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Konzil von Konstanz, 1414-1418

Aus Historisches Lexikon Bayerns

(Weitergeleitet von Konzil von Konstanz, 1414-1418)
Übersichtskarte von Konstanz zur Zeit des Konstanzer Konzils. (aus: Helmut Maurer, Konstanz im Mittelalter. 2. Band, Konstanz 1989, 18)
Beisiegel des Konstanzer Konzils. (Staatsarchiv Nürnberg, Rep. 161, Fürstentum Brandenburg-Ansbach, Kloster Heilsbronn, Urkunden Nr. 7)
Konzilssession im Konstanzer Münster. Abb. aus: Ulrich von Richental, Chronik des Konstanzer Konzils, 1417. (Rosgartenmuseum Konstanz, Hs1, fol. 15b/16a)
Verbrennung des Jan Hus. Abb. aus: Ulrich von Richental, Chronik des Konstanzer Konzils, 1417. (Rosgartenmuseum Konstanz, Hs1, fol. 58a)
Das anlässlich des Konstanzer Konzils abgehaltene Konklave fand im 1388 bis 1391 als Warenlager erbauten Kaufhaus, heute "Konzil" genannt, statt. Die Konzils-Verhandlungen wurden dagegen in den Konstanzer Kirchen- und Klostergebäuden abgehalten. Seeseitige Ansicht aus: Ulrich von Richental, Chronik des Konstanzer Konzils, 1417. (Rosgartenmuseum Konstanz, Hs1, fol. 93b/94a)

von Ansgar Frenken

Von 1414 bis 1418 in Konstanz tagendes Generalkonzil. Einberufen von Papst Johannes XXIII. (reg. 1410-1415) und in enger Abstimmung mit dem römischen König Sigismund (reg. 1411-1437, Kaiser seit 1433) sollte es das Große Abendländische Schisma nach fast 40 Jahren Dauer überwinden und die drei Obödienzen (Anhängerschaften) zusammenführen. Durch Absetzung bzw. Rücktritt der drei Papstprätendenten sowie die Wahl Martins V. (reg. 1417-1431) konnte die Einheit wiederhergestellt werden. Weitere Aufgaben waren die Reform der Kirche sowie der Kampf gegen Häresien. Erste Reformmaßnahmen wurden ergriffen, während das Konzil in Glaubensfragen wenig erfolgreich agierte. Vor allem die Probleme, die mit der Verbrennung des Jan Hus (gest. 1415) aufkamen, führten zu wachsenden Unruhen in Böhmen. Beteiligt waren an der Konzilsarbeit auch die Vertreter aus dem heutigen Bayern, ohne allerdings im Vordergrund zu wirken. Spektakulär war die Belehnung des Nürnberger Burggrafen Friedrich VI. (reg. 1397-1427) mit der Kurwürde der Markgrafschaft Brandenburg. Der Wittelsbacher Hausstreit, der in einem Attentatsversuch Herzog Heinrichs von Bayern-Landshut (reg. 1393-1450) auf seinen Vetter Ludwig VII. von Bayern-Ingolstadt (reg. 1413-1447) kulminierte, erreichte auf dem Konzil einen ersten Höhepunkt.

Vorgeschichte und Einberufung

Die Absetzung der Päpste Benedikt XIII. (reg. 1394-1422 als Papst der avignonesischen Obedienz) und Gregor XII. (reg. 1406-1415 als Papst der römischen Obedienz) auf dem Konzil von Pisa (1409) sowie die Wahl Alexanders V. (reg. 1409-1410 als Papst der pisanischen Obedienz) hatten das seit 1378 bestehende Abendländische Schisma nicht beenden können, da die beiden Abgesetzten weiterhin in ihren geschrumpften Obedienzen Anerkennung fanden. Eine grundlegende Reform der Kirche blieb unerledigt und wurde auf ein weiteres, in drei Jahren zu berufendes Konzil verschoben. Diese von Johannes XXIII. (reg. 1410-1415 als Papst der Pisaner Obedienz) – dem Nachfolger Alexanders V. – 1412 nach Rom einberufene Synode scheiterte jedoch infolge mangelnden Zuspruchs. Die inhaltliche Arbeit kam über eine Verurteilung der Lehren John Wyclifs (gest. 1384) nicht hinaus.

Damit waren die zentralen Aufgaben noch ungelöst, als Papst Johannes in engem Einvernehmen mit dem zum römischen König gewählten Sigismund von Luxemburg (reg. 1411-1437, Kaiser seit 1433) ein Konzil zum 1. November 1414 nach Konstanz einberief. Der Einsatz des römischen Königs war umso wichtiger, als der "Pisaner" Papst nur seine eigene Anhängerschaft zur Teilnahme an der Versammlung auffordern konnte, ein Erfolg aber entscheidend von der Beteiligung aller drei Obedienzen abhing.

Die Beseitigung des Schismas

Bald nach Eröffnung des Konzils am 5. November 1414 wurde klar, dass ein Festhalten an der Vorstellung von der Fortführung des Pisanums sowie an Johannes XXIII. einen Erfolg des Konzils in der Unionsfrage gefährdete. Da die Legitimität keines der drei Papstprätendenten unbestritten war, setzte sich zunehmend die Einsicht durch, dass ein Rücktritt aller drei Päpste die einfachste und theologisch auch problemloseste Lösung war, um keine weitere Spaltung heraufzubeschwören. Die Neuorganisation des Konzils, durch Erweiterung des Stimmrechts und Veränderung des Abstimmungsmodus, ermöglichte es dann, den Weg zur "cessio omnium" (Rücktritt aller Papstprätendenten) zu beschreiten. Der schließlich von Johannes XXIII. – im Falle entsprechender Schritte Gregors XII. und Benedikts XIII. – angekündigten Bereitschaft zum Rücktritt (Pacis bonum, 2. März 1415) folgte ein eher zögerliches Taktieren, wodurch sich der Unmut der Versammelten wie der Druck auf den Papst zunehmend erhöhten.

Um sich dem zu entziehen und wohl auch aus Sorge um die eigene Sicherheit floh Johannes mit Hilfe Herzog Friedrichs IV. von Österreich (reg. 1402-1439) am 20./21. März 1415 nach Schaffhausen (damals habsburgisch, heute in der Schweiz) – vermutlich mit dem Ziel, das Konzil an einen Ort zu verlegen, der dem Zugriff des römischen Königs weniger ausgesetzt war. König Sigismund konnte indes ein Auseinanderlaufen des jetzt 'kopflosen' Konzils verhindern. Mit der Formulierung des Dekrets Haec sancta (6. April 1415) reagierte die Versammlung auf die neue Situation und gab sich eine Geschäftsgrundlage für die weitere Arbeit. Die dogmatische bzw. situative Gültigkeit dieses Dekrets blieb allerdings bis in die Gegenwart umstritten. Nach seiner Gefangennahme wurde Johannes XXIII. der Prozess gemacht; am 29. Mai wurde er schließlich abgesetzt. Gregor XII. ließ am 4. Juli seine Abdankung durch Carlo Malatesta von Rimini (gest. 1429) vollziehen, während sich Benedikt XIII. auch nach direkten Verhandlungen mit Sigismund einem Rücktritt hartnäckig verweigerte. Sigismund gelang es jedoch, König Ferdinand I. (reg. 1412-1416 als König von Aragon) und die übrigen Fürsten der Obedienz Benedikts zur Beschickung des Konzils zu veranlassen (Capitula Narbonensia, 13. Dezember 1415), womit Benedikt XIII. entscheidend an Rückhalt auf der iberischen Halbinsel verlor. Der nach dem Eintreffen der Spanier gegen Benedikt XIII. geführte Prozess endete schließlich am 26. Juli 1417 mit dessen Absetzung.

Ungeachtet, dass Benedikt sich in Peñiscola (Spanien) bis zu seinem Tod (1422) halten konnte, war damit die durch das Papstschisma zerbrochene Einheit wiederhergestellt. Nach langwierigen Prioritätsstreitigkeiten über den Vorrang von Reform bzw. Papstwahl im Sommer/Herbst 1417 und der Einigung über den Wahlmodus wurde Kardinal Odo Colonna am 11. November 1417 zum Papst Martin V. (reg. 1417-1431) gewählt und die einheitliche hierarchische Spitze der Kirche mit Hilfe des korporationsrechtlichen Modells restituiert.

Die "Causae fidei" und "reformationis"

Weniger erfolgreich als in der Bereinigung des Papstschismas zeigte sich das Konzil in der Auseinandersetzung mit strittigen Glaubensfragen, der "causa fidei". Am 4. Mai 1415 wurden Wyclifs Lehren erneut verworfen. Am 15. Juni folgte das Verbot des Laienkelchs, dem Symbol der gegen die römische Kirche revoltierenden Anhänger des Jan Hus (1365-1415). Am 6. Juli wurde Hus schließlich verurteilt und verbrannt. Dieser war unter Zusicherung des sicheren Geleits nach Konstanz gekommen, dort aber verhaftet worden. Der anschließend gegen ihn geführte, verfahrensrechtlich weitgehend faire Prozess endete mit seiner Verurteilung, vor allem weil Hus den sakramental-hierarchischen Kirchenbegriff bestritten hatte. Gleiches Schicksal widerfuhr seinem Mitstreiter Hieronymus von Prag (um 1379-1416) am 30. Mai 1416. Zwar hatte er zunächst widerrufen, diesen Widerruf später aber zurückgenommen. Als häretisch brandmarkte das Konzil auch Jean Petits (um 1364-1411) Thesen über den Tyrannenmord (Quilibet tyrannus, 4. Juli 1415), womit dieser den Mord an Herzog Louis von Orléans (reg. 1392-1407) gerechtfertigt hatte. Diese Entscheidung wurde jedoch aus formalen Gründen später kassiert.

Mit seiner Zurückhaltung zollte das Konzil in beiden Fällen den politischen Gegebenheiten Tribut. Die zunächst zurückgestellte Reformarbeit – eine der zentralen Aufgaben dieser in der Reihe der Reformkonzilien des frühen 15. Jahrhunderts stehenden Synode – wurde erst Mitte 1415 aufgenommen. Vorwiegend wurden Vorschläge zur "reformatio in capite" (Reform von Papst und Kurie) beraten und zur Beschlussreife gebracht; der erfolgreichen Erledigung sollte dann die "reformatio in membris" (Reform der Kirche) folgen. Der komplizierte Verfahrensgang, insbesondere die unterschiedlichen, einander teilweise blockierenden Interessen verhinderten aber einen umfassenden Erfolg. Zudem standen die Reformverhandlungen zu deutlich im Schatten der Unionsbemühungen. Neben fünf in der 39. Sitzung (9. Oktober 1417) beschlossenen Dekreten – darunter Frequens, das die periodische Abhaltung künftiger Synoden verbindlich festschrieb – verpflichtete das Konzil den künftigen Papst mit sieben weiteren Beschlüssen (40. Sitzung: 30.10.) zur Fortführung der Reform.

Als deren vorläufiges Ergebnis sind die Dekrete der 43. Sitzung anzusehen, ergänzt durch die Abmachungen Martins V. mit den Konzilsnationes, den sog. Konkordaten (Deutsch bzw. Französisch/Spanisch auf 5 Jahre beschränkt; Englisch auf unbegrenzte Dauer), die den unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Länder Rechnung trugen. Vorrangig ging es darin um die Abstellung von Missständen, um die Verteilung von Benefizien, fiskalische Reformen und eine Reform der Kurie, vor allem deren Verkleinerung. Einzelne Beschlüsse betrafen die Lebensweise der Kleriker; auch gingen starke Impulse zur Reform der Orden vom Konzil aus. Obgleich die Konstanzer Reformen nach wie vor unterschiedlich bewertet werden, fällt das Urteil heute positiver aus als noch vor wenigen Jahrzehnten.

Konzilsende und abschließende Bewertung

Als Martin V. nach fast dreieinhalb Jahren und 45 Sitzungen das Konzil am 22. April 1418 schloss, waren die Union erreicht und erste Anstöße zur Reform gegeben worden. Der bereits in Konstanz virulent gewordene Konflikt zwischen den konziliaristisch eingestellten Kräften und denen, die sich für eine Stärkung des Papsttums eingesetzt hatten, konnte noch pragmatisch aufgefangen werden, brach aber auf den nachfolgenden Konzilien zu Pavia-Siena und Basel in unverminderter Härte auf. Die sog. Konstanzer Dekrete "Haec sancta" und "Frequens" erfuhren jetzt eine eindeutig dogmatische Auslegung, die auf eine grundsätzliche Überordnung des Konzils über den Papst abzielte. Die jeweilige Stellungnahme in dieser Streitfrage sollte schließlich bis in die Gegenwart die Beurteilung des Konstanzer Konzils maßgeblich beeinflussen. Anders als die erfolgreiche Union oder die intensive Beschäftigung mit der Reformfrage stand die inhaltliche Auseinandersetzung mit der böhmischen Häresie, deren revolutionäre Sprengkraft Mitteleuropa in den folgenden anderthalb Jahrzehnten erschüttern sollte, noch aus. Dagegen gelang es Martin V. in der Folgezeit, Rom für das Papsttum zurückzugewinnen und den Kirchenstaat zu restituieren, insbesondere aber seine Position als einziger unbestrittener Papst institutionell zu festigen.

Zumindest formal hielt sich Martin V. an "Frequens": Für 1423 berief er zur Erledigung der Reform ein Konzil nach Pavia, das indes kurz nach seiner Eröffnung nach Siena verlegt wurde, sowie für 1431 eine weitere Synode nach Basel. Mit dem Beitritt der Spanier zum Konzil im Sommer 1417 stand die Ökumenizität des Constantiense außer Frage. Schwieriger fällt dagegen eine Beurteilung der ersten Konzilsjahre, für die diese Charakterisierung nicht vorbehaltlos und uneingeschränkt bejaht werden kann. Damit wird auch die Frage der Verbindlichkeit der zuvor verabschiedeten Dekrete, vor allem von "Haec sancta", berührt. Dass Martin V. diese Dekrete später alle ausdrücklich approbiert habe, lässt sich quellenmäßig nicht abstützen, wobei die Frage einer zwingenden Notwendigkeit eines solchen Schritts offen bleibt.

Bayern auf dem Konzil

Zahlreiche Konzilsteilnehmer kamen aus Bayern, Franken und Schwaben. Die bayerischen Bistümer aus der Kirchenprovinz Salzburg waren mit ihren Bischöfen und Vertretern des Domkapitels in Konstanz, die zur Provinz Mainz gehörenden fränkischen Bistümer zumeist durch Prokuratoren vertreten. Außerdem waren zahlreiche Äbte, Pröpste und Vertreter der Klöster am Bodensee. Neben den geistlichen Vertretern erschienen auch die weltlichen Großen auf dem Konzil, an ihrer Spitze die Herzöge Ludwig VII. von Bayern-Ingolstadt (reg. 1413-1447), Heinrich XIII. von Bayern-Landshut (reg. 1393-1450) und Wilhelm III. von Bayern-München (reg. 1397-1435), die Nürnberger Burggrafen Johann III. (reg. 1397-1420) und Friedrich VI. (1397-1440), daneben zahlreiche kleinere Fürsten, Adlige und deren Gefolge. Die größeren Reichsstädte wie Nürnberg, Augsburg und Regensburg schickten ebenfalls Gesandte. Unter den Vertretern Bayerns befanden sich eine Reihe "gelehrter" Räte, zumeist Juristen, die in kirchlichen oder weltlichen Diensten standen und ihre Herren in Konstanz vertraten.

Trotz der großen Zahl gehörten die Bayern nicht zu den Schlüsselfiguren auf dem Konzil. Die einflussreichste Gestalt unter ihnen war wohl Burggraf Friedrich, ein enger Vertrauter des römischen Königs, der 1417 zum Markgrafen und Kurfürsten von Brandenburg erhoben wurde. Während der Abwesenheit Sigismunds hatte er neben dem Kurfürsten und Pfalzgrafen Ludwig III. (reg. 1410-1436) die Rolle des weltlichen Schutzherrn über das Konzil übernommen. Kaum weniger wichtig, wenn auch eher im Hintergrund, waren für den Luxemburger die Vertreter der fränkischen Reichsstadt Nürnberg, auf deren finanzielle Unterstützung Sigismund angewiesen war. Daneben spielte auch der Wittelsbacher Herzog Ludwig VII. "der Gebartete", Schwager des französischen Königs, der als Leiter der königlich-französischen Gesandtschaft nach Konstanz kam, eine bedeutende Rolle. Verdienste erwarb er sich insbesondere bei den Bemühungen um die Rückführung des geflohenen Johannes XXIII. nach Konstanz, außerdem bei der diplomatischen Vorbereitung der Reise Sigismunds nach Südfrankreich, die er mit Hilfe französischer Gelder auch finanziell absicherte. Durch dieses Engagement verpflichtete er sich den römischen König und das Konzil, was ihn aber in der späteren Konzilsphase nicht vor Auseinandersetzungen mit seinen Verwandten sowie Streitigkeiten mit Städten und Klöstern im Zusammenhang mit der Herrschaftsübernahme in seinem Teilherzogtum Ingolstadt schützen konnte.

In den großen kirchenpolitischen Fragen agierten die bayerischen Vertreter nach außen wenig spektakulär; ihr Gestaltungswille scheint im Übrigen kaum über die Grenzen der natio Germanica, der deutschen Konzilsnation, und der dort geführten Diskussionen hinausgegangen zu sein. Ein gemeinsames Wirken des bayerischen Episkopats bzw. der bayerischen Konzilsteilnehmer in den zentralen Fragen lässt sich vermuten, aber kaum erkennen. In der Papstfrage hatten die Bischöfe aus dem heutigen Bayern die Position des Herzogshauses übernommen und gehörten alle der Pisaner Obedienz an. Nach der Flucht Johannes' XXIII. stellten sie sich auf die Seite Sigismunds und der Konzilsmehrheit, die die Weiterführung des Konzils und die Absetzung Johannes' propagierten, um damit die Union wiederherzustellen.

Die Wahl Martins V. wurde im gesamten bayerischen Raum mit Freude aufgenommen. Einzelne Stimmen, die wie der spätere Regensburger Bischof Friedrich II. von Parsberg (reg. 1437-1450) für die Superiorität des Konzils eintraten, lassen sich nicht verallgemeinern und geben nicht unbedingt die Stimmung der Mehrheit der bayerischen Delegierten wieder. Als eigenständige Gruppe traten die Bayern weder auf dem Konzil noch im Rahmen der natio Germanica auf. Das 1418 abgeschlossene 'Konkordat' mit der natio Germanica, das die innere Reform der Kirche weiterzuführen suchte, war mit deren Vertretern, aber nicht den in Konstanz anwesenden Repräsentanten des Reichs oder gar den einzelnen Reichsfürsten abgeschlossen worden.

Sichtbarer traten bayerische Interessen im Zuge der Bewältigung regionaler und lokaler Probleme in Erscheinung. So gelangte etwa der Augsburger Bischofsstreit vor das Konzil, von dem der Kandidat des Kapitels Anselm von Nenningen (reg. 1414-1423) bestätigt wurde, ohne dass damit aber die komplizierte Situation im Bistum gelöst wurde. Dagegen konnte die de facto Spaltung im Regensburger Bistum beigelegt werden, da die Anhänger Papst Gregors dem Konstanzer Konzil beitraten. So mancher Bewohner aus dem nahen Altbayern, aus Schwaben und Franken nutzte die Chance, die sich dadurch ergab, dass die Kurie sich während der Konzilszeit in Konstanz eingerichtet hatte. Die hohen Kosten, die ansonsten allein die Reise nach Italien verschlang, um an der Kurie Prozesse zu führen und Privilegien zu erlangen, konnten so weitgehend eingespart werden.

Auf den parallel zum Konzil stattfindenden (Reichs-)Tagen, an denen auch die bayerischen Fürsten, Herren und Städte bzw. deren Vertreter teilnahmen, wurden wichtige Reformvorhaben für das Reich (Landfriede, Gerichtswesen und Münzreform) diskutiert und entschieden. Ein außergewöhnliches Engagement der Bayern war hier allerdings nicht zu erkennen. Die Anwesenheit des Königs ermöglichte den Angereisten darüber hinaus, vor diesem mit ihren eigenen Anliegen vorstellig zu werden und beim Hofgericht Entscheidungen für sich herbeizuführen.

Der Wittelsbachische Hausstreit während der Konzilszeit

Während des Konzils erreichte der Hausstreit zwischen den anwesenden Wittelsbacher Herzögen einen ersten Höhepunkt. Ausgelöst wurde dieser Streit durch die Herrschaftsübernahme Herzog Ludwigs VII. in seinem Teilherzogtum Bayern-Ingolstadt nach dem Tod seines Vaters Herzog Stephan III. (reg. 1375-1413) 1413. Eine Verständigung scheiterte vor allem an Ludwig, der zu einer Aussöhnung mit seinen Verwandten nicht bereit war. Seinem wichtigsten Gegenspieler, Herzog Heinrich von Bayern-Landshut, gelang es unterdessen, durch Bündnisse mit allen bedeutenden Nachbarfürsten (zuletzt am 16. Februar 1415 in Konstanz mit dem Burggrafen Friedrich sowie dem Kurfürsten Ludwig von der Pfalz) seinen Cousin Ludwig politisch zu isolieren und ein gegen diesen gerichtetes Verteidigungsbündnis, die "Konstanzer Liga" (8. Juli 1415), zu schmieden.

Eine Verschärfung erfuhr dieser Hausstreit durch den Versuch Herzog Heinrichs, seinen Vetter umzubringen. Dieses Attentat vom 20. Oktober 1417 war dadurch ausgelöst worden, dass Sigmund den Streit zwischen den zerstrittenen Parteien zuvor an das Hofgericht gezogen hatte, um einen drohenden Kriegsausbruch in Bayern während des Konzils zu verhindern. Ein am 19. Oktober gefällter Schiedsspruch war allerdings zu Ungunsten Ludwigs ausgefallen, der daraufhin seinen direkten Widersacher, seinen Vetter Heinrich, öffentlich beleidigte. Als Ludwig in seine Herberge zurückkehrte, geschah der Überfall, den der Ingolstädter schwer verletzt überlebte. Der Täter konnte zwar entweichen, doch verlangte nun das Opfer beim König Genugtuung und, da Heinrich flüchtig war, von dessen Konstanzer Fürsprecher, dem Burggrafen Friedrich. Insbesondere forderte er die Einlösung einer Schuld von 23.000 ung. Gulden, die König Sigmund unter der Mitbürgschaft Friedrichs 1415 von ihm aufgenommen hatte, um seine Reise nach Südfrankreich zum Treffen mit König Ferdinand von Aragon und Benedikt XIII. zu finanzieren.

Dadurch wurde die zunächst regional begrenzte, innerbayerische Angelegenheit zu einem das Konzil bedrohenden Konflikt. Das mittlerweile gespannte Verhältnis zu Sigmund führte immer stärker dazu, dass der König Klagen gegen den Ingolstädter vor seinem Hofgericht zuließ. Spektakulär waren die Prozesse, die die Stadt Donauwörth und das Kloster Kaisheim gegen Ludwig VII. anstrengten und gewannen. Dieser Konflikt zwischen Bayern-Ingolstadt und der Konstanzer Liga, der 1420-1422 zum sogenannten Bayerischen Krieg kulminierte, sollte weit über die Konzilszeit hinaus beherrschendes Thema im süddeutschen Raum bleiben.

Rückwirkungen des Konzils auf Bayern

Mittelfristig war Bayern – abgesehen von dem Wittelsbacher Hausstreit – am stärksten durch das Vorgehen des Konzils in der Sache des Jan Hus betroffen. Dem Prager Magister war auf seiner Reise zum Konzil in Franken durchaus auch Sympathie entgegengebracht worden. Der nach seiner Verhaftung in Konstanz gegen ihn geführte Ketzerprozess, der mit seiner Verurteilung und Verbrennung endete, ließ in Böhmen eine Revolution ausbrechen, die in den nachfolgenden Hussitenkriegen weit über die Grenzen des Landes hinausgriff. Als unmittelbare Nachbarn hatten auch Niederbayern, die Oberpfalz und Franken unter den Einfällen der hussitischen Heerzüge zu leiden. Umgekehrt diente dieser Raum mehrfach als Sammelplatz der gegen die Hussiten aufgestellten Reichs- und Kreuzfahrerheere – mit entsprechenden finanziellen Belastungen. Die drohende Kriegsgefahr und die hohen Kosten für die antihussitischen Kreuzzüge ließen Herzog Heinrich nach Wegen zu einem Ausgleich mit den Hussiten suchen, der schließlich in den Prager Kompaktaten (1433) gefunden wurde.

Für den bayerischen Raum war auch die Ende 1418 abgehaltene Salzburger Provinzialsynode von Bedeutung, welche die Reformdekrete des Konzils umzusetzen und sich von bestimmten Irrtümern der hussitischen Lehre abzugrenzen suchte. Bekräftigt wurde die Verpflichtung zur alljährlichen Abhaltung von Diözesansynoden. Entsprechende Aktivitäten lassen sich in der Folgezeit außer in Salzburg auch in den Diözesen Chiemsee, Regensburg, Freising und Passau nachweisen. Im Zentrum dieser Synoden standen die regelmäßigen Visitationen, die Behebung sittlicher Missstände im Klerus sowie Maßnahmen gegen die verbreiteten Übergriffe der Laien auf den Klerus und kirchliches Eigentum. Auch in Würzburg fand 1422 eine Diözesansynode statt, die Statuten zur Reform des Klerus erließ. Zur Abhaltung einer Provinzialsynode kam es dagegen im Erzbistum Mainz erst Anfang 1423. Diese publizierte die Konstanzer Beschlüsse gegen Wyclifisten und Hussiten, befasste sich vor allem aber mit dem anstehenden Konzil von Pavia.

Indirekte Auswirkungen auf Bayern hatten auch die durch das Konzil und das parallel im Kloster Petershausen abgehaltene Provinzialkapitel (1416) der Benediktinerprovinz Mainz-Bamberg angestoßenen bzw. geförderten Klosterreformen. Die maßgeblich von dem Wiener Theologen und Konzilsteilnehmer Nikolaus von Dinkelsbühl (geb. um 1360) initiierte und sowohl von Herzog Albrecht V. von Österreich (reg. 1404-1439) als auch von Martin V. geförderte Melker Reform (seit 1418) griff mit ihren Reformvorstellungen auch auf bayerische Klöster über. Nicht weniger bedeutsam war ein weiterer, im Kontext mit dem Konzil zu sehender Reformschub für das Kloster Kastl (Erweiterungen der Consuetudines), der seinerseits Rückwirkungen auf verschiedene andere Klöster in Altbayern und Franken hatte.

Quellen- und Forschungslage

Die Forschungsgeschichte des Konstanzer Konzils kann heute als weitgehend aufgearbeitet gelten (vgl. Frenken 1995, 2015). Die Quellenlage ist insgesamt recht günstig; der bedeutendere Teil dieser Quellen liegt gedruckt vor. Hinzuweisen ist dabei auf die verschiedenen allgemeinen Konziliengeschichtssammlungen, zuletzt auf die von G.D. Mansi (Sacrorum conciliorum … collectio 1784/85, ND 1903, 1961), insbesondere aber auf die Quellenwerke H. von der Hardts (Magnum Oecumenicum Constantiense Concilium, 1697-1700, 6 Bände) und H. Finkes (Acta Concilli Constanciensis, 1896-1928, 4 Bände), die ausschließlich Konstanz betreffendes Quellengut enthalten. Aus städtischer Perspektive ist die Chronik Ulrich von Richentals (gest. 1437) - nicht zuletzt wegen ihrer Ikonographie - von Bedeutung (Buck 2010; zuletzt Faksimile 2013).

Der Beginn der modernen Konstanz-Erforschung setzte mit H. Finke um die Wende zum 20. Jahrhundert ein. Lange Zeit vor allem Gegenstand der theologischen und kirchenrechtlichen Forschung, wird das Konzil heute als ein "polyvalentes" Ereignis (Helmrath/Müller 2007) verstanden. Das Konzil als politische Versammlung und als europäisches Ereignis, sein Alltag, die Rituale, Symbole und Formen der Kommunikation u. a. sind zu Schwerpunkten neuerer Forschung geworden (vgl. Studt 2010, Müller 2012). Eine moderne zweibändige Gesamtdarstellung aus römisch-katholischer Perspektive wurde von Walter Brandmüller (geb. 1929) 1991/1997 verfasst; einen umfassenden Überblick bietet zuletzt Frenken 2015.

Literatur

  • Badisches Landesmuseum (Hg.), Das Konstanzer Konzil – Weltereignis des Mittelalters 1414-1418. Katalog, Darmstadt 2014.
  • Walter Brandmüller, Das Konzil von Konstanz 1414-1418. 2 Bände (Konziliengeschichte A 11), Paderborn u. a. 2. Auflage 1999/1997. [konkurrenzlose wissenschaftliche Gesamtdarstellung mit Betonung der theologischen Perspektive]
  • Karl-Heinz Braun u. a. (Hg.), Das Konstanzer Konzil 1414-1418 – Weltereignis des Mittelalters. Essays, Darmstadt 2013.
  • Ansgar Frenken, Das Konstanzer Konzil (1414-1418), Stuttgart 2015.
  • Ansgar Frenken, Der König und sein Konzil – Sigmund auf dem Konstanzer Konzil: Macht und Einfluss des römischen Königs im Spiegel institutioneller Rahmenbedingungen und personeller Konstellationen, in: Annuarium Historiae Conciliorum 36 (2004), 185-251.
  • Bernhard Glasauer, Herzog Heinrich XVI. (1393-1450) der Reiche von Bayern-Landshut. Territorialpolitik zwischen Dynastie und Reich (Münchner Beiträge zur Geschichtswissenschaft 5), München 2009, bes. 119-158.
  • Johannes Helmrath, »Geistlich und werntlich«. Zur Beziehung von Konzilien und Reichsversammlungen im 15. Jahrhundert, in: Peter Moraw (Hg.), Deutscher Königshof, Hoftag und Reichstag im späteren Mittelalter (Vorträge und Forschungen 58), Stuttgart 2002, 477-517.
  • Ivan Hlaváček/Alexander Patschovsky (Hg.), Reform von Kirche und Reich zur Zeit der Konzilien von Konstanz (1414-1418) und Basel (1431-1449). Konstanz-Prager Historisches Kolloquium (11.-17. Oktober 1993), Konstanz 1996.
  • Jiří Kejř, Die Causa Johannes Hus und das Prozessrecht der Kirche, Regensburg 2005.
  • Heinrich Koller, Die Würzburger Reformen von 1422, in: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 21 (1959), 125-136.
  • Franz Machilek, Das Spätmittelalter von 1215-1517. Schwaben und Franken, § 29: Die Bischöfe als Reichsfürsten, in: Walter Brandmüller (Hg.), Handbuch der bayerischen Kirchengeschichte. 1. Band, Sankt Ottilien 1998, 442-466.
  • Helmut Maurer, Geschichte der Stadt Konstanz. Konstanz im Mittelalter I(-II), Konstanz 2., überarbeitete Auflage 1996.
  • Jürgen Miethke, Die Konzilien des 15. Jahrhunderts als Drehscheibe internationaler Beziehungen, in: Konrad Krimm/Rainer Brüning (Hg.), Zwischen Habsburg und Burgund. Der Oberrhein als europäische Landschaft im 15. Jahrhundert (Oberrheinische Studien 21), Stuttgart 2003, 257-274.
  • Heribert Müller, Die kirchliche Krise des Spätmittelalters. Schisma, Konziliarismus und Konzilien (Enzyklopädie deutscher Geschichte 90), München 2012.
  • Heribert Müller/Johannes Helmrath (Hg.), Die Konzilien von Pisa (1409), Konstanz (1414-1418) und Basel (1431-1449): Institution und Personen (Vorträge und Forschungen 67), Ostfildern 2007.
  • Karl Schnith, Das Spätmittelalter von 1215-1517. Altbayern, in: Walter Brandmüller (Hg.), Handbuch der bayerischen Kirchengeschichte. 1. Band, St. Ottilien 1998, 349-435.
  • Gabriele Signori/Birgit Studt (Hg.), Das Konstanzer Konzil als europäisches Ereignis - Begegnungen, Medien und Rituale (Vorträge und Forschungen 79), Ostfildern 2014.
  • František Šmahel, Die hussitische Revolution. 3 Bände, Hannover 2002.
  • Theodor Straub, Bayern im Zeichen der Teilungen und der Teilherzogtümer (1347-1450), § 30-34, in: Handbuch der bayerischen Geschichte. 2. Band: Das Alte Bayern. Der Territorialstaat vom Ausgang des 12. Jahrhunderts bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, München 2., überarbeitete Auflage 1988, 238-266.
  • Phillip H. Stump, The Reforms of the Council of Constance (1414-1418), Leiden 1994.
  • Sabine Weiss, Salzburg und das Konstanzer Konzil (1414-1418), in: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 132 (1992), 143-307, 134 (1994), 173-189.

Quellen

  • Giuseppe Alberigo u. a. (Hg.), Conciliorum Oecumenicorum Decreta, 3. Auflage 1973 (dt. Ausgabe: Josef Wohlmuth [Hg.], Dekrete der ökumenischen Konzilien II: Konzilien des Mittelalters, Paderborn 2000, 405-451).
  • Thomas Martin Buck (Hg.), Chronik des Konstanzer Konzils 1414-1418 von Ulrich Richental (Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen 41), Ostfildern 4. Auflage 2014.
  • Heinrich Finke u .a. (Hg.), Acta Concilii Constanciensis I-IV, Münster 1896-1928 / ND: 1976-1982.
  • Hermann Heimpel, Regensburger Berichte vom Konstanzer Konzil. Der reichsstädtische Jurist Konrad Duvel von Hildesheim, gest. 1430, in: Wilhelm Wegener (Hg.), Festschrift für Karl Gottfried Hugelmann zum 80. Geburtstag am 26. September 1959, Aalen 1959, 213-272.
  • Giovanni Domenico Mansi (Ed.), Sacrorum conciliorum nova et amplissima collectio XXVII-XXVIII, Venetiis 1784/85 / ND: Paris 1903, Graz 1961.
  • Jürgen Miethke/Lorenz Weinrich (Hg.), Quellen zur Kirchenreform im Zeitalter der großen Konzilien des 15. Jahrhunderts. 1. Band: Die Konzilien von Pisa und Konstanz, Darmstadt 1995.

Weiterführende Recherche

Externe Links

Konstanzer Konzil, Universalkonzil

Empfohlene Zitierweise

Ansgar Frenken, Konzil von Konstanz, 1414-1418, publiziert am 31.03.2015; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Konzil_von_Konstanz,_1414-1418> (15.10.2024)