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Friedrich Pustet KG

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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Ansicht der Verlagsgebäude in Regensburg 1903. (Friedrich Pustet KG)
"Regensburger Marienkalender". Titelblatt des 64. Jahrgangs von 1929. (Oberpfälzer Volkskundemuseum Burglengenfeld)
"Deutscher Hausschatz". Titelblatt des 12. Hefts von 1890. (Oberpfälzer Volkskundemuseum Burglengenfeld)
Anzeige für "Große Stahlstichbilder", 1897. (Oberpfälzer Volkskundemuseum Burglengenfeld)
Xylographie "Hl. Joseph mit Jesuskind" von Heinrich Knöfler, um 1890. (Oberpfälzer Volkskundemuseum Burglengenfeld)
Achte Kreuzwegstation, gemalt von Fr. Max Schmalzl, 1914. (Oberpfälzer Volkskundemuseum Burglengenfeld)
Anzeige über die Unternehmensgründung im "Regensburger Wochenblatt", 15. November 1826. (Friedrich Pustet KG)
Friedrich I. Pustet (1798-1882). (Friedrich Pustet KG)
Friedrich III. Pustet (1867–1947) stieg 1902 in die Firmenleitung ein, die er ab 1912 allein innehatte. Abb. aus: Das Bayerland, Jahrgang 38 vom Mai 1927, 296. (Bayerische Staatsbibliothek, 4 Z 40.173-38)
Ansicht der Verlagsgebäude in Regensburg 2006. (Friedrich Pustet KG)
Missale Romanum, verlegt bei Friedrich Pustet in Regensburg 1884.

von Margit Berwing-Wittl

1826 von Friedrich Pustet (1798-1882) gegründetes Regensburger Verlagshaus. Seinen Aufstieg verdankte das bis heute in Familienbesitz befindliche Unternehmen vor allem dem dort verlegten katholischen Schrifttum. Als liturgischer Fachverlag erlangte Pustet ab 1856 das weltweite Monopol für den Druck des "Missale Romanum". Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) erweiterte sich das Spektrum des Verlagsprogramms um die Segmente Geschichte und Kulturgeschichte.

Herkunft und Familientradition

Der aus einer einfachen Buchbinder- und Buchhändlerfamilie aus Hals bei Passau stammende Friedrich I. Pustet (1798-1882), Sohn des 1773 in Hals geborenen Marktkämmerers und Buchbinders Anton Pustet, begründete zunächst in Passau und nach seiner Übersiedlung nach Regensburg Ende 1826 einen "Handel mit gebundenen und ungebundenen Büchern" und eine eigene "Verlags- und Sortimentsbuchhandlung ... auf dem neuen Pfarr-Platz". Ab 1833 erwarb er mehrere Häuser in der Gesandtenstraße und verkaufte im Gegenzug 1834 das Passauer Geschäft (kurzfristig nochmals 1848-1852 in seinem Besitz). 1836 gründete Pustet eine Papiermühle in Laaber und eine Papierfabrik in Alling nahe Regensburg, die nach dem Ersten Weltkrieg verkauft wurde.

Expansion in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Das Unternehmen übergab der Senior 1860 an seinen gleichnamigen Sohn, Kommerzienrat Friedrich II. (1831-1902), und dessen Brüder Karl (1839-1910) und Clemens (1833-1898), die den Verlag, den technischen Betrieb und die Papierfabrik weiterführten. Zwischen 1865 und 1898 wurden Filialen in Köln, Wien, Rom, Cincinnati und New York gegründet, Handelsvertretungen entstanden in Valencia und Sao Paulo. In den USA vertrieb Pustet neben dem Verlagsprogramm auch Devotionalien (Rosenkränze, Medaillen, aus Italien importierte Alabasterschalen und französische Bisquitporzellanfiguren, Weihwasserkessel, Grablampen und geschnitzte Kruzifixe).

Im Jahr 1902 stieg Friedrich III. (1867-1947) in die Firmenleitung ein, die er ab 1912 allein innehatte. Sein Schwerpunkt war neben dem religiös-theologischen auch das liturgische Verlagsprogramm, das er in enger Kooperation mit dem Heiligen Stuhl forcierte. Friedrich III. absolvierte mehrmals je drei Wochen Dienst im Vatikan als päpstlicher Kammerherr.

Soziale, kirchliche und gesellschaftliche Aktivitäten

Die Erneuerungsbewegung des Katholizismus ab dem Ende des 19. Jahrhunderts besaß in den Pustets eifrige Verfechter. 1904 fand auf ihre Initiative hin in Regensburg der Katholikentag statt, zum zweiten Mal nach 1849.

Stets engagierten sich die Verlagsinhaber auch im öffentlichen Leben Regensburgs - als Magistratsmitglieder, als Mitbegründer des Katholischen Kasinos und der Katholischen Arbeiterbewegung (KAB). Sie traten als Mäzene der Kirchenmusikschule (heute Hochschule für Kirchenmusik) und des Theaters auf und unterstützten großzügig den Regensburger Liederkranz, die Faschingsgesellschaft "Narragonia" und den örtlichen Ruderclub. Die katholischen Arbeiterkultur- und Sportvereine, die Sparvereine, der Marienverein für ältere weibliche Dienstboten, das Bruderhaus und mehrere Kinderbewahranstalten fanden in den Pustets sozial motivierte Förderer. Auch für den Bau der Theresienkirche in Kumpfmühl, die Renovierung des St. Leonhard-Kirchleins und zur Ausstattung der Cäcilienkirche wurde reichlich gespendet. Karl Pustet war führend in einer Bürgerbewegung, die kurz vor 1900 die "Domfreiheit" ins Leben rief mit dem Ziel der Freilegung des damals dicht bebauten Platzes an der Domsüdseite. So entstand der heutige Regensburger Domplatz.

Zwischenkriegs- und NS-Zeit

Angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten nach dem Ersten Weltkrieg gründete 1920 Friedrich III. zusammen mit den Verlagen Kösel in Kempten, Isaria und Lentner - letztere in München - eine Kommanditgesellschaft mit dem Namen "Verlag Josef Kösel und Friedrich Pustet", die bis 1927 bestand. Die Nationalsozialisten tolerierten zwar Pustets liturgische Erzeugnisse, weil sie - in alle Welt exportiert - dem Regime Devisen einbrachten. Im Gegenzug musste Pustet jedoch NS-Literatur, u. a. Adolf Hitlers (1889-1945) "Mein Kampf" drucken. Dafür als "Mitläufer" eingestuft, lief der Verlag nach dem Zweiten Weltkrieg für einige Jahre unter der Bezeichnung "Gregorius Verlag vorm. Friedrich Pustet". Unter den Auswirkungen des Krieges drohte in den letzten Kriegsjahren die völlige Stilllegung des Unternehmens.

Verlag und Buchhandlung seit dem Zweiten Weltkrieg

1948 kehrte Dr. Friedrich IV. Pustet (1897-1962) aus russischer Gefangenschaft zurück und übernahm das Unternehmen. 1956/57 wurde ein modernes Druck- und Verwaltungsgebäude im Regensburger Stadtteil Kumpfmühl auf dem so genannten Eisbuckel errichtet. Nach dem Tod Dr. Friedrich Pustets 1962 übernahm sein Sohn Dr. Friedrich V. (1927-1989) das Unternehmen. Ab 1976 wurden neue Buchhandelsfilialen außerhalb Regensburgs in Passau, Straubing, Augsburg und Landshut gegründet. Nach dem Tod von Friedrich V. Pustet folgte die Umwandlung der Einzelfirma in eine GmbH & Co. KG mit den Gesellschaftern Friedrich VI. (geb. 1959), Thomas (geb. 1962) und Ursula Pustet (geb. 1968). Mitte der 1990er Jahre wurde das Firmengebäude erweitert und die Hauptbuchhandlung in der Gesandtenstraße umfassend renoviert. Es folgte die Gründung weiterer Buchhandlungen in Deggendorf, Ansbach und Freising.

Hintergründe für den Aufstieg des Verlags

Der Aufstieg des Pustetverlags setzte die Lesefähigkeit und -bereitschaft breiter Volksschichten voraus und damit den Übergang von einer weitgehend der Geistlichkeit vorbehaltenen Buchkultur zur Volksliteratur, den aufbauenden, besinnlichen und unterhaltsamen Lesestoffen seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Pustet konnte beide Zweige bedienen: mit Hilfe des päpstlichen Imprimatur (Genehmigung) Bibeln, Lehr-, Gebet- und Andachtsbücher einerseits und preiswerte Volkslesestoffe in hohen Auflagen in Form von Kalendern, kleiner Andachtsliteratur, Vereinsschriften und Unterhaltungslektüre andererseits. Galt Volkskultur bis weit ins 19. Jahrhundert hinein noch als "Erzählkultur" der mündlichen Überlieferung, so versetzte die Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht in Bayern nach 1800 breite Bevölkerungsschichten in die Lage, selbst zu lesen, sich zu bilden sowie Gesprächs- und Erzählstoffe aus literarischen Quellen der verschiedensten Art zu schöpfen.

Bilder

Während der massenhafte Absatz volkstümlicher Lesestoffe die Alphabetisierung der Menschen voraussetzt, waren Produktion und Vertrieb religiöser Bilder von diesen Kenntnissen unabhängig. Pustets Spezialität war die qualitätvolle Nachbearbeitung großer Meister (etwa Leonardo Da Vincis "Abendmahl", Raffaels Madonnen, Guido Renis "Ecce Homo" und Carlo Dolcis "Mater Dolorosa", Albrecht Dürers Graphiken u. v. m.), aber auch die Neuschöpfung religiöser Bildmotive (z. B. durch Friedrich August von Kaulbach [1850-1920], Hans Huber-Sulzemoos [1873-1951], Andreas Untersberger [1874-1944], P. Max Schmalzl [1850-1930] oder Karl Baumeister [1840-1932]). Solche Bilder wurden gern den Monatsschriften des Verlages beigeheftet (Format 25 x 30 cm oder auseinander gefaltet 39 x 50 cm) und von den Käufern als Kastenbilder in Schränken und Truhen sowie gerahmt als Wandschmuck verwendet. Diese Bildproduktion im Schwarzdruck-, Lithografie-, Stahlstich- oder Holzschnittverfahren mit Farbendruck spielte bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg eine wichtige Rolle im Verlagskonzept der Pustets.

Liturgica und unterhaltende Lesestoffe

Seit 1856 hatte Pustet die exklusive päpstliche Druckerlaubnis für das "Missale Romanum", ein lateinisches Messbuch für den Gottesdienst in katholischen Kirchen, und weitere liturgische Werke. Daneben konnte man auch den Markt für Kirchenmusik als spezielles Gebiet der Liturgie erobern. Pustets lateinische Prachtausgaben fanden in den folgenden Jahrzehnten weltweite Verbreitung und prägten bis 1963 das verlegerische Profil des Hauses Pustet. Im Jahr 1846 erschien erstmals der populäre "Katholische Hausfreund - Ein Sonntagsblatt mit passenden Bildern versehen zur Belehrung, Warnung und Erbauung", eine der meistverbreiteten Schriften in den ländlichen katholischen Haushalten Bayerns (bis 1855). (vgl. auch: Katholische Zeitschriften)

Der eigentliche Aufschwung des Verlagshauses vollzog sich unter dem Pontifikat von Papst Leo XIII. (1810-1903, Papst 1878-1903), jenem volksnahen Pontifex, dessen besonderes Anliegen die Bindung der Industriearbeiterfamilien an die katholische Kirche war. So erlebten Vereine "Zur heiligen Familie" oder "Zur heiligen Kindheit Jesu" mit den entsprechenden religiösen Vor-Bildern und Schriften große Verbreitung. Ein echter Verkaufsschlager bei Pustet war P. Leonhard Goffines (1648-1719) "Christkatholische Handpostille", die nach der 1. Auflage in den 1850er Jahren im Weltkriegsjahr 1916 in der 64. Auflage erschien.

Weitere wichtige Periodika aus dem Pustet-Verlag waren ab 1827 die "Bauernzeitung", ab 1866 der "Regensburger Marienkalender" (bis 1941, nochmals 1953) und ab 1874 der "Deutsche Hausschatz" (bis 1953), in dem u. a. Karl May (1842-1912) ab 1879 seine "Reise"-Erzählungen und Abenteuergeschichten veröffentlichte. Diese Zeitschriften erschienen in monatlichen Auflagen von bis zu 400.000 Exemplaren. Daneben publizierte der Verlag auch Kinder- und Jugendliteratur.

Durch die Liturgie-Konstitution (Dezember 1963) des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) erlitt das verlegerische Wirken der Pustets empfindliche Einschnitte, weil statt der lateinischsprachigen exklusiven Originalausgaben nun liturgische Werke in der jeweiligen Landessprache gedruckt und im Gottesdienst verwendet wurden. Damit verlor Pustet den Weltmarkt für katholische Liturgie. Dennoch wurde das theologische Programm weiter geführt und liturgische Werke für den offiziellen Gottesdienst u. a. durch praxisbezogene Titel für Priester und Laien ergänzt.

Pustet 2019

Das Unternehmen hat heute die Gesellschaftsform einer Kommanditgesellschaft (KG). Eine Besonderheit der Friedrich Pustet KG ist die Kombination aus Verlag, Graphischem Großbetrieb und Buchhandlungen. Pustet ist heute ein angesehener Verlag für Liturgie, Theologie in ihren einzelnen Sparten, religiöses Sachbuch, Geschichte und Kulturgeschichte. Der graphische Großbetrieb produziert pro Jahr auf rund 21.000 qm Fläche mit modernster Technik und rund 170 Mitarbeitern mehr als zehn Millionen Bücher und bedient gegenwärtig mehr als 70 Verlage im gesamten deutschen Sprachraum. Mit elf Buchhandlungen ist Pustet in insgesamt acht bayerischen Städten präsent. Mit rund 250 Mitarbeitern bilden die Buchhandlungen die größte Abteilung der Firma Pustet.

Literatur

  • 150 Jahre Verlag Friedrich Pustet Regensburg, 1826-1976, Regensburg 1976.
  • Margit Berwing-Wittl, Graphische Anstalt und Verlag Friedrich Pustet, Regensburg, in: Dies. (Hg.), Von der heiligen Familie zur Kelly Family. Wandschmuck im Wandel der Zeit. Sonderausstellung im Oberpfälzer Volkskundemuseum Burglengenfeld, 26. Juli-30. August 1998, Burglengenfeld 1998, 71-76.
  • Otto Denk, Friedrich Pustet, Vater und Sohn, zwei Lebensbilder, zugleich eine Geschichte des Hauses Pustet, Regensburg 1904.
  • Heinrich Huber, 100 Jahre Friedrich Pustet in Regensburg. Ein Jubiläum deutscher Arbeit, in: Das Bayerland 38/3 (1927), 103-104.
  • Johann B. Laßleben, Das Verlagshaus Friedrich Pustet in Regensburg und sein hundertjähriges Bestehen, in: Die Oberpfalz 21 (1927), 31-34.
  • Elisabeth Pustet, Pustet in Regensburg. Eine kleine Chronik, Regensburg 1998.
  • Elisabeth Pustet, Der Verlag Friedrich Pustet, in: Klemens Unger/Julia Weigl (Hg.), Regensburg. Leben im 19. Jahrhundert, Regensburg o.J. [2003], 33-36.
  • Elisabeth Pustet, Pustet. Das Buch. Ein bayerisches Unternehmen, Regensburg 2. Aufl. 2019.


Quellen

  • Gewerbe- und Verehelichungsakten der Familie Pustet (Stadtarchiv Passau).
  • Dieter Haberl, Das Verlagsarchiv Friedrich Pustet in Regensburg. Kommentierter Bestandskatalog, Regensburg 2017.
  • Friedrich Pustet Regensburg. Festansprache ... zum 100jährigen Gründungsjubiläum beim Festakt am 13. Nov. 1926 im kath. Vereinshause zum hl. Erhard in Regensburg, Regensburg 1932.
  • Firmenarchiv Verlag Friedrich Pustet, Regensburg.

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Empfohlene Zitierweise

Margit Berwing-Wittl, Friedrich Pustet KG, publiziert am 14.09.2006 (aktualisierte Version 24.06.2019); in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Friedrich_Pustet_KG> (10.11.2024)