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Regensburg, Dom

Aus Historisches Lexikon Bayerns

von Achim Hubel und Manfred Schuller

Der Dom St. Peter ist die Hauptkirche der Stadt Regensburg und Kathedrale des gleichnamigen Bistums. Mit dem Bau des heutigen Doms nach gotischem Muster wurde 1275 begonnen, nachdem der Vorgängerbau zwei Jahre zuvor abgebrannt war. Die erste Bauphase des Doms währte 200 Jahre. Im Konfessionellen Zeitalter wurde die Bautätigkeit ausgesetzt. Größere Arbeiten erfolgten erst wieder im 17. Jahrhundert, wobei Stilelemente des Barocks Verwendung fanden. Im 19. Jahrhundert wurden diese nicht nur weitgehend entfernt, sondern die Arbeiten an den Domtürmen fortgesetzt, die 1872 vollendet werden konnten. Mit seiner reichen Ausstattung gehört der Regensburger Dom neben dem Dom in Köln zu den bedeutendsten gotischen Kathedralen in Deutschland.

Geschichte des Vorgängerbaus

Die Errichtung des Bistums durch den heiligen Bonifatius (gest. ca. 754/55) geht etwa auf das Jahr 739 zurück. Bis 975 übte der Abt der Benediktinerabtei St. Emmeram gleichzeitig das Amt des Bischofs von Regensburg aus. Er wählte als Bischofsresidenz den Bereich der Porta Praetoria (Nordtor) des alten Römerkastells; diese Lage wurde nie mehr geändert.

Zum ersten Dombau gibt es keine verlässlichen Hinweise. In der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts – wahrscheinlich im Rahmen der Ämtertrennung zwischen Bischof und Abt – entstand ein neuer Dom mit dem Patrozinium des hl. Petrus, als dreischiffige Basilika mit halbrunder Chorapsis, die 58 m lang war, und ohne Querhaus, wahrscheinlich auch ohne Türme. Eine große Erweiterung nach Westen folgte um 1000 mit einem etwa 15 m tiefen Querhaus, zwei Türmen und einem Atrium, das den Dom mit der westlich gelegenen Taufkirche St. Johann verband. Die Gesamtanlage erstreckte sich nun über 128 m. Der nördliche Turm, der sog. Eselsturm, prägt bis heute die Nordquerhausfassade mit. Der Dom brannte in den Jahren 1156 und 1172 zweimal aus und wurde wiederhergestellt.

Geschichte des heutigen Doms im Mittelalter

Rekonstruktion der geplanten Vierungskuppel. (ArchimediX - Möckl, Munzel GbR, nach Angaben von Manfred Schuler und Achim Hubel)
Blick in die Gewölbe des Doms. (Foto Achim Hubel)

Nachdem der alte Dom 1273 infolge eines Stadtbrands endgültig zerstört worden war, wurde im Jahr 1275 mit einem Neubau begonnen, und zwar nach Südwesten verschoben, so dass der alte Dom noch provisorisch repariert und zur Hälfte genutzt werden konnte. Nach den ersten Plänen war eine Domkirche mit konservativem Zuschnitt ohne Triforium (Laufgang über den Arkaden) und Strebewerk geplant, deren Proportionen eher gedrungen ausgefallen wären. Ab etwa 1280 ist als Bildhauer der sog. Erminoldmeister nachweisbar (neuerdings als Meister Ludwig identifiziert), der für die Skulpturen und den Baudekor verantwortlich war. Um 1295 wurde Meister Ludwig zum Dombaumeister ernannt. Er führte eine behutsame, aber konsequente Neuplanung über den schon vollendeten Bauteilen durch und verwandelte den Dom in einen hochgotischen Bau nach dem Muster der klassischen gotischen Kathedralen Frankreichs.

Da durch die Immunitätsgrenze (Begrenzung des kirchlichen Rechtsbereichs) im Westen das Langhaus nur fünf Joche umfassen konnte, plante man als räumlichen Ausgleich einen für das 14. Jahrhundert ungewöhnlichen Vierungsturm. Dessen Unterbau war bereits ausgeführt, die Vollendung wurde jedoch zurückgestellt. Nachdem die drei Chöre des Doms, das Querhaus und das erste Joch der beiden Seitenschiffe vollendet waren, zog das Domkapitel feierlich in den Neubau um. Der alte Dom wurde profaniert und diente fortan wahrscheinlich als Dombauhütte.

Nach dem zweiten Joch des Langhauses war der Weiterbau blockiert, da die Stiftskirche St. Johann im Weg stand. Ehe die Stiftskirche abgebrochen werden konnte, mussten zunächst langwierige Verhandlungen mit dem Stiftskapitel geführt werden. Dies zwang zu einem ungewöhnlichen Baufortschritt Richtung Westen. Nur das südliche Seitenschiff und das Erdgeschoss des Südturms konnten bis etwa 1360 errichtet werden. Selbst dann blieb der Weiterbau von Mittelschiff, nördlichem Seitenschiff, Nordturm und Hauptportal verwehrt, so dass das erste und zweite Obergeschoss des Südturms und der südlichen Obergaden (erhöhte und durchfensterte Zone) des Mittelschiffs hochgezogen wurden. Erst 1380 wurde die ganze Fläche freigegeben – nun arbeitete die Dombauhütte mit Hochdruck und vollendete bis etwa 1425 die fehlenden Teile des nördlichen Seitenschiffs, das Erdgeschoss des Nordturms und das Hauptportal mit seinem überreichen Figurenschmuck. Dann konzentrierte sich die Bautätigkeit auf das erste Obergeschoss des Nordturms und den nördlichen Obergaden, so dass 1443 ein neues steiles Dachwerk über dem Mittelschiff errichtet werden konnte. Damit war der gesamte Dom überdacht und konnte liturgisch genutzt werden.

Die gesamte Raumschale präsentierte sich im Weiß des Kalksteins; die Gewölbesegel und sporadisch eingesetzte Gründsandsteinquader wurden ebenfalls weiß gekalkt. Farbig bemalt waren nur die Schlusssteine, die Altäre und die Skulpturen.

In den folgenden Jahrzehnten bis um 1500 folgten der Nordturm bis zum zweiten Obergeschoss und die fehlenden Bereiche des Mittelteils der Westfassade einschließlich des Dreiecksgiebels. Danach blieben die Türme, der Ausbau der Querhausgiebel, der nach wie vor geplante Vierungsturm und die letzten drei Mittelschiffgewölbe unvollendet. Weitere Bauarbeiten konzentrierten sich nun auf den Domkreuzgang und den Neubau des Domkapitelhauses. Fehlende Finanzmittel und das Aufkommen der Reformation verhinderten ab etwa 1525 weitere bauliche Aktivitäten im gesamten Dombereich.

Das Regensburger Domkapitel war der Eigentümer des Doms und für alle Bauangelegenheiten zuständig. Die Finanzierung des Dombaus leisteten bis gegen Ende des 14. Jahrhunderts die Regensburger Bischöfe und die Bürger der Reichsstadt durch zum Teil sehr großzügige Stiftungen. Da die Wirtschaftskraft der Stadt zusehends erlahmte und die Bischöfe andere Interessen hatten, mussten nun die Pfarreien des Bistums einspringen. Da die Bevölkerung in der Oberpfalz durch die Eisenverhüttung und in Niederbayern durch die fruchtbaren Ackerböden durchaus vermögend blieb, wurde sie durch Spendensammlungen systematisch zur Förderung des Dombaus angehalten.

Die Dombaumeister
Name bzw. Bezeichnung Wirkungszeitraum Bemerkung
Der Dombaumeister der Gründungsphase 1273 – um 1290
Der Erminoldmeister (Meister Ludwig) um 1290 – um 1305
Der "neue" Dombaumeister um 1305 - vor 1318 mit Beziehungen nach Italien
Albrecht nachweisbar 1318 –1338
Perchthold Chranwitvogel nachweisbar 1338 –1349
Engelmar Nachweise in den Jahren 1350 und 1362 vielleicht identisch mit dem Sohn des "Frid(reich) Luedl", der "tumeister" war
Liebhart der Minner nachweisbar 1384 –1395 (wohl tätig bis um 1400/1405)
Wenzel Roriczer wohl tätig schon ab 1400/05, nachweisbar 1415 –1419
Andreas Engel wohl 1419 –1455
Konrad Roriczer 1456 –1477
Matthäus Roriczer 1477 –1495
Wolfgang Roriczer 1495 –1514
Erhard Heydenreich 1514 –1524
Ulrich Heydenreich 1525 – vor 1538

Geschichte des heutigen Doms seit dem 17. Jahrhundert

Rekonstruktion des Lettner. (ArchimediX - Möckl, Munzel GbR, nach Angaben von Manfred Schuler und Achim Hubel)

Erst unter Bischof Albert IV. von Toerring-Stein (reg. 1613–1649) wandte man sich wieder der Architektur des Doms zu. Damals erhielten die drei fehlenden Joche des Mittelschiffs ihre Gewölbe, die von den mittelalterlichen kaum zu unterscheiden sind. Entsprechend den Empfehlungen des Konzils von Trient zu freier Sicht der Gläubigen auf den Hochaltar entfernte man den gotischen Lettner und ersetzte ihn durch ein schmiedeeisernes Chorgitter. Die mittelalterliche, ganz in Weiß gehaltene Farbfassung des Innenraums wurde durch eine Bemalung in Goldocker ersetzt, akzentuiert durch vergoldete Kapitelle und anderen Golddekor. Dadurch wirkte der ganze Innenraum wie vergoldet, wie ein nach innen gekehrter monumentaler Reliquienschrein. Auch die Altäre und die Skulpturen wurden neu gefasst, so dass eine einheitliche künstlerische Neugestaltung entstand.

Um 1700 entschloss sich das Domkapitel zu einer erneuten Umgestaltung. Diesmal wurde die Raumfassung sogar zu einem Olivgrau abgedunkelt. Gleichzeitig wurden die mittelalterlichen Glasmalereien im Obergaden des Mittelschiffs entfernt und durch farblose Gläser ersetzt, um den Innenraum heller werden zu lassen. So ergab sich ein spannungsreicher Kontrast zwischen den dunklen Bauteilen unten und den hell erleuchteten Fenstern oben. In diesem Zusammenhang erhielt der Dom 1697 an Stelle des im Mittelalter geplanten Vierungsturmes eine flache Pendentifkuppel, die von den Brüdern Giovanni (1636-1713) und Giovanni Battista Carlone (gest. ca. 1717) bunt bemalt und mit üppigen Stuckaturen versehen wurde. Auch die Skulpturen im Dom wurden neu bemalt, diesmal meist in hellen Weißtönen mit sparsamer Vergoldung, damit sie sich vor dem nun dunklen Hintergrund besser abhoben.

Durch die Säkularisation im Jahr 1810 kam der Regensburger Dom in das Eigentum des Königreichs Bayern. Im 19. Jahrhundert führten die Geringschätzung des Barock und die romantische Vorstellung von "stilreiner" Architektur zu einschneidenden Maßnahmen. König Ludwig I. (reg. 1825-1848) stiftete ab 1827 farbige Glasfenster, um die Lücken im Bestand der mittelalterlichen Glasmalereien zu schließen. Dann ordnete er 1834 eine radikale Purifizierung des Inneren an, die unter der Leitung des Münchner Architekten Friedrich von Gärtner (1791-1847) bis 1839 durchgeführt wurde. Bis auf den Hochaltar entfernte man alle barocken Altäre sowie das Chorgitter, die Oratorien und Tribünen. Die Barockkuppel wurde durch ein "stilgerechtes" gotisches Rippengewölbe ersetzt. Auch wurden alle barocken Grabdenkmäler und die großen, an den Wänden hängenden Gemälde entfernt. Die Farbigkeit der Raumschale wurde aber nicht verändert, da man sie als steinfarben erachtete: Die Reste der teilweise abgepuderten olivgrauen Farbschicht des Doms bestimmten in Verbindung mit der älteren Ockerfassung, die besser erhalten war und deshalb dominierte, die Farbigkeit des Innenraums. In den Jahren von 1859 bis 1869 schloss sich der Ausbau der Türme und die Vollendung der Turmhelme an. Mit der Fertigstellung der Querhausgiebel und des Dachreiters anstelle eines teuren Vierungsturms war der Dom 1872 nach 600 Jahren vollendet.

Durch den Hausbrand mit Steinkohle und die damit verbundene Luftverschmutzung wurde bereits wenige Jahre nach der Domvollendung eine extreme Zunahme der Verwitterungsschäden festgestellt, die insbesondere die Ergänzungen des 19. Jahrhunderts betrafen. Da die Reparaturen und Ergänzungen durch verschiedene Privatfirmen wenig erfolgreich waren, wurde 1923 die staatliche Dombauhütte für die ständige Wartung, Instandhaltung und Restaurierung des Doms gegründet. Sie ist dem Staatlichen Bauamt unterstellt und besteht bis heute aus einem Leiter und in der Regel zwölf Mitarbeitern.

1984/85 beabsichtigte das Domkapitel, im Mittelschiff des Domes eine unterirdische Bischofsgrablege einzurichten. Diesem Vorhaben mussten eine umfangreiche archäologische Grabung und bauforscherische Untersuchungen vorausgehen. Eingebunden wurden in die fertige Grablege Teile der ehemaligen romanischen Atriumsarkaden. Von 1985 bis 1988 erfolgte eine umfassende Restaurierung des Innenraums, welche die historisch gewachsene Raumfarbigkeit unverändert beließ. Anschließend wurden alle Außenfassaden von ihren schädlichen Gipskrusten befreit. Die restauratorischen Arbeiten an den über 170 Figuren und Figürchen des Hauptportals dauerten bis zum Jahr 2010 an. Seitdem zeigt sich der Dom, nachdem er jahrzehntelang schwarz erschienen war, wieder im ursprünglichen Weiß des Kalksteins.

Kurzcharakterisierung des Baus

Grundriss des Regensburger Domes des Staatlichen Bauamtes Regensburg. Diese Darstellung basiert auf den Aufnahmen der Staatlichen Messbildstelle Dresden aus den 1930er Jahren. Die wichtigsten Maße: Gesamtlänge des Domes innen 85,40 Meter, Breite innen 34,80 Meter, Höhe des Mittelschiffs 31,85 Meter, Höhe der Türme 105 Meter. (© Staatliches Bauamt Regensburg)

Der Regensburger Dom ist nach dem in Frankreich geprägten Typus der "klassischen" gotischen Kathedralen erbaut worden. Charakteristisch sind hierfür die basilikale Anlage mit dreigeschossigem Aufriss des Mittelschiffs, das Querhaus und die imponierende Westfassade mit zwei Türmen. Zusätzlich sollte die Vierung durch einen hoch aufragenden Turm bekrönt werden, der nie zur Ausführung kam. Es fallen jedoch einige Veränderungen gegenüber den französischen Vorbildern auf: Der durchgehend gewölbte Bau besitzt ein verhältnismäßig kurzes Langhaus mit nur fünf Jochen. Das Querhaus springt nicht über die Flucht der Seitenschiffmauern vor, vor allem aber fehlt der übliche Chorumgang mit Kapellenkranz. Dafür findet sich eine in Regensburg traditionsbezogene Lösung mit drei gestaffelten Chören. Bereits der alte Dom besaß diese Chorgestalt. So wurden beim Neubau absichtlich Elemente vom alten Dom zitiert und liturgische "Orte" übernommen. Ungewöhnlicherweise steht der gesamte Dom auf einem mächtigen Sockel, der sich mehr als drei Meter über das Fußbodenniveau des alten Dom erhob. Damit hebt er sich deutlich von seiner Umgebung ab.

Besonders hervorzuheben ist die künstlerische Leistung des Dombaumeisters, der ab etwa 1295 die Planänderung für den bereits begonnen Dombau durchgeführt hat. Er verstand es, die anfangs geplante, niedrige und gedrungene Anlage, die in den Ostteilen durch die fertigen Fundamente und einige aufragende Mauerzüge schon weitgehend festgelegt war, zu einer gotischen Kathedrale nach französischem Schema umzuwandeln. Feinfühlig führte er die älteren Formen fast unmerklich in den neuen Stil über. Er entschied sich deshalb auch für eine im ausgehenden 13. Jahrhundert höchst ungewöhnliche Formensprache: Statt des filigranhaften, zerbrechlichen Skelettsystems der französischen Gotik dieser Zeit wählte er eine ausgesprochen körperhaft-kräftige Architektur, welche Durchdringung, Masse und räumlich-plastische Modellierung als wesentliche Gestaltungselemente einsetzt. So glückte ihm eine harmonische Anbindung der älteren Bauphase an die Formensprache der Hochgotik. Die beschriebene Architektur wirkt wie eine Vorwegnahme von Gestaltungsweisen, die sich nach der Mitte des 14. Jahrhunderts allgemein verbreiteten. So konnte dieser Dombaumeister auch spätere Generationen überzeugen, und seine Pläne wurden bis zur Fertigstellung des Innenraums nicht mehr geändert. Eine Besonderheit des Regensburger Doms ist die räumliche Trennung vom älteren Doppelkreuzgang, die durch die Versetzung des gotischen Neubaus nach Südwesten entstand.

Die Ausstattung des Doms

Hochaltar des Domes. (Foto Achim Hubel)

Der Hochaltar

Der prunkvolle Hochaltar aus Silber und vergoldetem Kupfer ist trotz seines einheitlichen Bildes erst im Laufe von knapp 100 Jahren zur heutigen Anlage zusammengewachsen. Die einzelnen Teile entstanden in folgender Reihe:

  • 1695/96: Silberne Büsten der Heiligen Maria und Joseph
  • 1731: Antependium mit Reliefdarstellung des hl. Johannes von Nepomuk
  • 1764: Silberne Büsten der Heiligen Petrus und Paulus
  • 1777: Sechs Silberleuchter und Altarkreuz, Stiftung des Bischofs Anton Ignaz Graf von Fugger (reg. 1769-1787)
  • 1784/85: Altaraufbau einschließlich Tabernakel und Vasen. Bischof Anton Ignaz stiftete dazu 5.000 Gulden; die restlichen 10.000 Gulden finanzierte das Domkapitel durch Einschmelzen großer Teile des Domschatzes. Alle Stücke stammen von Augsburger Künstlern, wobei vor allem der Goldschmied Georg Ignaz Bauer (gest. 1790) beteiligt war.

Nebenaltäre

Im Dom haben sich fünf gotische Baldachinaltäre erhalten:

Die Kanzel

Die spätgotische, 1482 datierte und von Matthäus Roriczer entworfene Kanzel steht vor dem ersten südlichen Langhauspfeiler. Über einer aufwendigen Stütze erhebt sich der achtseitige Kanzelkorb, dessen Brüstungsfelder mit Maßwerk und kunstvoll verschlungenen Ästen belegt sind. Das schmiedeeiserne Geländer der Treppe stammt aus dem 17. Jahrhundert.

Der Ziehbrunnen

Der mehr als 12 m tiefe Ziehbrunnen steht unsymmetrisch neben dem südlichen Querhausportal, da er schon vor dem gotischen Dombau an dieser Stelle existierte und in den Neubau integriert wurde. Er erhielt um 1470/80 ein neues polygonales Brunnenbecken. Im Jahr 1500 setzte Dombaumeister Wolfgang Roriczer einen reichen Maßwerkbaldachin darauf, den zwei profilierte Pfeiler tragen. Am vorderen Pfeiler stehen die Steinfigürchen von Christus und der Samariterin am Brunnen.

Sakramentshäuschen. (Detailfoto Achim Hubel)

Das Sakramentshaus

Im Hauptchor ist nördlich des Hochaltars das Sakramentshaus an die Wand gesetzt. Offensichtlich wurde es zunächst als kleinere, freistehende Anlage in Form einer spätgotischen Turmmonstranz begonnen, aber dann während der Ausführung direkt an die Wand gerückt und mit einem sehr hohen, überschlanken Aufbau versehen. Es trägt die Jahreszahl 1493 und das Wappen des Stifters, des Domherrn Georg von Preysing. Der Unterbau ist dem Matthäus Roriczer zuzuschreiben, der hohe Aufsatz wurde nach 1495 von seinem Bruder Wolfgang geschaffen.

Die Skulpturen

An den Innenseiten der beiden westlichen Vierungspfeiler stehen sich die überlebensgroßen Figuren der Verkündigung gegenüber, die künstlerisch bedeutendsten Figuren im Dom (um 1280/85). Sie stammen von dem sog. Erminoldmeister (Meister Ludwig). Obwohl die Figuren der Verkündigung in ihrer Masse und der kraftvoll zerklüfteten Ordnung ihrer Gewänder so intensiv den Raum erfüllen, dass sie über das ganze Hauptschiff hinweg miteinander korrespondieren, spiegeln sich auch subtile psychische Empfindungen in Gesichtern und Gesten: Abwehr, Scheu und frauliche Würde bei Maria, Impulsivität und kindliche Freude beim Engel.

Weitere bedeutende gotische Steinfiguren im Dom:

  • Christus als Schmerzensmann. Hauptchor, Südwand, Südpfeiler, um 1440
  • Hl. Apostel Petrus. Westseite des nordöstlichen Vierungspfeilers, um 1320
  • Hl. Apostel Paulus. Westseite des südöstlichen Vierungspfeilers, um 1370/75
  • Hl. Christophorus. Nördliches Querhaus, westlicher Wandpfeiler, um 1380
  • Hl. Petronella. Südliches Querhaus, Trumeaufigur des Querhausportals, um 1330
  • Hl. Fürst (Wenzel?). Nördlicher Nebenchor, Südwand, um 1325/30
  • Hl. Apostel Bartholomäus. Nördlicher Nebenchor, Nordwand, um 1315/20
  • Hl. Apostel Petrus. Südliches Seitenschiff, freistehend im 4. Joch von Osten, um 1420
  • Hl. Margareta. Nördliches Seitenschiff, 1. Joch von Osten, um 1360/70
  • Muttergottes mit Kind. Mittelschiff, Nordseite, erster Freipfeiler von Westen, um 1325/30
  • Reiterfiguren St. Georg und St. Martin Innere Westwand, nördlich und südlich des Hauptportals, um 1325
  • Dämonische Wesen, im Volksmund "der Teufel und seine Großmutter" genannt. Innere Westwand, in Nischen nördlich und südlich des Hauptportals, um 1390
  • Einer der Hl. Drei Könige. Nördliches Seitenschiff, Turmjoch, Westwand, um 1380

Das Hauptportal

Das zwischen 1385 und 1420/30 entstandene Hauptportal des Doms. (Foto Achim Hubel)

Von besonderer Bedeutung ist das Hauptportal des Doms: ein hohes Gewändeportal mit Trumeau (Mittelpfeiler des Portals), dreiteiligem Tympanon (Bogenfeld über den Portalöffnungen) und reichem Archivoltenschmuck (Bogenläufe über dem Portal), bereichert durch eine kühn erfundene Vorhalle auf dreieckigem Grundriss (Triangel), die auf einem vor die Mittelachse des Portals gestellten mächtigen Freipfeiler ruht. Die Bogenläufe der Vorhalle überhöht ein profiliertes Gesims; darüber steigt wie eine Krone eine Maßwerkbrüstung hoch, die eine vom Dominneren aus betretbare Altane umschließt. Die außerordentlich reiche figürlich-plastische Dekoration entstand – als Stiftung der Patrizierfamilie Gamered von Sarching – zwischen etwa 1385 und 1420. Archivolten und Tympanon füllt ein ausführlicher Zyklus des Marienlebens (um 1405/10), der mit 22 Reliefdarstellungen in den Archivolten beginnt: "Wurzel Jesse", Legende von Joachim und Anna, Geburt Mariens, Tempelgang, Vermählung mit Joseph, Verkündigung an Maria, Kindheitsgeschichte Jesu bis zur Flucht nach Ägypten und dem zwölfjährigen Jesus unter den Schriftgelehrten. Seinen Abschluss findet das Marienleben im Tympanon: Dargestellt sind in drei Registern übereinander der Tod und die Grabtragung Mariens, ihre Aufnahme in den Himmel sowie die Inthronisation der zur Himmelskönigin gekrönten Muttergottes. In den Bogenläufen der Vorhallenarkaden erscheinen noch zwölf Propheten; diese sind teilweise durch Kopien ersetzt.

Am Trumeau steht erstaunlicherweise keine Marienfigur, wie man dies bei einem derart mariologischen Programm erwarten würde, sondern eine hervorragende Skulptur des Apostels Petrus (um 1385). Offensichtlich wandelte man nach einer Planänderung die Ikonographie zu einem apostolischen Programm um: Neben Petrus erscheinen im Gewände die beiden hl. römischen Diakone Stephanus und Laurentius sowie vier Apostel (zwei davon moderne Rekonstruktionen). Die restlichen acht Apostel sind mitsamt ihren Figurentabernakeln wie ein Kranz um den Freipfeiler gelegt (Kopien von Joseph Sager, 1907/08; die aus Sandstein bestehenden, verwitterten Originale der Zeit um 1415/20 befinden sich im Lapidarium des Domkreuzgangs und im Museum der Stadt Regensburg).

Die Bildwerke des Hauptportals gehören zu den besten Leistungen der Kunst um 1400 in Mitteleuropa. Sie zeigen anfangs stilistische Zusammenhänge mit Prag, später deutliche Anregungen aus Frankreich, vor allem von der Pariser Hofkunst und der burgundischen Skulptur im Umkreis Claus Sluters (ca. 1350-1406). Nachdem der damals regierende Regensburger Bischof Johann I. von Moosburg (reg. 1384-1409) ein Halbbruder der französischen Königin Isabeau (1371-1435) war, lassen sich diese auffallenden westlichen Impulse gut erklären.

Die Glasmalereien

Der Regensburger Dom besitzt einen der umfangreichsten Bestände mittelalterlicher Glasmalereien in Deutschland. Etwa 1.100 Scheiben stammen noch aus dem Mittelalter. Weitere Fenster stiftete im 19. Jahrhundert König Ludwig I. (innere Westwand und südliches Querhaus, Ost- und Westfenster). Zuletzt schuf der Münchner Akademieprofessor Josef Oberberger (1905–1994) von 1967–1989 die noch fehlenden Glasmalereien für die Fenster im nördlichen Nebenchor, im Obergaden des Mittelschiffs und im Westfenster des nördlichen Querhauses. Seitdem gibt es im Dom kein Fenster mehr, das nicht farbig verglast ist.

Alle Fenster des Hauptchors haben ihre gotischen Glasgemälde behalten, die ungefähr zwischen 1300 und 1370 entstanden sind. Das untere Mittelfenster über dem Hochaltar stiftete Bischof Nikolaus von Ybbs (reg. 1313-1340). Es zeigt Szenen aus der Kindheitsgeschichte Jesu und verschiedene Heilige (bald nach 1313). Die anderen Fenster wurden von Domherren und Regensburger Bürgern geschenkt, die sich so im Dom verewigen wollten. Im großen Fenster unten links finden sich Szenen aus dem Leben der Heiligen Petrus und Paulus sowie die Martyrien der übrigen Apostel (um 1320). Im Fenster unten rechts erscheint die "Heilige Sippe", d. h. die Familie und Nachkommenschaft der hl. Anna, einschließlich der Legenden um Joachim und Anna sowie um Maria und Josef (bald nach 1313). Die Triforienfenster sind mit ganzfigurigen Heiligendarstellungen gefüllt (um 1305-1330). Im oberen Mittelfenster befinden sich Ornamentscheiben über je einer Heiligenfigur (um 1310). Im Fenster oben links sind Szenen aus der Passion Christi sowie Darstellungen der Werke der Barmherzigkeit und Eichstätter Bistumsheilige (um 1310/15) zu sehen (der Stifter Domdekan Konrad von Parsberg [gest. nach 1316] war gleichzeitig Domherr in Eichstätt). Oben rechts sind die Vierzehn Nothelfer und andere Heilige dargestellt (um 1300/1304). Zu den großartigsten Glasgemälden des Domes gehören die um 1360/75 entstandenen Fenster hoch oben in den Langseiten des Hauptchors. Hier ist die riesige Fläche jedes Fensters mit einer monumentalen Gesamtkomposition gefüllt; hervorzuheben sind die Geburt Christi, die Anbetung der Könige, die Himmelfahrt Christi und der Tod Mariens.

Im Querhaus ist das riesige neunteilige Glasfenster der Südwand um 1330 entstanden. In die Fensterreihe des Triforium darunter sind kostbare spätromanische Scheiben der Zeit um 1230 eingefügt, die aus dem alten Dom stammen. Dargestellt sind Teile eines ehemaligen Stammbaums Christi, dazu Verkündigung, Geburt und Kreuzigung Christi. Die Glasfenster des südlichen Seitenschiffs sind ungefähr zwischen 1325 und 1370 entstanden. Von Ost nach West erscheinen folgende Themen:

  1. Joch Apostel und Heilige
  2. Joch Szenen aus dem Leben der Heiligen Christina und Leonhard
  3. Joch Marienleben
  4. Joch Apostel, Heilige und Kirchenväter
  5. Joch (Turmjoch) Heilige, darunter Katharina und Margareta, sowie Szenen aus der Legende der hl. Katharina.

Im nördlichen Seitenschiff finden sich sehr unterschiedliche, aber künstlerisch bedeutsame Glasfenster:

  • im 2. Joch mit Darstellungen der Vierzehn Nothelfer und Szenen aus der Heilsgeschichte, um 1330
  • im 3. Joch ein Fenster mit Heiligen, Kirchenvätern und den Szenen der Geburt Christi, der Anbetung der Könige und des Marientodes (um 1430/40)
  • im 5. Joch zwei nicht zusammengehörige Fenster nebeneinander: das östliche wurde vom nördlichen Nebenchor hierher übertragen (um 1330), das westliche ist das späteste Beispiel der gotischen Glasmalerei im Dom (um 1450).

Literatur

  • Ausstellungs-Katalog "Der Dom zu Regensburg. Ausgrabung - Restaurierung - Forschung", München/Zürich 3. Auflage 1990.
  • Domstiftung Regensburg (Hg.), Tagungsband "Turm – Fassade – Portal". Colloquium zur Bauforschung, Kunstwissenschaft und Denkmalpflege an den Domen von Wien, Prag und Regensburg. 27.-30. September 2000 in Regensburg, Regensburg 2001.
  • Gabriela Fritzsche, Die mittelalterlichen Glasmalereien im Regensburger Dom. 2 Bände (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland XIII/1), Berlin 1987.
  • Friedrich Fuchs, Das Hauptportal des Regensburger Domes. Portal - Vorhalle - Skulptur, München/Zürich 1990.
  • Friedrich Fuchs, Der Dom St. Peter in Regensburg, Regensburg 2010.
  • Friedrich Fuchs, Die Regensburger Domtürme 1859-1869 (Regensburger Domstiftung 1), Regensburg 2006.
  • Achim Hubel, Das Spätwerk von Josef Oberberger im Regensburger Dom, in: Oberberger-Stiftung München (Hg.)/Christl Karnehm (Bearb.) Josef Oberberger, der Glasmaler, München 2005, 80-99.
  • Achim Hubel/Manfred Schuller, Der Dom zu Regensburg. 5 Bände (Die Kunstdenkmäler von Bayern. Neue Folge 7/1-5), Regensburg 2010-2016 [dort bei Bd. 1, 461-483 und Bd. 3, 795 komplette Bibliographie zum Regensburger Dom].
  • Achim Hubel/Manfred Schuller, Der Dom zu Regensburg. Vom Bauen und Gestalten einer gotischen Kathedrale. Unter Mitarbeit von Friedrich Fuchs und Renate Kroos, Regensburg 1995.
  • Achim Hubel/Manfred Schuller, Der Regensburger Dom. Große Kunstführer 165, Regensburg 2. völlig neu bearbeitete Auflage 2008.
  • Achim Hubel, Die Glasmalereien des Regensburger Domes, München/Zürich 1981.
  • Achim Hubel, Die Regensburger Dombauhütte, in: Alexandra Fink/Christiane Hartleitner-Wenig/Jens Reiche (Hg.), Achim Hubel, Kunstgeschichte und Denkmalpflege. Ausgewählte Aufsätze. Festgabe zum 60. Geburtstag, Petersberg 2005, 23-34.
  • Markus Tobias Huber, Die Westfassade des Regensburger Doms. Konvention und Innovation in einem spätmittelalterlichen Hüttenbetrieb (Regensburger Domstiftung 4), Regensburg 2014.
  • Walburga Knorr/Werner Mayer, Die Inschriften der Stadt Regensburg. 2. und 3. Band: Der Dom St. Peter (Die Deutschen Inschriften 74 und 95), Wiesbaden 2008 und 2016.
  • Renate Kroos, Quellensuche für einen Dom. Beispiel Regensburg, in: Nicolas Bock u. a. (Hg.), Kunst und Liturgie im Mittelalter. Akten des internationalen Kongresses der Bibliotheca Hertziana und des Nederlands Instituut de Rome. Rom, 28.-30. September 1997 (Römisches Jahrbuch der Bibliotheca Hertziana 33. Beiheft), München 2000, 47-53.
  • Peter Kurmann, Der Regensburger Dom. Französische Hochgotik inmitten der Freien Reichsstadt, in: Martin Angerer/Heinrich Wanderwitz (Hg.), Regensburg im Mittelalter. Beiträge zur Stadtgeschichte vom frühen Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit. 1. Band. Unter Mitarbeit von Eugen Trapp, Regensburg 1995, 387-400.
  • Peter Morsbach, Die Erbauer des Doms. Die Geschichte der Regensburger Dommeisterfamilie Roriczer-Engel (Regensburger Domstiftung 3), Regensburg 2009.
  • Manfred Schuller/Katarina Papajanni, Die Baugeschichte der Westfassade des Regensburger Domes, in: Stephan Gasser/Christian Freigang/Bruno Boerner (Hg.), Architektur und Monumentalskulptur des 12.–14. Jahrhunderts. Produktion und Rezeption (Festschrift für Peter Kurmann zum 65. Geburtstag), Bern 2006, 363-391.
  • Manfred Schuller, Planung – Umplanung – Ausführung. Der Regensburger Dom 1275–1380, in: Altenberger Dom-Verein e. V. in Zusammenarbeit mit Norbert Nußbaum (Hg.), 1259 – Altenberg und die Baukultur im 13. Jahrhundert, Regensburg 2010, 183-204.
  • Marc Carel Schurr, Gotische Architektur im mittleren Europa 1220-1340. Von Metz bis Wien, München/Berlin 2007, 179-204.
  • Georg Schwaiger (Hg.), Der Regensburger Dom. Beiträge zu seiner Geschichte (Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg 10), Regensburg 1976.
  • Elgin Vaasen, Die Glasgemälde des 19. Jahrhunderts im Dom zu Regensburg. Stiftungen König Ludwigs I. von Bayern 1827-1857 (Regensburger Domstiftung 2), Regensburg 2007.

Weiterführende Recherche

Externe Links

Empfohlene Zitierweise

Achim Hubel / Manfred Schuller, Regensburg, Dom, publiziert am 16.05.2018; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Regensburg,_Dom> (19.03.2024)