Schwanenorden
Aus Historisches Lexikon Bayerns
1440 durch Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg (reg. 1437/40-1470) gestifteter Hoforden der Hohenzollern, dessen fränkischen Zweig 1459 Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg-Ansbach (reg. 1437/40-1486) begründete. Sowohl in Brandenburg als auch in Franken verfolgten die Hohenzollern mit dem Schwanenorden nicht nur religiöse Ziele, sondern auch die Absicht, den Adel an sich zu binden. Sitz des fränkischen Zweigs war die Georgskapelle in der Stiftskirche St. Gumbertus in Ansbach. Die Reformation bedeutete auch ohne formelle Aufhebung das Ende des Ordens, an dessen Tradition im 19. und 20. Jahrhundert angeknüpft wurde.
Die Gründung im Jahr 1440
Am 29. September 1440 stiftete Kurfürst Friedrich II. (1413-1471, reg. 1437/40-1470) auf dem Harlunger Berg nahe der Stadt Brandenburg an der Havel die zunächst auf 30 Männer und sieben Frauen beschränkte "selschapp unnser liuen frowen", für die sich im 19. Jahrhundert die Bezeichnung "Schwanenorden" etabliert hat. Bis zum Jahr 1540 finden sich alleine in Urkunden 16 verschiedene Namensvarianten für den hohenzollerischen Schwanenorden. Einzuordnen ist der Schwanenorden unter die großen hofgebundenen Stiftungen auf deutschsprachigem Gebiet um die Mitte des 15. Jahrhunderts, wie z. B. die kurpfälzische Pelikan/St. Georgs-Gesellschaft (1444) und den niederrheinischen St. Hubertusorden (1444/45).
Motiviert war die Gründung des hierarchisch organisierten Hofordens mit bruderschaftlichem Charakter durch ein sowohl religiöses als auch politisches Moment. Während im Stiftungsbrief vor allem religiöse Motive für die Gründung des Schwanenordens aufscheinen, rücken schon im Statutentext von 1443 politische Interessen in den Vordergrund. Der fehdelustige einheimische Adel sollte einerseits befriedet, andererseits der landfremde fränkische Adel in die märkische Adelslandschaft integriert werden. Bedeutende alteingesessene Adelsfamilien sollten zur Herrschaftsstabilisierung an die in der Markgrafschaft Brandenburg noch junge Hohenzollerndynastie gebunden werden.
Die Statuten von 1443 und das Ordenszeichen
In der niederdeutschen Stiftungsurkunde vom 29. September 1440 ist die erste, jedoch lediglich angedeutete Gesellschaftsordnung enthalten. Die eigentlichen Regularien bildeten die jeweils in einer ober- und niederdeutschen Fassung vorliegenden Statuten vom 15. August 1443. In mehr als 20 ausführlichen Kapiteln wurden die Aufnahmekriterien und –modalitäten, das Ordenszeichen und dessen Beschaffenheit, die Gebetspflicht der Mitglieder etc. schriftlich fixiert. Die Statuten hoben die nur drei Jahre vorher erlassene Beschränkung der Mitgliederzahl wieder auf. Ihr Wortlaut verlangt aber ausdrücklich die Vierahnenprobe für die Aufnahme in die Ordensgemeinschaft. Die Mitgliedschaft in der nicht exklusiven Gesellschaft war erblich. Anders als im Stiftungsbrief des Jahres 1440 wurden 1443 das Amt des Obmanns sowie vier Schaffer und Schiedsleute eingeführt.
Die Statuten enthalten eine detaillierte Beschreibung und Interpretation des Ordenszeichens. Sämtliche Bestandteile besitzen religiösen Symbolcharakter. Im Einzelnen setzte sich das silberne oder goldene Ordenszeichen aus einer aus Premtzen bestehenden Gliederkette mit anhängendem Kleinod zusammen. Dieses bestand wiederum aus einem Marienbild sowie einem darunter in ein Handtuch ("zwele" oder "dwehle") mit je drei bis fünf abhängenden Fransen oder Kettchen auf jeder Seite eingebetteten, heraldisch rechts gerichteten Schwan mit ausgebreiteten Flügeln. An jeder Franse oder jedem Kettchen hing ein kleines Glöckchen. Das Marienbild zeigt die Gottesmutter mit ihrem Sohn, umgeben von den Strahlen der Sonne, den Mond zu ihren Füßen. Hier wurde auch die oberdeutsche Devise "gegrüszt seistu der werlde frawe" angebracht. Die Zahl der Kettenglieder gab Rudolf von Stillfried (1804-1882) mit 18 an. Er stützte sich dabei auf ein um die Mitte des 19. Jahrhunderts bekanntes Originalexemplar, welches seit der Zerstörung des Schlosses Monbijou in Berlin im Zweiten Weltkrieg als verschollen gilt. Auf den zahlreichen überlieferten bildlichen Darstellungen variiert die Zahl der Glieder jedoch erheblich.
Die Gründung des süddeutschen (fränkischen) Ordenszweiges 1459
Im Gründungsjahr vermutlich noch auf die Mark Brandenburg begrenzt, dehnte sich das Einzugsgebiet des Schwanenordens in kurzer Zeit nicht nur innerhalb der Reichsgrenzen aus. So waren beispielsweise auch die Könige Christoph III. von Dänemark (reg. 1440-1448) und Matthias I. Corvinus von Ungarn (reg. 1458-1490) Mitglieder im Schwanenorden. Neben dem Ausgreifen über die brandenburgischen Stammlande hinaus lassen sich zahlreiche Darstellungen des Schwanenordens besonders in Franken und Österreich nachweisen.
Unmittelbarer Anlass für die fränkische Filialbildung war der Tod Margarethas von Baden (1431-1457), der ersten Gemahlin des Markgrafen Albrecht Achilles von Brandenburg-Ansbach (1414-1486, reg. 1437/40-1486, Kurfürst ab 1470), am 24. Oktober 1457. Für die Exequien mussten die Ordensmitglieder laut Statuten zur Marienkirche nach Brandenburg an der Havel reisen, wohin der Weg jedoch weit und mühsam war. Die Errichtung eines süddeutschen Ordenszweiges sollte diesem Umstand ein Ende bereiten. Daher gründete Albrecht 1459 für die südlich des Thüringer Waldes lebenden Mitglieder eine fränkische Filiale in der Georgskapelle der Stiftskirche St. Gumbertus in der markgräflichen Residenzstadt Ansbach. Papst Pius II. (1458-1464) bestätigte die Gründung am 16. Januar 1460.
Nach dem freiwilligen Rücktritt Friedrichs II., der die Regierung über die Mark Brandenburg 1470 an seinen Bruder Albrecht Achilles übertrug, löste dieser den süddeutschen Zweig vom Gesamtorden. Im Jahr 1484 erhielt der fränkische Ordenszweig schließlich eigene Statuten, womit die seit der Filialbildung 1459 begonnene Entwicklung abgeschlossen war. Mit der Statutengebung ging die eigenständige, von der Marienkirche in Brandenburg an der Havel unabhängige Organisation des süddeutschen Ordenszweiges einher. Erneuert wurde die fränkische Stiftung am 8. Januar 1485; am 10. Januar 1485 erfolgten abermals Statutenänderungen.
Insgesamt zählte der Schwanenorden mehr als 660 Mitglieder. Ein im Staatsarchiv Nürnberg überliefertes Mitgliederverzeichnis von 1515/18 (das sog. Seelbuch) verzeichnet für den süddeutschen Raum 239 Personen (davon 177 um 1515/18 bereits verstorbene Mitglieder). Der Gesamtanteil der süddeutschen Ordensangehörigen macht demnach etwa 36 % aus.
Die Gründung der süddeutschen Filiale war rein politisch motiviert. Albrecht Achilles wollte einerseits im Sinne seiner Expansionsbestrebungen gegenüber den weltlichen und geistlichen Großen im fränkischen Raum den Adel seines Territoriums wie auch den der Nachbarterritorien, allen voran die würzburgische Stiftsritterschaft, an sich binden. Andererseits sollte dem autonomen Einigungsstreben des fränkischen Niederadels entgegengetreten werden. Die überlieferten Aufgebotslisten und Absageschreiben aus der Zeit des Fürstenkrieges (1458-1463), in welchem der Würzburger Bischof Johann III. von Grumbach (vor 1408-1466, Bf. 1455-1466) auf wittelsbachischer Seite stand, dokumentieren das Wetteifern zwischen Albrecht Achilles und dem Würzburger Ordinarius um den fränkischen Niederadel.
Die Entwicklung bis zum Niedergang des Ordens
Nach dem Tode Albrechts am 11. März 1486 während des Reichstags zu Frankfurt übernahmen seine Söhne Sigmund (1468-1495, reg. 1486-1495) und Friedrich d. Ä. (1460-1536, reg. 1486-1515) die Regierung in Franken. Mit Albrechts Tod verlor der Schwanenorden an Bedeutung. Den beiden Söhnen war es nicht mehr möglich, den Adel so eng wie ihr Vater an den markgräflichen Hof zu binden. Nach dem Tod Sigmunds am 25. Februar 1495 ging Friedrich d. Ä. teilweise recht wahllos mit der Vergabe des Schwanenordens um. Zahlreiche willkürliche Verleihungen beschleunigten den Niedergang der Gesellschaft.
Die Reformation bedeutete das Ende des hohenzollerischen Hofordens, obgleich niemals eine förmliche Auflösung stattgefunden hat. Das Wappenbuch des Nürnberger Patriziers Konrad IV. Haller (1464-1545) führt den Orden 1535/36 noch als bestehend. Nördlich des Thüringer Waldes war dem Orden eine etwas längere Blüte beschieden, aber auch hier war dem Niedergang durch die Einführung der Reformation in den märkischen Landen im Jahr 1539 durch Kurfürst Joachim II. Hector (1505-1571, reg. 1535-1571) nichts mehr entgegenzusetzen.
Das Erbe des Schwanenordens in Franken
Vor allem in Franken sind zahlreiche Zeugnisse des Schwanenordens erhalten. Das Zentrum bildet die ehemalige Residenzstadt Ansbach, wo in der Schwanenritterkapelle im ehemaligen Ostchor des St. Gumbertusstifts mit zwölf Epitaphien sowie mehr als 50 runden und ovalen Totenschilden und dem 1484 von Albrecht Achilles gestifteten sog. Schwanenordensaltar eine beeindruckende Fülle an Realien auf uns gekommen ist.
Weitere Relikte sind die Gedächtnistafeln für den Ordensgründer Friedrich II. und für Albrecht Achilles in der Hohenzollern-Grablege im Heilsbronner Münster. Neben diesen beiden Votivtafeln erinnern auch die Gedächtnistafeln der Markgrafen Sigmund und Kasimir (reg. 1515-1527) sowie der Gemahlin des Letzteren, Susanne von Bayern (1502-1543), an den hohenzollerischen Hoforden. Darstellungen des Ordenszeichens finden sich außerdem auf dem Hochgrab der Kurfürstin Anna von Sachsen (1437-1512) und auf der Rückseite des von Markgraf Georg Friedrich d. Ä. (reg. 1543/56-1603) gestifteten Dreikönigsaltars, ferner auf dem von Ludwig von Eyb d. Ä. (1417-1502), Hauptmann des süddeutschen Ordenszweigs (ab 1484), gestifteten Martinus-Ambrosius-Altar.
Nicht zu vergessen sind weitere Epitaphien von Ordensangehörigen in Heilsbronn sowie die Realien des Schwanenordens in zahlreichen fränkischen Kirchen, Klöstern und Stiften (z. B. Buttenheim, Feuchtwangen, Himmelkron, Langenzenn, Marktbreit, Nürnberg, Römhild und Würzburg). Schließlich lassen sich noch etliche Zeugnisse in Brandenburg, Süddeutschland und Österreich nachweisen.
Neugründungsversuche
Am 24. Dezember 1843 versuchte König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen (1795-1861, reg. 1840-1858), den Schwanenorden als eine standes- und konfessionsübergreifende Organisation von Personen beiderlei Geschlechts neuzugründen. Diese sollte die physische und moralische Not in Berlin um die Mitte des 19. Jahrhunderts lindern und dazu Spitäler unterhalten. Der Neugründungsversuch scheiterte jedoch, und es blieb bei der einmaligen Verleihung des Schwanenordens durch Friedrich Wilhelm IV. an seine Gemahlin Elisabeth Ludovika von Bayern (1801-1873) am 24. Dezember 1843.
Im Jahr 1980 schließlich lebte der Schwanenorden in Form eines eingetragenen, gemeinnützigen Vereins wieder auf. Die Pflege der Ökumene sowie der Erhalt von Kulturwerten bilden die Schwerpunkte der Ordensarbeit. Ordenssitz ist Nürnberg. 2009 verzeichnete der Orden 39 über ganz Deutschland und Dänemark verteilte Mitglieder.
Zur Archivsituation
Handschriftliche Mitgliederverzeichnisse und Rechnungsbücher sowie ein um 1515 gedrucktes Statutenbüchlein des süddeutschen Ordenszweiges sind im Staatsarchiv Nürnberg tradiert. Das Historische Archiv des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg und das Stadtarchiv Nürnberg verfügen in Familiennachlässen vereinzelt über Archivalien zum Schwanenorden.
Die einschlägige Überlieferung zum Neugründungsversuch aus dem Jahre 1843 befindet sich im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin (Dahlem).
Literatur
- Theodor Däschlein, Der Schwanenorden und die sogenannte Schwanenordens-Ritterkapelle in Ansbach, in: Jahresbericht des Historischen Vereins für Mittelfranken 63 (1919/26), 1-124 (Diss. phil. Erlangen).
- Hermann Dallhammer (Hg.), Die Ritter mit dem Schwanenorden, Ansbach 1987.
- Klaus H. Feder, Auf den Spuren des "Brandenburgischen Schwanenordens" in Österreich, in: Zeitschrift der Österreichischen Gesellschaft für Ordenskunde 43 (2001), 1-23.
- Frank Foerster, "Ach, daß der Schwanenorden / nicht fertig ist geworden" - Soziale Frage und Kirchenerneuerung bei Bunsen und Friedrich Wilhelm IV., in: Martin Friedrich u. a. (Hg.), Sozialer Protestantismus im Vormärz (Bochumer Forum zur Geschichte des sozialen Protestantismus 2), Münster u. a. 2001, 165-178.
- Markus Frankl, Würzburger Vasallen und Diener im hohenzollerischen Schwanenorden. Adel zwischen Markgraftum Ansbach und Hochstift Würzburg, in: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst 61 (2009), 94-127.
- Bernhard Heydenreich, Ritterorden und Rittergesellschaften. Ihre Entwicklung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit. Ein Beitrag zur Phaleristik, Diss. phil. Würzburg 1960.
- Holger Kruse/Werner Paravicini/Andreas Ranft (Hg.), Ritterorden und Adelsgesellschaften im spätmittelalterlichen Deutschland (Kieler Werkstücke D 1), Frankfurt am Main u. a. 1991.
- Joachim Schneider, Devisen und Embleme, in: Werner Paravicini (Hg.)/Jan Hirschbiegel (Bearb.)/Jörg Wettlaufer (Bearb.), Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Ein dynastisch-topographisches Handbuch (Residenzenforschung 15/3), Ostfildern 2007, 87-100.
- Günther Schuhmann, Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Eine Bilddokumentation zur Geschichte der Hohenzollern in Franken. Festschrift des Historischen Vereins für Mittelfranken zur Feier seines einhundertfünfzigjährigen Bestehens 1830-1980 (Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken 90), Ansbach 1980.
Quellen
- Günther Schuhmann (Hg.), Das Statutenbüchlein des Schwanenritterordens gedruckt zu Nürnberg von Hieronymus Hölzel um 1515 (Faksimileedition), Neustadt an der Aisch 1983.
- Rudolf Stillfried/Siegfried Haenle (Hg.), Das Buch vom Schwanenorden. Ein Beitrag zu den hohenzollerischen Forschungen. Mit 41 photolithographischen Abbildungen, Berlin 1881.
- Tanja Storn-Jaschkowitz, Gesellschaftsverträge adliger Schwureinungen im Spätmittelalter. Typologie und Edition, Berlin 2007.
Weiterführende Recherche
Externe Links
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Schwanenritterorden, Orden vom Schwan, Orden der Ritter unserer lieben Frau zum Schwan
Empfohlene Zitierweise
Markus Frankl, Schwanenorden, publiziert am 05.10.2009; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Schwanenorden> (5.12.2024)