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Regensburg, Hochstift: Territorium und Struktur

Aus Historisches Lexikon Bayerns

von Diethard Schmid

Die Gründung des Bistums Regensburg 739 im Zuge der Neuorganisation der bayerischen Bistümer durch den Heiligen Bonifatius (gest. 754/55) bildete die Grundlage für die Entstehung des Regensburger Hochstifts. Sein Territorium vergrößerte sich durch Schenkungen, Kauf und Tausch und erstreckte sich auf Teile der Stadt Regensburg ("zwischen Dom und Donau"), Besitzungen im Raum Regensburg (u. a. Donaustauf, Wörth), auf dem Nordgau (v. a. Hohenburg) und in Niederbayern, mit Ausläufern nach Franken, Schwaben, Oberbayern und Niederösterreich. Im Ringen mit anderen weltlichen Territorialherrn (Könige bzw. Kaiser, Herzöge von Bayern) und reichsunmittelbaren Kräften in Regensburg gelang es den Regensburger Bischöfen nicht, ein größeres, in sich geschlossenes Territorium aufzubauen und die Stadtherrschaft über Regensburg zu erlangen. Finanzielle Schwierigkeiten führten mehrfach zur Verpfändung von Teilen des Besitzes (v. a. an die Wittelsbacher), die in einigen Fällen über Jahrhunderte fortbestand und manchmal gar zum dauerhaften Verlust führte. Die fehlenden Einnahmen aus den verpfändeten Gebietsteilen verschärften die finanziellen Probleme des Hochstifts zusätzlich. Ab 1437 verpflichtete das Domkapitel die Bischöfe auf Wahlkapitulationen. Die Fürstbischöfe von Regensburg waren Reichsstände, hatten in der Frühen Neuzeit Sitz und Stimme im bayerischen Kreistag und waren mit ihren Besitzungen im bayerischen Herzogtum/Kurfürstentum landsässig. Mit dem Reichsdeputations-Hauptschluss vom 25. Februar 1803 wurde das Hochstift zum Fürstentum Regensburg umgewandelt und Teil des Kurerzkanzlerstaats (Fürstentum Aschaffenburg, Fürstentum Regensburg und Grafschaft Wetzlar). 1809/10 fiel das Fürstentum Regensburg an das Königreich Bayern.

Entstehung im frühen Mittelalter

Besitzungen des Bistums/Hochstifts Regensburg im 10. Jahrhundert. (Gestaltung: Stefan Schnupp, Vorlage: Spinder/Diepolder, Bayerischer Geschichtsatlas, 15)

Das Bistum Regensburg wurde 739 im Rahmen der Neuorganisation des hl. Bonifatius (gest. 754/55) gegründet. Bischofsstuhl und Abtwürde des Klosters St. Emmeram waren bis in die Zeit des hl. Wolfgang (reg. 972-994) in einer Hand. Die kirchliche Organisation am Hof der agilolfingischen Herzöge hatte erhebliche Bedeutung für das gesamte Herzogtum. Die Absetzung Tassilos III. (reg. 748-788) und die Übernahme Bayerns in karolingische Verwaltung führte 798 zur Zuordnung Regensburgs zum Erzbistum Salzburg.

975 hob Bischof Wolfgang die Personalunion zwischen dem Bischofsstuhl und der Abtwürde von St. Emmeram auf und machte das Kloster selbständig. Darüber sind wir durch den St. Emmeramer Rotulus des 11. Jahrhunderts informiert. Das dahinter stehende Konzept ist gut erkennbar: Der Nahbesitz ging zu großen Teilen an St. Emmeram, die großen Königsforste und der Fernbesitz, wichtig für die politische Bedeutung, verblieben beim Bistum.

Bistum und Stadt Regensburg

Regensburg mit dem Gebiet vom Domplatz bis zur Donau. Ausschnitt aus: Beyläuffiger Entwurff. Wie die Grund Stück alhier in Regenspurg liegen und die 8. Wachten aneinander stossen, n. 1700. (Bayerische Staatsbibliothek, Cod. icon. 400)

Das Gebiet, über das der Bischof in Regensburg als weltlicher Herr verfügte, befand sich seit je zwischen Dom und Donau. Im Anschluss lag östlich das spätere Reichsstift Niedermünster. Am Alten Kornmarkt stand in der unmittelbaren Nachbarschaft erst eine königliche, später die bayerische Pfalz. Die späteren Stadterweiterungen brachten für das Bistum keine räumliche Erleichterung mit sich. Entsprechend gering war der Anteil der bischöflichen Untertanen in der Stadt.

Viele Bischofssitze haben sich zu Bischofsstädten entwickelt. An Regensburg zerrten derart viele Herrschaftsinteressen, dass es hier dem Bischof nicht gelang, sich zum Stadtherrn zu machen. Waren doch an der wichtigsten Handelsstadt Süddeutschlands nicht nur die Könige/Kaiser interessiert und zeigten die bayerischen Herzöge in der alten bayerischen Hauptstadt Präsenz, sondern strebte auch das zu Reichtum gekommene Bürgertum nach Macht und Einfluss. Die Bischöfe saßen im Wettlauf um die Macht in der Stadt letztlich am kürzeren Hebel. Am nächsten an der Stadtherrschaft war Bischof Siegfried (reg. 1227-1246). Als Kanzler Kaiser Friedrichs II. (reg. 1212-1250, Kaiser ab 1220) brauchte er zu Hause Ruhe und einigte sich mit der Bürgerschaft.

Die inneren Verhältnisse Regensburgs gerieten in der Folge in den Strudel der Differenzen zwischen Kaiser und Papst, wobei sich Bischof Siegfried und die Bürger in ihrer Kaisertreue lange einig waren. Erst als 1245 Kaiser Friedrich II. auf dem Konzil von Lyon abgesetzt und exkommuniziert wurde, konnte der Bischof dem Druck nicht mehr standhalten und wechselte ins päpstliche Lager. Damit war die bischöfliche Stadtherrschaft beendet. Sie hatte lange mit den kaiserlichen Interessen übereingestimmt und die Ansprüche der bayerischen Herzöge zurückgedrängt. Noch im Jahr des Bruchs zwischen Friedrich II. und Bischof Siegfried gewährte der Kaiser Regensburg ein eigenes Stadtrechtsprivileg.

War scheinbar die Reichsfreiheit ein Triumph der Bürgerschaft, die Regensburg eine Zeitlang eine wirtschaftliche Blüte bescherte, so wurde es mit dem Erstarken der bayerischen Herzogsgewalt von seiner Umgebung isoliert und war dem wachsenden Druck der wittelsbachischen Territorialgewalt ausgeliefert – ein Schicksal, das auf die Dauer Stadt und Hochstift miteinander teilten, so dass sich Aufstieg und Niedergang bei beiden bis zu einem gewissen Grad parallel entwickelten.

Die Entwicklung der bischöflichen Herrschaft bis zum Hochmittelalter

In Regensburg sind Vögte für das Bistum seit 810 nachweisbar. Im neunten Jahrhundert gab es für das Bistum 30 Vögte. Im 11. Jahrhundert waren die Vögte u.a. aus dem Geschlecht der Grafen von Vornbach und der Grafen von Bogen. Waren sie bis dahin vom König eingesetzt worden, so begann die Erblichkeit des Vogtamtes um 1040/50. Die jüngere Linie der Grafen von Bogen war bis zu ihrem Aussterben 1148 mit der Regensburger Vogtei betraut. 1179 ist Graf Gebhard von Sulzbach als Hochstiftsvogt belegt. 1189 ging das Amt auf die Lengenbacher über, die es bis 1220 innehatten.

Charakteristisch für die Entwicklung des Regensburger Bistumsbesitzes ist, dass es kaum gelang, flächenmäßig organisierte Territorien aufzubauen, sondern dass die bischöflichen Besitzungen Verkehrswege begleiteten und Schutzfunktion in einem weitgespannten Herrschaftsrahmen übernahmen.

Eigenklöster

Das Kloster St. Emmeram in Regensburg, gegründet vor 735, war zunächst Domkloster. Alle Schenkungen gingen gemeinsam an Bistum und Kloster, bis Bischof Wolfgang 975 das Kloster aus der bischöflichen Zuständigkeit löste und den Besitz teilte. Das Benediktinerinnenkloster Mittelmünster/St. Paul in Regensburg wurde 983 von Bischof Wolfgang gegründet, existierte als Kanonissenstift bis1588 und kam sodann an die Jesuiten. Das Kloster Prüll vor den Toren Regensburgs wurde wohl 997 von Bischof Gebhard I. (reg. 994-1023) gegründet, 1482 aufgehoben und danach durch die Kartäuser bis 1803 weitergeführt. Das Kloster Weltenburg (Lkr. Kelheim), entstand im 8. Jahrhundert, kam durch Herzog Arnulf (reg. 907-937) an den Regensburger Bischof; unter Bischof Wolfgang wurde es wiederbelebt. Auch im weiteren Verlauf blieb es bei der Abhängigkeit von Regensburg. Seine Vogtei war Lehen des Hochstifts; 1280 kaufte Bischof Heinrich III. von Rotteneck (reg. 1277-1296) sie zurück. Langfristig hatte sie jedoch keine Bedeutung. Das Kloster Mondsee, 748 gegründet, wurde 831 von Ludwig dem Frommen (reg. 814-840) an das Bistum Regensburg vertauscht. Bis zur Unterstellung des Klosters unter päpstlichen Schutz durch die Bulle Innozenz II. (reg. 1130-1143) 1142 verblieb es beim Hochstift.

Besitzungen

Ansicht des Marktes Donaustauf. Abb. aus: Martin Zeiller u. Matthaeus Merian, Topographia Bavariae, Frankfurt a.M. 1644, n. 82. (Bayerische Staatsbibliothek, Res/2 Bavar. 601-1)

Raum Regensburg

Aus dem Bestand der Reichsforste nördlich der Donau schenkte zwischen 863 und 876 König Ludwig der Deutsche (reg. 843-876) neu gerodetes Land für das in Wörth a. d. Donau bestehende bischöfliche Eigenkloster an die Regensburger Kirche. 914 übergab König Konrad I. (reg. 911-915) der Regensburger Kirche das Forstgebiet von Donaustauf. Rund um die Forstschenkungen entstanden eine Reihe von Burgen als Kristallisationspunkte für Rodung und zum Schutz gegen Übergriffe auf das bischöfliche Territorium; zu nennen sind Schönberg, Lichtenberg, Falkenstein, Brennberg, Wiesent-Heilsberg (alle Lkr. Regensburg) und Siegenstein (Lkr. Cham).

Auf bischöflich-regensburgischen Gütern sind auch im Gäuboden Ministerialen (Dienstleute) auf zumeist befestigten Plätzen nachzuweisen. Solche gab es in Alteglofsheim, Auburg, Barbing, Sünching, Zaitzkofen (alle Lkr. Regensburg) und in weiteren Orten. Die Sünchinger Ministerialen waren Marschälle des Bistums.

Nordgau

Schloss Hohenburg am Nordgau. Kupferstich, 19. Jahrhundert. (bavarikon) (Historischer Verein von Oberbayern - Bildersammlung, DE-1992-HV-BS-A-11-47)

Nordwestlich von Regensburg finden sich im Besitz des Bistums der Schlossberg bei Laaber, Beratzhausen-Ehrenfels, Oberpfraundorf (alle Lkr. Regensburg), Lupburg, Herrnried (beide Lkr. Neumarkt i.d.Opf.) und vor allem Hohenburg (Lkr. Amberg-Sulzbach) auf dem Nordgau. Um 1010 wird im Zusammenhang mit Hohenburg ein nicht näher zuzuordnender Graf Ernst genannt, dessen Witwe Pilifried Adelsbesitz an St. Emmeram schenkte. Nach 1100 übergab ein Ernestus de Hohenburch Besitz an das Kloster Geisenfeld (Lkr. Pfaffenhofen a. d. Ilm). 1154 trugen die beiden Brüder Ernst und Friedrich den Titel comes. Sie hatten (wohl eine Fälschung) 1142 für den Fall ihres kinderlosen Todes ihre Herrschaft Hohenburg an Regensburg vermacht. 1257 kam Hohenburg an das Hochstift Regensburg.

Niederbayern

890 schenkte Aspert, der Kanzler König Arnulfs (reg. 887-899), die Kapelle von Velden (Lkr. Landshut) an das Kloster St. Emmeram. Und König Ludwig IV. das Kind (reg. 900-911) übertrug 903 den Königsgutbezirk an der Vils zusammen mit dem vilsabwärts gelegenen Eberspoint (Lkr. Landshut). Dingolfing war schon vor 833 an das Kloster St. Emmeram gelangt. Im benachbarten Teisbach (Lkr. Dingolfing-Landau) hatte Graf Heinrich von Frontenhausen (gest. um 1207) 1180 zur Sicherung der Isarbrücke eine Burg errichtet. Mit dem Aussterben der Frontenhausener – der letzte war Konrad IV. (reg. 1204-1226), Bischof von Regensburg – ging der gesamte Familienbesitz 1226 an das Hochstift. Dabei war auch Pilsting (Lkr. Dingolfing-Landau), wo der Regensburger Bischof bereits vor dem Frontenhausener Erbe eine Propstei hatte. Zu den niederbayerischen Besitzungen gehörten verkehrsbegleitend auch Güter und Rechte zwischen Regensburg und Landshut: Die Heilsberger/Eggmühler waren mit Eggmühl (Lkr. Regensburg) Doppelministerialen des Hochstifts und der Wittelsbacher, Ergoldsbach (Lkr. Lanshut) war seit 1295 regensburgisch, Essenbach (Lkr. Landshut) ebenfalls Regensburger Besitz. Schon vor der Gründung Landshuts besaß der Regensburger Bischof in Altdorf bei Landshut eine Burg am Isar-Übergang, die 1203 Herzog Ludwig I. der Kelheimer (reg. 1183-1231) einnahm und nach Landshut verlegte.

Streubesitz in Süddeutschland

Zu Regensburg gehörte u.a. auch Streubesitz im Raum Straubing (Perkam, Lkr. Straubing-Bogen), um Cham und Chammünster (Lkr. Cham), und Besitzungen in Spalt (Lkr. Roth), in Öhringen in Württemberg, sowie Wemding (Lkr. Donau-Ries), 798 angeblich von Karl dem Großen (reg. 768-814) an St. Emmeram geschenkt.

Das Inntal und Rosenheim

Schloss Hohenburg am Inn, Stich von Michael Wening (1645-1718). Abb. aus: Wening, Michael: Historico-Topographica Descriptio. Bd.: (1), Das Renntambt München, München, 1701, M 223. (Bayerische Staatsbibliothek, Hbks/F 18 c-1)

902 tauschten der Edle Radolt und seine Gemahlin Adalona Güter im Brixental gegen Lehen im Raum südlich von Regensburg. Die Grafschaft im Inntal erhielt das Bistum Regensburg zum ersten Mal wohl um 1017, als Graf Rapoto abgesetzt und verurteilt wurde. Sein Bruder Gebhard (reg. 994-1023) war damals Bischof von Regensburg. Die Verleihung selbst ist nicht überliefert, bot sich jedoch an. Unter Bischof Heinrich I. von Wolfratshausen (reg. 1132-1155) nahm Herzog Heinrich der Stolze (reg. 1126-1138 als Herzog von Bayern) 1133 die Grafschaft zu Lehen. 1205/1212 war Herzog Ludwig I. von Bayern weiterhin im Lehensbesitz, während die Burg Kufstein gemeinsames Eigentum von Bayern und dem Bistum war. Das Brixental mit Hopfgarten und der Engelsburg, vor 1226 errichtet, hatte sich mittlerweile zu einem eigenständigen Güterkomplex in Händen der Regensburger Kirche entwickelt.

Die älteste Erwähnung Rosenheims bezieht sich auf eine Burganlage am benachbarten Schloßberg. Dort erbauten die Grafen von Wasserburg auf dem Besitz des Bischofs von Regensburg 1232 eine Burg. Die Wasserburger waren vielfältig mit Regensburg verbunden; 1247 wurden sie von den Wittelsbachern vertrieben. Länger währte Regensburgs Herrschaft über Alten- und Neubeuern (beide Lkr. Rosenheim). Das Gebiet mochte gegen Ende des 10. Jahrhunderts an das Bistum gekommen sein.

Zu nennen ist noch die Herrschaft Hohenburg am Inn (Lkr. Rosenheim). Die Grafschaft kam nach dem Aussterben der Hohenburger 1175 an die Grafen von Frontenhausen und ging als Teil dieses Erbes 1226 an das Hochstift Regensburg. Die Burg komplettierte die Regensburger Güter im Raum Rosenheim. Der Besitz im Inntal ist die Fortsetzung der Besitzreihe in Niederbayern und diente dem Schutz der wichtigen Handelsroute nach Italien.

Niederösterreich

In einem "loco Bersnicha", der unterschiedlich zugeordnet wird (wohl im Raum Tulln), vermachte 834 Graf Wilhelm Güter und Hörige. 837 übertrug Graf Ratpot seinen Besitz in Rust an St. Emmeram.

832 schenkte König Ludwig der Deutsche an Abtbischof Baturich (reg. 817-847) Gebiet an der Mündung der Erlauf; dies war Ursprung der regensburgischen Besitzungen um Pöchlarn (Niederösterreich).

Ein bedeutender Teil des Regensburger Kirchenbesitzes im Raum Wien ist wohl schon seit dem 10. Jahrhundert in der Herrschaft Orth organisiert. Ihr Einfluss erstreckte sich vom Tullnerfeld über Güter und Rechte nördlich von Wien bis in das Marchfeld, wo Hoch- und Niedergerichtsrechte und die Vogtei für eine ganze Reihe von Dörfern und festen Plätzen genannt werden.

Der Niedergang im späten Mittelalter

Die Doppelwahl von 1340

Allgemein wird die Regensburger Doppelwahl von 1340 nach dem Tod von Bischof Nikolaus (reg. 1313-1340) als einschneidendes Ereignis genannt, bei dem es zu jahrelangen Auseinandersetzungen zwischen Heinrich von Stein (reg. 1340-1345) und Friedrich von Stauf (reg. 1340-1365) kam. Friedrich wurde unterstützt durch den Papst und den Rat der Stadt, hatte jedoch im Bistum im Vergleich mit Heinrich von Stein, dem Domherrn und Eichstätter Domdechanten, die schwächere Stellung; auf seiner Seite waren die Mehrheit der Hochstiftsministerialen und Kaiser Ludwig der Bayer (reg. 1314-1347 als röm.-dt. König, Kaiser ab 1328).

Die Forstgebiete

Donaulandschaft mit Schloss Wörth, Gemälde von Albrecht Altdorfer (um 1480-1538), um 1520/25. (Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Alte Pinakothek München Inv. WAF 30 lizensisert durch CC BY-SA 4.0)
Burgen des Hochstifts Regensburg zur Sicherung der Forstgebiete. (Gestaltung: Stefan Schnupp; Vorlage und Angaben: Diethard Schmid)

Beide Bischöfe versuchten ihre finanziellen Schwierigkeiten durch Verpfändungen zu beheben. Die Auseinandersetzung gewann 1347 Bischof Friedrich; er gab seine vier Burgen Donaustauf, Wörth sowie die beiden Hohenburg an Ludwig den Bayern. Nach dessen plötzlichem Tod kam Wörth an Markgraf Ludwig den Brandenburger (reg. 1323-1351, 1347-1361 als Herzog von [Ober-]Bayern), sodann an Herzog Wilhelm III. von Bayern-München (reg. 1397-1435), der auf dem Basler Konzil der Rückgabe der Herrschaft an das Hochstift 1433/34 zustimmen musste.

Auch Donaustauf entglitt dem Hochstift. 1355 wollte Kaiser Karl IV. (reg. 1346-1378, ab 1355 Kaiser) beide Orte erwerben. Er suchte einen Brückenkopf an der Donau. Das Geschäft kam jedoch nicht zustande – Wörth wurde nicht ausgelöst, Donaustauf verblieb nur pfandweise bei Karl IV. Dieser lieh dem Bischof bereitwillig weiter Geld, bis das Domkapitel dies unterband, denn die Absicht des Kaisers, durch praktische Unlösbarkeit in den Besitz der Herrschaft zu gelangen, war unübersehbar. Danach kam Donaustauf auf dem Tauschweg 1372 in den Besitz der bayerischen Herzöge.

Nun ließen die sich die Bischöfe formal jahrhundertelang vom Reich mit Donaustauf belehnen, bis es 1715 doch noch zu einer Rücklösung durch das Hochstift kam, wo die Herrschaft trotz dauernde Konflikte mit Bayern bis zum Ende des Alten Reiches verblieb.

Die Burgen rund um die Forste verlor das Hochstift in der ersten Hälfte des 14.Jahrhunderts. Es handelte sich um Schönberg, Lichtenberg/Lichtenwald, Falkenstein, Brennberg, Wiesent-Heilsberg und Siegenstein.

Machtverluste im Raum Regensburg

Mit dem beginnenden 14. Jahrhundert lockerten sich die Bindungen des Hochstifts zu seinen Rittern und Dienstleuten. So in Alteglofsheim (Verkauf 1387), Sanding (Lkr. Regensburg; Verkauf 1391) sowie Sarching (Lkr. Regensburg; Verkauf 1407). Ebenfalls im 14. Jahrhundert wurde entfremdet: Sünching vor 1327 durch das Aussterben der Sünchinger Ministerialen. Nach Köfering (Lkr. Regensburg) nannten sich seit der Mitte des 14. Jahrhunderts die Haidauer, die engsten wittelsbachischen Gefolgsleute. In Langenerling (Lkr. Regensburg) sind bis 1380 hochstiftische Beamte belegt, ab 1400 siegelte Heinrich der Nothaft von Wernberg. Zu schleichender Entfremdung kam es auch in Niedertraubling, Riekofen, Zaitzkofen (alle Lkr. Regensburg) und Weichs (Stadt Regensburg).

Dem Hochstift blieben nur die Hofmarken Eitting (Lkr. Straubing-Bogen), Geisling (Lkr. Regensburg), (Burg-)Weinting (Lkr. Regensburg) und Dechbetten (Stadt Regensburg). Es versuchte vergeblich, für sie die Reichsunmittelbarkeit zu erreichen.

Verluste auf dem Nordgau

Als Grafschaft hatte Hohenburg den Rang einer Reichsherrschaft. Sie geriet am Ende des 14. Jahrhunderts in den Strudel der Verpfändungen, 1392 ging sie erst in die Hand von Regensburger Bürgern über, dann gelangte sie an Herzog Ludwig IX. von Bayern-Landshut (reg. 1450-1479). Nach längeren Querelen kam es 1418 zu einer Rückführung von Hohenburg in die hochstiftische Zugehörigkeit.

Ansonsten verlor das Hochstift auf dem Nordgau im 14. und beginnenden 15. Jahrhundert den größten Teil seiner Besitzungen, darunter auch Lupburg, das bis 1381 verschiedentlich verpfändet war und durch Bischof Johann von Moosburg (reg. 1384-1409) 1387 an Bayern-Landshut, 1392 an Bayern-München kam.

Verluste in Niederbayern

1265 hatte der Regensburger Bischof auf seine Rechte in Dingolfing verzichtet, die nahe Festung Teisbach war geschleift worden. Aber erst 1386 gelangte Teisbach endgültig an Bayern und wurde Sitz eines wittelsbachischen Pfleggerichts. Gleichzeitig kamen auch die zu Teisbach gehörenden Orte Ergoldsbach und Essenbach an Bayern, so dass die gesamte Fernstraße von Regensburg nach Landshut und große Besitzungen im Isartal wittelsbachisch wurden. Lediglich die Herrschaft Velden-Eberspoint blieb regensburgisch.

Verluste im Inntal

Im Inntal war, wie an der Isar, der Druck der wittelsbachischen Expansion stark zu spüren. Da war nicht nur das Interesse an landwirtschaftlichen Abgaben und am Gewerbe, sondern vor allem die Verkehrswege mit den daraus hervorgehenden Einnahmen und die Kontrolle darüber. Im Inntal blieb nur die Herrschaft Hohenburg am Inn regensburgisch, alle anderen Besitzungen gingen dem Hochstift verloren. 1364 bzw. 1388 verkaufte Bischof Johann I. (reg. 1384-1409) Alten- und Neubeuern, die seitdem Hofmarken im Landgericht Rosenheim waren. 1380/84 wurde das Brixental an das Erzbistum Salzburg verkauft.

Die niederösterreichischen Besitzungen

Der Großteil der österreichischen Besitzungen war vom Hochstift als Lehen vergeben. Lediglich Pöchlarn wurde bis 1810 durch hochstiftische Pfleger verwaltet.

Entwicklung in der Neuzeit

Die vor allem im 15. Jahrhundert entstandene Situation, dass zwei wichtige Territorien des Hochstifts in fremden Händen waren – Donaustauf und Wörth – brachte für den Bischof einen Wegfall der regelmäßigen Einnahmen. Dies wirkte sich langfristig dahingehend aus, dass die Bischöfe immer wieder Objekte verpfändeten oder verkauften. Dadurch geriet das Hochstift in einen Abwärtssog.

Das Domkapitel setzte 1437 durch, dass jeder gewählte Bischof auf Wahlkapitulationen verpflichtet wurde, die seine Regierung auf Sparsamkeit festlegten. Dennoch kamen neben profilierten Bischöfen wie Konrad von Soest (reg. 1428-1437) immer wieder Persönlichkeiten auf den Regensburger Bischofsstuhl, die ihre kirchlichen Aufgaben vernachlässigten und sich für die weltlichen Interessen der Regensburger Kirche ebenfalls nicht engagierten. Bestes Beispiel ist der nie zum Bischof geweihte Administrator Johann III. von der Pfalz (1507-1538). Das Hochstift Regensburg geriet in der Neuzeit in das Schlepptau der wittelsbachischen Politik, in den Konflikt zwischen päpstlichen und bayerischen Interessen, gepaart mit einer ständig wachsenden Schuldenlast. In diesem Zusammenhang kam es zur Wahl des erst dreijährigen Prinzen Philipp Wilhelm von Bayern (1579-1598) zum Bischof, den ein Administrator vertrat.

Das 17. Jahrhundert brachte Belastungen durch den dreißigjährigen Krieg und das Hin und Her der Konfessionszugehörigkeiten samt der Rekatholisierung der Oberpfalz durch Maximilian I. von Bayern (reg. 1597-1651, ab 1623 als Kurfürst), die vor allem das Gebiet der Regensburger Diözese betraf. Schon im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts begann für das Hochstift das Säkulum der wittelsbachischen Fürstbischöfe, die zumeist in Personalunion mehrere geistliche Ämter innehatten; an Regensburg hatten sie kein Interesse.

Das Fürstentum Regensburg

Der Reichsdeputations-Hauptschluss vom 25. Februar 1803 schuf für den Kurfürst/Erzbischof von Mainz, Karl Theodor von Dalberg (1744-1817), den Kurerzkanzlerstaat. Er bestand aus dem Fürstentum Aschaffenburg, dem Fürstentum Regensburg und der Grafschaft Wetzlar und existierte bis 1810; dann wurde er dem Königreich Bayern einverleibt.

Quellenlage und Forschungsstand

Die Quellenlage für das mittelalterliche Bistum und Hochstift ist verglichen mit benachbarten Territorien eher schlecht. Die Traditionen des Hochstifts Regensburg wurden von Josef Widemann (1870-1962) ediert. Allerdings sind in den letzten Jahren im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München erhebliche Fortschritte bei der Regestierung der Urkundenbestände gemacht worden, so dass nunmehr deutlich mehr Quellen auch aufbereitet zur Verfügung stehen. Auch in Regensburg selbst sind z. B. beim Historischen Verein und im Archiv des Katharinenspitals umfängliche Editionsarbeiten erfolgt. Zusätzlich liegen nunmehr für das in Altbayern gelegene Territorium des Hochstifts alle einschlägigen Bände des Historischen Atlas von Bayern vor.

Die Zeitschriftenreihen der "Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg" (VHVO) und die "Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg" (BGBR) enthalten wichtige Forschungsergebnisse, ebenso wie die Reihe der "Studien und Quellen zur Geschichte Regensburgs", die vom Stadtarchiv Regensburg herausgegeben wird.

Selbstverständlich hat sich auch die Universität Regensburg ganz außerordentlich fruchtbringend auf die Forschungslage ausgewirkt und Regensburg insgesamt als Forschungsobjekt in vielfältiger Weise bearbeitet.

Literatur

  • Dieter Albrecht, Hochstift Regensburg, in: Andreas Kraus (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte, 3. Band / 3. Teil: Geschichte der Oberpfalz und des bayerischen Reichskreises bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, München 1995, 246-252.
  • Andreas Boos, Burgen im Süden der Oberpfalz. Die früh- und hochmittelalterlichen Befestigungen des Regensburger Umlandes (Regensburger Studien und Quellen zur Kulturgeschichte 5), Regensburg 1998.
  • Werner Chrobak, Die Säkularisation der Klöster im Bereich der heutigen Stadt Regensburg, in: Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg 37 (2003), 129-168.
  • Silvia Codreanu-Windauer/Heinrich Wanderwitz, Die frühe Kirche in der Diözese Regensburg. Betrachtungen zu den archäologischen und schriftlichen Quellen bis zum Ende des 8. Jahrhunderts, in: 1250 Jahre Kunst und Kultur im Bistum Regensburg (Kataloge und Schriften / Kunstsammlungen des Bistums Regensburg: Diözesanmuseum Regensburg 7), München-Zürich 1989, 9-45.
  • Konrad Maria Färber, Kaiser und Erzkanzler. Carl von Dalberg und Napoleon am Ende des Alten Reiches (Studien und Quellen zu Geschichte Regensburgs 5), Regensburg 1988.
  • Karl Hausberger, Das Bistum Regensburg. Seine Geschichte, Regensburg 2004.
  • Karl Hausberger, Geschichte des Bistum Regensburg, 2 Bände, Regensburg 1989.
  • Wilhelm Hausenstein, Die Wiedervereinigung Regensburgs mit Bayern im Jahre 1810 (Zur Beurteilung Karls von Dalberg), München 1905.
  • Erbert Junker, Der niederösterreichische Besitz des Hochstifts Regensburg (Beiträge zur Geschichte der Eigengüter und Lehensobjekte), Diss. Masch., Wien 1955.
  • Karl Lechner (Hg.), Handbuch der Historischen Stätten Österreich, Bd. 1, Donauländer und Burgenland, Stuttgart 1985.
  • Matthias Mayer, Der Tiroler Anteil des Erzbistums Salzburg, 2. Heft: Westendorf, Hopfgarten, Kelchsau, Itter, Selbstverlag 1940.
  • Peter Morsbach (Red.), Ratisbona Sacra. Das Bistum Regensburg im Mittelalter. Ausstellung anläßlich des 1250jährigen Jubiläums der kanonischen Errichtung des Bistums Regensburg durch Bonifatius 739-1989, München/Zürich 1989.
  • Carl Plank, Die Regensburger Grafschaft im Unterinntal und die Rapotonen, in: Festschrift Otto Stolz (Veröffentlichung des Museum Ferdinande 31), Innsbruck 1951, 561-565.
  • Erwin Probst, Regensburgs Weg von der Reichsstadt zum bayerischen Staat, in: Die Oberpfalz (1960), 269-281, 302-307.
  • Alois Schmid, Regensburg. Reichsstadt – Fürstbischof – Reichsstifte - Herzogshof (Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern 60), München 1995.
  • Diethard Schmid, Die Herren von Lengenbach als Domvögte von Regensburg, in: Ferdinand Kramer/Wilhelm Störmer (Hg.), Hochmittelalterliche Adelsfamilien in Altbayern, Franken und Schwaben (Studien zur Bayerischen Verfassungs- und Sozialgeschichte XX), München 2005, 341-372.
  • Diethard Schmid, Regensburg II. Das Landgericht Haidau-Pfatter und die pfalz-neuburgische Herrschaft Heilsberg-Wiesent (Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern 66), München 2014.
  • Peter Schmid (Hg.), Geschichte der Stadt Regensburg, 2 Bände, Regensburg 2000.
  • Peter Schmid, Die Herrschaftsträger und ihre Einflußsphären im früh- und hochmittelalterlichen Regensburg, in: Martin Angerer/Heinrich Wanderwitz (Hg.), Regensburg im Mittelalter, Bd. 1: Beiträge zur Stadtgeschichte vom frühen Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit, Regensburg 1995, 45-56.
  • Peter Schmid, Die Reichsstadt Regensburg, in: Andreas Kraus (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte, 3. Band / 3. Teil: Geschichte der Oberpfalz und des bayerischen Reichskreises bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, München 1995, 302-326.

Quellen

  • Franz Bastian/Josef Widemann, Regensburger Urkundenbuch. 2. Band: Urkunden der Stadt 1351-1378 (Monumenta Boica 54, NF 8), München 1956.
  • Historischer Verein für Oberpfalz und Regensburg: Archivrepertorien. 1. Teil (H.1 ): Manuskripte Oberpfalz. Unter Mitwirkung von G. Köglmeier bearb. v. W. Volkert, Regensburg 1992. II. Teil (H. 1): Urkundenregesten von 1180 bis 1680, bearb. v. W. Volkert, Regensburg 1996.
  • Josef Widemann, Regensburger Urkundenbuch. 1. Band: Urkunden der Stadt bis zum Jahr 1350 (Monumenta Boica 53), München 1912.
  • Josef Widemann, Die Traditionen des Hochstifts Regensburg und des Klosters St. Emmeram (Quellen und Erörterungen zur bayerischen Geschichte, NF 8), München 1942/43.

Weiterführende Recherche

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Empfohlene Zitierweise

Diethard Schmid, Regensburg, Hochstift: Territorium und Struktur, publiziert am 14.05.2019, in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Regensburg,_Hochstift:_Territorium_und_Struktur> (6.12.2024)