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Maxhütte

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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Die Maxhütte an ihrem Hauptstandort in Sulzbach-Rosenberg in den 1970er Jahren. (Sammlung Ehepaar Schröder, Privatarchiv Adrian Roßner)

von Benedikt Ertl

Die nach König Maximilian II. (1811-1864, reg. ab 1848) benannte Eisenwerk-Gesellschaft Maximilianshütte (kurz: Maxhütte) war im 19. und 20. Jahrhundert eines der führenden integrierten Bergbau- und Hüttenunternehmen in Bayern. Die Grundlage für die Unternehmensgründung in der mittleren Oberpfalz 1851/53 bildeten die dortigen Eisenerzvorkommen. Als einer der ersten bayerischen Industriebetriebe im Montanbereich produzierte die Maxhütte die Materialien für den Eisenbahnbau im Land und steht symbolisch für die Industrialisierung in Bayern. Die Stahlkrise der 1970er und 1980er Jahre sowie interne und strukturelle Herausforderungen führten 1987 zum ersten Konkurs. 2002 wurde der Betrieb mit Hauptsitz in Sulzbach-Rosenberg stillgelegt.

Vom Montangewerbe zur Montanindustrie

Bereits im Mittelalter wurde auf dem Gebiet der heutigen Oberpfalz Eisenerzbergbau und Eisenverhüttung in großem Umfang betrieben. Zentrum der oberpfälzischen Montanwirtschaft bildeten die Städte Amberg und Sulzbach (seit 1934 Sulzbach-Rosenberg, Lkr. Amberg-Sulzbach).

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation für die Sulzbacher sowie für die gesamte bayerische Montanwirtschaft. Diese Entwicklung führte zu einer existenzbedrohenden Situation für das Oberpfälzer Montangewerbe bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. In dieser Umbruchsphase setzte die Gründung der Maxhütte neue wegweisende Impulse bei der Industrialisierung der oberpfälzischen Montanwirtschaft und für den Industrialisierungsprozess des Königreichs Bayern. Mit der Gründung der Maxhütte zentralisierte sich das zuvor dezentral aufgestellte Montangewerbe in industriellen Großbetrieben, mit denen die Epoche der industriellen Produktion von Eisen und Stahl in Bayern begann.

Die Vorgesellschaft: Belgisches Kapital und ausländische Fachkräfte

Die Anfänge des Unternehmens gehen auf die beiden belgischen Industriellen Télémaque Michiels (1799-1860) und Henry Goffard (gest. 1854) zurück, die 1851 die "Commanditgesellschaft auf Aktien Michiels & Goffard Cie" gründeten und in dem Weiler Sauforst (Stadt Maxhütte-Haidhof, Lkr. Schwandorf) ein Eisenwalzwerk errichteten. Michiels und Goffard waren bereits 1835 an der Gründung des Stahl- und Walzwerks Michiels & Co in Eschweiler-Aue (Nordrhein-Westfalen) beteiligt. Belgische Industrielle trugen mit Know-How und Finanzmitteln wesentlich zum Aufbau der Eisen- und Stahlindustrie in Deutschland bei. Auch bei der Gründung der Maxhütte spielten Kapital und Fachkräfte aus Belgien eine zentrale Rolle. Folgerichtig kann die belgische Beteiligung durchaus als wegweisend bei der Industrialisierung der bayerischen Montanwirtschaft bezeichnet werden. Der spätere Maxhüttendirektor Ernst von Fromm (1854-1923) bezeichnete die belgische Investitionen noch 1914 nach Beginn des Ersten Weltkriegs als bedeutenden Schritt bei der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. Nach Schätzung Fromms waren im September 1914 noch ca. 20 % der Aktien des Unternehmens in den Händen belgischer Aktionäre, der Rest gehörte überwiegend bayerischen Investoren.

Von der Kommandit- zur Aktiengesellschaft: Die Gründung der Maxhütte

Für die seit den 1840er Jahren betriebene Eisenbahnerschließung des Königreiches Bayern wurden Eisen und Stahl aus industrieller Produktion benötigt, es fehlten jedoch bis 1851 im rechtsrheinischen Bayern Industriebetriebe für deren Produktion. Daher förderte der bayerische Staat die Gründung der Maxhütte durch die Zusage, in den Jahren 1851/52 bis 1862/63 die Produktion an Eisenbahnschienen abzunehmen. Im Gegenzug verpflichtete sich die Maxhütte 200 bis 250 bayerische Arbeiter zu beschäftigen und auszubilden. In den Maxhütten-Werken wurden Eisenbahnschienen, Achsen, Radreifen und schwere Bleche produziert wie sie bisher in Bayern noch nicht gefertigt wurden. Nach finanziellen Problemen und Unstimmigkeiten bei der Unternehmensführung musste die Commanditgesellschaft 1853 als "Eisenwerk-Gesellschaft Maximilianshütte Aktiengesellschaft" rechtlich und finanziell neu aufgestellt werden. Als Investoren betätigten sich jetzt nun vermehrt bayerische Unternehmer, darunter namhafte Industrielle und Förderer des Eisenbahnausbaues wie Josef von Maffei (1790-1870) aus München.

Die Unternehmensstandorte der Maxhütte

Luftaufnahme des Stadtteils Rosenberg aus den 1950er Jahren, die den dörflichen Charakter Rosenbergs zeigt. Links unten ist das ehemalige "Flick-Stadion" des TuS Rosenberg zu sehen, das bis 2012 nach Friedrich Flick benannt war. (Stadtarchiv Sulzbach-Rosenberg, B 1.1 105-002)

Goffard und Michiels wählten den Standort Sauforst wegen der dortigen Braunkohlenvorkommen und der Nähe zu den Amberger Eisenerzvorkommen. Die oberpfälzer Braunkohle erwies sich jedoch als nur begrenzt geeignet für die Eisenproduktion, weshalb Braun- und Steinkohle aus anderen Regionen importiert werden musste. Wie viele nordostbayerische Industriebetriebe bezog die Maxhütte einen Großteil ihrer benötigten Kohle aus dem Falkenauer Revier im benachbarten Böhmen. Den Transport von Rohstoffen und Erzeugnissen der Maxhütte ermöglichte der durch die Bayerische Ostbahn-Aktiengesellschaft betriebene Bau der Bahnstrecken Regensburg-Schwandorf-Amberg-Sulzbach-Nürnberg und Schwandorf-Weiden-Eger-Hof mit der Bahnstation Haidhof in den 1850er Jahren. In den ersten Jahren kaufte die Maxhütte Eisenerz vom staatlichen Bergamt Amberg und Roheisen zur Weiterverarbeitung von regionalen Hüttenbetrieben, bevor das Unternehmen 1859 in Sulzbach-Rosenberg eigene Eisenerzvorkommen erwarb und 1864 den ersten Hochofen für die industrielle Eisenproduktion in Rosenberg bei Sulzbach in Betrieb nahm. Die dortigen Eisenerzvorkommen und der vorhandene Bahnanschluss waren ausschlaggebend für die Wahl des Standortes Rosenberg. Rosenberg, eine Industriegemeinde, die 1934 in das benachbarte Sulzbach zur Doppelstadt Sulzbach-Rosenberg eingemeindet wurde, entwickelte sich in den folgenden Jahren zur Keimzelle des Unternehmens. 1892 erfolgte die Verlegung der Hauptverwaltung und 1911 des Unternehmenssitzes nach Rosenberg. Die Ansiedlung der Maxhütte und der Zuzug von Arbeitskräften veränderte die wirtschaftliche und soziale Struktur in der Gemeinde Rosenberg und deren Nachbargemeinden. Ein vergleichbarer Industrialisierungsprozess lässt sich auch für das Städtedreieck Maxhütte-Haidhof, Burglengenfeld und Teublitz (alle Lkr. Schwandorf) feststellen.

Standorte der Eisen- und Stahlproduktion Betriebszugehörigkeit
Sulzbach-Rosenberg 2002 stillgelegt
Maxhütte-Haidhof 1990 stillgelegt
Unterwellenborn (Thüringen) Nach 1945 als Volkseigener Betrieb (VEB) weitergeführt. Seit 1992 privates Stahlwerk Thüringen GmbH
König Albertwerke bei Zwickau (Sachsen) 1930 stillgelegt

Bergbau auf Eisenerz, Braun- und Steinkohle

Neben dem Hüttenbetrieb förderte das Unternehmen Rohstoffe für die Eisenproduktion. Den Schwerpunkt der Bergbautätigkeit bildete die Eisenerzförderung in Sulzbach-Rosenberg und Auerbach in der Oberpfalz sowie in der Region Saalfeld-Unterwellenborn in Thüringen (bis 1945). Dazu kamen zahlreiche weitere temporär in Betrieb genommene Gruben und Bohrtätigkeiten in ganz Bayern. Auf Grund der anfänglichen Annahme, die oberpfälzer Braunkohle verwenden zu können, investierte das Unternehmen zudem in Abbaurechte für Braunkohlefelder im Raum Maxhütte-Haidhof. Zeitweise gehörten auch Steinkohlegruben wie die Zeche Maximilian in Hamm (Nordrhein-Westfalen) sowie Beteiligungen an Bergbauunternehmen auf Steinkohle, wie der Harpener-Bergbau AG in Dortmund, zum Besitz der Maxhütte. Bis 1974 förderte die Maxhütte in Sulzbach, bis 1977 in Rosenberg und bis 1987 in Auerbach (Lkr. Amberg-Sulzbach) Eisenerz für die Verhüttung in ihren bayerischen Werken. Mit der Stilllegung der Grube Leonie in Auerbach 1987 endete der Eisenerzbergbau in Bayern. Die eigene Eisenerz-Basis stellte lange eine Existenzgrundlage für die Eisenproduktion der Maxhütte dar, jedoch importierte die Maxhütte zur Reduzierung der Produktionskosten ebenfalls Eisenerz aus dem nordschwedischen Kiruna.

Die 1920er Jahre und die Weltwirtschaftskrise 1929

Grube Fromm mit Förderschacht und Betriebsgebäuden der Maxhütte bei Sulzbach-Rosenberg, um 1930. Die Grube ist nach dem ehemaligen Maxhütten-Direktor Ernst von Fromm benannt. (Privatarchiv Benedikt M. Ertl)

Unter der Leitung von Ernst von Fromm entwickelte sich die Maxhütte bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs zum größten Eisenhüttenunternehmen in Süddeutschland. Sie produzierte hauptsächlich für den Bau- und Eisenbahnbedarf. Während des Ersten Weltkriegs stellte die Maxhütte zudem Munition und Granaten her. Um den Bedarf an deutschen Arbeitskräften auszugleichen, die im Verlauf des Krieges an die Front eingezogen wurden, setzte die Maxhütte unter anderem für die Hüttenbetriebe in Rosenberg und Haidhof sowie für die Erzförderung in Sulzbach und Auerbach Kriegsgefangene des benachbarten Kriegsgefangenenlagers Amberg-Kümmersbruck ein.

Nach dem Krieg wurde die Maxhütte auf Grund ihrer Bedeutung bei der Rohstoffversorgung bevorzugt behandelt, dennoch führte der Kohlemangel auch hier zu Produktionsrückgängen. Im Verlauf der 1920er Jahre konnte die Vorkriegsproduktion wieder erreicht werden. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 machte sich auch bei der Maxhütte bemerkbar, sodass die wirtschaftliche Situation 1932 zu einer zeitweisen Betriebsstillegung und zu Massenentlassungen führte. Nach 1933 verbesserte sich die Situation, insbesondere, weil die Nationalsozialisten den Oberpfälzer Erzvorkommen eine wachsende Bedeutung für ihre Rohstoffpolitik zuschrieben.

Wechselnde Besitzverhältnisse: von Röchling zu Flick

In den 1920er Jahren wechselten die Mehrheitsverhältnisse in der Maxhütte zweimal. Bis 1921 übernahm die saarländische Unternehmerfamilie Röchling schrittweise die Hälfte der Aktienanteile. 1929 erwarb der Industrielle Friedrich Flick (1883-1972) die Aktienanteile von der angeschlagenen Röchling-Gruppe. Mit dem anschließenden Erwerb der restlichen in belgischem Besitz befindlichen Anteile, übernahm Flick die Mehrheit an dem Unternehmen Maxhütte und gliederte es in seinen Konzern ein.

NS-Zeit und Zwangsarbeit bei der Maxhütte

In der NS-Zeit befand sich unweit des Eisenhüttenwerks in Rosenberg ein Barackenlager für Zwangsarbeiter, das sogenannte Schlackenberg-Lager. Dieses gehörte zum Kriegsgefangenen-Stammlager (Stalag) XIII A, dessen Hauptverwaltung sich in Sulzbach-Rosenberg befand. Nach 1945 wurden die Baracken zur Unterbringung von Flüchtlingen und Vertriebenen genutzt. Die Abbildung stammt aus der Nachkriegszeit (1950er Jahre). (Stadtarchiv Sulzbach-Rosenberg, B 1.1 104-002)

Von der nationalsozialistischen Rüstungspolitik profierten die Unternehmen der Flick-Gruppe – darunter die Maxhütte – gerade auch deswegen, weil Friedrich Flick aktiv um (Rüstungs-)Aufträge bei der Reichsregierung und der Wehrmacht warb. Zudem bereicherte sich der Flick-Konzern während des Krieges an der Ausbeutung von Zwangsarbeitern. Für sämtliche größeren Produktionsbetriebe des Maxhütten Unternehmens wurden ab 1940 neben freiwilligen, ausländischen Arbeitskräften vor allem französische, belgische und polnische Kriegsgefangene eingesetzt, die sowohl im Bergbau wie auch in den Hüttenbetrieben arbeiten mussten. Ab 1942 stieg die Zahl der Zwangsarbeiter bei der Maxhütte durch den zusätzlichen Einsatz von sowjetischen Kriegsgefangenen und Menschen aus Osteuropa deutlich an.

Nach 1945 musste sich Friedrich Flick sowie fünf seiner engsten Mitarbeiter im "Flick-Prozess" in Nürnberg als Hauptkriegsverbrecher verantworten. Auch musste Flick 1951 im Rahmen der Entflechtung der deutschen Montanindustrie durch die Alliierten dem Freistaat Bayern 26 % des Stammkapitals an der Maxhütte verkaufen. Die restlichen 74 % wurden an die Merkur-Gesellschaft für Industrie- und Handelsunternehmen übertragen, die sich im Besitz von Flicks Söhnen befand. Bereits 1955 konnte Friedlich Flick die Anteile an der Maxhütte zurückerwerben.

Die Zeit des westdeutschen Wirtschaftswunders: Die Maxhütte nach 1945

Die Maxhütte förderte den Bau von Angestellten- und Arbeitersiedlungen für ihre Betriebsangehörigen. Besonders nach 1945 wurde neuer Wohnraum dringend benötigt, um Flüchtlinge und Vertriebene unterzubringen, die nach Sulzbach-Rosenberg und Maxhütte-Haidhof kamen und größtenteils bei der Maxhütte Arbeit fanden. (Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Nachlass Ehard 782)

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stand die Produktion in den Maxhütten-Werken zunächst still. Anfang 1946 konnte sie stufenweise wiederaufgenommen werden. Von dem Wirtschaftsaufschwung der jungen Bundesrepublik profitierte auch die Maxhütte, deren Produktion und Beschäftigungszahlen anstieg. So erreichte das Unternehmen in den 1950er Jahren insgesamt eine Belegschaftsstärke von über 6.000 Arbeitern und Angestellten und 1965 den Höchststand von über 9.000 Beschäftigten. In den 1960er Jahren kündigte sich jedoch im bayerischen Eisenerzbergbau der kommende Strukturwandel der eisenschaffenden Industrie an und führte zu einer schrittweisen Stilllegung der bayerischen Eisenerzgruben, deren Erzvorkommen entweder erschöpft waren oder deren Abbau in Konkurrenz zu billigeren Erzen aus dem Ausland als nicht mehr wettbewerbsfähig erachtet wurde. Auf den Strukturwandel im Eisenerzbergbau folgte eine Transformation der bundesdeutschen Eisen- und Stahlindustrie, die zu zahlreichen Standortschließungen und massiven Arbeitskämpfen führte. Eine weltweite Überproduktion an Eisen und Stahl, die Ölpreiskrise von 1973/74, hohe Preise auf deutsche Steinkohle sowie die Konkurrenz außereuropäischer Mitbewerber setzten die bundesdeutsche Montanwirtschaft in den 1970ern und 1980ern Jahren zunehmend unter Druck. Bei der Maxhütte kamen erschwerend die geographische Randlage im Osten Bayerns und verschleppte Investitionen des Flick Mutterkonzerns bei der Modernisierung des Hüttenbetriebs hinzu. Da sich der Flick-Konzern in dieser Krisenzeit von seinem Montangeschäft nach und nach trennte, verkaufte der Konzern 1976 und 1978 in zwei Phasen die angeschlagene Maxhütte an die Klöckner AG. Aber auch unter dem neuen Besitzer besserte sich die wirtschaftliche Situation der Maxhütte konjunkturell bedingt nur vorübergehend.

Erster Konkurs 1987 und Doppelstrategie der Bayerischen Staatsregierung

Hochofenabstich im Werk der Maxhütte in Rosenberg um 1990. (Stadtmuseum Sulzbach-Rosenberg)

Am Gründonnerstag, 16. April, 1987 musste die Maxhütte zur Überraschung vieler Beschäftigter Konkurs beim Amtsgericht Amberg einreichen. Die Bayerische Staatsregierung unter Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU, 1915-1988) bemühte sich durch mögliche Hilfsprogramme und der Gründung einer Auffanggesellschaft die verbliebenden 4.500 Arbeitsplätze zu sichern. Auf den Konkurs folgte die Stilllegung der Eisenerzgrube Leonie in Auerbach und 1990 zudem die Schließung des Standorts Maxhütte-Haidhof. 1988 gründeten sich durch eine Vorgesellschaft die Unternehmen Neue Maxhütte Stahlwerk GmbH (NMH) und Rohrwerk Neue Maxhütte GmbH. An der NMH Stahlwerk waren als Gesellschafter die Unternehmen Thyssen Stahl AG, Krupp Stahl AG, Klöckner Stahl GmbH, Mannesmannröhren-Werke AG und Lech-Stahlwerke GmbH/Saarstahl-Völklingen GmbH mit jeweils 11 % und der Freistaat Bayern mit 45 % als Hauptgesellschafter beteiligt. Das Rohrwerk gehörte zu 85 % der NMH und zu 15 % dem Röhrengroßhändler Kühnlein. 1993 übernahm der Unternehmer Max Aicher (geb. 1934) - inzwischen Mehrheitseigentümer der Lech-Stahlwerke - die Anteile der anderen Gesellschafter. Der Versuch, die Maxhütte nach dem Konkurs durch die beiden neuen Unternehmen am Leben zu halten, war Teil der sog. Doppelstrategie der Bayerischen Staatsregierung, um einen Teil der Arbeitsplätze zu sichern und die Attraktivität des Wirtschaftsraumes Mittlere Oberpfalz aufrecht zu erhalten. Zudem sah die Doppelstrategie die Ansiedlung neuer Unternehmen und die Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen in der Region vor. Begleitet wurden die Konkursphase und der damit zusammenhängende Stellenabbau von Protesten und Demonstrationen von Maxhütten-Beschäftigen, der örtlichen Bevölkerung, von Gewerkschaften und von Politikern verschiedenster Parteien, die um den Erhalt der Maxhütten-Arbeitsplätze bis zum Schluss kämpften.

Zweiter Konkurs 1998 und Stilllegung 2002

Entgegen aller Bemühungen musste die Neue Maxhütte 1998 erneut Konkurs anmelden. Nach vier Jahren vergeblicher Suche nach einem neuen Investor wurde die Produktion im September 2002 endgültig eingestellt. Am 23. September erfolgte der letzte Hochofenabstich. Das 1952/53 errichtete Rohrwerk, seit 2000 komplett in Besitz der Max Aicher Gruppe, führt trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten und der Übernahme durch die britische Mertex Gruppe 2022 den Betrieb weiter und ist damit der letzte Produktionsstandort des einstigen oberpfälzischen Großbetriebs in Bayern.

Seit den 2000er Jahren werden Betriebsanlagen der Maxhütte ins Ausland verkauft und seit 2019 erfolgt ein schrittweiser Abriss des Stahlwerks in Rosenberg, während der historische Hochofen Rosenberg wahrscheinlich erhalten bleiben soll. Die 1892 angelegten Deponie für Schlacke, der "Schlackenberg", welche das Ortsbilds Rosenberg über Jahrzehnte bestimmte wurde zwischen 2005 bis 2012 vom Freistaat Bayern saniert und für die touristische Nachnutzung erschlossen. Zudem informiert seit 2023 auf dem ehemaligen St. Anna-Schachtgelände in Sulzbach eine Ausstellung an dem erhaltenen Förderturm über die regionale Montangeschichte.

Die industriekulturelle Bedeutung der Maxhütte

Die ehemalige St. Anna-Schachtanlage in Sulzbach-Rosenberg. Hier wurde bis 1974 Eisenerz gefördert und per Seilbahn direkt zum Hüttenwerk in Rosenberg transportiert. (Stadtarchiv Sulzbach-Rosenberg, B 1.1 104-001)

In den ersten Jahrzehnten nach Unternehmensgründung kann der Maxhütte aus strukturpolitischer und volkswirtschaftlicher Perspektive eine Schlüsselrolle bei der Industrialisierung und dem Infrastrukturausbau Bayerns sowie der Versorgung ländlich geprägter Räume (Sulzbach-Rosenberg, Auerbach und das Städtedreieck Maxhütte-Haidhof – Burglengenfeld – Teublitz) mit qualifizierten Industriearbeitsplätzen zugeschrieben werden. Bis zum ersten Konkurs 1987 büßte das Unternehmen seine strategische Position für die volkswirtschaftliche Entwicklung Bayerns ein, hatte aber als Großarbeitgeber für weite Teile der mittleren Oberpfalz - einem von der Stahlindustrie geprägten Teilraum - bis zum Schluss eine tragende wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Relevanz. Darüber hinaus darf auch nach der Betriebsstilllegung der Wert für die lokale Erinnerungskultur und das industriekulturelle Erbe Bayerns nicht außer Acht gelassen werden. In einer kritischen Nachbetrachtung der Maxhütte muss aber gleichzeitig angemerkt werden, dass der große Industriebetrieb die wirtschaftliche Monostruktur der Region und somit die Abhängigkeit von dem Unternehmen aktiv begünstigte und dass die Eisen- und Stahlproduktion durchaus negative Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit der Menschen vor Ort hatte.

Literatur

  • Eisenwerk-Gesellschaft Maximilianshütte AG (Hg.), Eisenwerk-Gesellschaft Maximilianshütte 1853–1953, Sulzbach-Rosenberg 1953.
  • Johannes Bähr u.a., Der Flick-Konzern im Dritten Reich, München/Oldenburg 2008.
  • Anne Dressbach/Michael Kamp, Die Luitpoldhütte. 125 Jahre Eisen aus Amberg, München 2007.
  • Dieter Ziegler (Hg.), Geschichte des deutschen Bergbaus, Bd. 4: Rohstoffgewinnung im Strukturwandel. Der deutsche Bergbau im 20. Jahrhundert, Münster 2013.
  • Kultur-Schloss Theuern (Hg.), Das Kriegsgefangenenlager Amberg-Kümmersbruck im Ersten Weltkrieg. Begleitband zur Ausstellung in Zusammenarbeit von Staatsarchiv Amberg, Stadtarchiv Amberg, Gemeinde Kümmersbruck und Bergbau- und Industriemuseum Ostbayern (Schriftenreihe des Bergbau- und Industriemuseums Ostbayern 56), Kümmersbruck 2017.
  • Bernhard Piegsa, Aufbruch zwischen Schloss und Hüttenwerk. Sulzbach-Rosenberg von der "Weimarer Republik" zum "Wirtschaftswunder" (Schriftenreihe des Stadtmuseums und Stadtarchivs Sulzbach-Rosenberg 21), Sulzbach-Rosenberg 2005.
  • Kim Christian Priemel, Industrieunternehmen, Strukturwandel und Rezession. Die Krise des Flick-Konzerns in den siebziger Jahren, in: Viertelsjahrhefte für Zeitgeschichte 57 (2009), 1-31.
  • Regierung der Oberpfalz (Hg.), Berg aus Schlacke. Geschichte - Sanierung – Rekultivierung. Zur abgeschlossenen Sanierung des Schlackenberges Sulzbach - Rosenberg 2005–2013, Sulzbach-Rosenberg [2013].
  • Markus Schneider, Die Industrialisierung in der Oberpfalz bis zum Beginn des ersten Weltkrieges, Weiden/Regensburg 1993.
  • Hans Seeling, Wallonische Industrie-Pioniere in Deutschland. Historische Reflexionen, Lüttich 1983.
  • Stadt Sulzbach-Rosenberg (Hg.), Eisenerz und Morgenglanz. Geschichte der Stadt Sulzbach-Rosenberg, Band 2, Amberg 1999.
  • Elisabeth Vogl (Hg.), Von Erzgräbern und Hüttenleuten. Sonderausstellung 30. April - 31. Oktober 2000 im Stadtmuseum Sulzbach-Rosenberg, Amberg 2000.
  • Peter Wolf, Regionen im Wandel. Ostbayerns Weg ins technisch-industrielle Zeitalter (Schriftenreihe des Bergbau- und Industriemuseums Ostbayern 26), Amberg 1991.
  • Edith Zimmermann (Hg.), 150 Jahre Maxhütte. "…eine wahrhafte Schmiede des Vulkans", Sulzbach-Rosenberg 2003.

Quellen

Bayerisches Hauptstaatsarchiv

  • Bayerisches Oberbergamt 1026, 1109, 1110
  • Oberster Rechnungshof 1871
  • Generaldirektion der Bayerischen Berg-, Hütten- und Salzwerke AG 6
  • Ministerium für Handel, Industrie und Gewerbe 3446, 3607, 3608
  • Nachlass Anton Jaumann 322

Staatsarchiv Amberg

  • Bergamt Amberg 657
  • Regierung der Oberpfalz 29186
  • Bezirksamt Burglengenfeld 1495
  • Landratsamt Amberg-Sulzbach 9195, 9217, 9221

Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum/Bergbau-Archiv Bochum (BBA) 142/1

Pressemitteilung der Bayerischen Staatsregierung vom 4.7.2022

Weiterführende Recherche

Empfohlene Zitierweise

Benedikt Ertl, Maxhütte, publiziert am 06.09.2024; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Maxhütte> (5.10.2024)