Schwäbischer Städtebund
Aus Historisches Lexikon Bayerns
Der Schwäbische Städtebund war ein 1376 geschlossener, politisch-militärischer Bund von zunächst 14 schwäbischen Reichsstädten unter der Führung Ulms. Durch Allianzen mit dem Rheinischen Städtebund (Süddeutscher Städtebund) und Schweizer Reichsstädten (Konstanzer Bund) und die Aufnahme weiterer schwäbischer und fränkischer Reichsstädte sowie Regensburgs wuchs er bis auf 40 Mitglieder an. Zweck des Zusammenschlusses war es in erster Linie, reichsstädtische Rechte zu sichern. Mitglieder der Bundesstädte trafen sich mindestens einmal jährlich zu Beratungen, zunächst in Biberach, später in Ulm. Der Bund geriet in Konflikt mit süddeutschen Landesherren, wodurch es 1387/88 zum ersten süddeutschen Städtekrieg kam. Nach mehreren Niederlagen traten die Bundesstädte 1389 dem Reichslandfrieden von Eger bei; der Städtebund wurde im Zuge desselbigen schließlich aufgelöst.
Der Schwäbische Städtebund war eine 1376 gegründete, politisch-militärische Interessenvertretung der süddeutschen Städte. Auf dem Höhepunkt seiner Macht verstand sich der Schwäbische Städtebund als Schutzinstanz der Reichsrechte, die er im Zweifelsfall auch gegen den König durchsetzen wollte.
Vorläufer
Bereits seit dem 13. Jahrhundert schlossen Städte im Reich untereinander Bündnisse, an denen sich häufig auch Fürsten, Grafen oder Ritter beteiligten. Handelte es sich zunächst um zeitlich befristete Schutz- und Hilfsabkommen zur Wahrung sicherheitspolitischer und wirtschaftlicher Interessen, so entwickelten diese Städtebünde zunehmend eine dezidiert autonome Haltung gegenüber der Reichsgewalt. Der Esslinger Städtebund, den 22 süddeutsche Städte 1331 gründeten, wurde noch als Mittel kaiserlicher Landfriedenspolitik mit ausdrücklicher Zustimmung Ludwigs des Bayern (reg. 1314-1347 als römisch-deutscher König, 1328-1347 als Kaiser) geschlossen. Nach dem Tod des Kaisers verständigten sich Städte in Ober- und Niederschwaben darauf, künftig nur gemeinsam über die Anerkennung eines neu gewählten Königs zu befinden und sich gegenseitig Beistand zu leisten, falls ein neuer Herrscher versuchen sollte, eine Stadt zu verpfänden. Mit diesen Abkommen zur gemeinsamen Abwehr von königlichen Angriffen auf die städtische Reichsfreiheit und zur einvernehmlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Königtums formulierten die schwäbischen Städte nun offensiv ihre Ansprüche.
Gründung des Schwäbischen Städtebundes
In der Folge war Karl IV. (reg. 1346-1378 als römisch-deutscher König, 1355-1378 als Kaiser) zunächst bemüht, die städtischen Bündnisse in allgemeine Landfrieden, die Adel und Städte unter seiner Gewalt und Kontrolle vereinen sollten, einzubinden. Seinen erhöhten Finanzbedarf, der im Zuge des Erwerbs der Mark Brandenburg für das Luxemburger Haus entstanden war, und den die Pläne, seinen Sohn Wenzel (reg. 1376-1400 als römisch-deutscher König) zum römisch-deutschen König zu erheben, weiter vergrößerten, versuchte der Kaiser auf Kosten der süddeutschen Städte zu lösen. Als Karl IV. Fürsten und Herren mit städtischen Steuern und der Verpfändung von städtischen Rechten zu bezahlen beabsichtigte, schlossen sich 14 Reichsstädte unter der Führung Ulms 1376 im Schwäbischen Städtebund zusammen, um diese Gefahr abzuwehren. Obwohl Karl IV. die Reichsacht verhängte und mit starken Heeresverbänden Ulm belagerte, traten weitere Städte hinzu. In einer Feldschlacht vor Reutlingen behauptete sich der Schwäbische Städtebund mit einem Sieg über den Grafen Ulrich IV. von Württemberg (reg. 1344-1362), der mit dem Einzug der städtischen Gelder beauftragt worden war. Da es nicht gelang, den nach dem Wortlaut der Goldenen Bulle von 1356 illegalen Städtebund aufzulösen, mussten Karl IV. und Wenzel schließlich am 31. Mai 1377 die Reichsacht aufheben und den Bundesstädten zusichern, sie nicht zu versetzen, zu verkaufen oder zu verpfänden.
Höhepunkt der Machtentfaltung
Durch den Beitritt weiterer Städte und einiger Adliger wuchs der Schwäbische Städtebund zu einer ernst zu nehmenden politischen Größe in Südwestdeutschland an. 1385 erreichte er mit vierzig zugehörigen Städten seine größte Reichweite. Über die ober- und niederschwäbischen Kerngebiete hinaus konnte dieser "Süddeutsche Städtebund" seinen Wirkungsbereich durch den Beitritt von Städten wie Regensburg, Nürnberg, Rothenburg o. d. T. (Lkr. Ansbach), Schweinfurt und Weißenburg (Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen) auch auf Altbayern und Franken ausdehnen. Allianzen mit dem "Rheinischen Städtebund" im Jahre 1381 und mit den Schweizer Städten im sog. Konstanzer Bund des Jahres 1385 sicherten dem Schwäbischen Städtebund zudem weitere Einflussmöglichkeiten auf Bereiche außerhalb des eigenen Kernlandes.
Organisation
Zu Beratungen und Entscheidungen trafen sich Mitglieder des Schwäbischen Städtebundes mindestens einmal jährlich, ursprünglich in Biberach, später in Ulm. Jede Stadt war mit einem Gesandten in der Bundesversammlung vertreten. Nur die großen Städte Augsburg, Esslingen am Neckar (Lkr. Esslingen, Baden-Württemberg), Konstanz, Nürnberg, Regensburg und Ulm entsandten zwei Vertreter. Mitgliedsstädte durften nicht gegeneinander vorgehen, sondern mussten ihre Differenzen der Bundesversammlung zur Entscheidung übertragen. Bundesbeschlüsse wurden mit einfacher Mehrheit getroffen; für Änderungen an der Bundessatzung war allerdings eine Zweidrittelmehrheit notwendig.
Der Städtebund im Konflikt
Im Verbund konnten sich die Städte gegen die Gefahren schützen, ihre Reichsunmittelbarkeit zu verlieren, verpfändet zu werden oder im Konflikt mit den aufkommenden Rittergesellschaften größeren Schaden zu nehmen. Militärische Erfolge erzielte der Städtebund in Franken und im östlichen Schwaben im Krieg gegen die St.-Georgen-Gesellschaft und den schwäbischen Teil der Löwengesellschaft. König Wenzel beabsichtigte seinerseits zunächst, die Städte des Bundes in territorial begrenzte Landfrieden einzubinden und so vom Bündnis fernzuhalten. Diese Strategie blieb ebenso wirkungslos wie ein königlicher Reichslandfrieden von 1383, dem die Städte geschlossen fernblieben, da dieser die faktische Auflösung des Bundes bedeutet hätte. Wenzel konnte nur einen Zusammenschluss der Fürsten und Herren bewerkstelligen, der als sog. Herrenbund dem Städtebund von nun an gegenüberstand. In der Heidelberger Stallung von 1384 handelten die Städte mit den Fürsten und Herren ein Vertragswerk aus, das den Frieden zwischen beiden Bünden sichern sollte und dem Städtebund faktisch die Anerkennung durch die Fürstenpartei verschaffte.
Trotz dieses Ausgleichs brach 1388 schließlich der erste süddeutsche Städtekrieg als Folge von Überfällen aus, die Herzog Friedrich von Bayern-Landshut (reg. 1375-1392 als Herzog von Bayern, 1392-1393 als Herzog von Bayern-Landshut) auf Bundesstädte und auf den mit diesen verbündeten Salzburger Erzbischof Pilgrim II. (reg. 1365-1396) verübte. Nach militärischen und diplomatischen Niederlagen im Krieg mussten die Bundesstädte schließlich 1389 dem Reichslandfrieden von Eger beitreten. Dieser löste den Bund auf, verbot neue Bünde und sah hohe Reparationszahlungen vor.
Nach der Auflösung
Bereits 1390 schlossen sich erneut die zwölf schwäbischen Reichsstädte Ulm, Nördlingen (Lkr. Donau-Ries), Memmingen, Gmünd (Schwäbisch-Gmünd, Lkr. Ostalbkreis, Baden-Württemberg), Biberach (Baden-Württemberg), Dinkelsbühl (Lkr. Ansbach), Pfullendorf (Lkr. Sigmaringen, Baden-Württemberg), Leutkirch (Lkr. Ravensburg, Baden-Württemberg), Giengen a. d. Brenz (Lkr. Heidenheim, Baden-Württemberg), Aalen (Lkr. Ostalbkreis, Baden-Württemberg), Isny (Lkr. Ravensburg, Baden-Württemberg) und Bopfingen (Lkr. Ostalbkreis, Baden-Württemberg) zusammen. Dieser neue Bund wurde ausdrücklich mit dem Ziel des Landfriedensschutzes gerechtfertigt. Auch im 15. Jahrhundert bemühten sich die schwäbischen Städte um die Etablierung eines Städtebundes. An die Machtentfaltung des späten 14. Jahrhunderts konnten diese Bündnisbestrebungen aber nicht mehr anknüpfen.
Forschungs- und Quellenlage
Grundlegend für die Städtebundsforschung und das Verständnis der Politik der Bündnisse sind die Studien Konrad Rusers. Dieser ermittelte das in den städtischen Archiven liegende Material zum Thema "Oberdeutsche Städtebünde" und stellte in seinem Werk "Die Urkunden und Akten der oberdeutschen Städtebünde vom 13. Jahrhundert bis 1549" in drei bisher vorgelegten Bänden die Vielfalt von Bündnisformen, Schutzabkommen, Fehdebriefen, Sühneschlüssen, Kostenabrechnungen sowie der Burgrechts-, Gerichtsstands-, Münz- und Landfriedensverträge dar. Rusers Quellensammlung weckt das Verständnis für die oftmals komplizierten und langwierigen Verhandlungen, für die Verwaltungsorganisation der Städtebünde sowie für die spezifischen Verhältnisse zwischen der einzelnen Stadt und der Gemeinschaft des Städtebundes.
Literatur
- Heinz Angermeier, Städtebünde und Landfriede im 14. Jahrhundert, in: Historisches Jahrbuch 76 (1956), 34-46.
- Harro Blezinger, Der Schwäbische Städtebund in den Jahren 1438-1445 mit einem Überblick über seine Entwicklung seit 1389 (Darstellungen aus der württembergischen Geschichte 39), Stuttgart 1954.
- Eva-Marie Distler, Städtebünde im deutschen Spätmittelalter. Eine rechtshistorische Untersuchung zu Begriff, Verfassung und Funktion (Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 207), Frankfurt am Main 2006.
- Thomas Engelke, Regensburg und der Städtekrieg, in: Martin Angerer (Hg.), Regensburg im Mittelalter. 1. Band: Beiträge zur Stadtgeschichte vom frühen Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit, Regensburg 1995, 125-130.
- Rolf Kießling, Städtebünde und Städtelandschaften im oberdeutschen Raum: Ostschwaben und Altbayern im Vergleich, in: Monika Escher-Apsner u. a. (Hg.), Städtelandschaft - Städtenetz - zentralörtliches Gefüge. Ansätze und Befunde zur Geschichte der Städte im hohen und späten Mittelalter (Trierer Historische Forschungen 43), Mainz 2000, 79-116.
- Theodor Lindner, Zur Geschichte des schwäbischen Städtebundes, in: Forschungen zur deutschen Geschichte 19 (1879), 42-58.
- Johannes Schildhauer, Der schwäbische Städtebund. Ausdruck der Kraftenfaltung des deutschen Städtebürgertums in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, in: Jahrbuch für Geschichte des Feudalismus 1 (1977), 187-210.
- Alexander Schubert, Der Stadt Nutz oder Notdurft? Die Reichsstadt Nürnberg und der Städtekrieg von 1388/89 (Historische Studien 476), Husum 2003.
- Theodor Straub, Bayerns Rolle im Reich und im Städtekrieg, in: Max Spindler (Begr.)/Andreas Kraus (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte. 2. Band: Das alte Bayern. Der Territorialstaat vom Ausgang des 12. Jahrhunderts bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, München 2. Auflage 1988, 225-232.
Quellen
- Historische Commission bei der Königl. Academie der Wissenschaften (Hg.), Chroniken der deutschen Städte. 38 Bände, Leipzig 1862-1931.
- Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Hg.)/Konrad Ruser (Bearb.), Die Urkunden und Akten der oberdeutschen Städtebünde. 5 Bände, Göttingen 1988-2005.
Weiterführende Recherche
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Empfohlene Zitierweise
Alexander Schubert, Schwäbischer Städtebund, publiziert am 20.09.2011; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Schwäbischer_Städtebund> (16.10.2024)