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Oettingen, Grafschaft/Fürstentum

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Carte du Comté d´Ottingue, 1744. (Staatsarchiv Augsburg, Plansammlung E 4)
Schloss Harburg, 17. Jahrhundert. (aus: Willhelm Kick, "Alte Städtebilder aus Schwaben, um 1900) (Bayerische Staatsbibliothek, Portrait- und Ansichtensammlung)

von Dieter Kudorfer

Grafen von Oettingen erscheinen erstmals um 1140. Zunächst gründete die Herrschaft der Oettinger vor allem auf der Verfügung über einen ausgedehnten Forst des Bischofs von Eichstätt ("ältere Grafschaft"). Die "jüngere" Grafschaft entstand dagegen im Wesentlichen auf der Nachfolge in Hausgut und Organisationssystem des staufischen Königtums im Nördlinger Ries. Durch den Erwerb von Kirchengut und adeligem Besitz und die Bevogtung von Klöstern stieg die Grafschaft im 14. Jahrhundert zur dominanten Größe im Ries auf. Seit 1442 wurde die Grafschaft mehrfach geteilt, seit dem 16. Jahrhundert war sie auch konfessionell gespalten. Im 18. Jahrhundert wurden die Teilgrafschaften zu Fürstentümern erhoben. Nach der Mediatisierung wurden die Fürstentümer zwischen den Königreichen Bayern und Württemberg aufgeteilt. Bis heute existieren die Linien Oettingen-Wallerstein und Oettingen-Spielberg.

Räumliche Grundlagen

Das Ries ist, erdgeschichtlich bedingt, eine naturräumliche Landschaft von ungewöhnlicher Geschlossenheit. Seit dem späteren Mittelalter wuchs es auch zum politischen Raumgebilde der Grafschaft Oettingen zusammen, wenngleich diese an den meisten Stellen über das Ries hinausreichte und sich im Inneren eine ganze Reihe unabhängiger Herrschaftsträger und Herrschaftsteile dauerhaft erhalten haben, vor allem die Reichsstädte Nördlingen (Lkr. Donau-Ries) und Bopfingen (Lkr. Ostalbkreis, Baden-Württemberg) sowie eine Kommende und mehrere Ämter des Deutschen Ordens. Der namengebende Stammsitz der um 1140 erscheinenden Grafen von Oettingen liegt an der Wörnitz, einem linksseitigen Donauzufluss am Ostrand des schwäbischen Rieses.

Entstehung der älteren Grafschaft Oettingen

Die naheliegende Annahme, eine alte Riesgaugrafschaft, wie sie in einigen wenigen Urkunden des 11. Jahrhunderts belegt ist, sei in die oettingische Grafschaft des 12. Jahrhunderts eingemündet, ist widerlegt worden, besonders durch die Forschungen zum Historischen Atlas von Bayern. Als Ausgangspunkt des Oettinger Grafentums muss vielmehr die Verfügung über einen ausgedehnten Forst gelten, den König Heinrich III. (reg. 1039-1056, als Kaiser seit 1046) im Jahr 1053 dem Bischof von Eichstätt übertragen hatte. Der Bannforst enthielt nicht nur den heute so genannten "Oettinger Forst", sondern erstreckte sich beiderseits der Wörnitz nach Norden und Osten bis zum Hesselberg und zum Hahnenkamm. Er umfasste also auch weite Striche altbesiedelten Landes. Die Gründung der Grafschaft Oettingen erscheint demnach als ein Akt königlicher Organisationspolitik, der - aufbauend auf Reichskirchengut - ein untergeordnetes kleines Machtzentrum zwischen dem staufischen Hausmachtkern um Büren (Gde. Wäschenbeuren, Lkr. Göppingen, Baden-Württemberg)/Hohenstaufen (Stadt Göppingen, Baden-Württemberg) und dem Nürnberger Reichsland schaffen sollte.

Die frühen Besitzungen

Die bedeutenderen frühen Besitzungen lagen auffällig weit ab vom Grafensitz und können nicht als Amtsausstattung gewertet werden. Aus hochadeligen Allianzen stammten Allodien an der unteren Altmühl und im Kraichgau. An der oberen Altmühl gruppieren sich Lehen aus dem Besitz des bischöflich eichstättischen Eigenklosters Herrieden (Lkr. Ansbach). Bald nach 1200 sind Bemühungen der Oettinger erkennbar, sich die Vogtei über die Benediktinerabtei Ellwangen an der Jagst (Lkr. Ostalbkreis, Baden-Württemberg) anzueignen.

Im Ries blieb die Besitzbasis vorerst schmal, wie noch die Stiftungsbestätigung für die von den Grafen gegründete und ausgestattete Deutschordensniederlassung in Oettingen (1242) zeigt. Am wichtigsten erscheint hier der Zugriff auf kirchlichen Besitz gewesen zu sein, so der Erwerb von Lehen der Abtei Fulda (darunter das größte Rieser Dorf Deiningen, Lkr. Donau-Ries), die das Kloster seit der Karolingerzeit besaß, sowie die Bevogtung von Gütern des Domkapitels Augsburg.

Die Entstehung der jüngeren Grafschaft Oettingen

Während der Periode des staufischen Königtums, in die das erste Jahrhundert des Oettinger Grafentums fällt, ist das Ries im Rahmen der staufischen Hausmachtpolitik zu einer dicht mit königlichen Burgen und Städten besetzten "provincia" geworden; als solche wird es schon in der Heiratsgutverschreibung für den Staufer Konrad, Herzog von Rothenburg (dux de Rothenburg) (reg. 1191-1196 als Herzog von Schwaben), 1188 bezeichnet. Die jüngere Grafschaft Oettingen gründet zuallererst auf der Nachfolge in Hausgut und Organisationssystem des Königtums in dieser Besitzlandschaft, die den Grafen bis dahin weitgehend verschlossen geblieben war. So bildete sich vermutlich noch im 13. Jahrhundert ein Regaliensprengel aus, der das Ries umspannte. Insbesondere das Oettinger Landgericht sollte im Wechselspiel mit realen Besitz- und Vogteirechten zu einem wirksamen hoheitlichen Instrument werden. Im nunmehrigen Kernraum der Grafschaft gelang es bis zum Beginn der Neuzeit, die adeligen Konkurrenten weitgehend auszuschalten und die Klöster annähernd vollständig zu mediatisieren. Gleichzeitig dazu setzte sich die vorterritoriale Besitzanhäufung noch einige Jahrzehnte fort. So konnten die Oettinger etwa von den Herren von Schalkhausen und Dornberg die Stadt Ansbach mit der Propstei St. Gumbert übernehmen, aus der Erbmasse der Grafen von Hirschberg die Burgen Dollnstein und Wellheim im Jura (beide Lkr. Eichstätt). Zwei Güterkomplexe mit ganz unterschiedlichem Vorbesitz lagen in der Gegend um Crailsheim (Lkr. Schwäbisch-Hall) sowie im oberen Remstal.

Im frühen 14. Jahrhundert dominierte das Haus Oettingen bereits das Ries und war zugleich Inhaber größerer Herrschaften im südlichen Franken und östlichen Schwaben. Es war damit auf dem Höhepunkt seiner Macht. Die Reichsacht über Graf Konrad IV. (1310) leitete mit dem Verlust von Herrschaftsteilen z. B. um Herrieden und Crailsheim den endgültigen Rückzug ins Ries ein. Nach einer großen Verkaufswelle um 1350 verflüchtigte sich die weitgespannte Herrschaft, um den überall nachrückenden Nachbarterritorien - vor allem den Burggrafen von Nürnberg und den bayerischen Herzögen - Platz zu machen.

Die Bausteine der jüngeren Grafschaft Oettingen

Die bischöflichen Besitzrechte im Gebiet des königlichen Bannforsts und späteren Amts Oettingen sind infolge der Allodialisierung (Umwandlung in Eigenbesitz) durch die Grafen schon im 13. Jahrhundert verblasst. Grundherrschaftliche Organisation und kirchliche Verhältnisse bewahrten jedoch noch länger ältere Traditionen; so war die Kirche in Oettingen bis 1312 Filiale der Pfarrei im eichstättischen Villikationszentrum Ehingen am Ries (Lkr. Donau-Ries).

Königsgut

Die Aneignung von Königsgut setzte mit Pfandschaften König Konrads III. (1093-1152, reg. 1138-1152) 1250/1251 ein und war an der Wende zum 14. Jahrhundert weitgehend abgeschlossen. Von den staufischen Stützpunkten, die das Nürnberger Reichssalbüchlein aus dieser Zeit den Oettingern zuschreibt, gingen zwar Nördlingen, Dinkelsbühl (Lkr. Ansbach) und Bopfingen wieder verloren. Die übrigen Königsgüter aber wurden die bedeutendsten Bausteine der Grafschaft, die Stauferorte durchwegs gräfliche Amtsmittelpunkte und zum Teil Residenzen: die Burgen, Städte und Ämter Wallerstein, Harburg, Alerheim (alle Lkr. Donau-Ries), Aufkirchen (Gde. Gerolfingen, Lkr. Ansbach) und Flochberg (Stadt Bopfingen, Lkr. Ostalbkreis, Baden-Württemberg).

Kirchengut und Klosterherrschaft

Auf Bevogtung und Entfremdung von Kirchengut beruhen - neben Oettingen - die Ämter Marktoffingen (Lkr. Donau-Ries; Villikation des Bischofs von Augsburg), Baldern (Burg als Lehen von Ellwangen), Neresheim (Amt neben der Abtei) und Kirchheim (alle Lkr. Ostalbkreis, Baden-Württemberg; Pflegamt ohne eigene Ausstattung neben dem Kloster). Von den Klosterherrschaften ist jene über die Abtei Neresheim auf dem Härtsfeld nach Umfang und Lage die wichtigste. Die Vogtei konnten die Grafen nach dem Aussterben der Stifterfamilie, der Grafen von Dillingen, 1263 erwerben. Erst 1764 löste sich das Kloster per Vertrag aus der Vogtei. Die Vogtei über die Benediktinerabtei Mönchsdeggingen (früher bambergisches Eigenkloster, Lkr. Donau-Ries) übernahm Oettingen von den Hürnheimern, ebenso die der Frauenzisterze Klosterzimmern (Gde. Deiningen, Lkr. Donau-Ries). Die Vogtei über die hirsauische Propstei Mönchsroth (Lkr. Ansbach) fiel den Oettingern 1347 als Reichspfand zu. Das Zisterzienserinnenkloster Kirchheim hatten die Grafen selbst gegründet und nutzten es als Hauskloster und Grablege. Die Johanniterkommende in Kleinerdlingen (Lkr. Donau-Ries), vielleicht eine Hürnheimer Gründung, bevogteten sie ab dem 14. Jahrhundert. Spätmittelalterliche Gründungen unter gräflicher Landeshoheit sind die Kartause Christgarten (Lkr. Donau-Ries) und Maihingen (zeitweise birgittinisch, später Minoriten; Lkr. Donau-Ries). Nach der Reformation wurden die der Linie Oettingen-Oettingen unterstehenden Klöster (Kirchheim ausgenommen) säkularisiert.

Erwerbungen aus adeligem Besitz

Aus Adelsgut rühren vier spätere Oberämter und einige kleinere Ämter ohne Hochgericht her. Ihre Erwerbung erstreckt sich über einen längeren Zeitraum. Wichtigste Vorbesitzer waren die edelfreien Familien von Hürnheim (neben den Oettingern ursprünglich die stärkste adelige Kraft im Ries), von Truhendingen und von Hohenburg, die ihrerseits in verschiedenem Umfang Kirchengut an sich gezogen hatten. Aus Hürnheimer Besitz stammen die Ämter Hochhaus (Lkr. Donau-Ries), Katzenstein (Gde. Frickingen, Lkr. Heidenheim, Baden-Württemberg) und (erst 1766) Hochaltingen (Lkr. Donau-Ries), aus truhendingischem Erbe Spielberg und vermutlich Sammenheim (beides Exklaven im Markgraftum Ansbach, beide Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen), von weiteren Familien die kleinen Ämter Dürrwangen (Exklave, Lkr. Ansbach), Schenkenstein (Gde. Aufhausen, Ostalbkreis, Baden-Württemberg), Bissingen und Diemantstein (Lkr. Dillingen a. d. Donau).

Elemente der Landesobrigkeit

Die Grafschaft Oettingen ist ein "territorium non clausum" (räumlich nicht exakt abgegrenztes Herrschaftsgebiet) geblieben. Das seit dem Spätmittelalter erreichte Maß an Konsolidierung ist jedoch für schwäbische Verhältnisse bemerkenswert. Wesentlichen Anteil daran hatten die gräflichen Exklusivrechte - insbesondere Landgericht, Wildbann und Geleit - mit denen die Oettinger 1419 von König Sigismund (reg. 1410-1437, Kaiser ab 1433) privilegiert wurden. Das oettingische Landgericht ("iudicium provinciale") hatte sich gegen Ende des 13. Jahrhunderts herausgebildet und schon im späteren 14. Jahrhundert über eine lineare Grenze verfügt. Hatten die Einlieger bei ihren Untertanen neben der Grundherrschaft meist die "niedere Obrigkeit" oder "Vogteilichkeit", bei massiertem Besitz oft auch die Dorfherrschaft ("dominium villae"), so stand den Grafen außer auf der Markung der Reichsstädte durchwegs die aus dem Landgericht abgeleitete Hochgerichtsbarkeit zu. Zur Territorialisierung trug das Landgericht weiterhin als höchste Instanz in Ehaft- und Dorfherrschaftssachen und mittels der Ausweitung der Kompetenzen von der "fraislichen Oberkeit" (bei todeswürdigen Verbrechen) auf eine immer größere Schicht mittlerer Straffälle bei. Die effiziente und kontinuierliche Durchsetzung der Befugnisse des Landgerichts übernahm nach der Mitte des 14. Jahrhunderts ein Landvogt, der zunehmend auch die flächige Gerichtsbarkeit außerhalb der Dorfettern an sich zog.

Eine ausschließlich aus der Grafschaft Oettingen bekannte Sondererscheinung war der "Friedschatz" - eine Sondersteuer, die als Gegenleistung für Schutz und Schirm besonders fremdherrischen Dörfern auferlegt und wie die echten Regalien als Mittel zum territorialen Zusammenschluss eingesetzt wurde.

Teilgrafschaften

In der Grafschaft Oettingen haben sich seit dem 14. Jahrhundert aus Realteilungen Teilterritorien entwickelt, die in Gegensatz zueinander treten konnten, auch wenn die reichsrechtliche Einheit der Grafschaft erhalten blieb. Eine von der Verwaltung wohl vorbereitete Teilung in zwei Hälften erfolgte um 1370. Dieser Teilung verdanken wir das erste (Teil-)Urbar der Grafschaft. Eine weitere Zweiteilung brachte 1410 erstmals die im Interesse eines genauen Wertausgleichs vorgenommene Teilung einzelner Ämter in sich (Amt und Stadt Oettingen, die dauerhaft geteilt blieben, das später bayerische Wemding [Lkr. Donau-Ries] und Aufkirchen). In einer Dreiteilung ab 1442 konstituierten sich die Linien Alt-Wallerstein, Flochberg und Oettingen.

Die geschwächte Grafschaft erlitt in der Folge empfindliche Verluste; insbesondere die gezielten Erwerbungen durch Bayern (Monheim [Lkr. Donau-Ries], Wemding, 1487 das gesamte Wallersteiner Grafschaftsdrittel) rührten an den Bestand des Territoriums. Nach der vom Kaiser verfügten Rückgabe des Wallersteiner Drittels und dessen Aufteilung entstanden 1493 bis 1495 endgültig die Teile Oettingen-Oettingen und Oettingen-Wallerstein. Die Regalien unterlagen von da an einer Nutzteilung nach einem festen Schlüssel.

Um 1500 hatten die Teilgrafschaften im Wesentlichen ihren endgültigen Bestand erreicht. Zur Grafschaft Oettingen gehörten:

Der Wallersteiner Teil fiel 1623 in die Dirttel Oettingen-Wallerstein, Oettingen-Baldern und Oettingen-Spielberg auseinander. Nach der letztgültigen Aufteilung von 1694 umfassten

Oettingen-Wallerstein wurde endgültig zur größten Teilgrafschaft, als es 1731 den Hauptanteil des 1764 zum Fürstentum erhobenen Oettingen-Oettingen erbte (Spielberg wurde mit dem halben Amt Oettingen, Aufkirchen und dem Wiederlosungsrecht auf Mönchsroth abgefunden). Oettingen-Baldern kam 1798 ebenfalls im Erbgang hinzu. 1774 war Oettingen-Wallerstein, wie schon 1734/1765 Oettingen-Spielberg, zum Fürstentum erhoben worden.

Konfessionelle Spaltung

Die Grafen von Oettingen-Oettingen traten mit Karl Wolfgang (1474-1549) und Ludwig XVI. (1506/08-1569) zum neuen Glauben über, führten in ihrem Landesteil die Reformation ein und säkularisierten nach und nach den Großteil der Klöster. Im Schmalkaldischen Krieg (1546-1547) führte dies zu zeitweiligen Vertreibungen und Beschlagnahmen auf beiden Seiten. Ab 1553 wurden zwar schrittweise die alten Besitzverhältnisse wiederhergestellt; die konfessionelle Spaltung trug jedoch wesentlich zu einer unterschiedlichen Entwicklung der Grafschaftsteile bei. Am architektonischen Erscheinungsbild der konfessionell geteilten Stadt Oettingen ist dies heute noch ablesbar.

Residenzen

Zur Ausbildung großer neuzeitlicher Residenzen kam es in Baldern, Oettingen, Wallerstein und Harburg, abgesehen von Baldern jeweils in enger Verbindung mit einer städtischen Siedlung oder Marktsiedlung. Im 1416 erstmals geteilten Oettingen entstand deshalb zusätzlich zum oettingen-oettingischen Unteren Schloss beim nördlichen Stadttor das oettingen-wallersteinische Obere oder Neue Schloss (heutiger Baubestand v. a. um 1680). Erhalten ist nur noch das letztere; das Untere Schloss wurde 1851/52 abgebrochen. In Wallerstein wurde das Alte Schloss auf dem Felsen 1648 bis auf den unteren Bering geschleift. Die jüngeren Schlossteile breiten sich unmittelbar oberhalb des Marktes aus. Die Harburg, auf dem Berg über dem Markt im Wörnitztal gelegen, wurde besonders im 16. Jahrhundert als Residenz genutzt und bis ins 18. Jahrhundert ausgebaut.

Mediatisierung und Aufteilung zwischen Bayern und Württemberg

Die Oettinger Fürstentümer, um 1800 ein Gebiet von rund 850 Quadratkilometern mit etwa 60.000 Einwohnern, waren neben den wittelsbachischen und habsburgischen Länderstücken das größte weltliche Territorium im heutigen Bayerisch-Schwaben.

Als mit dem Reichsdeputationshauptschluss 1803 die Entschädigungen für die Fürsten mit linksrheinischem Besitz festgelegt wurden, bekam Bayern die Enklaven im Oettingischen zugesprochen. Oettingen-Wallerstein, das die aus dem Balderer Erbe herrührende Herrschaft Dagstuhl (Lkr. Merzig-Wadern, Saarland) verloren hatte, wurde mit Besitz der Rieser Mediatklöster, dazu der Klöster Heilig Kreuz in Donauwörth (Lkr. Donau-Ries) und St. Mang in Füssen (Lkr. Ostallgäu) großzügig entschädigt. Gleichzeitig stiegen Wallerstein und Spielberg in den Reichsfürstenrat auf.

Die Rheinbundakte sprach jedoch schon wenig später (Juli 1806) beide Fürstentümer dem neuen Königreich Bayern zu. Eine Absprache mit Württemberg vom Juni 1806 hatte eine Demarkationslinie östlich des Ellwanger Gebiets und der Deutschordenskommende Lauchheim-Kapfenberg (Lkr. Ostalbkreis, Baden-Württemberg) vorgesehen, so dass noch im November die Annexion durch Bayern erfolgen konnte. Im Rahmen des endgültigen bayerisch-württembergischen Grenzvertrags wurden jedoch 1810 die Gebiete westlich des Rieses - im Wesentlichen die früheren Ämter Baldern, Neresheim, Kirchheim und ein Teil von Wallerstein (zusammen etwa ein Drittel der ehemaligen Grafschaft) - an das Königreich Württemberg abgetreten.

Dort wurde schon 1809 die grundherrliche Gerichtsbarkeit aufgehoben. Im bayerischen Teil behielt Oettingen-Wallerstein bis 1848 noch vier, Oettingen-Spielberg fünf Mediatuntergerichte sowie fürstliche Domanialkanzleien und verschiedene Kameralbehörden.

Literatur

  • Elisabeth Grünenwald, Das älteste Lehenbuch der Grafschaft Öttingen. 14. Jahrhundert bis 1471 (1477). Einleitung, Öttingen 1975.
  • Georg Grupp, Oettingische Geschichte der Reformationszeit. Reformationsgeschichte des Rieses von 1539 bis 1553, Nördlingen 1893.
  • Josef Hopfenzitz, Kommende Oettingen Deutschen Ordens (1242-1805). Recht und Wirtschaft im territorialen Spannungsfeld (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 33), Bonn/Bad Godesberg 1975.
  • Reinhard Stauber, Die Grafen und Fürsten von Oettingen, in: Max Spindler (Begr.)/Andreas Kraus (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte. 3. Band, 2. Teil: Geschichte Schwabens bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, München 3. Auflage 2001, 367-375.
  • Gabriele von Trauchburg, Ehehaften und Dorfordnungen. Untersuchungen zur Herrschafts-, Rechts- und Wirtschaftsgeschichte des Rieses anhand ländlicher Rechtsquellen aus der Grafschaft Oettingen (Materialien zur Geschichte des bayerischen Schwaben 23), Augsburg 1995.

Quellen

  • Bernhard Brenner (Bearb.), Die ländlichen Rechtsquellen aus der Grafschaft Oettingen (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft 5b/2), Augsburg 2005.
  • Richard Dertsch/Gustav Wulz (Bearb.), Die Urkunden der Fürstl. Oettingischen Archive in Wallerstein und Oettingen. 1197-1350 (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft bei der Kommission für bayerische Landesgeschichte 2a/6), Augsburg 1959.
  • Fünfzig Haupturkunden (handschriftl. Titel im Exemplar des Fürstlich Oettingen-Wallersteinischen Archivs Harburg), o. O. o. J.
  • Elisabeth Grünenwald (Bearb.), Das älteste Lehenbuch der Grafschaft Oettingen. 14. Jahrhundert bis 1477 (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft 5/2), Augsburg 1976.
  • Georg Grupp, Oettingische Regesten. 3 Hefte, Nördlingen 1896-1908.

Weiterführende Recherche

Externe Links

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Oettingen-Oettingen, Oettingen-Wallerstein, Oettingen-Spielberg, Oettingen-Baldern

Empfohlene Zitierweise

Dieter Kudorfer, Oettingen, Grafschaft/Fürstentum, publiziert am 24.04.2012; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Oettingen,_Grafschaft/Fürstentum (19.03.2024)