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Interregnum

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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Auf dem Konzil von Lyon 1245 wurde Kaiser Friedrich II. (reg. 1212-1250 als röm.-dt. König, ab 1220 als Kaiser) von Papst Innozenz IV. (reg. 1243-1254) für abgesetzt erklärt. Buchminiatur aus: Sebastien Mamerot/Georges Chastellain, Passages faiz oultre mer par les François contre les Turcqs et autres Sarrazins et Mores oultre marins, Frankreich 15. Jh., fol. 225v. (Source gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France, Manuscrits français 5594)
Königssiegel Richards von Cornwall (reg. 1257-1272) auf einer Urkunde vom 16. August 1268, heute im Staatsarchiv Brüssel. Abb. aus: Otto Posse (Hg.), Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige von 751 bis 1806. Bd. 1: Von Pippin bis Ludwig den Bayern, 751-1347, Dresden 1909, Taf. 37. (Bayerische Staatsbibliothek, 2 Herald. 34 oc-1)
Alfons X. (reg. 1252-1284 als König von Kastilien, 1257-1273/75 als röm.-dt. [Gegen-]König), Miniatur aus: Compendio de crónicas de reyes del Antiguo Testamento, gentiles, cónsules y emperadores romanos, reyes godos y de los reinos de Castilla, Aragón, Navarra y Portugal, Spanien 14. Jh., fol. 37v. (Bibliotheca Nacional de España, MSS/7415 lizensiert durch CC BY-NC-SA 4.0)
Rudolf von Habsburg (reg. 1273-1291) und die sechs Kurfürsten, die ihn gewählt haben. Miniatur aus: Jakob Fugger, Ehrenspiegel des Hauses Österreich, Augsburg 1555, fol. 103r. (Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 895)

von Ansgar Frenken

Mit dem Ende der Stauferzeit im Reich um 1245/50 begann eine Phase, in der über die längste Zeit zwei Könige nebeneinander herrschten. Allerdings gelang es keinem, sich im gesamten Reich oder auch nur in größeren Teilen durchzusetzen. Die fehlende königliche Gewalt führte zu einer Stärkung der Reichsfürsten, die ihre Herrschaftsgebiete in Richtung Landesherrschaft ausbauen konnten und eine immer wichtigere Rolle in der Reichspolitik spielten. Darüber hinaus verfestigten sich in den Jahren des sog. Interregnums Zahl und Auswahl der festen Königswähler, das spätere Kollegium der sieben Kurfürsten. Mit der einhelligen Wahl Rudolfs von Habsburg (reg. 1273-1291) zum römischen König 1273 fand das Interregnum ein Ende. Die Epoche des Interregnums kann als eine Zeit des Umbruchs oder Übergangs verstanden werden, in der entscheidende Weichenstellungen für die Zukunft des Reiches vorgenommen wurden.

Begrifflichkeit

Der Begriff "Interregnum" ("Zwischenzeit") impliziert terminologisch eine "kaiser- bzw. königslose Zeit", die in einer romantisch verklärten Geschichtsschreibung für den Zeitraum zwischen dem Ende der Herrschaft des Stauferkaisers Friedrich II. (reg. 1212-1250 als röm.-dt. König, ab 1220 als Kaiser) 1245/1250 und der Wahl des Grafen Rudolf von Habsburg (reg. 1273-1291) zum römisch-deutschen König 1273 angesetzt wird. In der historischen Einordnung beschreibt er die Jahrzehnte, in der die Königsherrschaft weitgehend ausfiel, obgleich es fast durchgehend legitime Träger der Königsgewalt gab. Daher wurde das Interregnum von einer nationalkonservativ gesinnten Geschichtsschreibung lange Zeit als eine Epoche des Niedergangs abqualifiziert.

Dagegen interpretierte zuletzt Franz-Reiner Erkens das Interregnum als eine Zeit der gespaltenen Herrschaft angesichts eines real existierenden Doppelkönigtums. Martin Kaufhold prägte in diesem Kontext den Begriff der "kleinen Könige": Denn keinem der verschiedenen Könige, die jeweils nur in Teilen des Reiches Anerkennung fanden, gelang es, sich im ganzen Reich durchzusetzen. Ihre geringe bzw. gänzlich fehlende Präsenz im Reich und das Verfolgen von Zielen, die primär außerhalb des Reichs lagen, verschafften ihnen kaum Rückhalt bei den Reichsfürsten, geschweige denn deren Unterstützung. Die geschwundene Königspräsenz beschleunigte darüber hinaus eine Entwicklung, die die Formierung fürstlicher Landesherrschaft im Reich förderte. Der weitgehende Wegfall königlicher Friedenssicherung führte zu neuen Formen politischer Konfliktlösung und -bewältigung. Insofern betont die jüngere Forschung stärker den Umbruchscharakter der Epoche.

Entstehung und Verlauf

Das Ringen um die Vorrangstellung an der Spitze des abendländischen Christentums hatte zu lang anhaltenden Konflikten zwischen Kaiser Friedrich II. und dem Papsttum geführt; auf dem Konzil von Lyon verkündete Papst Innozenz IV. (reg. 1243-1254) am 17. Juli 1245 die Absetzung des Staufers. Maßgeblich auf päpstliche Initiative erfolgte daraufhin die Wahl des Thüringer Landgrafen Heinrich Raspe (reg. 1241-1247 als Landgraf) zum (Gegen-)König (22. Mai 1246), bei dessen Wahl nicht ein einziger weltlicher Reichsfürst von Rang zugegen war. Nach Heinrichs frühem Tod am 16. Februar 1247 nahm der Papst auch auf die Wahl seines Nachfolgers Wilhelm von Holland (reg. 1248-1254 als [Gegen-]König, 1254-1256 als röm.-dt. König) am 3. Oktober 1247 Einfluss. Bis zur Entscheidung des Kaisersohns Konrad IV. (reg. 1237-1254), nach Italien zu gehen und dort das Erbe seines 1250 gestorbenen Vaters anzutreten, blieben Anerkennung und Einfluss der beiden (Gegen-)Könige im Reich eher marginal. Beide konnten sich nicht dauerhaft durchsetzen, Wilhelm seine Position im Reich selbst nach dem Tod Konrads (1254) kaum festigen. Wilhelms Tod (28. Januar 1256) führte zur Doppelwahl von 1257, als mit König Alfons X. von Kastilien (reg. 1252-1284 als König von Kastilien, 1257-1273/75 als röm.-dt. [Gegen-]König) und Richard von Cornwall (reg. 1257-1272 als röm.-dt. König), dem Bruder des englischen Königs Heinrich III. (reg. 1216-1272), zwei "landfremde" Fürsten gewählt wurden, die beide mit den Staufern verwandt waren. Während Richard sich immerhin zeitweilig im Westen des Reichs aufhielt, betrat Alfons kein einziges Mal den Reichsboden. Für die weitere Entwicklung war daher das Ergebnis dieser Wahl weniger wichtig als die Tatsache, dass daran erstmals ausschließlich der Kreis der späteren Kurfürsten teilnahm.

Ende des Interregnums sowie dessen Ergebnisse für das Reich

Nach dem Tod Richard von Cornwalls (2. April 1272) schlug der Versuch Alfons' fehl, die Approbation seiner Wahl von Papst Gregor X. (reg. 1271-1276) zu erhalten, wodurch letztlich der Weg für eine Neuwahl geebnet wurde. Nachdem sich die rheinischen Kurfürsten auf Graf Rudolf von Habsburg geeinigt hatten, erfolgte dessen einhellige Wahl durch den Kreis der Königswähler in Frankfurt (1. Oktober 1273), wobei die böhmische Stimme zuvor ausgeschlossen worden war. Der bayerische Herzog Ludwig II. (reg. 1253-1294), der im Vorfeld dieser Königswahl zeitweilig selbst eine Kandidatur erwogen hatte, wurde zu einer maßgeblichen Stütze des Habsburgers, betrieb dessen Kandidatur und stand ihm im Kampf gegen dessen mächtigen Widersacher, König Ottokar/Otakar II. von Böhmen (reg. 1253-1278), zur Seite. Gleiches galt auch für den Burggrafen Friedrich III. von Nürnberg (reg. 1261-1297), dem wichtigsten weltlichen Fürsten in Franken.

Strukturell gesehen bildete sich in der Zeit des Interregnums das Kurfürstenkolleg aus, das exklusiv das Wahlrecht für den römischen König für sich beanspruchte. Gleichzeitig verstärkte sich die Tendenz des Landesausbaus seitens der Reichsfürsten durch territorialen Zugewinn und den Ausbau von Herrschaftsansprüchen und -rechten. Ermöglicht wurde dieser Prozess – infolge der schwächelnden Königsgewalt – teils auf Kosten des Reichs durch widerrechtlich an sich gebrachte Reichslehen, teils durch massiven Druck auf den machtpolitisch schwächeren und rangniederen Adel sowie das städtische Bürgertum. Dabei handelte es sich um eine längerfristig angelegte Entwicklung, die auch durch die spätere, in Teilen erfolgreiche Revindikationspolitik Rudolfs I. nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte. Eine Folge war, dass die Bedeutung der Fürsten als Träger "staatlicher" Gewalt zunahm. Gestützt auf ihre gewonnene ökonomische Stärke, sollte es auch einigen Städten gelingen, sich rechtlich stärker zu emanzipieren. Die fehlende Königsgewalt förderte darüber hinaus die Erprobung neuer Formen von Streitschlichtung und Konfliktlösung im Reich.

Auswirkungen auf Altbayern

In der Auseinandersetzung zwischen dem Staufer Friedrich II. und dem Papsttum hatte der bayerische Herzog Otto II. (reg. 1231-1253) Ende 1237 aus Enttäuschung, die babenbergischen Länder nicht für sich gewinnen zu können, zunächst die päpstliche Partei ergriffen. Dagegen blieb der bayerische Episkopat geschlossen auf der kaiserlichen Seite – als Reaktion auf Ottos starken Druck auf ihre Bistümer. Diese Positionierung (gegen den Wittelsbacher) blieb auch in der Folgezeit eine Konstante bischöflicher Politik. Bereits seit 1241, spätestens jedoch mit der Hochzeit von Ottos Tochter Elisabeth (1227-1273) mit dem Kaisersohn Konrad vollzog der bayerische Herzog am 1. September 1246 eine Kehrtwende. Als Anhänger des abgesetzten Kaisers Friedrich II. verfiel er daraufhin der Exkommunikation, über sein Territorium wurde das Interdikt verhängt. Die Bischöfe ihrerseits kehrten nach und nach auf die päpstliche Seite zurück, zumal die inzwischen vakant gewordenen Bischofsstühle in Salzburg, Regensburg und Eichstätt mit päpstlich orientierten Nachfolgern besetzt worden waren. Als Dank für die Unterstützung der staufischen Sache im Reich sowie den späteren Einsatz für die Wahl Rudolfs von Habsburg zum König erhielt Ottos Sohn, Herzog Ludwig, vom neugewählten König eine Bestätigung des konradinischen Erbes.

Als größtes Hindernis auf dem Weg zu einem einheitlichen, geschlossenen Territorium erwies sich für das Herzogtum Bayern allerdings das - reichsrechtlich problematische - Teilungsprinzip in der Erbfolge, das nur aufgrund der damaligen Schwäche der Reichsgewalt in seinen negativen Auswirkungen begrenzt blieb. Nach nur kurzer Zeit der gemeinsamen Herrschaft wurden im März 1255 die wittelsbachischen Besitzungen unter Ottos Söhnen Ludwig II. und Heinrich XIII. (reg. 1253-1290) aufgeteilt: Ludwig erhielt neben der Pfalzgrafschaft bei Rhein das Oberland, Heinrich das Niederland - wobei der Grenzverlauf nicht identisch ist mit den heutigen Regierungsbezirken Ober- und Niederbayern. Ludwig gelang eine starke innere Konsolidierung seiner räumlich weit auseinanderliegenden Herrschaftsräume. Das Verhältnis der beiden Brüder blieb nicht frei von Spannung, politisch gingen sie teilweise unterschiedliche, ja gegensätzliche Wege. Herzog Heinrich, der von dem Expansionsstreben des böhmischen Königs Ottokar stärker tangiert wurde als sein Bruder, näherte sich dem Böhmen in den frühen 1270er Jahren an, während der Pfalzgraf, d.h. Herzog Ludwig, stärker in die Reichspolitik eingebunden war und zu einer wichtigen Stütze des Habsburger Grafen Rudolf werden sollte. Während Ludwig bei der Wahl des Habsburgers unangefochten seine Mitwirkung bei der Königswahl zugestanden bekam, war dies bei seinem Bruder Heinrich anders: Selbst bei der Wahl in Frankfurt nicht anwesend, stimmte sein Gesandter zwar ebenfalls für den Habsburger. Allerdings gelang es dem Herzog nicht, sich als Königswähler auf Dauer durchzusetzen. So deutete sich hier bereits an, dass die bayerische Linie der Wittelsbacher bis weit in die Neuzeit keine Kurstimme bekommen sollte.

Auswirkungen auf Franken

Eine Territorialbildung im Sinne einer frühen Landeshoheit (Herrschaftsverdichtung und -konzentration) ist in Franken im Wesentlichen erst in späterer Zeit zu beobachten, allerdings lassen sich Ansätze und frühe Entwicklungen, die in diese Richtung gehen (territoriale Expansion, Verdichtung von Gerechtsamen aller Art), schon erkennen. Im Vergleich zu Altbayern hemmte jedoch die stärkere territorialpolitische Zersplitterung eine ähnliche Entwicklung wie weiter im Süden.

Das unter territorialpolitischem Aspekt gesehen wichtigste Ereignis im fränkischen Raum war das Aussterben des mächtigen Fürstengeschlechts der Andechs-Meranier zu Beginn des Interregnums (Juni 1248). Aus dem Erbstreit um den einstigen Territorialbesitz der Herzöge sowie die an diese vergebenen Bamberger Lehen, der die folgenden Jahre das politische Klima der Region beeinflusste, gingen zunächst die Grafen von Truhendingen und Orlamünde sowie langfristig die Burggrafen von Nürnberg als Gewinner hervor. Letztlich stiegen die Zollern durch weiteren Erbfall, Verträge, Kaufgeschäfte etc. zum mächtigsten weltlichen Territorialherrn in Franken auf – mit zunächst noch zwei unverbundenen Machtkomplexen mit regionalem Schwerpunkt westlich von Nürnberg beziehungsweise im Bayreuther Raum. Dieser Aufstiegsprozess fand indes seinen Abschluss erst während des 14. Jahrhunderts. Durch geschickte politische Parteinahme war es jedoch Burggraf Friedrich III. bereits während des Interregnums gelungen, den Zollernschen Besitzstand in Franken zu halten und zu mehren – zuerst durch die Parteinahme für Heinrich Raspe und Wilhelm von Holland, später durch die Rückkehr ins staufische Lager und die enge Kooperation mit dem bayerischen Herzog Ludwig II., schließlich durch die Unterstützung der Königsambitionen Rudolfs von Habsburg.

1273 und 1281 wurden die territorialen Gewinne der Burggrafen aus der Zeit des Interregnums sowie die Umwandlung des Burggrafenamtes in eine Territorialgrafschaft (comicia burcgravie) und die Überlassung des kaiserlichen Landgerichts durch den König bestätigt und damit reichsrechtlich legitimiert. Hatte die Reichsstadt Nürnberg durch königliche Privilegierung bereits ihre Stellung gegenüber den Burggrafen festigen können, so gelang es ihr, als Reaktion auf die Schwächung der Königsgewalt während des Interregnums, die kommunale Selbstverwaltung entscheidend auszubauen. Aus den Kollegien der Schöffen (scabines) und Räte (consules) entwickeln sich der Rat; zudem kamen ein eigenes Siegel und Wappen in Gebrauch.

Anders als Burggraf Friedrich III. blieb die Stadt staufertreu. 1256 trat sie dem Rheinischen Städtebund bei. Ein geschwächtes Doppelkönigtum lag nicht im Interesse Nürnbergs, da nur ein unbestrittener und durchsetzungsfähiger Herrscher der Stadt Schutz und Rückhalt geben konnte. In der Tat bestand in der Zeit des Interregnums die reale Gefahr, von den Burggrafen vollständig vereinnahmt zu werden und zu einer landstädtischen Stadt herabzusinken; andererseits wurde sie durch die Begehrlichkeit der bayerischen Herzöge latent bedroht: Als Teil des einstigen Königsbesitzes im Nordgau hing das Damoklesschwert über der Stadt, im Rahmen der sog. konradinischen Erbschaft an die Wittelsbacher zu fallen. Angesichts der eigenen Schwäche kooperierte Nürnberg eng mit dem Bistum Bamberg und auch mit dem böhmischen König. Bereits 1260 wurde mit einem Mauerbau begonnen, der das Stadtareal umgab. Die ökonomische Entwicklung verschaffte der Stadt längerfristig die Ressourcen, um nach Ende des Interregnums den Königen finanziell aushelfen zu können (erstmals 1276) und damit die eigene unabhängige Rechtsstellung abzusichern (Bestätigung der Rechte durch König Rudolf 1287).

Auswirkungen auf Schwaben

Die Bedeutung, die Ostschwaben als starker östlicher Eckpfeiler des staufischen Königsstaates hatte, brach mit dem Ende der staufischen Herrschaft im Reich zwangsläufig ein. Das Ende des schwäbisch-staufischen Herzogtums und die Kämpfe um das Erbe der Grafen von Dillingen, deren Familie im regierenden Stamm 1258 erlosch, machten die Wittelsbacher zum eigentlichen Gewinner in dieser Region. Ihrem Expansionsstreben trat allein der Augsburger Bischof Hartmann IV. von Dillingen (reg. 1248-1286) im Bündnis mit der Stadt entgegen, wenn auch auf längere Zeit gesehen mit begrenztem Erfolg. Durch Hartmanns Schenkungen des väterlichen Erbes an die Augsburger Kirche machte er dieser aber den Weg frei für den Aufbau eines weltlichen Herrschaftsgebiets. Zwar gelangte der Bischof auch in den Besitz der Hochvogtei, verlor diese aber später an Rudolf von Habsburg. Die schon vor dem Interregnum einsetzende territoriale Auflösung Ostschwabens konnte jedoch nicht aufgehalten werden. Erst unter dem Habsburger König sollte es gelingen, diesen Prozess zu stoppen; durch die Einrichtung von Reichslandvogteien konnte er sogar zum Teil wieder rückgängig gemacht werden. Eine Wiederbelebung des schwäbischen Herzogtums scheiterte allerdings am Widerstand der inzwischen erstarkten Grafen von Württemberg.

Forschungs- und Quellenlage

Das Interregnum stand lange Zeit unter dem Verdikt, eine Verfallszeit zu sein, und galt damit als wenig attraktiv für die Forschung. Seit Ende des vergangenen Jahrhunderts hat sich die Geschichtswissenschaft indes dieser Epoche wieder verstärkt zugewendet, was vor allem auch darauf zurückzuführen ist, dass die Zeit des Interregnums jetzt eher als Umbruchszeit bzw. als Epoche des Übergangs verstanden wird. Durch diesen eher struktur- bzw. prozessanalytischen Ansatz erhalten die Ereignisse wie auch die daran beteiligten Personen eine veränderte Bewertung. Insbesondere gingen von dem neuen Ansatz vielfältige Impulse für die Landes- und Regionalgeschichte aus, die auf längere Sicht neue Forschungsergebnisse versprechen. Für Altbayern, Franken und Schwaben liegen bislang zwar Übersichtsdarstellungen im Rahmen der einschlägigen Handbücher vor; Studien, die die Veränderungen in einzelnen Regionen und unter verschiedenen Fragestellungen genauer untersuchen, sind bislang aber eher rar gesät.

Für die Reichsgeschichte sind die Quellen weitgehend gedruckt zugängig und teilweise auch im Internet abrufbar. Zu Altbayern, Franken und Schwaben ist die Lage dagegen weniger günstig, da das Material weit verstreut liegt und bislang nicht in geschlossenen Beständen aufgearbeitet wurde.

Literatur

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  • Franz-Joseph Schmale/Wilhelm Störmer, Die politische Entwicklung: Von der Doppelwahl (1198) bis zum Tod Friedrichs II., in: Max Spindler (Begr.)/Andreas Kraus (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte. Band 3,1: Geschichte Frankens bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, München 3. Auflage 1997, 195-208 (§ 16d).
  • Karl Schnith, Das Spätmittelalter. Altbayern, in: Walter Brandmüller (Hg.), Handbuch der Bayerischen Kirchengeschichte. Band 1: Von den Anfängen bis zur Schwelle der Neuzeit. I. Kirche, Staat und Gesellschaft, St. Ottilien 1999, 349-435 (= §§ 23-27).
  • Max Spindler/Andreas Kraus, Grundzüge des inneren Wandels / Die Behauptung der Teilherzogtümer nach Außen und Festigung im Innern in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhundert, in: Andreas Kraus (Hg.)/Max Spindler (Begr.), Handbuch der bayerischen Geschichte. Band 2: Das Alte Bayern. Der Territorialstaat vom Ausgang des 12. Jahrhunderts bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, München 2. Auflage 1988, 53-75 (§§ 7-9); 76-109 (§§ 10-15).
  • Wolfgang Stürner, Dreizehntes Jahrhundert (1198-1273) (Gebhardt – Handbuch der deut­schen Geschichte 6), Stuttgart 10. Aufl. 2007, 114-116, 273-313. [Klassische und abgewogene handbuchartige Darstellung]

Weiterführende Recherche

Externe Links

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Empfohlene Zitierweise

Ansgar Frenken, Interregnum, publiziert am 01.03.2019; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Interregnum (28.03.2024)