Verein für bayerische Kirchengeschichte e.V.
Aus Historisches Lexikon Bayerns
1925 gegründeter evangelischer Verein zur Erforschung der Kirchengeschichte Bayerns. Der Verein ist eng an das Landeskirchliche Archiv in Nürnberg angebunden und gibt eine Schriftenreihe und eine Zeitschrift heraus. Sinn und Zweck des (evangelischen) Vereins für bayerische Kirchengeschichte ist die Erforschung der bayerischen Kirchengeschichte im Zusammenhang der allgemeinen Kirchengeschichte. Dazu gibt er die "Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte" und die "Arbeiten zur Kirchengeschichte Bayerns" heraus. Er trägt Mitverantwortung für die deutsche Territorialkirchengeschichte. Die gesamte Arbeit geschieht im ökumenischen Geiste.
Zur Vorgeschichte
Aufgrund des nach dem Lutherjahr 1883 wiedererwachten historischen Interesses unter den Geistlichen warben der Erlanger Kirchenhistoriker Theodor von Kolde (1850-1913) und der zeitweilig ebenfalls in Erlangen lehrende Albert Hauck (1845-1918) für ein Publikationsorgan für bayerische Kirchengeschichte. Auf dem Nürnberger Missionsfest 1887 wurden die "Blätter für bayerische Kirchengeschichte" aus der Taufe gehoben, die nur drei Jahre Bestand hatten. Ab 1895 gab Kolde, der als Begründer der universitären bayerischen Kirchengeschichte gilt, die "Beiträge zur bayerischen Kirchengeschichte" heraus. Wissenschaftlich ausgerichtet, wollte er bei den Geistlichen und den Gemeinden die Liebe zur eigenen Geschichte wecken. Unter seinen Nachfolgern, den Kirchenhistorikern Hermann Jordan (1878-1923) und Christian Bürckstümmer (1874-1924) erschienen die Beiträge bis 1925.
Gründung 1924
Schon anlässlich des Reformationsjubiläums 1917 regte der spätere Erlanger Kirchenhistoriker Karl Schornbaum (1875-1953) die Gründung eines Vereins an, der im Sommer 1924 ins Leben gerufen wurde. Seine erste Tagung hielt er 1925 in Rothenburg ob der Tauber ab; die alljährliche Tagungstradition wird bis heute beibehalten.
Zeitliche parallel entstanden auf evanglischer Seite regionale kirchengeschichtliche Vereine in Württemberg (1920), der Pfalz (1925), Baden (1928) und Thüringen (1929). Vergleichbare katholische Gründungen waren die Diözesangeschichtsvereine von München-Freising (1924), Regensburg (1925) und Würzburg (1932).
Arbeitsfelder
Seit 1925 erscheinen in unregelmäßigen Abständen die "Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns" (83 Bände bis 2004). Seit Band 84/2008 wurde der Name der Reihe geändert in "Arbeiten zur Kirchengeschichte Bayerns" (AKGB). Dazu trat ab 1. April 1926 die "Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte" (74 Jahrgänge bis 2005, erzwungen unterbrochen von 1943-1948).
1925 konnten auf Veranlassung des Vereins im Zusammenwirken mit dem späteren Landesbischof Hans Meiser (1881-1956) eine Sammelstelle für landeskirchliches Schrifttum und 1930 das Landeskirchliche Archiv in Nürnberg ihre Tätigkeit aufnehmen. In der Geschichte des Vereins war mehrfach der Leiter des Landeskirchlichen Archivs gleichzeitig auch der gewählte Vorsitzende des Vereins.
Konsolidierung, Entfaltung, Aufgaben
Schornbaum, dessen quellenfundierte wissenschaftliche Geschichtsschreibung zur Reformationszeit und dem Pietismus bemerkenswert ist, folgte 1953 Matthias Simon (1893-1972) nach. Simon war der bislang bedeutendste evangelische Territorialkirchenhistoriker Bayerns, zu dessen beachtenswerten Werken die bayerische Kirchengeschichte, Pfarrerbücher, der Band Evangelische Kirche des Historischen Atlas von Bayern und die dreibändige Ausgabe der Kirchenordnungen aus dem bayerischen Raum gehören.
Zitierte Werke von Matthias Simon
- Evangelische Kirchengeschichte Bayerns, Nürnberg 2. Auflage 1952.
- Die evangelische Kirche (Historischer Atlas von Bayern. Kirchliche Organisation), München 1960.
- Ansbachisches Pfarrerbuch. Die evangelisch-lutherische Geistlichkeit des Fürstentums Brandenburg-Ansbach 1528 - 1806 (Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns 28), Nürnberg 1957.
- Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts. Band 11-13, Tübingen 1961-1966.
Wegen des in den letzten Jahrzehnten ständig gewachsenen Defizits von Geschichtsbewusstsein innerhalb der Kirche bemüht sich der Verein um eine Neubewertung von Kontinuität und um Erarbeitung wissenschaftlicher Grundlagen für die bayerische Kirchengeschichte. So entstand als Mehrverfasserwerk ein "Handbuch der Geschichte der Evangelischen Kirche in Bayern" (Sankt Ottilien, 2000-2002). 1992 führte der Verein die erste gesamtdeutsche territorialkirchengeschichtliche Tagung in Schweinfurt durch.
Vereinsvorsitzende | Lebensdaten | Amtszeit |
---|---|---|
Dr. D. Karl Schornbaum | 1875-1953 | 1924-1953 |
Lic. theol. Matthias Simon | 1893-1972 | 1953-1965 |
Pfarrer Georg Kuhr | 1907-1989 | 1966-1971 |
Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Kantzenbach | 1932-2013 | 1972-1978 |
Dr. Helmut Baier | geb. 1939 | 1978-2004 |
Pfarrer Prof. D. Dr. Rudolf Keller | geb. 1948 | seit 2005 |
Literatur
- Werner K. Blessing, Friedrich Wilhelm Kantzenbach, in: Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte 83, 2014, 1-9
- Helmut Baier, Das Historische Gewissen der Kirche. 75 Jahre Verein für bayerische Kirchengeschichte. (Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns 74), Neustadt an der Aisch 1999.
- Helmut Baier, Verein für bayerische Kirchengeschichte, in: Dietrich Blaufuss/Thomas Scharf-Wrede (Hg.), Territorial-Kirchengeschichte. Handbuch für Landeskirchen- und Diözesangeschichte (Veröffentlichungen der Arbeitsgemeinschaft der Archive und Bibliotheken in der evangelischen Kirche 26), Neustadt an der Aisch 2005, 17-32.
- Wolfgang Huber, Karl Schornbaum, in: Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte 83, 2014, 10-43
- Wolfgang Huber, Matthias Simon, in: Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte 83, 2014, 44-66
Weiterführende Recherche
Externe Links
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Empfohlene Zitierweise
Helmut Baier, Verein für bayerische Kirchengeschichte e.V., publiziert am 11.05.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Verein_für_bayerische_Kirchengeschichte_e.V.> (18.02.2025)