• Versionsgeschichte

Staatsministerium für Sonderaufgaben

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Heinrich Schmitt, 1946. (Foto: Haus der Bayerischen Geschichte [Bayer. Pressebild])
General Lucius D. Clay. (Foto: Wikimedia Commons)
Anton Pfeiffer. (Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik Sankt Augustin)
Alfred Loritz bei der Stimmabgabe zur ersten Bundestagswahl, 14. August 1949. (Bayerische Staatsbibliothek, Fotoarchiv Hoffmann)

von Paul Hoser

Das Staatsministerium für Sonderaufgaben war ein von 1945 bis 1950 bestehendes Ministerium im Freistaat Bayern. Seine Aufgaben umfassten die Ausarbeitung der Ausführungsbestimmungen für das Befreiungsgesetz und die Organisation der Spruchkammern im Rahmen der Entnazifizierung. Verschiedene Behörden innerhalb des Ministeriums kontrollierten die Durchführung der Entnazifizierung. Dem Ministerium waren u. a. der Generalkläger, ein Kassationshof und die Leitung der Internierungs- und Arbeitslager zugeordnet. Die Arbeit und der Aufbau des Ministeriums sorgte regelmäßig für Konflikte zwischen Staatsregierung und US-Militärregierung. Im März 1950 löste der Bayerische Landtag das Ministerium auf, da dessen Hauptaufgabe weitgehend abgeschlossen war; seine Aufgabengebiete übernahm das Justizministerium.

Die Organisation der politischen Säuberungen in den Anfängen der amerikanischen Besatzungszeit

Die Aufgabe, eine systematische politische Säuberung in die Wege zu leiten und deren Durchführung zu organisieren, lag ursprünglich bei der US-Militärregierung in Bayern. Am 19. Mai 1945 wurde dem "Safety Office" des "Regional Military Government" eine "Special Branch" angegliedert, deren Aufgabe die zentrale Durchführung von Entnazifizierungsmaßnahmen war. Die Ermittlungen stützten sich auf das vorgefundene deutsche Aktenmaterial und auf Fragebögen, die die Betroffenen auszufüllen hatten. Die Münchner Polizei musste der "Special Branch" zuarbeiten. Eine wirkliche Zentralisierung bestand nicht, da auch andere Abteilungen der Militärregierung Entnazifizierungsmaßnahmen durchführten und einheitliche Richtlinien dafür noch nicht existierten. Am 7. Juli 1945 erließ dann das Hauptquartier der amerikanischen Truppen in Europa eine Direktive zur Vereinheitlichung.

Die Umsetzung der Entlassungen nach Vorgabe der "Special Branch" war Sache der staatlichen und kommunalen Behörden und der ebenfalls betroffenen Betriebe der Privatwirtschaft.

Die Anfänge des Ministeriums für Sonderaufgaben unter Minister Heinrich Schmitt

Auf Druck der amerikanischen Politik war die erste bayerische Nachkriegsregierung unter Fritz Schäffer (BVP, CSU, 1888-1967) zu Fall gekommen und eine neue Regierung mit Wilhelm Hoegner (SPD, 1887-1980, Kabinett Hoegner I) an der Spitze gebildet worden. Auf Wunsch der Militärregierung sollten auch die Kommunisten im Kabinett vertreten sein. Sie entsandten Heinrich Schmitt (KPD, 1895-1951), der seit 22. Oktober 1945 als Minister ohne Portefeuille mit dem Aufgabenschwerpunkt der Entnazifizierung amtierte und dann Leiter des neu einzurichtenden Staatsministeriums für Sonderaufgaben wurde. Er hatte sich bereits vorher für eine scharfe Entnazifizierung ausgesprochen.

Die genauen Hintergründe der Entstehung des Ministeriums liegen im Dunkeln, da keine Quellen dazu vorhanden sind. Grundlage war eine Anordnung des Ministerpräsidenten betreffend "Reinigung Bayerns von Nationalsozialismus und Militarismus" vom 24. Oktober 1945. Diese Anordnung beauftragte Schmitt, einheitliche Entnazifizierungsrichtlinien auszuarbeiten. Daneben hatte sein Ministerium die Aufgabe, die von allen Verwaltungen und Betrieben abzugebenden Meldungen über die Entlassung von Nationalsozialisten zu kontrollieren.

Die Reaktion des bayerischen Kabinetts auf den Richtlinienentwurf Schmitts für die Entnazifizierung

Schon im November 1945 legte Schmitt, wohl gestützt auf Vorarbeiten der KPD, eine entsprechende Denkschrift vor ("Richtlinien für die Säuberung des bayerischen Staates von nationalsozialistischen Einflüssen und Elementen"). Sie enthielt sowohl Grundkategorien über die Einstufung der Betroffenen als auch die Konzeption für den Aufbau eines Säuberungsapparats, wobei der spätere Aufbau der Spruchkammern schon im Kern angedeutet war.

Ein Kabinettsausschuss, in dem die beiden von der CSU gestellten Staatssekretäre Anton Pfeiffer (CSU, 1888-1957) von der Staatskanzlei und Hans Ehard (CSU, 1887-1980) vom Justizministerium dominierten, drängte darauf, den Kreis der Betroffenen enger zu fassen und die vorgesehenen Sühnemaßnahmen abzumildern. Die Vorstellung Schmitts, mit der Säuberung die gesamte Bevölkerung zu erfassen, wurde abgelehnt, da man darin die Anerkennung einer Kollektivschuld sah. Vor allem sollte die persönliche Schuld des Betroffenen gewürdigt werden, was eine Annäherung an ein juristisches Verfahren bedeutet hätte. Nach diesen Forderungen kam eine wesentlich entschärfte Vorlage der Regierung Hoegner für ein Säuberungsgesetz zustande.

Die Verschärfung der Richtlinien durch die amerikanische Besatzungsmacht

Nach den Plänen des stellvertretenden Militärgouverneurs der amerikanischen Besatzungszone, General Lucius D. Clay (1897-1978), sollte die Entnazifizierung bald aus der Kontrolle der Militärregierung in deutsche Hände übergehen. Die amerikanische Direktive vom 7. Juli 1945 hatte am 12. Januar 1946 als Direktive Nr. 24 des Alliierten Kontrollrats formell allgemeine Gültigkeit erlangt. Clay stand unter dem Druck der öffentlichen Meinung in Amerika. Obwohl er die kontraproduktiven Wirkungen der bis dahin verfolgten amerikanischen Säuberungspraxis erkannt hatte, bestand er darauf, dass die Direktive Nr. 24 die Grundlage für ein deutsches Entnazifizierungsgesetz zu bilden habe, das überdies noch durch weitere Zusätze verschärft werden müsse. Die amerikanische Seite drohte unverhüllt, bei einer Ablehnung die Säuberung selbst weiter zu betreiben. So wurde die vom Kabinett Hoegner vorgesehene generelle Entschärfung nicht wirksam.

Neue Grundlage für die Entnazifizierung in den drei Ländern der amerikanischen Besatzungszone war das Gesetz Nr. 104 zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus. Am 5. März 1946 hielt der Länderrat dieser drei Länder im Münchner Rathaus eine als Festakt gestaltete Sondersitzung ab. Ihre Ministerpräsidenten unterzeichneten bei dieser Gelegenheit das Gesetz, und General Clay genehmigte es. Es handelte sich um ein Ländergesetz mit demokratischer Legitimation, nicht um eines der Militärregierung.

Der Aufgabenbereich des Sonderministeriums

Grundsätzlich hatte das Sonderministerium mit der Aufgabe von Ausführungsbestimmungen für das Befreiungsgesetz und der Organisation der Spruchkammern Ähnlichkeit mit den Aufgaben des Justizministeriums, das für die Erarbeitung von Grundsätzen zur Verbesserung der Gesetzgebung und für die Organisation des Gerichtswesens zuständig war. So wie die Gefängnisse im Bereich des Justizministeriums angesiedelt waren, gehörten die Internierungslager für die Durchführung der von den Spruchkammern verhängten Sühnemaßnahmen in den Zuständigkeitsbereich des Sonderministeriums.

Die Anfänge der personellen Organisation des Ministeriums unter Schmitt

Das Personal wurde dem Ministerium vom Innenministerium zugeordnet, die höheren Beamten durch den Ministerpräsidenten selbst. Stellvertreter Schmitts war seit dem 1. Januar 1946 der der SPD angehörende Arthur Höltermann (SPD, geb. 1906), der im Rang eines Ministerialdirektors eingestellt wurde. Der Aufbau des ministeriellen Verwaltungsapparats ging nur langsam vor sich. Insgesamt wies das Ministerium starke organisatorische Schwächen auf, da Schmitt vorzugsweise informelle Kontakte der KPD nutzte.

Der Aufbau des Spruchkammerapparates

Das Ministerium setzte nach entsprechenden Vorschlägen die Vorsitzenden, Kläger und Beisitzer bei den Spruchkammern ein. Eine wesentliche Rolle spielten dabei die politischen Parteien vor Ort. Bei dem Personal der Spruchkammern handelte es sich im Allgemeinen um eine Laienbürokratie mit schöffengerichtlicher Verfassung. Die vom Gesetz geäußerte Absicht, dass zumindest die Vorsitzenden die Befähigung zum Richteramt haben sollen, ließ sich meist nicht verwirklichen. Wegen der Dienstenthebungen aufgrund formaler Belastungen herrschte allgemein Mangel an Justiz- und Verwaltungspersonal.

Die Überprüfungen durch die Militärregierungen und die Eingriffe verschiedener Besatzungsbehörden bremsten ebenfalls den Aufbau des Sonderministeriums und der Spruchkammern. Nach Angaben des Ministers Schmitt hatte die Militärregierung bis in den April 1946 80 % des vorgeschlagenen Personals abgelehnt. Schmitt nahm als Basis für die Bildung der Spruchkammern die Ortsgruppen der KPD. Zum Ende seiner Amtszeit waren dort etwa 1.200 KPD-Leute, etwas weniger Vertreter der SPD und eine sehr geringe Anzahl von Mitgliedern anderer Parteien tätig.

Bis Ende Mai hatten 103 Kammern mit vorbereitenden Arbeiten begonnen. Bis Ende Juni 1946 bestanden nach Angaben Schmitts dann 136 Spruchkammern mit 2.152 Mitgliedern, doch war erst ein kleiner Teil wirklich arbeitsfähig.

Der Eingriff der Militärregierung im Sonderministerium

Am 23. April 1946 wurde Ministerpräsident Hoegner von der Militärregierung vorgeladen, wo man ihm erklärte, die Denazifizierung sei nicht Sache einer Partei, sondern eine gemeinsame Sache des ganzen Landes. Das Ministerium dürfe keine Parteipolitik betreiben. Anlass war das Vorgehen des kommunistischen Ministerialrats Max Holy (geb. 1894), Leiter der Personalabteilung im Sonderministerium. Am 28. April 1946 hatten als erste überregionale Wahlen in Bayern seit dem Zusammenbruch 1945 Kreistagswahlen stattgefunden. Im Gegensatz zu den Vorstellungen der Militärregierung wollte Holy die Spruchkammern paritätisch und nicht proportional entsprechend dem Ergebnis der Wahlen zusammensetzen. Damit hätten die Arbeiterparteien ein starkes Übergewicht erhalten. Überdies war Holy bei der Militärregierung in den Verdacht geraten, der von ihm zusammen mit seinem Bruder im Ministerium aufgebaute Ermittlungsdienst arbeite in Wirklichkeit als kommunistischer Nachrichtendienst. Beide wurden daraufhin entlassen.

Schmitts Rücktritt wegen seines Gegensatzes zum Ministerpräsidenten und zur Militärregierung

Hoegner lag auf der Linie der Militärregierung, die darauf drängte, zuerst die Hauptschuldigen abzuurteilen, während Schmitt aus Rücksicht auf künftige Wahlen zuerst die große Masse der Fälle der Minderbelasteten und Mitläufer behandeln wollte, die danach keinem Berufsverbot mehr unterlagen. Außerdem wollte Hoegner die CSU stärker einbinden und nicht die SPD auf Dauer die Hauptlast der vielfach unpopulären Entnazifizierung tragen lassen. So legte er Schmitt nach dem Ergebnis der Wahlen zur Verfassunggebenden Landesversammlung vom 30. Juni 1946 nahe, das Ministeramt einem Vertreter der CSU zu überlassen und sich mit dem Posten eines Staatssekretärs zu begnügen. Dies lehnte Schmitt ab und trat am 1. Juli 1946 zurück.

Die neue Tendenz der Entnazifizierungspolitik unter Minister Anton Pfeiffer

Nachfolger wurde der bisherige Staatssekretär in der Bayerischen Staatskanzlei, Anton Pfeiffer von der CSU; den Posten des Staatssekretärs erhielt der dortige Ministerialdirektor Hans Kraus (1879-1952).

Das erklärte Ziel von Pfeiffer war, die große Zahl der bereits erfolgten Entlassungen rückgängig zu machen und die Mehrheit der Mitläufer nicht zu bestrafen. Gleichzeitig erklärte er die Anklage der Hauptschuldigen und Belasteten für vordringlich. Stichproben ergaben, dass etwa 60 % der Spruchkammerbescheide der Ära Schmitt nicht haltbar waren. Pfeiffer unterbrach daraufhin den gesamten Spruchkammerbetrieb für die Zeit vom 12. bis 21. August 1946, ließ von den Juristen des inzwischen geschaffenen Kassationshofs beim Sonderministerium die Entscheidungen überprüfen und alle für irrig gehaltenen Sprüche aufheben. Es handelte sich um rund 10.000. Die Tendenz zur Entpolitisierung und Verrechtlichung der Verfahren wurde zunehmend deutlich.

Der Apparat des Staatsministeriums für Sonderaufgaben zur Zeit Pfeiffers

Pfeiffer schuf sechs Abteilungen des Ministeriums:

  1. Personalabteilung und allgemeine Verwaltung (Ministerialdirigent Robert Hertle, 1887-1971)
  2. Abteilung für Entnazifizierungsmaßnahmen
  3. Rechtsabteilung (Ministerialrat Jürgen Ziebell, SPD, geb. 1906)
  4. Kassationshof (Gottlieb Full, geb. 1880)
  5. Generalkläger (Thomas Dehler, FDP, 1897-1967)
  6. Abteilung für Internierungs- und Arbeitslager

Das Ministerium beschäftigte Ende November 1946 191 Personen. Leiter des Ermittlungsdienstes war Regierungsrat Viktor Risse (geb. 1904). Ende November unterstanden dem Sonderministerium insgesamt etwa 15.000 Personen, darunter allein 3.000 bis 4.000 Mann Wachmannschaften für die Lager.

Der Aufbau des Spruchkammerapparats unter Minister Pfeiffer

Pfeiffer baute den Spruchkammerapparat weiter aus und entließ zuerst rund 900 der insgesamt 1.200 Vertreter der KPD. Im November 1946 waren 201 Spruchkammern mit 357 Vorsitzenden, 358 Klägern und 3.307 Beisitzern tätig. Zusätzlich beschäftigten die Kläger 2.407 Personen, die Vorsitzenden weitere 1.362. Bei den Internierungs- und Arbeitslagern bestanden Lagerspruchkammern.

Minister Schmitt hatte in den Regierungsbezirken Sonderbeauftragte bestellt, die sich um den Kammerorganisationsaufbau kümmern sollten. Sie wurden im September 1946 wieder abgeschafft. Unter Pfeiffer entstanden entsprechend den jeweiligen Regierungsbezirken jetzt auch sieben Berufungskammern, die gleichzeitig Dienstaufsichtsbehörden der Spruchkammern waren. Die neuen Berufungskammern waren allerdings aus Mangel an Personen, die die Eignung für das höhere Richteramt oder den höheren Verwaltungsdienst besaßen, noch nicht in befriedigendem Maß entwickelt. Wegen des Personalmangels ermächtigte die Regierung den Minister für Sonderaufgaben am 26. November 1946 sogar dazu, notfalls unbelastete Personen zur Mitarbeit in den Spruchkammern zu verpflichten.

Der Kassationshof beim Sonderministerium

Der Kassationshof beim Sonderministerium wurde im September 1946 gebildet und bestand bis 1951. Präsident war der Reichsgerichtsrat Gottlieb Full. Er hatte die Dienstaufsicht über die Berufungs- und Spruchkammern. Außerdem war ein Generalkläger beim Kassationshof bestellt, der speziell die Aufsicht über die Kläger bei den Spruchkammern führte, Anträge an den Kassationshof stellen konnte und dem auch die Kontrolle der Internierungslager oblag. Generalkläger war vom 1. September 1946 bis 5. Januar 1947 der Landesvorsitzende der FDP, Thomas Dehler (1897-1967).

Das Sonderministerium und die Internierungslager

Die Militärregierung hatte bereits vom Sonderministerium unter Schmitt verlangt, Internierungslager bereitzustellen und genaue Pläne dafür vorzulegen. Praktisch sah dies so aus, dass die unter der Kontrolle der Militärregierung stehenden Lager in bayerische Hände übergingen. In diesen Lagern saßen vor allem Personen aus Bayern, die vom automatic arrest betroffen waren, den die Amerikaner in den ersten Monaten nach der Besatzungszeit verhängten.

Zunächst beschloss die Regierung die Einrichtung eines Landesamts für Arbeitslager. Zum Leiter wurde der aus dem Justizministerium kommende Rudolf Trabert (geb. 1904) bestellt, der dort für die Gefängnisverwaltung zuständig gewesen war. Das Landesamt kam aber über eine kurze Zeit der Einarbeitung nicht hinaus. Differenzen zwischen den einzelnen Ministerien behinderten seine Arbeit. Auf Anregung der Militärregierung gingen dann sämtliche Kompetenzen direkt auf das Sonderministerium über, in dem die Abteilung VI die Zuständigkeit für die Lager übernahm. Der amerikanische Militärgeheimdienst CIC (Counter Intelligence Corps) blieb aber dort vor Ort präsent. Unter Pfeiffer setzte das Sonderministerium einen Lagerleiter für jedes Lager ein, der dem Ministerium unmittelbar unterstellt war.

Ende November 1946 verwaltete das Ministerium für Sonderaufgaben vier Lager: Moosburg (Lkr. Freising), Regensburg, Nürnberg-Langwasser und das Frauenlager in Augsburg-Göggingen. Dazu kamen noch zwei Lazarette, das Internierungskrankenhaus Garmisch-Partenkirchen und das Lazarett für das Lager Langwasser in Fürth. Kurz darauf ging auch noch das Lager Hammelburg (Lkr. Bad-Kissingen) auf das Sonderministerium über. Die Lager waren während der Zeit der Herrschaft des Nationalsozialismus Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeiterlager gewesen.

Die Gesamtzahl der Lagerhäftlinge betrug am 23. November 1946 23.586. Obwohl man im Ministerium mit einem erheblichen Anstieg gerechnet hatte, waren es im April 1947 nicht mehr als 24.777. Von den Internierten betrug die Zahl der Arbeitslagerhäftlinge, d. h. der bereits von einer Spruchkammer zu Sühnemaßnahmen verurteilten Personen, etwa 8 %. Im April 1947 waren das 1.974 Personen. Bis Dezember 1947 stieg der Anteil dann auf 15,9 %, im Mai 1948 auf 27,4 %. Qualifiziertes Wachpersonal ließ sich nicht in ausreichender Zahl finden. Auch die sanitären Verhältnisse in den Lagern waren zeitweise katastrophal. Dagegen waren die Häftlinge mit der Ernährung besser gestellt als die übrige Bevölkerung. Die Amerikaner wollten keine Bilder, die an deutsche Konzentrationslagerhäftlinge erinnerten.

Das Verhältnis von Militärregierung, Sonderministerium und Spruchkammern

Die Spruchkammern und das Sonderministerium waren in ihrer Arbeit nicht souverän. Am 24. Mai 1946 wurde die "Special Branch" als eigener Zweig der Militärverwaltung aus der "Safety Branch" herausgelöst. Ihre Hauptaufgabe war nicht nur die Unterstützung, sondern auch die Kontrolle des Sonderministeriums und der Spruchkammern. Alle Anstellungen bei den Spruchkammern und beim Sonderministerium mussten von der Militärregierung genehmigt werden. Die "Special Branch" hatte auch das Recht, die Spruchkammern zu visitieren und über ihre Aufgaben zu unterweisen. Durch das "Delinquency and Error Report System" konnte die Besatzungsmacht jeden Spruch zunächst selbst überprüfen und - wenn sie es für nötig hielt - anschließend eine Nachprüfung durch das Ministerium und die Ansetzung eines neuen Verfahrens veranlassen. Für die Arbeitslager bestand eine "Labor Camp Section".

Pfeiffers Rücktritt

Trotz all ihrer Kontrollmechanismen waren die Amerikaner mit dem Ergebnis der Entnazifizierung unzufrieden, da das Spruchkammersystem ihrer Ansicht nach allzu viele ehemalige Nationalsozialisten zu bloßen Mitläufern herabstufte. General Clay hielt am 5. November im Länderrat eine scharfe Rede, in der er eigene Maßnahmen der Militärregierung ankündigte, falls nicht binnen zwei Monaten eine Besserung eintrete. Die bayerische Regierung war davon völlig überrascht. Pfeiffer reichte daraufhin sein Rücktrittsgesuch ein. Hoegner nahm es zwar nicht an, doch standen ohnehin für den 1. Dezember 1946 die ersten Landtagswahlen und danach eine Regierungsneubildung an. Insbesondere die inzwischen als Partei auf den Plan getretene populistische Wirtschaftliche Aufbauvereinigung (WAV) nützte die unpopuläre Entnazifizierung ungeniert zur Agitation gegen Minister Pfeiffer. Auch die CSU war immer mehr von ihm abgerückt.

Hoegner zog aus der Drohung Clays die Konsequenz, in die Entnazifizierung auch noch die Gewerkschaften einzubeziehen. Überdies wurde ein politischer Beirat beim Sonderministerium geschaffen, in den je fünf Vertreter der CSU und SPD, je drei von KPD und FDP und je fünf der Gewerkschaften aufgenommen wurden.

Die neue Linie unter Alfred Loritz als Staatsminister für Sonderaufgaben

Mit der vom "Hundhammer-Flügel" (benannt nach Alois Hundhammer, 1900-1974) der CSU betriebenen Heranführung der WAV an die Regierungskoalition und der am 12. Dezember 1946 erfolgten Ernennung ihres Vorsitzenden Alfred Loritz (WAV, 1902-1979) zum Leiter des Ministeriums für Sonderaufgaben nahm man zwar einem der schärfsten Konkurrenten der CSU den Wind aus den Segeln, übertrug aber damit die Aufgabe jemandem, dem die notwendigen Qualifikationen fehlten. Loritz hatte im Wahlkampf gefordert, dass nur die wirklich Schuldigen unnachsichtlich bestraft werden sollten, die große Masse dagegen, die nur durch wirtschaftlichen oder sonstigen Zwang beigetreten sei, freigesprochen werden müsse. Dies lief letzten Endes auf eine Generalamnestie für die Minderbelasteten und Mitläufer hinaus. Die Verfahren wurden massenhaft vom Schreibtisch aus erledigt.

Die Organisation des Sonderministeriums unter Loritz

Loritz pflegte mit seinen Untergebenen einen eigenwilligen und despotischen Umgangsstil. Höltermann, der Kraus am 21. Dezember 1946 als Staatssekretär nachgefolgt war, äußerte sich am 28. Januar 1947 beunruhigt über die Verhältnisse im Staatsministerium für Sonderaufgaben. Die meisten Berufungskammern und der Kassationshof seien nicht arbeitsfähig.

Wegen angeblicher Korruption entließ Loritz die drei Mitarbeiter Ziebell, Risse und Schmeisser. Freiwillig und zum Teil aus Protest folgten der Generalkläger Dehler, sein Stellvertreter Alfred Hartmann (1894-1967) und der Leiter der Personalabteilung Hertle, nachdem Loritz ihre wesentlichen Befugnisse in sein Ministerbüro gezogen hatte.

Das Personalreferat wurde von da an nur noch kommissarisch von einem Oberregierungsrat aus dem Polizeipräsidium München und einem Amtmann der Stadtverwaltung geführt.

Für die Rechtsabteilung sprang vorübergehend der Präsident der Berufungskammer München und maßgebende Kommentator des Befreiungsgesetzes, Erich Schullze (geb. 1876), ein, wodurch die bis dahin einzige halbwegs funktionierende Revisionsinstanz ihren Leiter verlor.

Loritz warf Staatssekretär Höltermann vor, über seinen Kopf hinweg zu handeln. Dieser ging schließlich im April 1947 in Urlaub und kündigte gleichzeitig an, nicht mehr zurückzukehren, solange Loritz im Amt sei. Offiziell amtierte er noch bis 28. Mai 1947. Schließlich vereinte Loritz die Ämter des Staatssekretärs und der Abteilungsleiter für Lager, Personal sowie des Generalklägers in seiner Person. In kurzer Zeit hatte er sein Ministerium in ein administratives Chaos verwandelt. Es fanden keine Referentenbesprechungen statt, das Mitteilungsblatt erschien nicht und die Spruchkammern erhielten nicht einmal die wichtigsten Erlasse zugestellt. Loritz und seine Vertrauensleute aus seiner Partei reisten im Land umher, stellten so den Kontakt zwischen Ministerium und Kammern her, visitierten die Spruchkammern und entließen des Öfteren kurzerhand deren Vorsitzende. Insgesamt wurden etwa 100 Angehörige von Spruchkammern entlassen oder traten von sich aus zurück. Der Apparat war nur noch funktionsfähig, weil die Militärregierung teilweise Verwaltungstätigkeiten übernahm.

Zunehmend mischten sich Angehörige der WAV in die Dienstgeschäfte ein und suchten Vorteile für sich und ihre Partei herauszuschlagen. Für seine rechte Hand, den Landtagsabgeordneten Julius Höllerer (1903-1968), richtete Loritz eine eigene Sonderabteilung ein, die dem Zweck diente, Sympathisanten und Mitgliedern der WAV am Gesetz vorbei bei der Entnazifizierung behilflich zu sein. Die WAV benutzte das Ministerium dazu, ihre Leute in Stellungen unterzubringen, in denen sie sowohl für das Ministerium als auch für die Partei arbeiten konnten.

In die Positionen von Klägern und Spruchkammervorsitzenden drangen WAV-Leute dagegen nicht überdurchschnittlich ein, weil sich nicht genug von ihnen fanden, die den Überprüfungen durch die Militärregierung standhielten.

Die Konflikte um die Internierungslager

Noch größer als im Ministerium war der Anteil der WAV an der Verwaltung und den Wach- und Hilfsmannschaften der Internierungslager. Beim Amtsantritt von Loritz war die Verantwortung für die Lager der deutschen Verwaltung übertragen worden.

Pfeiffer hatte bereits eine Reihe von Erleichterungen für die Insassen geschaffen (Genehmigung von Versorgungspaketen, Begegnungen mit Angehörigen, Möglichkeit des Hafturlaubs), da die eigentlich beabsichtigten Entlassungen in größerem Umfang gegen die Vorstellungen der Militärregierung nicht möglich waren. Ehard hätte die Lager am liebsten aufgelöst. Die Erleichterungen hatten dort zu unhaltbaren Zuständen geführt. Da Loritz sich deswegen nicht mit der Militärregierung anlegen wollte, versuchte er, die Situation durch neue, verstärkte Wachmannschaften und verschärfte Kontrollen in den Griff zu bekommen. Die anderen Minister verweigerten ihm die Unterstützung durch die Landpolizei.

In den Lagern hatte sich schon unter den Amerikanern eine Art Selbstverwaltung herausgebildet, die nach Angaben von Loritz im Kabinett am 4. Februar 1947 vor allem aus Nationalsozialisten und ehemaligen SS-Leuten bestand. Er gab an, dem bereits ein Ende bereitet zu haben. Auch sei überall der Ausgang gesperrt und niemand seitdem mehr aus den Lagern geflohen. Er entließ auch Lagerleiter, die er nicht für vertrauenswürdig hielt.

Ende April 1947 behauptete Loritz im Landtag, die Lagerfrage sei gelöst. Da das Kabinett keine Abstellung von Polizeikräften bewilligen wollte, hatte er den Aufbau eines privaten Wachdienstes in Angriff genommen. Der Kontrolldienst umfasste rund 100 Mann; die Hälfte kamen aus den Reihen der WAV, weitere 40 % standen ihr vermutlich nahe, die restlichen 10 % stellte die KPD. Der Wachdienst unterstand nicht der Lagerverwaltung im Ministerium, sondern Loritz persönlich. Seine Mitglieder durften weder der Lagerverwaltung noch der Militärregierung Auskünfte geben.

Die Militärregierung gab dem Kabinett zu verstehen, dass sie eine geheime politische Polizei nicht dulden werde, und verlangte die sofortige Auflösung des Kontrolldienstes. Im Landtag hagelte es daraufhin Angriffe auf Loritz. Man beschloss die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Ehard vermied es allerdings, Loritz deswegen zu entlassen, um in der Öffentlichkeit den Eindruck zu vermeiden, er habe auf Befehl der Amerikaner gehandelt.

Die Entlassung von Loritz durch Ministerpräsident Ehard

Die Militärregierung war mit der Amtsführung unter Loritz unzufrieden, insbesondere weil der Aufbau der Berufungskammern sehr schleppend vor sich ging. Sie hegte auch den Verdacht, dass Loritz seine Ministertätigkeit für parteipolitische Zwecke missbrauche und sogar seiner Partei durch Begünstigungen bei der Entnazifizierung Gelder verschaffe. Loritz seinerseits kritisierte das "Delinquency and Error Report System", das zur Verschleppung der Fälle, zu Ungerechtigkeiten und zum Zusammenbruch ganzer Verwaltungszweige führe.

Überraschenderweise präsentierte er dann im März 1947 dem Ministerpräsidenten eine Leistungsbilanz, die er am 25. April auch im Landtag vorstellte. Danach war eine Grobsortierung von 6,2 Mio. Meldebögen durchgeführt und die Weihnachts- und Jugendamnestie im Wesentlichen abgeschlossen. Schon vorher hatte er der Militärregierung gemeldet, dass die Zahl der Spruch- und Berufungskammern ständig anwachse. Die Berufungskammern konnten im Frühjahr 1947 ihre Arbeit aufnehmen. Durch die Verfahren gegen eine Reihe von NS-Prominenten hatte sich Loritz den Anschein des eifrigen Amnestierers gegeben, andererseits hatte er etwa 5,3 Mio. Personen die Mitteilung zusenden lassen, dass sie von der Entnazifizierung nichts mehr zu befürchten hätten.

Die Zusammenstöße zwischen Loritz und der Militärregierung störten die Pläne des Ministerpräsidenten, der die Kompetenzen der bayerischen Regierung ihr gegenüber deutlich abgrenzen und stärken wollte. Ehard befürchtete, Loritz liefere der Militärregierung Argumente für eine direkte Einmischung in die bayerische Verwaltung.

Inzwischen war Loritz aber auch in seiner eigenen Partei unter Druck geraten. Zwar hatte er in der WAV noch Anhänger, doch war die Gruppe seiner Gegner ebenfalls stark geworden. Ehard verlangte Auskunft, ob die von Loritz und seinen Leuten oder die von seinen Feinden verkörperte Richtung von der Militärregierung anerkannt sei. Loritz antwortete, die Militärregierung stehe voll hinter ihm. Tatsächlich hatte sich diese aber nicht festgelegt. Als Ehard darüber informiert wurde, erklärte er Loritz, er lasse sich von ihm nicht ins Gesicht lügen und entließ ihn. Der Landtag stimmte dem am 24. Juni 1947 mit großer Mehrheit zu.

Die Leitung und Erneuerung des Ministeriums durch Ludwig Hagenauer

Ehard ernannte dann seinen Stellvertreter, Justizminister Wilhelm Hoegner, zum Sonderminister, der seinerseits seinen Staatssekretär Ludwig Hagenauer (CSU, 1883-1949) mit der Führung der Geschäfte beauftragte. Am 15. Juli 1947 wurde Hagenauer dann letzter Minister des Sonderministeriums. Staatssekretär wurde der ehemalige Vorsitzende der Berufungskammer Nürnberg, Camille Sachs (1880-1959), der wegen seines Gegensatzes zu Loritz im März 1947 dieses Amt niedergelegt hatte.

Zur Zeit der Amtsübernahme Hagenauers waren im Ministerium 360 Personen beschäftigt, darunter nur ein höherer Berufsbeamter, dem aber die Fähigkeit für eine leitende Tätigkeit fehlte. Hagenauer forderte, einen qualifizierten Juristen hinzuzuziehen, um das Durcheinander beseitigen zu können. Von monatlich rund 2.000 zu bearbeitenden Vorgängen konnten bis dato nur etwa 200 erledigt werden. Am Kassationshof beliefen sich die Rückstände mittlerweile auf rund 8.000 Vorgänge, da seit dem Ausscheiden Dehlers die Stelle des Generalklägers nicht mehr besetzt worden war. Auch bei den Berufungskammern lagen die Fälle im Argen. Es mangelte an geeigneten Richtern ebenso wie an Lagerpersonal.

Mit der Materie erfahrene Leute wie Hertle (Ministerialdirektor, Leiter der Abteilung I Innere Verwaltung) und Trabert (Ministerialrat, Leiter der Abteilung II Entnazifizierungsmaßnahmen) kehrten jetzt wieder in das Ministerium zurück. Die Abteilung Internierungs- und Arbeitslager leitete nun als Ministerialrat Walter Rinke (1895-1983), die Rechtsabteilung mit dem Kassationshof Amtsgerichtspräsident Johann Knör. Mit Wilhelm Braun (geb. 1886), vormals Oberstaatsanwalt am Landgericht München I, wurde am 1. Januar 1948 wieder ein Generalkläger bestellt, der bis 1. Januar 1951 amtierte. Das Justizministerium ordnete Personal für das Sonderministerium ab, ohne dass dies die Lücken schließen konnte.

Der Wandel in der Politik der amerikanischen Besatzungsmacht und das Ende der Internierungslager

Der Amtswechsel im Ministerium fiel mit einem Umschwung in der amerikanischen Haltung zur Säuberungspolitik zusammen. Das Befreiungsgesetz und die Entnazifizierung erschienen jetzt als Hindernisse auf dem Weg zur wirtschaftlichen Erholung und als Störfaktoren für die Westintegration Deutschlands. Nur noch gegen die am schwersten belasteten Personen sollte jetzt vorgegangen, die übrigen neun Zehntel sollten unverzüglich zu Mitläufern erklärt und summarisch entlastet werden.

Der neue Sonderminister nutzte die Gunst der Stunde und verfügte auch die Entlassung der meisten Internierten. Bis zum 1. Oktober 1948 waren die Lager mit Ausnahme von Nürnberg-Langwasser geschlossen. Ende März 1949 hielten sich dort noch 75 Personen auf. Sie wurden in das Festhaltelager Eichstätt im dortigen Landgerichtsgefängnis verbracht, die Frauen ins nahegelegene Arbeitshaus Rebdorf. Anfang 1951 wurden die letzten Arbeitslagerhäftlinge erneut verlegt. Ziel war diesmal das Amtsgerichtsgefängnis Landshut, in dem eine eigene Abteilung "Arbeitslager Landshut" eingerichtet wurde, der ein Staatsanwalt vorstand. Im April 1952 lebten dort noch vier Personen. Sie erhielten schließlich einen Urlaub, aus dem sie nicht mehr zurückkehren mussten. Die Abteilung "Arbeitslager Landshut" wurde 1952 formell aufgelöst.

Das Ende des Ministeriums für Sonderaufgaben

Am 20. Juli 1949 starb Minister Hagenauer. Ehard übernahm das Ministerium selbst, ohne dies allerdings offiziell zu erklären. Mit der tatsächlichen Führung der Geschäfte beauftragte er den vorherigen Staatssekretär Camille Sachs, der seit dem 11. Februar 1947 als Ministerialdirektor im Sonderministerium fungierte.

Am 15. November 1949 verfügte der Ministerrat die Auflösung des Staatsministeriums für Sonderaufgaben. Ehard leitete daraufhin dem Landtagspräsidenten den Antrag zu, keinen eigenen Minister mehr zu bestellen und die Aufgabe auch keinem anderen Ministerium zu übertragen, sondern das Ministerium weiter geschäftsführend durch Sachs leiten zu lassen. Dagegen machte aber am 22. November der Rechts- und Verfassungsausschuss des Landtags verfassungsrechtliche Bedenken geltend. Daraufhin erklärte Ehard, er übernehme in seiner Eigenschaft als Finanzminister die Geschäfte des Ministers für politische Befreiung. Sachs leitete de facto weiter das Ressort.

Am 8. März 1950 beschloss der Landtag schließlich einstimmig die Auflösung des Ministeriums. Die weitere Abwicklung erfolgte durch das Finanzministerium unter dem Amt "Minister für politische Befreiung".

Das Gesetz zum Abschluss der politischen Befreiung in Bayern vom 27. Juli 1950 grenzte den Kreis der Betroffenen stark ein. Die Leitungsaufgaben gingen im November 1951 an das Justizministerium über. Justizminister Josef "Ochsensepp" Müller (BVP, CSU, 1898-1979) hatte das Nachfolgeamt des Ministeriums in seinen Bereich hinübergezogen, da für Sachs zum 31. Dezember 1951 der Ruhestand einsetzte.

Müller legte einen weitreichenden Gesetzentwurf vor, der die Entnazifizierung endgültig abschließen sollte, scheiterte aber damit. Danach wollte er wenigstens das Amt loswerden. Er bemühte sich darum beim Finanzministerium, beim Innenministerium, beim Landesamt für Verfassungsschutz und beim Verwaltungsgerichtspräsidenten, doch war keine Stelle dazu bereit, das Amt und damit die unpopuläre restliche Entnazifizierung zu übernehmen. Der Abwicklungsstab unter dem Amtsgerichtspräsidenten Johann Knör, dem letzten Leiter des Kassationshofs, bestand 1951 nur noch aus fünf Beamten; 1953 umfasste der ganze Restapparat einschließlich der Putzfrauen noch 40 Personen. Die Zuständigkeit blieb beim Justizministerium hängen. Der Geschäftsbereich des ehemaligen Sonderministeriums wurde als solcher aufgelöst. Formal wurde das Amt erst durch das dritte Gesetz zum Abschluss der politischen Befreiung vom 17. Dezember 1959 aufgehoben; der Kassationshof hörte bereits 1951 auf zu existieren.

Seit dem 1. September 1949 bestanden nur mehr die Berufungskammern in München und Nürnberg, seit 1954 nur noch die in München. Sie war seit 1954 nicht mehr ständig besetzt und stellte formell ihre Tätigkeit am 1. Januar 1960 ein. Bis zum 31. Oktober 1948 waren bereits 164 Spruchkammern aufgelöst, die restlichen in Hauptkammern zusammengefasst worden. Am 1. Januar 1949 amtierten noch elf. Seit dem 1. September 1949 gab es bloß mehr die Hauptkammern München und Nürnberg, seit dem zweiten Gesetz zum Abschluss der politischen Befreiung vom 3. August 1954 nur noch die in München. Sie stellte ebenfalls am 1. Januar 1960 ihre Tätigkeit ein.

Literatur

  • Reinhard Heydenreuter, Office of Military Government for Bavaria, in: Christoph Weisz (Hg.), OMGUS-Handbuch. Die amerikanische Militärregierung in Deutschland 1945-1949 (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 35), München 1995, 143-316.
  • Christa Horn, Die Internierungs- und Arbeitslager in Bayern 1945-1952 (Erlanger Historische Studien 16), Frankfurt am Main u. a. 1990.
  • Paul Hoser, Die Entnazifizierung in Bayern, in: Walter Schuster/Wolfgang Weber (Hg.), Entnazifizierung im regionalen Vergleich, Linz 2004, 473-510.
  • Peter Jakob Kock, Der Bayerische Landtag. Eine Chronik, München 3. Auflage 2006.
  • Lutz Niethammer, Die Mitläuferfabrik. Die Entnazifizierung am Beispiel Bayerns, Berlin/Bonn 1982.
  • Christiane Reuter, "Graue Eminenz der bayerischen Politik". Eine politische Biographie Anton Pfeiffers (1888-1957) (Miscellania Bavarica Monacensia 117), München 1987.
  • Wilhelm Volkert (Hg.), Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799-1980, München 1983, 316-317.
  • Hans Woller, Die Loritz-Partei. Geschichte, Struktur und Politik der Wirtschaftlichen Aufbau-Vereinigung (WAV) 1945-1955 (Studien zur Zeitgeschichte 19), Stuttgart 1982.

Quellen

  • Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Bestand MSo (Die Personakten der Kläger und Vorsitzenden bei den Spruchkammern sind im HStA in der EDV verzeichnet).
  • Bayerisches Jahrbuch 1950, 55. Jg., München 1949.
  • Die Protokolle des Bayerischen Ministerrats 1945-1954. Das Kabinett Ehard I. 21. Dezember 1946 bis 20. September 1947, bearbeitet von Karl-Ulrich Gelberg, München 2000.
  • Die Protokolle des Bayerischen Ministerrats 1945-1954. Das Kabinett Ehard II. 20. September 1947 bis Dezember 1950. 1. und 2. Band, bearbeitet von Karl-Ulrich Gelberg, München 2003, 2005.
  • Die Protokolle des Bayerischen Ministerrats 1945-1954. 3. Band: Das Kabinett Ehard II. 20. September 1947 bis Dezember 1950, München 2010.
  • Die Protokolle des Bayerischen Ministerrats 1945-1954. Das Kabinett Hoegner I. 28. September 1945 bis 21. Dezember 1946. 2 Bände, bearbeitet von Karl-Ulrich Gelberg, München 1997.
  • Mitteilungsblatt des bayerischen Staatsministeriums für Sonderaufgaben, 1946, Nr. 1/2 – 1948, Nr. 1.
  • Verhandlungen des Bayerischen Landtags I. Tagung 1946/1947-1954.

Weiterführende Recherche

Externe Links

Verwandte Artikel

Staatsministerium für politische Befreiung, Sonderministerium, Minister für Politische Befreiung

Empfohlene Zitierweise

Paul Hoser, Staatsministerium für Sonderaufgaben, publiziert am 11.02.2013; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Staatsministerium_für_Sonderaufgaben> (28.03.2024)