuburg, um über die Finanzsituation zu beraten. Es wurden zunächst ein Zahlungsaufschub und der Verkauf von Landesteilen verabredet. Da die Verkaufspläne aber am Einspruch der bayerischen Herzöge scheiterten, kam es nach langwierigen Verhandlungen bei einer neuerlichen Versammlung im August 1544 zur Übernahme der Schulden durch die pfalz-neuburgischen Landstände. Sie stellten sich der Aufgabe, die Darlehen abzutragen. Im Gegenzug musste Ottheinrich die Regierung und die Landesverwaltung vollständig in die Hände der Landstände legen.
Die Territorialgewalt und auch die offizielle Vertretung des Fürstentums übernahm ein von den Landständen gebildetes Regiment, an dessen Spitze als Statthalter Hans Kraft von Vestenberg zu Fronberg (gest. 1564) stand. Dies währte allerdings nur rund zwei Jahre, bis das Fürstentum im Schmalkaldischen Krieg 1546 von kaiserlichen Truppen besetzt und von Statthaltern des Kaisers verwaltet wurde. 1552 erhielt der ins Exil geflüchtete Pfalzgraf Ottheinrich sein Fürstentum zurück. Sein Versuch, das Fürstentum zu verkaufen, wurde nun von den Landständen verhindert, die erneut die Finanzverwaltung übernahmen und bis zum Tod Ottheinrichs 1559 die Schuldenlast erheblich reduzierten.
Konsolidierung und Aufschwung des Fürstentums, Einschränkung ständischer Macht 1559-1680
Die Landstände hatten der Nachfolgeregelung des kinderlosen Pfalzgrafen Ottheinrich ebenso wie die nächsten Verwandten zugestimmt, so dass Herzog Wolfgang von Zweibrücken (reg. 1557-1569) das Fürstentum ohne ernste Widerstände übernehmen konnte. Unter Herzog Wolfgang und vor allem unter seinem Sohn Pfalzgraf Philipp Ludwig (reg. 1569-1614) gelang es, die Abwärtsspirale von Verkäufen und Verpfändungen umzukehren.
Die Herrschaft Ehrenfels konnte 1565/68 erworben werden, wobei die Landstände den Kauf finanzierten und dem fürstlichen Brautpaar 1574 als Hochzeitsgeschenk verehrten. 1578/85 konnten die an die Reichsstadt Nürnberg verpfändeten Ämter Hilpoltstein, Allersberg und Heideck wieder eingelöst werden. Ebenfalls rückgelöst wurden die Hälfte des Gemeinschaftsamtes Parkstein-Weiden (1571) und die Herrschaft Lupburg (1572). Einige kleinere Herrschaften oder Teile davon konnten neu erworben werden.
Auf den Landtagen beschäftigten sich die Stände entsprechend immer wieder mit Pfandschaften, Darlehensaufnahmen und -tilgungen sowie mit der zentralen Aufgabe der Erhebung von Steuern. Die Notwendigkeit von Steuerausschreibungen nahm gegen Ende des 16. Jahrhunderts zu, auch weil wegen der allgemeinen Kriegsgefahr Ausgaben für Rüstungen und Befestigungen unternommen wurden. Hinzu kamen noch Zahlungsverpflichtungen aufgrund von Reichs- oder Kreistagsbeschlüssen, u. a. wegen der Bedrohung durch die Türken. Neben den Landsteuern gehörten auch die indirekten Steuern (z. B. Ungeld, Viehsteuer) und auch Maut- und Zollangelegenheiten in die Zuständigkeit der Landschaft.
Außerdem beschäftigten sich die Landstände immer wieder mit der finanziellen Ausstattung des Fürstenhauses, sei es mit den Wünschen nach "Kammergutsbesserungen" (als Zuschuss aus den Ungeld-Erträgen) oder mit Braut- und Hochzeitsgeschenken bzw. mit der Aussteuer für Prinzessinnen, z. B. bei der Heirat der Neuburger Prinzessin Eleonore (1655-1720) mit Kaiser Leopold I. (reg. 1658-1705) 1676. Auch die Sukzession in Jülich-Kleve-Berg (1609/14) erforderte Beratungen durch die Neuburger Landstände. Sie bewilligten Vorschüsse für die Kosten der Durchsetzung der Erbansprüche. Wegen der Wiedereinführung der katholischen Religion durch Herzog Wolfgang Wilhelm, der 1614 die Nachfolge seines Vaters Philipp Ludwig antrat, kam es auf dem Landtag 1615/16 zum Konflikt, wobei sich die Stände dem neuen Landesfürst beugen mussten. Und auch in der Kontroverse um das Selbstversammlungsrecht der Stände erlitten diese eine Niederlage. Wolfgang Wilhelm beharrte darauf, dass nur ihm als Landesherrn das Recht zustehe, die Stände einzuberufen. Helmut-Anton Eikam bezeichnet diese Phase daher als "Scheitelpunkt in der Entwicklung der pfalz-neuburgischen Stände".
Die folgenden Jahrzehnte waren geprägt von der Kriegsrüstung und bald auch von Kriegsschäden. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges übernahm der älteste Sohn Philipp Wilhelm (reg. 1653-1690) 1653 die Regierung (in Neuburg bereits 1644). Er schloss 1656 den "Neuburger Vergleich" mit dem damit selbständig gewordenen Neuburger Teilfürstentum Sulzbach ab. Gleichzeitig wurden auch die Pfalz-Sulzbacher Landstände ihrer Pflicht gegenüber Pfalz-Neuburg enthoben und bildeten fortan eine eigene Landschaft, die formell bis 1808 bestand, aber keine Landschaftsverwaltung entwickelte und nur zu einem Landtag 1661 in Sulzbach zusammentrat. Ab der Regierung Karl Theodors (reg. 1742-1799, seit 1777 Kurfürst von Bayern) hoffte die Neuburger Landschaft vergeblich, die Sulzbacher Stände wieder inkorporieren zu können.
Vom letzten Volllandtag 1680 bis zur Aufhebung der Landschaft 1808
Im Jahr 1680 fand der letzte Pfalz-Neuburger Volllandtag statt. Auf diesem Landtag scheiterten die Neuburger Stände – wie schon 1644 – erneut mit der Wahl eines neuen Landmarschalls. In der Folge wurden die Marschälle vom Landesherrn bestimmt (Wahlen der Stände, etwa 1775 und 1798 wurden vom Fürst nur mehr als Vorschläge betrachtet). Für die landschaftlichen Kommissare galt zwar weiterhin prinzipiell ein Wahlrecht der Stände – anders als in Bayern, wo die Verordnung durch Kooption ergänzt wurde – aber die tatsächliche Entscheidung über die Besetzung des Kommissariats verlagerte sich ab dem 17. Jahrhundert ebenfalls eindeutig hin zum Landesfürsten. Erfolglos verwahrten sich die Stände gegen die Schmälerung ihrer Rechte. Lediglich in der Frage der Landschaftskanzlerwahl konnten sie sich stärker behaupten.
Im Spanischen Erbfolgekrieg erhielt der kaisertreue Neuburger Pfalzgraf und Kurfürst von der Pfalz Johann Wilhelm (reg. 1690-1716) nach der Niederlage des mit Frankreich verbündeten Kurfürsten Max Emanuel von Bayern (reg. 1679-1726) von diesem 1708 die (fünfte, alte pfälzische) Kurwürde mit dem Erztruchsessenamt sowie die Oberpfalz (und die Grafschaft Cham) verliehen. Durch die Loslösung der Oberpfalz von Bayern wurde auch die alte Landschaft der Oberpfalz wiederbegründet, allerdings nur für kurze Zeit, da bereits 1714 mit dem Frieden von Rastatt und Baden das Kurfürstentum Bayern seine Rechte und Besitzungen zurückerhielt.
Wie schon über weite Strecken im 17. Jahrhundert kam es in Pfalz-Neuburg im 18. Jahrhundert seltener zu Ständetagungen. Anstelle von Vollversammlungen wurden nur mehr Ausschüsse einberufen, vor allem um die Verlängerung bzw. Bewilligung von Landsteuern zu ermöglichen. Bemerkenswert ist eine 1721 beschlossene Steuerbeschreibung, die bis 1728 flächendeckend durchgeführt und 1730 vom Landschaftskommissariat revidiert wurde. Große Teile dieser Steuerbeschreibung sind überliefert. Von 1737 bis 1773 fanden überhaupt keine ständischen Versammlungen in Pfalz-Neuburg statt.
Nach dem Aussterben des Hauses Neuburg im Mannesstamm 1742 und der Vereinigung der pfälzischen Länder – mit Ausnahme Zweibrückens - mit dem Kurfürstentum Bayern 1777/78 durch Karl Theodor aus der Neuburger Nebenlinie Sulzbach kam es im letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts zu einer Reihe von Reformversuchen. 1778 und 1782 beschlossen die Neuburger Landstände wichtige Sozialeinrichtungen und die Erneuerung des Steuerwesens. 1790/91 wurden die Fürstentümer Oberpfalz, Neuburg und Sulzbach einer gemeinsamen Verwaltung in Amberg unterstellt und 1791-95 die nordgauischen Ämter des Fürstentums Pfalz-Neuburg der Oberpfalz (Amberg) zugeteilt, trotz Beschwerden der Neuburger Landstände dagegen. Nach 1795 kamen sie jedoch wieder zurück. Da auch die Regierung und Hofkammer in Neuburg wieder errichtet wurden, war der alte Stand zunächst wiederhergestellt.
Zur gleichen Zeit stellte man intensive Überlegungen an, wie die Landschaft neu organisiert werden könnte und formulierte entsprechende Vorstellungen für eine "Urverfassung" der Landstände. Mit dem Landtagsabschied von 1796 einigte man sich auf eine "landschaftliche Konstitution", die auch das Wahlrecht festschrieb. So wurden nun wieder Wahlen zum Landschaftskanzler (1795 und 1797), zu den Landschaftsverordneten (1799) und zum Landmarschall (1798) durchgeführt. Auch erhielt die Neuburger Landschaft die Erlaubnis zum Tragen einer eigenen Uniform. 1799 wurde das Herzogtum Neuburg der Generallandesdirektion in München unterstellt. Die Landstände setzten sich dafür ein, dass Neuburg eine eigene Landesdirektion erhielt, was noch im gleichen Jahr genehmigt wurde, unter gleichzeitiger Ernennung zur "Provinz Neuburg". Eine "Erhebung" war diese Umbenennung insofern, als Neuburg damit eine von drei Provinzen von Kurbayern darstellte, neben der Provinz Baiern (Ober- und Niederbayern) und der Oberpfalz. Diese Zugeständnisse hatte der Minister Graf Montgelas (1759-1838, Minister 1799-1817) in dem viel beachteten "Neuburger Deputationsabschied" vom 5. Oktober 1799 gemacht. Im Gegenzug stimmte die nach München gereiste Neuburger Deputation der Landstände weitreichenden Reformplänen zu, die zwar nicht umgesetzt werden konnten, aber wegweisend waren für die Montgelas'schen Reformen ab 1806.
Durch die Verordnung über die Neuorganisation der Landgerichte im Kurfürstentum Pfalzbaiern vom 24. März 1802 verlor Neuburg erneut die oberpfälzischen Landgerichte. Bald darauf tagte die letzte Neuburger Ständeversammlung vom 31. Mai bis 2. Juni 1802 in Neuburg, in Form eines Ausschusses unter der Leitung Graf Montgelas' als kurfürstlichem Prinzipalkommissar. 1804 wurde die Landesdirektion durch ein General-Landeskommissariat in Neuburg ergänzt. Außerdem wurden der "Provinz" Neuburg am 15. Oktober 1804 umfangreiche Gebiete Nordschwabens mit den Städten Donauwörth und Nördlingen (Lkr. Donau-Ries) zugewiesen. Schließlich kamen nach dem Übergang des Fürstentums Eichstätt an Bayern 1806 noch einige eichstättische Landgerichte zur Neuburger Provinz hinzu. Diese hatte damit ein vom alten Fürstentum Neuburg deutlich abweichendes Gebiet. An die territorialen Veränderungen sollte die Landschaft jedoch nicht mehr angepasst werden. Sie bestand zwar weiter in ihren Organen, aber das zugehörige Fürstentum und damit die Grundlage für die räumliche wie personelle Gesamtzusammensetzung gab es bereits nicht mehr.
Mit der "Reichsconstitution" vom 1. Mai 1808 wurden dann alle landschaftlichen Korporationen des inzwischen zum Königreich erhobenen Bayern aufgehoben. Damit fand auch formal die Geschichte der Pfalz-Neuburger Landstände nach 303 Jahren ihren Abschluss.
Quellen- und Forschungslage
Die Geschichte der Pfalz-Neuburger Landstände ist für die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts gut erforscht (Cramer-Fürtig). Für die nachfolgende Zeit liegen zwar eine Monographie über das Landschaftskommissariat (Eikam) und ältere Arbeiten über die Neuburger Landstände vor (Lipowsky, Rieder), aber ein zeitgemäßer quellenkritisch-wissenschaftlicher Gesamtüberblick fehlt trotz durchaus vorhandener Quellenüberlieferung (siehe unter "Quellen").
Dokumente
- Auflistung der Landschaftskommissare des Fürstentums Pfalz-Neuburg (Markus Nadler)
- Auflistung der Landschaftskanzler des Fürstentums Pfalz-Neuburg (Markus Nadler)
- Auflistung der Landtage und Ausschusstage sowie anderen landständischen Versammlungen (Markus Nadler)
- Auflistung der Landmarschälle des Fürstentums Pfalz-Neuburg (Markus Nadler)
Literatur
- Michael Cramer-Fürtig, Landesherr und Landstände im Fürstentum Pfalz-Neuburg. Staatsbildung und Ständeorganisation in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 100), München 1995.
- Helmut Anton Eikam, Landstandschaft und Landschaftskommissariat im Fürstentum Pfalz-Neuburg. Ein Beitrag zu den Rechtsformen und Institutionen des neuzeitlichen Ständestaates, Diss. phil. Mainz 1978.
- Michael Henker, Zur Prosopographie der Pfalz-Neuburgischen Zentralbehörden im siebzehnten Jahrhundert, Diss. phil. München 1984.
- Markus Nadler, Die Landstände von Pfalz-Neuburg (1505 – 1808) - Tragende Säule des Fürstentums und Garant seiner Selbstständigkeit, in: Neuburger Kollektaneenblatt 163 (2015), 7-43.
- Otto Rieder, Der Landmarschall des Herzogtums Neuburg, in: Neuburger Kollektaneenblatt 93 (1928), 90-102; 94 (1929), 130-164; 95 (1930), 114-142; 96 (1931), 59-86; 97 (1932), 59-67; 98 (1933), 62-73; 99 (1934), 50-64; 100 (1935), 96-104.
- Otto Rieder, Die palzneuburgische Landschaft, deren Leben und Wirken, ihr Behördenwesen und insonderheit ihr Marschall, in: Neuburger Kollektaneenblatt 64 (1900), 1-283; 65 (1901), 1-136; 66/67 (1902/03), 1-224.
- Reinhard H. Seitz, Staats- und Klosterverkäufe zur Tilgung der pfalz-neuburgischen Landesschulden in den Jahren 1544-1557, in: Neuburger Kollektaneenblatt 133 (1980), 61-79.
Quellen
- Bayerisches Hauptstaatsarchiv: Neuburger Landschaft - Literalien und - Urkunden; Pfalz-Neuburg Urkunden -Landschaft; Pfalz-Neuburg Akten -(insbes.) Neuburger Abgabe 1989; Neuburger Kopialbücher; Grassegger-Sammlung.
- Hof- und Staatskalender der Kurpfalz, Pfalzbaierns und des Königreichs Baiern.
- Summarischer Index vber die Landts Freyheit, Newburg an der Thonaw : Dannhauser, 1623. - [1 Bl., 11 S.]
Weiterführende Recherche
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- Pfalz-Neuburg, Herzogtum: Territorium und Verwaltung
Empfohlene Zitierweise
Markus Nadler, Landstände Pfalz-Neuburgs, publiziert am 30.06.2015; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Landstände_Pfalz-Neuburgs (5.12.2024)