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Bayerische Bischofskonferenz

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Teilnehmer der Bischofskonferenz 1931. Vorne von links: Jakobus von Hauck (Bamberg), Adolf Bertram (Breslau), Michael von Faulhaber (München und Freising), Johann Leo von Mergel OSB (Eichstätt). Hinten von links: Joseph Kumpfmüller (Augsburg), Ludwig Sebastian (Speyer), Sigismund Felix Freiherr von Ow-Felldorf (Passau), Matthias Ehrenfried (Würzburg), Michael Buchberger (Regensburg). (Erzbischöfliches Archiv München)
Teilnehmer der Bischofskonferenz, Sitzung 17./18. März 1964. Von links: Josef Stangl (Würzburg), Joseph Schröffer (Eichstätt), Josef Schneider (Bamberg), Julius Döpfner (München und Freising), Simon Landersdorfer OSB (Passau), Isidor Emanuel (Speyer), Rudolf Graber (Regensburg), Joseph Stimpfle (Augsburg). (Erzbischöfliches Archiv München)

von Peter Pfister

Regelmäßige Konferenz der bayerischen Bischöfe, hervorgegangen aus der Institutionalisierung der 1848 begonnenen Versammlungen des Episkopats im Königreich Bayern. Auch nach der Gründung des Deutschen Reichs 1871 wahrte sich die Bayerische Bischofskonferenz ihre Selbständigkeit gegenüber der Fuldaer Bischofskonferenz, die für das übrige Deutschland zuständig war. Eine engere Kooperation beider Bischofskonferenzen begann 1919/20, seit 1933 sind die bayerischen Bischöfe auch Mitglieder der Fuldaer Bischofskonferenz. Die fortbestehende bayerische Konferenz gab sich 1968 den Namen Freisinger Bischofskonferenz, nachdem die mit dem Bistum Speyer deckungsgleiche Pfalz seit 1945 staatsrechtlich nicht mehr zu Bayern gehört. Vorsitzender der Konferenz ist traditionell der Erzbischof von München und Freising.

Definition

Die Bayerische Bischofskonferenz ist die Versammlung der Bischöfe der beiden bayerischen Kirchenprovinzen Bamberg sowie München und Freising. Zur Kirchenprovinz des Erzbistums Bambergs gehören seit 1817/21 die Diözesen Eichstätt, Speyer und Würzburg, zur Kirchenprovinz des Erzbistums München und Freising die Diözesen Augsburg, Passau und Regensburg. Die Zuordnung des Bistums Speyer zur Bamberger Kirchenprovinz blieb auch nach der staatsrechtlichen Trennung der Pfalz von Bayern (1945) erhalten.

Anfänge seit 1848

Die Bischofskonferenz ist ein kirchenrechtliches Novum, etabliert erst seit der Revolution von 1848. Sie löste die bis dahin üblichen Provinzialsynoden ab.

Im November des Revolutionsjahres 1848 verabschiedete die erste Deutsche Bischofskonferenz in Würzburg ein Promemoria an alle Regierungen des Deutschen Bundes, das Freiheit und Unabhängigkeit der katholischen Kirche forderte. Dadurch lebte in Bayern die alte Diskussion um das 1817 zwischen dem Königreich Bayern und dem Heiligen Stuhl geschlossene Konkordat und das Religionsedikt von 1818 neu auf. Der Münchner Erzbischof Karl August Graf von Reisach (1800-1869, reg. 1846-1856) versuchte schon bald, den Forderungen der Würzburger Bischofskonferenz Geltung zu verschaffen und berief im Oktober 1848 aufgrund eines Vorschlags römischer Stellen die erste Bayerische Bischofskonferenz nach Freising ein. Das Konstrukt einer Bayerischen Bischofskonferenz sollte in unverbindlicher Form einen Ersatz für das von Rom nicht erwünschte Nationalkonzil darstellen, indem es Beratungen des bayerischen Episkopats auf einer anderen als der synodalen Ebene ermöglichte.

Die Bischöfe lernten schnell die Vorzüge dieser sich neu entwickelnden Einrichtung schätzen, obwohl es anfängliche Eingewöhnungschwierigkeiten mit diesem inoffiziellen Beratungsgremium gab, das keine kirchenrechtlich bindenden Beschlüsse fassen konnte. Schon für die zweite Bayerische Bischofskonferenz in Augsburg 1854 war kein Anstoß aus Rom mehr erforderlich, vielmehr drängten die bayerischen Bischöfe selbst auf diese Zusammenkunft. Bei der dritten Bayerischen Bischofskonferenz in Bamberg 1864 beschlossen sie, sich alljährlich zu treffen.

Eigenständigkeit und Kooperation mit der Fuldaer Bischofskonferenz

Nach einigen gesamtdeutschen Bischofskonferenzen in den Jahren 1848 (in Würzburg), 1867, 1869, 1870 und 1872 (jeweils in Fulda) beschlossen die bayerischen Bischöfe, ab dem Jahr 1873 nur noch eine eigenständige Bayerische Bischofskonferenz einzuberufen. Das Bewusstsein kirchlicher Selbständigkeit in Bayern, das nicht zuletzt durch die bayerische Monarchie geprägt worden war, war hierfür ebenso förderlich wie das eigene Konkordat Bayerns mit dem Vatikan.

Neben Freising waren in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg auch Eichstätt und München Tagungsort. An den Konferenzen, die sich ab 1893 nur noch alle drei Jahre versammelten, nahmen nur die Diözesan-, nicht die Weihbischöfe teil. Anlässlich des Bonifatiusjubiläums 1905 trafen sich die Freisinger Konferenzteilnehmer gemeinsam mit denen der Fuldaer Bischofskonferenz wieder am Grab des Apostels der Deutschen.

Die Frage der engeren Zusammenarbeit der beiden Bischofskonferenzen warf im September 1919 der Münchner Erzbischof Michael von Faulhaber (1869-1952, reg. 1917-1952) auf und setzte sich für eine Plenarkonferenz aller deutschen Bischöfe ein. Der Fuldaer Konferenzvorsitzende Adolf Kardinal Bertram, Bischof von Breslau (1859-1945, reg. 1914-1945), befürwortete im Januar 1920 ebenfalls eine Annäherung, wobei ihm jedoch ausreichend erschien, wenn jeweils ein Vertreter der einen an den Sitzungen der anderen Konferenz teilnahm. Diese Form der Zusammenarbeit wurde ab 1920 praktiziert, als Bertram erstmals den Vorsitzenden der Freisinger Versammlung, Michael von Faulhaber, im Kreis der Fuldaer Gemeinschaft begrüßen konnte. Der Breslauer Kardinal war regelmäßig in Freising zu Gast. Ein gänzlicher Zusammenschluss wurde in den 1920er Jahren nicht verwirklicht.

Einem Wunsch Papst Pius' X. (1835-1914, reg. 1903-1914) vom 16. April 1908 folgend, war die Freisinger Bischofskonferenz zwischenzeitlich von ihrem dreijährigen Turnus wieder abgegangen und hatte sich alljährlich getroffen, soweit nicht die Kriegsereignisse größere Zwischenräume erzwungen hatten. Standen in beiden Konferenzen die Fragen des Kirche-Staat-Verhältnisses über Jahrzehnte im Vordergrund, so kam es seit dem Ende des 19. Jahrhunderts verstärkt zur Behandlung anderer kirchlicher Probleme.

Die Bayerische Bischofskonferenz im "Dritten Reich"

Ab 1933 kam es zu Bischofskonferenzen aller deutschen Bischöfe, einschließlich der bayerischen. Neben diesen Plenarkonferenzen wurden die jährlichen Zusammenkünfte der bayerischen Erzbischöfe und Bischöfe weiter fortgesetzt. Kardinal Faulhaber formte gerade in der nationalsozialistischen Zeit, nicht zuletzt aufgrund seiner engen freundschaftlichen Verbindungen mit den Mitgliedern der Freisinger Bischofskonferenz (Bischof Michael Buchberger von Regensburg [1874-1961, reg. 1928-1961] war in München Generalvikar und der Eichstätter Bischof Konrad Graf von Preysing [1880-1950, reg. 1932-1935, ab 1935 in Berlin] Domkapitular gewesen), ein Bollwerk gegen das nationalsozialistische Regime, wie es sonst in Deutschland nur in einzelnen Bistümern zu erreichen war. Vielen NS-Verordnungen trat die katholische Kirche Bayerns aufgrund der Absprachen in der Bayerischen Bischofskonferenz mit einer Stimme entgegen.

Neue kirchenrechtliche Grundlagen 1917, 1965 und 1983

Durch das kirchliche Gesetzbuch von 1917 (CIC can. 292) wurden Bischofskonferenzen erstmals kirchenrechtlich vorgeschrieben, womit sie auch rechtlich weithin an die Stelle der Plenar- und Provinzialsynoden traten. Nach CIC can. 292 § 1 sollten die Bischöfe eines Metropolitanverbandes wenigstens alle fünf Jahre zur gemeinsamen Beratung religiöser Fragen zusammentreten. Gemäß can. 285 und 292 § 2 sollten neben den Diözesanbischöfen auch exemte Bischöfe und Äbte sowie Prälaten daran teilnehmen, was aber in Bayern nicht verwirklicht wurde. Die kirchenrechtlich unverbindlichen, politisch jedoch teilweise recht bedeutsamen Zusammenkünfte sollten zur Beratung darüber dienen, wie in den einzelnen Teilkirchen die religiös-kirchlichen Interessen gefördert werden konnten. Ihre Beschlüsse hatten keine Gesetzeskraft, sondern mussten von den Ortsbischöfen gesondert in Kraft gesetzt werden.

Die Bayerische Bischofskonferenz mit Teilnehmern aus den beiden bayerischen Kirchenprovinzen war bereits durch Gewohnheitsrecht zu einer festen Einrichtung geworden, als die Bischofskonferenzen insgesamt zu Institutionen des kirchlichen Verfassungssystems erhoben wurden. Die nationalen Bischofskonferenzen wurden auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil heftig diskutiert, schließlich 1965 im Dekret "Christus Dominus" (CD 36-38) gemeinrechtlich vorgeschrieben und im Codex Iuris Canonici von 1983 normiert. Dadurch wurden neben den bis dahin allein berechtigten Diözesanbischöfen auch die Weihbischöfe vollberechtigte Mitglieder.

Die Freisinger Bischofskonferenz seit 1968

Unter dem Vorsitz des Münchner Erzbischofs Julius Kardinal Döpfner (1913-1976, reg. 1961-1976) gab sich nicht nur die Deutsche Bischofskonferenz ihre neue Gestalt mit Statut und Geschäftsordnung von 1966 bzw. 1967, sondern - ebenfalls unter dem Vorsitz Döpfners – auch die Freisinger Bischofskonferenz ein Statut (am 3. April 1968).

a) Bezeichnung: Freisinger Bischofskonferenz

Vor Inkrafttreten dieses Statuts hießen die Versammlungen der bayerischen Bischöfe stets "Konferenz der Bischöfe der bayerischen Bistümer" oder "Konferenz der Bayerischen Bischöfe". Nunmehr definierte sich die Freisinger Bischofskonferenz (es ist ausdrücklich nicht von der "Bayerischen" Bischofskonferenz die Rede) als Zusammenschluss der Bischöfe der Kirchenprovinzen Bamberg sowie München und Freising.

Am 30./31. März 1981 stellte die Konferenz ausdrücklich fest, dass sie sich als Versammlung der Bischöfe der Kirchenprovinzen München und Freising und Bamberg mit Rücksicht auf die Zugehörigkeit des Bistums Speyer zur Erzdiözese Bamberg als "Freisinger Bischofskonferenz" bezeichnet. Der staatsrechtlichen Abtrennung der Pfalz von Bayern 1945 wurde somit Rechnung getragen.

b) Aufgaben, Mitglieder, Organe, Beschlussfassung

Die Freisinger Bischofskonferenz dient mit Gutheißung des Apostolischen Stuhls, von dem sie errichtet ist, dem Studium und der Förderung gemeinsamer pastoraler Aufgaben, der gegenseitigen Beratung, der notwendigen Koordinierung der kirchlichen Arbeit sowie dem gemeinsamen Erlass von Entscheidungen für die Bistümer der beiden Kirchenprovinzen. Mitglieder der Freisinger Bischofskonferenz sind die Diözesanbischöfe bzw. Kapitelsvikare, die Koadjutoren und die Weihbischöfe der beiden Kirchenprovinzen. Organe der Freisinger Bischofskonferenz sind

  • die Vollversammlung als das oberste Organ
  • der Vorsitzende.

Der Vollversammlung gehören alle statutenmäßigen Mitglieder der Bischofskonferenz an. Als Vorsitzender der Bischofskonferenz ist der jeweilige Erzbischof von München und Freising festgeschrieben, wie es schon 1850 von päpstlicher Seite aus intendiert war. Er vertritt auch offiziell die Konferenz. Sein Vertreter sollte der rangälteste Diözesanbischofe sein. Die Vollversammlung findet in der Regel zweimal im Jahr statt.

Außenstehende haben - wie die Konferenz am 4./5. November 1981 feststellte - keinen direkten Zugang zu den Beratungen. Soweit es von der Sache her geboten erschien, wurden Experten nach eigenem Entscheid beigezogen.

Für Beschlüsse der Vollversammlung ist die Zweidrittel-Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erforderlich. Greifen diese in die Regierung der einzelnen Diözesen im Sinne von can. 334 und 335 CIC/1917 ein, bedürfen sie der Zustimmung von wenigstens zwei Drittel der anwesenden Diözesanbischöfe. Nach dem CIC von 1983 hat der jeweilige Diözesanbischof die Beschlüsse der Freisinger Bischofskonferenz für seinen Bistumssprengel gesondert in Kraft zu setzen.

Bedeutung und Besonderheit

Die Freisinger Bischofskonferenz ist als Versammlung der Bischöfe eines früher selbständigen Königreichs ein universalkirchliches Unikum, da alle anderen Bischofskonferenzen auf der Ebene bestehender Staaten existieren.

Dokumente

Literatur

  • Karl Josef Benz, Auf dem Weg zur ersten Bayerischen Bischofskonferenz in Freising 1850, in: Römische Quartalschrift 82 (1987), 244-269.
  • Karl Josef Benz, Bischof Valentin von Riedel von Regensburg (1842-1857) und die ersten Bayerischen Bischofskonferenzen, in: H. Bungert (Hg.), 1250 Jahre Bistum Regensburg (Schriftenreihe der Universität Regensburg 16), Regensburg 1989, 101-143.
  • Karl Josef Benz, "Synode" oder "Konferenz"? Zur Geschichte der Freisinger Bischofskonferenz von 1850, in: Georg Schmuttermayr u. a. (Hg.), Im Spannungsfeld von Tradition und Innovation. Festschrift für Josef Kardinal Ratzinger, Regensburg 1997, 103-123.
  • Wolfgang Hübner, Das Verhältnis von Kirche und Staat in Bayern (1817-1850). Analyse und Interpretation der Akten und Protokolle der Freisinger Bischofskonferenz von 1850, Frankfurt am Main 1993.
  • Rudolf Lill, Die ersten Deutschen Bischofskonferenzen, in: Römische Quartalschrift 59 (1964), 127-180; 60 (1965), 1-75.
  • Peter Pfister, Im Spannungsfeld von Orts- und Weltkirche, Freising, Fulda, Rom in: Peter Pfister/Susanne Kornacker/Volker Laube (Hg.), Kardinal Michael von Faulhaber 1869-1952. Eine Ausstellung des Archivs des Erzbistums München und Freising, des Bayerischen Hauptstaatsarchivs und des Stadtarchivs München zum 50. Todestag (Ausstellungskataloge der Staatlichen Archive Bayerns 44), München 2002, 200-220.
  • Erwin Roderich von Kienitz, Die Gestalt der Kirche. Einführung in Geist und Form des kirchlichen Verfassungsrechts, Frankfurt am Main 1937, 267.

Quellen

  • Erwin Gatz, Akten der Fuldaer Bischofskonferenz, I-II (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte A 22, 27, 39), Mainz 1977-1985.
  • Schematismus der Geistlichkeit des Erzbisthums München und Freising für das Jahr 1851, München 1850, 175-182 (Statuten der Freisinger Bischofskonferenz von 1850).

Weiterführende Recherche

Externe Links

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Empfohlene Zitierweise

Peter Pfister, Bayerische Bischofskonferenz, publiziert am 30.05.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bayerische_Bischofskonferenz (19.03.2024)