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Arbeitsvermittlung, Arbeitsämter

Aus Historisches Lexikon Bayerns

1895 wurde das erste städtische Arbeitsamt Münchens auf dem Gelände der Isarkaserne auf der Kohleninsel eingerichtet. Abb. aus: Hans Grässel, Das städtische Verwaltungsgebäude für Arbeiterangelegenheiten in München, München 1916, 14. (Bayerische Staatsbibliothek 4 Bavar. 3124 w)
Der Verband Bayerischer Arbeitsnachweise veröffentlichte jährliche Geschäftsberichte.
Das Arbeitsamt in München befand in den von Hans Grässel 1912/13 errichteten städtischen Verwaltungsgebäuden in der Thalkirchner Straße. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv hoff-65168)
Im Neubau des städtischen Verwaltungsgebäudes von Hans Grässel gab es einen getrennten Wartesaal für gelernte Arbeiter. Abb. aus: Hans Grässel, Das städtische Verwaltungsgebäude für Arbeiterangelegenheiten in München, München 1916, 69. (Bayerische Staatsbibliothek 4 Bavar. 3124 w)
Die ungelernten Arbeiter hatten einen separaten Wartesaal. Abb. aus: Hans Grässel, Das städtische Verwaltungsgebäude für Arbeiterangelegenheiten in München, München 1916, 68. (Bayerische Staatsbibliothek 4 Bavar. 3124 w)
Vermittlungsraum für Holz- und Metallarbeiter im Münchner Arbeitsamt, Foto um 1916. Abb. aus: Hans Grässel, Das städtische Verwaltungsgebäude für Arbeiterangelegenheiten in München, München 1916, 74. (Bayerische Staatsbibliothek 4 Bavar. 3124 w)
Vermittlungsraum für gewerbliche, ungelernte und landwirtschaftliche Arbeiterinnen, Foto um 1916. Abb. aus: Hans Grässel, Das städtische Verwaltungsgebäude für Arbeiterangelegenheiten in München, München 1916, 74. (Bayerische Staatsbibliothek 4 Bavar. 3124 w)

von Dieter G. Maier

Durch Reichsgesetz wurden die seit den 1890er Jahren entstandenen kommunalen Arbeitsvermittlungsstellen 1922 in einer deutschlandweit einheitlichen Organisation zusammengefasst. Mit der Einführung der Arbeitslosenversicherung 1927 ging die Arbeitsverwaltung in die Zuständigkeit des Reichs über. Auch die Bundesrepublik Deutschland übernahm seit 1952 wieder diese Aufgabe, die nach dem Zweiten Weltkrieg vorübergehend den Ländern zugefallen war.

Neben den anderen süddeutschen Staaten hat Bayern schon vor dem Ersten Weltkrieg die Entwicklung der öffentlichen Arbeitsvermittlung gefördert und maßgeblich bestimmt.

Frühere Anfänge in kommunaler Trägerschaft und Zentralisierung

Auch in Bayern begannen in den 1890er Jahren die Städte, öffentliche Arbeitsvermittlungen (auch Arbeitsnachweise genannt) einzurichten. Das Bayerische Ministerium des Innern sprach sich bereits 1894 für eine kommunale Zuständigkeit der Arbeitsnachweise aus. 1897 bestimmte es die Arbeitsämter in Bamberg, Fürth, Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz), München und Nürnberg zu "Hauptvermittlungsstellen": Sie sollten in ihren Bezirken - zwischen den vorhandenen Nachweisen - für einen Ausgleich von Angebot und Nachfrage sorgen. Zu dieser Zeit bestanden gemeindliche Arbeitsnachweise u. a. in Landau , Ludwigshafen, Speyer (alle Rheinland-Pfalz), Kronach, Dinkelsbühl(Lkr. Ansbach).

Verbände auf Reichs- und auf Landesebene

1890 schlossen sich die meisten kommunalen und gemeinnützigen Einrichtungen zusätzlich zum "Verband Bayerischer Arbeitsnachweise" zusammen. Ein Jahr zuvor war es in Berlin zur Gründung des "Verbandes Deutscher Arbeitsnachweise" (VDA) gekommen, dem umgehend auch bayerische Arbeitsnachweise beitraten. Die Verbandsziele waren jeweils die Vereinheitlichung der Arbeitsverfahren und der Statistik, der überregionale Ausgleich sowie der Ausbau der öffentlichen Arbeitsvermittlung. 1906 existierten in Bayern 68 kommunale Arbeitsämter; dem Landesverband hatten sich über 55 Kommunen angeschlossen.

Ausbau während des Ersten Weltkrieges 1914-1918

Vielfache Bemühungen, z. B. der Gewerkschaften und des VDA, um eine reichseinheitliche Organisation der Arbeitsvermittlung scheiterten vor allem an der ablehnenden Haltung der Reichsregierung. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde dieses Versäumnis offenbar. Jedoch war Bayern der einzige Staat, der die Ermächtigung des Bundesrates vom 14. Juni 1916 umgehend umsetzte und am 14. September 1916 seine Gemeinden mit über 10.000 Einwohnern zur Errichtung von öffentlichen, gemeinnützigen Arbeitsnachweisen - mit paritätischer Besetzung durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber - verpflichtete. Das "Hilfsdienstgesetz" vom Dezember 1916 führte dazu, dass sich das Militär das Arbeitsnachweiswesen unterstellte und - soweit vorhanden - die Arbeitsämter zu "Zentralauskunftsstellen" (eigentlich Ausgleichsstellen) bestimmte. Diese Einrichtungen wurden zumeist den Landesverbänden für Arbeitsnachweise angegliedert.

Fortentwicklung während der Demobilisierung

Nach Kriegsende schuf man aus den Zentralauskunftsstellen und dem Landesverband für Arbeitsnachweise eine "Landeszentrale für Arbeitsnachweise". Die Arbeitsämter München, Straubing, Regensburg, Nürnberg, Bamberg, Würzburg, Ludwigshafen und Augsburg koordinierten in ihren Regierungsbezirken als "Kreiszentralen" ("Hauptarbeitsämter") das Vermittlungsgeschäft. In Bayern stieg die Zahl der Vermittlungen durch die öffentlichen Arbeitsnachweise von 1.739 (1894) auf 392.006 (1919) an, ihr Anteil an allen Vermittlungen erhöhte sich in diesem Zeitraum von 0,2 % auf 94 %.

Reichseinheitliche Regelungen durch das Arbeitsnachweisgesetz

Das Gesetz vom 22. Juli 1922 regelte erstmalig die Arbeitsvermittlung reichsweit: Zuständig waren die Kommunen sowie Kreise ("Arbeitsämter", "Arbeitsnachweisämter"), die Länder schufen als Aufsichtsinstanzen Landesämter für Arbeitsvermittlung. Als oberste Instanz fungierte das Reichsamt für Arbeitsvermittlung in Berlin. Bayern gestaltete die Landeszentrale für Arbeitsnachweise (auch "Landesstelle für den öffentlichen Arbeitsnachweis" genannt) nun in das "Landesamt für Arbeitsvermittlung " mit Sitz in München um.

Entkommunalisierung nach dem AVAVG vom 16. Juli 1927

Mit dem Gesetz für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) vom 16. Juli 1927 wurden die Arbeitsämter (AA) und Landesarbeitsämter (LAA) in die neue Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (RA) eingegliedert: Kommunen und Länder verloren ihre direkte Zuständigkeit. Auf allen drei Ebenen wurden Selbstverwaltungsorgane mit Vertretern von Gewerkschaften, Arbeitgebern und öffentlichen Körperschaften eingerichtet. Einschließlich der fünf pfälzischen gehörten zum LAA-Bezirk Bayern 41 Arbeitsämter. Zu den Aufgaben der RA und ihren Dienststellen zählten nun definitiv auch die Berufsberatung und die Arbeitslosenversicherung. Im Jahr 1927, dem wirtschaftlich besten vor 1933, tätigten die bayerischen Arbeitsämter 483.833 Arbeitsvermittlungen.

Einschneidende Veränderungen während der NS-Zeit

Eine der ersten Maßnahmen des NS-Regimes war die Beseitigung der Selbstverwaltung. Wegen der Größe des Bezirkes erhielt das LAA Bayern 1938 eine Zweigstelle in Nürnberg. 1938/39 wurde die RA in das Reichsarbeitsministerium eingegliedert. 1943 ersetzte man die LAÄ durch rund 40 Gauarbeitsämter, davon fünf in Bayern: Mainfranken (Würzburg), Franken (Nürnberg), Bayreuth (Bayreuth), München-Oberbayern (München) und Schwaben (Augsburg).

Entwicklung nach 1945

Mit der Kapitulation ging auch die Reichsarbeitsverwaltung unter. Im Sommer 1945 übernahm das neue Bayerische Arbeitsministerium die Dienststellen und Aufgaben der vormaligen Reichsanstalt und errichtete am 1. November 1946 LAÄ in München (Südbayern) und in Nürnberg (Nordbayern). 1952 wurden die LAÄ und AÄ wieder in die neu geschaffene Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung eingegliedert, die ihren Sitz (Hauptstelle) in Nürnberg nahm. Zum 1. Januar 1998 löste man das LAA Südbayern auf; seither gibt es nur noch das "Landesarbeitsamt Bayern" mit Sitz in Nürnberg. Nach weiteren Reformen in der deutschen Arbeitsverwaltung erhielten 2004 die LAÄ die Bezeichnung "Regionaldirektionen", außerdem entfiel bei ihnen die Selbstverwaltung; die AÄ wurden in "Agenturen für Arbeit" umbenannt. Seither vermitteln neben den Agenturen für Arbeit auch 1. Jobcenter als gemeinsame Einrichtungen der Bundesagentur für Arbeit und eines kommunalen bzw. bezirklichen Trägers und 2. Jobcenter mit zugelassenen Trägern in alleiniger Verantwortung.

Literatur

  • Dieter G. Maier, Anfänge und Brüche der Arbeitsverwaltung bis 1952 (Schriftenreihe der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung 43), Brühl 2004, 18-30, 60-63, 91-93, 144-150.
  • Dieter G. Maier (Hg.), Geschichte der Arbeitsmarktpolitik und Arbeitsverwaltung in Deutschland. Ausgewählte Texte 1877-1952 (Schriftenreihe der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung 52), Brühl 2008.
  • Christine Rädlinger, 100 Jahre Arbeitsamt München 1895-1995, München 1995.
  • Hans-Walter Schmuhl, Arbeitsmarktpolitik und Arbeitsverwaltung in Deutschland 1871-2002. Zwischen Fürsorge, Hoheit und Markt (Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 270), Nürnberg 2003.
  • Wilhelm Volkert (Hg.), Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799-1980, München 1983, 300-302.
  • Ulrich Wagner (Hg.), 100 Jahre Arbeitsamt Würzburg 1897-1997 (Schriften des Stadtarchivs Würzburg 10), Würzburg 1997.

Quellen

Weiterführende Recherche

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Empfohlene Zitierweise

Dieter G. Maier, Arbeitsvermittlung, Arbeitsämter, publiziert am 11.05.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Arbeitsvermittlung,_Arbeitsämter> (12.12.2024)