Kirchenkreise
Aus Historisches Lexikon Bayerns
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1921 geschaffene regionale Gliederung der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern rechts des Rheins, die als Mittelebene zwischen der Kirchenleitung und den Dekanaten angesiedelt ist. Ihre Leiter hießen zunächst Kreisdekane, seit 2000 Regionalbischöfe. Die Zahl der Kirchenkreise hat sich von ursprünglich drei bis 1971 auf sechs erhöht.
Kirchenkreise als regionale Gliederung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern
Das Gebiet der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern rechts des Rheins ist seit 1921 in Kirchenkreise gegliedert, die jeweils das Gebiet mehrerer Dekanatsbezirke mit ihren Kirchengemeinden umfassen. Ursprünglich bestanden drei Kirchenkreise mit Sitzen in Ansbach, Bayreuth und München. 1935 wurde aus Anlass der Auseinandersetzungen der Kirchenleitung mit den nationalsozialistisch orientierten "Deutschen Christen", welche in dieser Region ihren Schwerpunkt hatten, der Kirchenkreis Nürnberg errichtet. Der durch die Eingliederung von Heimatvertriebenen bedingte Zuwachs von evangelischen Gemeindegliedern in bis dahin nahezu rein katholischen Gebieten führte 1951 bzw. 1971 zur Gründung der Kirchenkreise Regensburg und Augsburg. 1987 wurde der Kirchenkreis Ansbach in Kirchenkreis Ansbach-Würzburg umbenannt, um zu verdeutlichen, dass er auch den größten Teil Unterfrankens umfasst. Die Bezeichnung "Kirchenkreis", die seinerzeit in Analogie zu den staatlichen Mittelbehörden gewählt worden war, ist allerdings seit der Umbenennung der staatlichen Kreise in Regierungsbezirke (endgültig nach 1945) und aufgrund des Umstands, dass so in anderen evangelischen Landeskirchen die Dekanatsbezirke genannt werden, missverständlich.
Die Leitung: Kreisdekane bzw. Regionalbischöfe
Im Unterschied zu den Kirchengemeinden und Dekanatsbezirken sowie der Landeskirche selbst verfügen die Kirchenkreise nicht über die Rechtsstellung von eigenen Körperschaften des kirchlichen und des öffentlichen Rechts. Sie sind vielmehr reine Visitationssprengel ohne eigene synodale Organe. Die ihnen vorstehenden Oberkirchenräte und Oberkirchenrätinnen wurden bis Ende 1999 offiziell als "Kreisdekane" bezeichnet. Aufgrund einer zum 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Verfassungsänderung führen sie seitdem beschränkt auf ihren Kirchenkreis die Amtsbezeichnung Regionalbischof bzw. Regionalbischöfin; die Kirchenverfassung hat damit den bereits seit den 1980er Jahren des 20. Jahrhunderts zunehmend verwendeten inoffiziellen Sprachgebrauch übernommen. Die Oberkirchenräte und Oberkirchenrätinnen in den Kirchenkreisen werden vom Berufungsausschuss der Landeskirche, welchem unter dem Vorsitz des Präsidenten der Landessynode Synodale und Mitglieder des Landeskirchenrates angehören, nach Anhörung der im Kirchenkreis wohnhaften Mitglieder der Landessynode für die Dauer von zehn Jahren gewählt; Wiederwahl ist möglich. Sie sind - wie die Oberkirchenräte, die eine Fachabteilung im Landeskirchenamt leiten - stimmberechtigte Mitglieder des Landeskirchenrates der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern.
Das mit der Kirchenverfassung vom 20. September 1920 (Art. 54) neu geschaffene Amt der Kreisdekane hatte die Generalsuperintendenten der Altpreußischen Union zum Vorbild und sollte dazu beitragen, dass sich in Zukunft die Beziehungen der Kirchenleitung zu den Gemeinden und Pfarrern "inniger" und "persönlich gefärbter" als bisher gestalteten (Verh. der Generalsynode 1920, 248 ff.). Da die Rechts- und Aufgabenstellung dieses Amtes im Kirchenkreis weitgehend dem Amt entspricht, das dem Landesbischof für den Bereich der gesamten Landeskirche übertragen ist, wurde es in der Kirchenverfassung vom 20. November 1971 in bewusster Entsprechung zum Landesbischof im Abschnitt "Der Landesbischof und die Kreisdekane" geordnet und beschrieben (vgl. dort Art. 60-65).
Literatur
- Ernst-Rudolf Huber/Wolfgang Huber, Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert. 4. Band, Berlin 1988.
- Hans-Peter Hübner, Neuordnung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche und ihres Verhältnisses zum Staat, in: Gerhard Müller/Horst Weigelt/Wolfgang Zorn (Hg.), Handbuch der Geschichte der Evangelischen Kirche in Bayern. Band II, Sankt Ottilien 2000, 211-232.
- Hans-Peter Hübner, Neue Verfassungs- und Verwaltungsstrukturen, in: Gerhard Müller/Horst Weigelt/Wolfgang Zorn (Hg.), Handbuch der Geschichte der Evangelischen Kirche in Bayern. Band II, Sankt Ottilien 2000, 377-394.
- Hans-Peter Hübner, Neue Entwicklungen im Verfassungsrecht der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, in: Heinrich de Wall/Michael Germann (Hg.), Bürgerliche Freiheit und christliche Verantwortung - Festschrift für Christoph Link zum 70. Geburtstag, Tübingen 2003, 89-110.
Weiterführende Recherche
Externe Links
Empfohlene Zitierweise
Hans-Peter Hübner, Kirchenkreise, publiziert am 05.10.2006 (aktualisierte Version 26.02.2019); in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Kirchenkreise> (07.12.2024)