Regensburg, Bistum: Politische Geschichte (Spätmittelalter)
Aus Historisches Lexikon Bayerns
Manfred Eder und Karl Hausberger
Der Weg des Bistums Regensburg im Spätmittelalter wurde wesentlich von den großen kirchenpolitischen Ereignissen dieser Epoche beeinflusst: dem Kampf Ludwigs des Bayern (reg. 1314-1347, ab 1328 Kaiser) mit den Päpsten in Avignon, dem Abendländischen Schisma und der hussitischen Revolution. Aber auch die wittelsbachischen Erbteilungen blieben für das Bistum nicht ohne Auswirkungen, zumal sein nördlicher Bezirk seit 1329 der kurpfälzischen Landeshoheit unterstellt war.
Die ersten Jahrzehnte des Spätmittelalters
Das Profil der Bischöfe des Spätmittelalters hebt sich deutlich von dem der vorausliegenden Epoche ab. Von wenigen Einzelaktionen abgesehen, standen sie jetzt kaum noch im Dienst der Reichspolitik. Um so stärker trat neben das Oberhirtenamt die Rolle des Territorialherrn, die nicht selten die religiös-kirchlichen Aufgaben vernachlässigte. Allerdings setzte das schmale Hochstift, das neben einem gefreiten Bezirk in der Bischofsstadt nur drei kleinere Reichsherrschaften (Donaustauf, Wörth an der Donau [beide Lkr. Regensburg] und Hohenburg im Nordgau [Lkr. Amberg-Sulzbach]) umfasste, den landesherrlichen Ambitionen enge Grenzen. Hinzu kam, dass Regensburg angesichts der reichsstädtischen Konkurrenz und drei weiterer geistlicher Reichsstände in seinen Mauern (St. Emmeram, Ober- und Niedermünster) wenig Spielraum für die fürstliche Selbstdarstellung bot.
1245 markiert in Regensburg aufgrund einer Urkunde Kaiser Friedrichs II. (reg. 1220-1250) vom 10. November das Schwellenjahr vom Hoch- zum Spätmittelalter. Denn dieses Diplom verlieh dem handeltreibenden Bürgertum die Reichsfreiheit; der amtierende Bischof Siegfried (reg. 1227-1246), vormals Hofkanzler Friedrichs II., büßte damit endgültig die seit Generationen heftig umkämpfte Stadtherrschaft ein. Sein vom päpstlichen Legaten eingesetzter Nachfolger Albert von Pietengau (reg. 1247-1259), auf dem das Diktat der Vollstreckung kirchlicher Sentenzen schwer lastete, konnte weder das Vertrauen der Bürger noch der Domherren gewinnen und sah sich schließlich zum Amtsverzicht gezwungen. Der daraufhin vom Kapitel gewählte Dompropst Heinrich von Lerchenfeld (reg. 1259-1260) verweigerte angesichts der schwierigen Verhältnisse die Annahme der Wahl, so dass das Besetzungsrecht an den Papst überging, der das Bistum dem Kölner Dominikaner Albert von Lauingen (reg. 1260-1262) verlieh. Der als Albertus Magnus bekannt gewordene, große Gelehrte folgte dem Ruf nach Regensburg gegen den Willen seines Ordensgenerals wohl in erster Linie deshalb, weil ihm die unverlierbare Bischofswürde gegenüber seinen wissenschaftlichen Gegnern den Rücken stärkte. Bereits zwei Jahre später resignierte er. Mit dem Regensburger Patriziersohn Leo Tundorfer (reg. 1262-1277) erhielt das Bistum einen tüchtigen Nachfolger. Dieser bewährte sich in den turbulenten Jahren des Interregnums bei verschiedenen politischen Konflikten – namentlich solchen, die durch das Expansionsstreben des böhmischen Königs Ottokar II. (reg. 1253-1278) ausgelöst wurden – nicht nur als Friedensvermittler, sondern erzielte auch mit der Regensburger Bürgerschaft bezüglich ihres Autonomieanspruchs Einvernehmen. Überdies initiierte Leo, inspiriert durch seine Reise zum Zweiten Konzil von Lyon (1274), den kühnen Neubau des Regensburger Doms im Stil der französischen Kathedralgotik, den auch seine Nachfolger großzügig förderten.
Der Bischofshof
Der gotische Neubau des Doms dürfte in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts die Verlegung der bescheidenen bischöflichen Pfalz (alter Bischofshof, curia antiqua), die bis dahin der Donau zugewandt, außerhalb der römischen Stadtmauer nördlich der Stephanskapelle lag, näher zur Kathedrale hin veranlasst haben. Den Charakter einer Residenz erhielt der neue, westlich des Doms und Domkreuzgangs gelegene Bischofshof allerdings erst durch die umfangreichen Baumaßnahmen unter Bistumsadministrator Pfalzgraf Johann bei Rhein (Administrator 1507-1538), der u. a. die Hoffassade des Nordflügels mit dreigeschossigen Arkaden versehen ließ. Hofordnungen für den bischöflichen Hof sind nicht erhalten, jedoch blieben aufgrund des dürftigen Einkommens und der ab dem Spätmittelalter drückenden Schuldenlast des Hochstifts Umfang und Größe des Hofes sicherlich recht überschaubar. So beschränkte die Wahlkapitulation von 1437 den bischöflichen Haushalt auf 24 Personen.
Die Organisation der Bistums- und Hochstiftsverwaltung
Für die Belange der Bistums- und Hochstiftsverwaltung war es von zukunftweisender Bedeutung, dass Nikolaus von Ybbs (reg. 1313-1340), ein graduierter Jurist und vormals königlicher Notar, eine straff organisierte bischöfliche Kanzlei schuf und dabei einen Teil seiner Befugnisse an zwei in ihren Grundzügen in der Gegenwart noch bestehende Behörden delegierte: an das Generalvikariat für die Verwaltung und an das Offizialat für die kirchliche Rechtspflege. Zudem ließ er ein Handbuch der bischöflichen Kanzlei anlegen, das als eines der frühesten Zeugnisse eines geordneten Kanzlei- und Registerwesens außerhalb der Reichskanzlei und der päpstlichen Kurie gilt, sowie 1334 ein Urbar für die Besitzungen des Hochstifts in Österreich.
Das Verhältnis zur Reichsstadt
Im Gegensatz zu den anderen altbayerischen und den fränkischen Bistümern blieben – wie in Augsburg – die Versuche der Bischöfe von Regensburg vergeblich, die Herrschaft über die Stadt an sich zu bringen. Regensburg wurde zwar Bischofssitz, nicht aber Bischofsstadt. Hauptgrund hierfür war die starke Präsenz der politischen Gewalten in Regensburg, wo der bayerische Herzog und der König mit dem Bischof in ernsthafte Konkurrenz um das Stadtregiment traten. Immerhin vermochte der Bischofshof im Hochmittelalter an Bedeutung zu gewinnen und eine Reihe von Privilegien (z. B. Münz-, Markt- und Zollrechte) zu erlangen. Kurzfristig konnte sich Bischof Siegfried dank kaiserlicher Unterstützung sogar ein Übergewicht verschaffen. Als sich Siegfried jedoch von der kaiserlichen auf die päpstliche Seite schlug, ahndete der Staufer Friedrich II. dies 1245 mit dem oben erwähnten Zugeständnis an die Stadt, die Verwaltung selbst in die Hand zu nehmen und dadurch zur Reichsunmittelbarkeit durchzustoßen. Dadurch wurde Regensburg zur einzigen Reichsstadt im Südosten des Reichs.
Das ganze Spätmittelalter hindurch wechselten sich im Verhältnis von Bischofshof und Rathaus dann Phasen gemeinschaftlichen Handelns mit solchen spannungsgeladener Konfrontation ab, die etwa Bischof Nikolaus von Ybbs sogar veranlassten, in den 1320er Jahren einige Zeit in Donaustauf zu residieren. Besonderen Konfliktstoff boten die Steuer- und Abgabenfreiheit des Klerus ("privilegium immunitatis") und die von ihm ausgeübten Schankrechte. Versuche der Stadt, die Sonderstellung der Geistlichkeit zu beseitigen, sind bis zum Jahr 1525, als die in Regensburg Fuß fassende Reformation dies ermöglichte, misslungen. Umgekehrt scheiterte auch die bischöfliche Seite damit, die verfassungsrechtliche Entwicklung der Stadt seit 1245 rückgängig zu machen. Den letzten Versuch unternahm Nikolaus von Ybbs, indem er 1321 wegen verschiedener Misshelligkeiten schärfste Anklagen gegen die selbstbewusste Bürgerschaft erhob, die in der haltlosen Behauptung gipfelten, der Autonomieanspruch der Bürger, einen Rat oder gar einen Bürgermeister zu wählen, entbehre jeder Rechtsgrundlage.
Die Zeit des päpstlichen Exils von Avignon
Bischof Nikolaus von Ybbs, der im Kampf Ludwigs des Bayern (reg. 1314-1347, Kaiser ab 1328) mit den Päpsten in Avignon zunächst unverbrüchlich auf dessen Seite stand und erst Anfang 1325 zur päpstlichen Partei überwechselte, erhielt in Friedrich von Zollern (reg. 1340/42-1365) aus dem Nürnberger Burggrafengeschlecht einen Nachfolger, der im Bistum Regensburg erstmals jenen Bischofstyp verkörperte, dem es unter Hintanstellung jedweder religiös-kirchlichen Ambitionen einzig und allein um den Genuss des Pfründenbesitzes ging.
Nachdem sich Friedrich gegen seinen Rivalen bei der strittigen Wahl von 1340, den von Ludwig dem Bayern unterstützten Eichstätter Domherrn Heinrich von Stein, in einem blutig ausgetragenen Machtkampf im Sommer 1345 durchgesetzt hatte, veräußerte er in den folgenden Jahren ungeachtet des materiellen Schadens, den das Hochstift aus dem fünfjährigen Schisma davongetragen hatte, weitere Liegenschaften, inkorporierte der bischöflichen Mensa Pfarreien und besteuerte den Klerus mit Unterstützung des weltlichen Arms über Gebühr. Zur Finanzierung seines luxuriösen Lebenswandels wollte er schließlich sogar die Festung Donaustauf an Karl IV. (reg. 1346-1378, ab 1355 Kaiser) verkaufen, was jedoch das erboste Domkapitel durch ein Protestschreiben an Papst Innocenz VI. (reg. 1352-1362) verhindern konnte. Die engen Beziehungen Karls IV. zum Nürnberger Burggrafengeschlecht schlossen auch Friedrich ein, der sich immer mehr dem kaiserlichen Hofstaat zugehörig fühlte und sich mit zunehmendem Alter fast nur noch in der Residenzstadt Prag aufhielt. Die Bistums- und Hochstiftsverwaltung übertrug er 1364 dem Dompropst und späteren Bischof von Eichstätt, Raban Truchsess von Wildburgstetten (reg. 1365-1383); dieser verwaltete die Regensburger Kirche bis April 1366.
Nach dreijähriger Vakanz des Bischofsstuhls waren Konrad von Haimburg (reg. 1368-1381) und Theoderich von Abensberg (reg. 1381-1383) zwar bemüht, die Folgen der Misswirtschaft des Amtsvorgängers Friedrich einzudämmen, doch hatte die Wirtschaftslage des Hochstifts einen derartigen Tiefstand erreicht, dass sie sich ohne neue Verpfändungen und die Preisgabe überkommener Rechte nicht konsolidieren ließ.
Das Bistum im Abendländischen Schisma (1378-1417) mit zwei bzw. drei Päpsten
Auf das Bistum Regensburg warf das Abendländische Schisma seine Schatten erstmals 1383/84 bei der Bestellung eines Nachfolgers für Theoderich von Abensberg. Das Domkapitel wählte nach einigem Zögern den Passauer und Regensburger Domherrn Dr. Paulus Kölner (ca. 1337/38-1413). Doch Anfang 1384 erhob Johann von Moosburg (reg. 1384-1409), ein unehelicher Sohn Herzog Stephans III. von Bayern-Ingolstadt (reg. 1375-1413), Anspruch auf die Nachfolge und erhielt dank landesfürstlicher Unterstützung die Bestätigung durch den Papst in Rom, Urban VI. (reg. 1378-1389). Der Wittelsbacher zur linken Hand betrachtete das Bischofsamt lediglich als Pfründe zur Finanzierung seines luxuriösen Lebenswandels. Wie vormals Friedrich von Zollern griff er auf jüdische Geldleiher zurück, wenn die Besteuerung des verarmten Klerus, die Gewährung von Ablässen und andere Praktiken der Finanzbeschaffung versagten. Und auch von ihm sind keinerlei pastorale Impulse ausgegangen. Ganz im Gegenteil: Als Güterverpfändungen und der Verkauf bischöflicher Rechte nicht mehr ausreichten, den Finanzbedarf zu decken, erschloss sein wirtschaftlicher Berater, der seit 1390 als Generalvikar amtierende Domherr Peter von Remagen, eine neue Einnahmequelle, indem er den Geistlichen für die Erteilung und jährliche Erneuerung der Seelsorgevollmacht ("Cura animarum") hohe Taxen auferlegte. Zudem versuchte er die Finanzierung des Dombaus dadurch auf eine neue Basis zu stellen, dass er alljährlich in den Pfarreien des Bistums eine mit päpstlichen Ablassbriefen versehene Kollekte durchführen ließ. Die Verbitterung des Klerus über diese und andere Machenschaften wuchs schließlich so sehr an, dass sich Johann von Moosburg gezwungen sah, seinen Generalvikar einzukerkern.
Unter dem neuen Bischof Albert von Stauffenberg (reg. 1409-1421) wechselte die Regensburger Kirche aus unbekannten Gründen unverzüglich von der römischen zur Pisaner Obedienz. Die Entscheidung für den 1409 vom Unionskonzil in Pisa gewählten Papst (Alexander V., reg. 1409-1410; Johannes XXIII., reg. 1410-1415), der die Zahl der konkurrierenden Päpste auf drei erhöhte, hatte jedoch ein Schisma zur Folge, weil der Landesherr für den oberpfälzischen Bereich, König Ruprecht von der Pfalz (reg. 1400-1410), und dessen Söhne vom dortigen Klerus unter Androhung des Amts- und Pfründenverlusts den Verbleib bei der römischen Obedienz verlangten. Ab etwa 1410 war in Amberg, dem Vorort der pfälzischen Herrschaft auf dem Nordgau, der dem römischen Papst Gregor XII. (reg. 1406-1415) anhängende Titularbischof Hermann tätig. Seit Anfang 1413 hielt sich dort der westfälische Theologe Konrad von Soest (reg. 1428-1437) als Legat dieses Papstes auf und warb unter Einsatz aller verfügbaren kirchenrechtlichen Sanktionen für dessen Obedienz. Zwar kam es durch das rund vierjährige oberpfälzische Schisma zu Beeinträchtigungen der Amtsführung des Regensburger Oberhirten, von einem eigenen "Zwergbistum Amberg" lässt sich damals jedoch schwerlich sprechen.
Herausforderungen durch die Hussiten
Albert von Stauffenberg nahm seit 1415 mit Unterbrechungen am Konzil von Konstanz (1414-1418) teil, das 1417 durch die Wahl eines allseits anerkannten Papstes das Schisma endlich beendete. Wegen der geographischen Lage des Regensburger Bistums galt sein Hauptaugenmerk der Hussitenfrage. Die Verurteilung und Verbrennung des Prager Magisters Jan Hus (1369-1415) als Ketzer auf dem Konstanzer Konzil führte nämlich zur Verhärtung der Fronten und schließlich 1419 in Böhmen zum Ausbruch der Hussitenkriege, die 14 Jahre lang das Abendland in Atem hielten.
1420 ließ Albert einen ersten Anhänger der hussitischen Lehre unter dem Regensburger Klerus, den Kaplan Ulrich Grünsleder (gest. 1421), wegen Verbreitung häretischer Schriften gefangen setzen und im Jahr darauf nach wiederholter Verweigerung des Widerrufs zum Feuertod verurteilen. In Zusammenhang damit erging ein oberhirtlicher Erlass, der den Einwohnern Regensburgs einen "Antihussiteneid" abverlangte, verbunden mit der Verpflichtung, jeden der Ketzerei Verdächtigen unverzüglich anzuzeigen. Dass diese Maßgabe wenig Wirkung zeigte, musste sein Nachfolger Johann von Streitberg (reg. 1421-1428) schmerzlich erfahren. Dessen kurze Amtszeit war beständig von den Hussitenkriegen überschattet, die bis in die 1430er Jahre in immer neuen Schüben die an Böhmen grenzenden Bistumsgebiete verheerten.
Nach der von Rom annullierten Wahl des Domherrn Erhard von Sattelbogen verlieh Papst Martin V. (reg. 1417-1431) das Bistum auf Betreiben des pfälzischen Kurfürsten Ludwig III. (reg. 1410-1436) dem schon im Zusammenhang mit dem oberpfälzischen Schisma genannten Theologen Konrad von Soest. Er war auf dem 1431 eröffneten Konzil zu Basel als einer der drei Vorsitzenden der Glaubenskommission maßgeblich an den Verhandlungen mit den Hussiten beteiligt und konnte so den diesbezüglichen Herausforderungen in seinem Regensburger Wirkungsbereich theologisch wie diplomatisch versiert begegnen. Gleiches gilt für seinen Nachfolger, den bisherigen Dompropst Friedrich von Parsberg (reg. 1437-1450). Als graduierter Jurist stand er auf dem Baseler Konzil Herzog Wilhelm III. von Bayern-München (reg. 1397-1435) beratend zur Seite. Wie Konrad von Soest hatte auch er als Mitglied der "Deputatio pro pace" (Friedensdeputation) besonderen Anteil daran, dass sich in der Hussitenfrage durch die Zugeständnisse der Prager Kompaktaten im Spätjahr 1433 eine friedliche Koexistenz anbahnte. Vom Reformeifer des Parsbergers als Bischof zeugen zwei Diözesansynoden (1440, 1442), wiederholte Klostervisitationen und die Einführung der Reformstatuten des böhmischen Stifts Raudnitz bei den Augustinerchorherren, durch die diese zu wissenschaftlicher Arbeit und tätiger Nächstenliebe verpflichtet wurden. Auch sein Nachfolger Friedrich von Plankenfels (reg. 1450-1457) war ein warmer Befürworter der synodalen Tätigkeit und der verschiedenen Erneuerungsbestrebungen im monastischen Bereich.
Im Schlepptau der wittelsbachischen Hausmacht- und Kirchenpolitik
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts geriet das Bistum mehr und mehr in den Dunstkreis der wittelsbachischen Hausmacht- und Kirchenpolitik, was nachmals der humanistisch beeinflusste Regensburger und Passauer Domkapitular Lorenz Hochwarth (1500-1570) in seiner Chronik der Regensburger Bischöfe heftig kritisierte. 1457 wurde die Wahl des Domherrn Heinrich von Absberg (reg. 1465-1492) zum neuen Oberhirten von Rom für nichtig erklärt, und zwar aufgrund skrupelloser Machenschaften des Herzogs Ludwig des Reichen von Bayern-Landshut (reg. 1450-1479). Dieser schanzte die Regensburger Mitra unter Einsatz enormer Bestechungsgelder einem seiner Neffen, dem minderjährigen Pfalzgrafen Ruprecht (1457-1465), zu. Diese erstmalige Besetzung des Regensburger Bischofsstuhls mit einem Wittelsbacher Prinzen hatte zur Folge, dass die Regensburger Kirche auf Jahrhunderte hin der Einflussnahme des Herrscherhauses ausgesetzt war und somit gleichsam in den Status eines Landesbistums degradiert wurde.
Aber auch wenn kein nachgeborener Wittelsbacher Spross den Hirtenstab führte, versuchten die vom Renaissancepapsttum privilegierten bayerischen Herzöge auf das Bistum Einfluss zu nehmen. Dies bekam etwa der im November 1465 erneut gewählte und sich als reformeifrig erweisende Heinrich von Absberg zu spüren, in dessen Regierungszeit Rom z. B. 1483 unter Missachtung der bischöflichen Zuständigkeit die von Herzog Albrecht IV. von Bayern-München (reg. 1465-1508) beantragte Umwandlung des Benediktinerklosters Prüll (Stadt Regensburg) in eine Kartause bewilligte.
1487 wurde Heinrich von Absberg ein Sohn des Pfalzgrafen Friedrich I. von Simmern-Sponheim (reg. 1459-1480) als Koadjutor mit Nachfolgerecht aufgezwungen: Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein (reg. 1492-1507). Er stellte sich anfänglich mit jugendlichem Elan den Anforderungen seines Amtes. Doch bald schon erlahmte seine Tatkraft infolge einer in den Quellen als "morbus gallicus" (Frambösie?) aufscheinenden Krankheit. Apathisch lebte er jahrelang auf dem hochstiftischen Schloss Wörth, ehe ihn am 19. April 1507 der Tod von seinem Leiden erlöste. Die ganze Last der Pontifikalhandlungen lag daher – und auch unter seinem Nachfolger Johann bei Rhein, der nie die Priester- und Bischofsweihe empfing – nahezu 30 Jahre auf den Schultern des Weihbischofs Peter Krafft (amt. 1501-1530), wie überhaupt die Bedeutung der Weihbischöfe bereits im ausgehenden Mittelalter nicht zu unterschätzen ist.
Name | Regierungszeit | Bemerkungen | |
Albert von Pietengau | gest. wohl 1262 | 1247-1259 | 1259 Resignation oder Absetzung? |
Heinrich von Lerchenfeld | gest. 1266 | 1259 | Annahme der Wahl verweigert |
Albert von Lauingen OP | ca. 1200-1280 | 1260-1262 | 1262 Resignation, gest. 1280 in Köln |
Leo Tundorfer | gest. 1277 | 1262-1277 | |
Heinrich von Rotteneck | gest. 1296 | 1277-1296 | postum als Seliger verehrt |
Konrad von Lupburg | gest. 1313 | 1296-1313 | |
Nikolaus von Ybbs | gest.1340 | 1313-1340 | |
Hilpolt von Haimburg | gest. 1349 | 1340 | sofortiger Wahlverzicht, gest. 1349 |
Heinrich von Stein | gest. 1346 | 1340-1345 | 1345 Rückzug n. Eichstätt, gest. 1346 |
Friedrich von Zollern | gest. 1365 | 1340-1342 | Elekt |
[Friedrich von Zollern | 1342-1365 | ||
Konrad von Haimburg | gest. 1381 | 1368-1381 | 1366-1368 als Administrator |
Theoderich von Abensberg | gest. 1383 | 1381-1383 | |
Paulus Kölner | gest. 1384 | 1383-1384 | keine päpstliche Konfirmation |
Johann von Moosburg | gest. 1409 | 1384-1409 | |
Albert von Stauffenber] | gest. 1421 | 1409-1421 | |
Johann von Streitberg | gest. 1428 | 1421-1428 | |
Erhard von Sattelbogen | gest. frühestens 1434 | 1428 | keine päpstliche Konfirmation |
Konrad von Soest | ca. 1370-1437 | 1428-1437 | |
Friedrich von Parsberg | 1385-1449 | 1437-1450 | |
Friedrich von Plankenfels | gest. 1457 | 1450-1457 | |
Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein | 1437-1465 | 1457-1465 | Administrator |
Heinrich von Absberg | 1409-1492 | 1465-1492 | |
Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein | 1461-1507 | 1492-1507 | seit 1487 Koadjutor |
Johann, Pfalzgraf bei Rhein | 1488-1538 | 1507-1538 | Administrator |
Hauptquellenbestände
Reichliche Archivalien zur Geschichte des spätmittelalterlichen Bistums Regensburg finden sich im Bischöflichen Zentralarchiv Regensburg (BZAR) sowie im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München (BayHStA) in den Beständen "Urkunden", "Hochstift Urkunden" und "Kurbayerisches Äußeres Archiv", sodass die in den letzten Jahrzehnten fortgeschrittene Forschung zur Regensburger Bistumsgeschichte im Spätmittelalter künftig sicher weitere Lücken schließen kann.
Literatur
- Rainald Becker, Humanistische Bischofsideale, in: Nikolaus Staubach (Hg.), Exemplaris Imago. Ideale in Mittelalter und Früher Neuzeit (Tradition – Reform – Innovation. Studien zur Modernität des Mittelalters 15), Frankfurt am Main u. a. 2012, 283-307.
- Erwin Frauenknecht, Der Bischof und die Stadt. Ein Spannungsverhältnis zwischen geistlicher Intensität und weltlicher Aktivität, in: Peter Schmid (Hg.), Geschichte der Stadt Regensburg, 2 Bände, Regensburg 2000, hier 2. Band, 688-709.
- Erwin Frauenknecht, Regensburg, Bischöfe von, in: Werner Paravicini (Hg.), Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Ein dynastisch-topographisches Handbuch (Residenzenforschung 15/1). 1. Teilband: Dynastien und Höfe, Ostfildern 2003, 602-604; ders., Regensburg, in: ebd., 2. Teilband: Residenzen, Ostfildern 2003, 474-476.
- Karl Hausberger, Geschichte des Bistums Regensburg. 1. Band, Regensburg 1989, 185-272.
- Karl Hausberger, [Biogramme der Regensburger Bischöfe und Weihbischöfe ab 1448], in: Erwin Gatz u. a. (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1148 bis 1648. Ein biographisches Lexikon, Berlin 1995.
- Karl Hausberger, Das Bistum Regensburg. Seine Geschichte, Regensburg 2004, 67-95.
- Karl Hausberger, Leidliches Auskommen und offene Feindseligkeit. Zum Verhältnis von Bischof und Reichsstadt im spätmittelalterlichen Regensburg, in: Hans Bungert (Hg.), 1250 Jahre Bistum Regensburg (Schriftenreihe der Universität Regensburg 16), Regensburg 1989, 81-100.
- Karl Hausberger, Regensburg, in: Erwin Gatz u. a. (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1198 bis 1448. Ein biographisches Lexikon, Berlin 2003, 620-636. [Biogramme der Regensburger Bischöfe mit Literatur]
- Ferdinand Janner, Geschichte der Bischöfe von Regensburg, 3 Bände, Regensburg 1883-1886.
- Paul Mai, Bischof und Stadt im Spätmittelalter, in: Martin Angerer u .a. (Hg.), Regensburg im Mittelalter. 1. Band: Beiträge zur Stadtgeschichte vom frühen Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit, Regensburg 1995, 89-96.
- Peter Morsbach (Red.), Ratisbona sacra. Das Bistum Regensburg im Mittelalter (Kunstsammlungen des Bistums Regensburg. Diözesanmuseum Regensburg. Kataloge und Schriften 6), Zürich/München 1989.
- Jörg Oberste, Das Bistum Regensburg im Spätmittelalter zwischen Krise und Erneuerung. Zwei Reformschriften Konrads von Megenberg († 1374), in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 64 (2001) 663-692.
- Helmut Rankl, Das vorreformatorische landesherrliche Kirchenregiment in Bayern (1378-1526) (Miscellanea Bavarica Monacensia 34), München 1971.
- Alois Schmid, Bistum Regensburg, in: Erwin Gatz (Hg.), Die Bistümer des Heiligen Römischen Reiches. Von ihren Anfängen bis zur Säkularisation, Freiburg im Breisgau 2003, 599-613.
- Josef Staber, Kirchengeschichte des Bistums Regensburg, Regensburg 1966, 59-95.
Quellen
- Thomas Ried, Codex Chronologico-Diplomaticus Episcopatus Ratisbonensis, Regensburg 1816.
- Raphael Straus, Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte der Juden in Regensburg 1453-1738 (Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte. Neue Folge 18), München 1960.
- Josef Widemann (Hg.), Die Traditionen des Hochstifts Regensburg und des Klosters St. Emmeram (Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte. Neue Folge 8), München 1943.
- Josef Widemann (Hg.), Regensburger Urkundenbuch I (Monumenta Boica 53), München 1912.
Weiterführende Recherche
Empfohlene Zitierweise
Manfred Eder/Karl Hausberger, Regensburg, Bistum: Politische Geschichte (Spätmittelalter), publiziert am 7.11.2016; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Regensburg,_Bistum:_Politische_Geschichte_(Spätmittelalter)> (03.12.2024)