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Schulwesen (nach 1945)

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Die Volksschule Höhenkirchen (Lkr. München) am Tag der Einweihung, 2. Dezember 1951. (in: Rudolf Stingl, Höhenkirchen. Chronik eines Dorfes, Höhenkirchen-Siegertsbrunn 2002, 366)
Klassenzimmer der Volksschule Höhenkirchen, 1953. (in: Rudolf Stingl, Höhenkirchen. Chronik eines Dorfes, Höhenkirchen-Siegertsbrunn 2002, 367)
Die Volksschule Höhenkirchen mit dem An- und Erweiterungsbau am Tag der Einweihung, 12. Oktober 1963. (in: Rudolf Stingl, Höhenkirchen. Chronik eines Dorfes, Höhenkirchen-Siegertsbrunn 2002, 403)
Die neue Grundschule in Höhenkirchen, 2000. (in: Rudolf Stingl, Höhenkirchen. Chronik eines Dorfes, Höhenkirchen-Siegertsbrunn 2002, 491)
Unterrichtsraum in der Volksschule an der Weißenseestraße, 1954. (Fleischer-Schumann, 21) (Pädagogisches Institut München)
Das zerstörte Schulgebäude am Simon-Knoll-Platz, Portal Eingang Sieboldstraße, 1943. (Foto: Städtische Berufsschule für das Hotel-, Gaststätten- und Braugewerbe, München)
Modell der Berufsschule (o.) mit Erweiterungsbau (u.). (Foto: Städtische Berufsschule für das Hotel-, Gaststätten- und Braugewerbe, München)

von Monika Fenn

Als die Auseinandersetzungen zwischen der bayerischen Regierung und US-Besatzungsbehörden nach Kriegsende beigelegt waren, wurde das Schulsystem der Weimarer Zeit weitgehend wiederhergestellt. Ab den 1950er Jahren erfolgte der Ausbau sowie die wissenschaftliche Fundierung des Schulwesens. Diese Reformen wurden zum Teil ab den 1980er Jahren wieder zurückgenommen. Der flächendeckende Ausbau von Realschulen, die Zusammenführung der Höheren Schulen in Gymnasien mit verschiedenen Zweigen, der Zweite Bildungsweg sowie die breite Einführung von Ganztagsschulen sind die markantesten Veränderungen innerhalb des Schulwesens nach 1945.

Allgemeine Entwicklung

Nachkriegszeit: Restitution (Wiederaufbau und Demokratisierung)

Das Signum der Nachkriegszeit besteht in der Wiederherstellung der institutionellen Verhältnisse der Weimarer Zeit und in der Akzentuierung neuer inhaltlicher Schwerpunkte.

Gemäß der Direktive JCS 1067 vom April 1945 mussten alle Schulen den Betrieb sofort einstellen, sofern sie nicht schon zuvor geschlossen worden waren. Da die Militärregierung aber großes Interesse hatte, den Schulbetrieb möglichst schnell wieder aufzunehmen, erlaubte sie einigen Schulen auf dem Land bereits vor der offiziellen Genehmigung die Aufnahme eines eingeschränkten Unterrichts. Ab September 1945 konnten die Schulräte der Volksschulen über die Bezirksregierungen und das Kultusministerium einen Antrag auf Wiedereröffnung des Schulbetriebs an die "Education and Religious Affairs Branch" der Militärregierung richten; ab Oktober war dies Schulleitern von höheren Schulen und Mädchenmittelschulen möglich. Dem Antrag waren eine Liste der vorgesehenen Lehrkräfte und ein Stundenplan beizulegen sowie die Ziele des Lehrplans und die geistige Haltung zu beschreiben, die im Unterricht vermittelt werden sollten. Anträge und Erteilung der Genehmigung erfolgten sukzessive, so dass der Schulbetrieb ab Herbst 1945 an den jeweiligen Schulen zu unterschiedlichen Zeitpunkten wieder anlief. Gleiches gilt für die Berufsschulen, die ab Oktober 1945 wieder geöffnet werden durften: Während dies auf dem Land schneller möglich war, zog sich der Prozess in den Städten wegen der gewaltigen Kriegsschäden länger hin.

Aufgrund der Zerstörungen an Schulhäusern und fehlender Sachmittel nahm der Schulbetrieb erst allmählich wieder geregelte Formen an. Infolge des Mangels an Heizmaterial etwa wurden die Schulen in den extrem kalten Wintermonaten 1946/47 zeitweise geschlossen. Insbesondere wegen der vielen durch ihre NSDAP-Mitgliedschaft belasteten Lehrkräfte und einem bis zur Entnazifizierung verhängten Tätigkeitsverbot herrschte ein akuter Lehrermangel, der sich infolge des Zustroms an Flüchtlingen und Vertriebenen noch verschärfte. Aufgrund einer Direktive vom Juli 1945 waren alle Lehrkräfte, die vor Mai 1937 der NSDAP beigetreten waren, zu entlassen. Im Volksschulbereich lag der Anteil der entlassenen Lehrkräfte bei 55,2 %, im Bereich der Berufsschulen bei 41,5 %; im Bereich der höheren Schulen wurden etwa 2/3 der vormals beschäftigten Lehrenden entlassen. Hinzu kam ein Defizit an Lehrkräften von etwa 8 %, die noch nicht aus dem Krieg zurückgekehrt waren. Für die Mädchenmittelschulen liegen keine Angaben vor, doch fiel die Zahl der insgesamt ungefähr 500 Lehrpersonen kaum ins Gewicht.

Das Kultusministerium versuchte, den entstandenen Mangel durch drei Maßnahmen zu beseitigen: erstens durch die Anstellung von Schulhelfern, Aushilfs- und Ersatzlehrkräften, die in kürzester Zeit pädagogisches Grundwissen erwarben; zweitens durch die schrittweise Wiederanstellung der von den Spruchkammern entlasteten Lehrpersonen; drittens durch die Einstellung von Flüchtlingslehrkräften, die aber ebenfalls zuvor das Entnazifizierungsverfahren durchlaufen haben mussten. Deren Anteil an der Gesamtlehrerschaft betrug 1949 ca. 30 %. Eine weitere Möglichkeit, die Wiederanstellung von Lehrkräften, die vor 1945 aus politischen Gründen entlassen worden waren und mittlerweile schon im Pensionsalter waren, wirkte sich nicht relevant auf die Beseitigung des Lehrermangels aus.

Da die US-Besatzungsbehörden eigene Vorstellungen mit dem Ziel der Demokratisierung im Bildungsbereich durchsetzen wollten, kam es zu teils heftigen Auseinandersetzungen. Kernpunkt des Streits waren die von der amerikanischen Zook-Kommission (benannt nach dem Vorsitzenden, 1934-1950 Präsident des "American Council of Education", George F. Zook [1885-1951]) 1946 geforderte Einführung eines gesamtschulartigen Systems und die Akademisierung der Volksschullehrerbildung. Während in fast allen Ländern des Deutschen Reiches seit Anfang des 20. Jahrhunderts eine Hochschulausbildung von Volksschullehrkräften eingeführt worden war, hatte Bayern am seminaristischen Modell festgehalten. 1935 war die Ausbildung an Hochschulen eingeführt, jedoch bereits 1941 wieder durch Lehrerbildungsanstalten ersetzt worden. Mit einer geschickten Verzögerungstaktik und Unterstützung seitens der Kirche und der Wissenschaft gelang es dem damaligen bayerischen Kultusminister Alois Hundhammer (CSU, 1900-1974, Kultusminister 1946-1950), das gegliederte Schulsystem und die seminaristische Volksschullehrerbildung nach 1945 wieder einzuführen.

Wichtige Weichen für die innere Ausgestaltung des Schulwesens stellte die Bayerische Verfassung von 1946: So wurde in Artikel 135 das Prinzip der Bekenntnisschulen verankert und zugleich in Artikel 131 die Forderung gestellt, die Schüler im Geiste der Demokratie und der Liebe zur bayerischen Heimat zu erziehen. Die Erziehung zur Identifikation mit Bayern stellte eine zentrale Leitlinie dar, die die sog. Wallenburgstiftung - ein von der Besatzungsmacht eingesetztes Gremium von Schulfachleuten - bei der Erstellung der Lehrpläne für alle Schularten zu berücksichtigen hatte. Heimatliebe galt dabei als Grundvoraussetzung für die demokratische Erziehung, die nicht – wie seitens der Besatzungsmacht ursprünglich gewünscht – in einem eigenen Fach erfolgte, sondern fächerübergreifend war, aber insbesondere in das Fach Geschichte einfloss.

Ende der 1950er bis 1970er Jahre: Reformen (Ausbau und Wissenschaftsorientierung)

Gegen Ende der 1950er Jahre setzte ein Reformprozess ein, der sich in den 1960er Jahren unter Kultusminister Ludwig Huber (CSU, 1928-2003, Kultusminister 1964-1970) intensivierte und bis zum Ende der 1970er Jahre andauerte.

Der Kultusminister der Viererkoalition (SPD, BP, FDP, BHE), August Rucker (parteilos, 1900-1978, Kultusminister 1954-1957), wies auf die technischen Herausforderungen der Zeit hin und sah einen Zehn-Jahres-Plan mit dem Ziel des Ausbaus des gesamten Schulwesens, insbesondere des Volksschulbereichs vor, um den Bildungsrückstand zum Ausland aufzuholen (Rucker-Plan). Wenn sich der Plan, der mit einem gewaltigen Finanzvolumen verbunden war, auch im Einzelnen aus politischen Gründen nicht umsetzen ließ, so gab er wichtige Impulse auf Länderebene: Nach dem Vorbild von Ruckers Plan sollten laut Kultusministerkonferenz-(KMK)Beschluss von 1957 die Kultusminister aller Länder Bedarfspläne erstellen. Zudem löste Rucker in Bayern eine Diskussion um Reformen im Bildungsbereich aus. Unter Ministerpräsident Hanns Seidel (CSU, 1901-1961, Ministerpräsident 1957-1960) und Kultusminister Theodor Maunz (parteilos, 1901-1993, Kultusminister 1957-1964) schließlich vollzog sich endgültig eine Wende in der bayerischen Kultuspolitik. So erfolgte 1958 die Einführung der Volksschullehrerausbildung an Pädagogischen Hochschulen. Politiker aller Parteien erkannten nun die Reformbedürftigkeit des Schulwesens, insbesondere im Bereich der Volksschule.

Das Land Bayern stand in den 1960er Jahren immer stärker unter Reformdruck wegen des Wandels vom agrarisch geprägten Land zum Industrieland einerseits und der nun auch von Bildungsexperten und der Öffentlichkeit geforderten Verbesserung des Bildungssystems und der Bildungschancen andererseits. Insbesondere bestand nun auch der Wunsch, die Abiturientenzahlen zu erhöhen, was als Voraussetzung für wirtschaftliche Prosperität und die Steuerung gesellschaftlicher Prozesse galt.

Im Zentrum der Reformen stand zunächst der Ausbau des Schulwesens. Im Volksschulbereich erfolgte ein Konzentrationsprozess, der zur Abschaffung der Zwergschulen (Volksschulen, die in drei Klassen oder gar nur in einer großen Klasse die Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge eins mit acht versammelten) und zur Einrichtung zentraler, sehr gut ausgestatteter und voll ausgebauter Verbandsschulen führte:

Die Zahl der Volksschulen reduzierte sich infolge des Volksschulgesetzes aus dem Jahr 1966 und der Schulreform im Jahr 1969 von ca. 7.000 auf unter 3.000 bis zum Jahr 1980.

Im Bereich der Mittelschulen bzw. Realschulen und höheren Schulen bzw. Gymnasien dagegen kam es mit der Neugründung zahlreicher Schulen, insbesondere im ländlichen Bereich, zu einem 1963/64 einsetzenden Expansionsprozess. Waren die Mittelschulen vor dieser Wende mehrheitlich von kirchlichen oder privaten Trägern gegründet (Schuljahr 1948/1949: 9 kommunale und 66 private Mittelschulen, fast ausschließlich für Mädchen), so stieg die Zahl der öffentlichen Mittelschulen bzw. Realschulen enorm, so dass sie die Zahl der kirchlichen und privaten Schulen im Laufe der 1960er Jahre übertraf (Schuljahr 1964/65: 102 kommunale und private Realschulen und 122 öffentliche). Insgesamt stieg die Anzahl der Mittelschulen von 208 im Schuljahr 1962/63 auf 307 im Schuljahr 1974/75.

Ähnlich wie im Bereich des Mittelschulwesens stellte sich das Verhältnis von Schulen privater und öffentlicher Trägerschaft im höheren Schulwesen nach 1945 wesentlich anders dar als heute. Im Schuljahr 1955/1956 existierten in Bayern 300 höhere Schulen (198 öffentliche höhere Schulen, 102 private, davon 67 klösterliche, vier evangelisch-kirchliche und 31 sonstige private). Erst im Zuge des Ausbaus des gymnasialen Bildungswesens im Laufe der 1960er Jahr erhöhte sich allmählich die Zahl der öffentlichen Gymnasien. Im Jahr 1970 waren es 347 Gymnasien, im Jahr 1980 lag deren Zahl bei 395 (324 staatliche Gymnasien und 71 private). Diese Entwicklungen lagen voll und ganz im Trend der bildungspolitischen Debatte: Die Voraussetzung für die Schaffung gleicher Bildungschancen für die Kinder aller Bevölkerungsschichten, ein bildungspolitischer Konsens seit der Mitte der 1960er Jahre, war mit diesen strukturellen Maßnahmen ebenso geschaffen wie für die Rekrutierung von möglichst hochqualifizierten Schulabgängern, was im wirtschaftspolitischen Interesse der bayerischen Staatsregierung lag.

Der Reformprozess in den 1960er Jahren verzögerte sich indes infolge des Streits um die endgültige Abschaffung der Bekenntnisschulen. Zwar sorgte das Schulverbandsgesetz von 1961 bereits indirekt für die faktische Aufweichung des Bekenntnisschulprinzips, doch erst das 1967 von der SPD initiierte und von der CSU dann ebenfalls aufgegriffene Volksbegehren führte 1968 zur verfassungsmäßigen Verankerung der christlichen Gemeinschaftsschule.

Im Inneren war das Schulwesen gekennzeichnet von einer Verwissenschaftlichung, orientiert am Strukturplan für das deutsche Bildungswesen, der 1970 vom Deutschen Bildungsrat verabschiedet worden war. Gemäß der Empfehlungen führte das Kultusministerium zudem curriculare Lehrpläne ein und ließ Schulversuche zu Gesamtschule und Orientierungsstufe durchführen. Seit 1973 indes rückte Bayern vom Bildungsgesamtplan der Bund-Länder-Kommission ab und verfolgte unter Kultusminister Hans Maier (CSU, geb. 1931, Kultusminister 1970-1986) einen eigenständigen bildungspolitischen Kurs. So verwarf Maier etwa den Plan der Einführung von Gesamtschulen wieder.

Die gewichtigste Veränderung der beiden Reformdekaden brachte die Neuordnung der Lehrerbildung mit sich: Die 1958 für die Ausbildung von Volksschullehrerinnen und -lehrern eingerichteten Pädagogischen Hochschulen gingen 1970 institutionell in den Landesuniversitäten auf. Das Lehrerbildungsgesetz von 1977 schrieb die universitäre Ausbildung für alle Lehramtsstudiengänge vor, und die Lehramtsprüfungsordnung (LPO) von 1978 regelte das Studium inhaltlich: Seither sind die Studiengänge für die verschiedenen Schularten alle universitär, aber zeitlich und inhaltlich differenziert.

Mit der Gründung der Akademie für Lehrerfortbildung in Dillingen 1971 erhielt Bayern eine Einrichtung, die die fachliche Qualifikation von praktizierenden Lehrkräften und Führungspersonal gewährleisten soll.

1980er Jahre bis zur Gegenwart: Revisionen (Pädagogisierung und Qualitätssicherung)

Das Charakteristikum der 1980er Jahre bildet die Rücknahme von inneren Reformen der Vorjahre.

Die bildungspolitischen Debatten drehten sich vor allem um die Themen "Schulstress" und "Wiedergewinnung des Erzieherischen", die letztendlich zu einer Pädagogisierung der Lehrpläne aller Schularten führten. Die Vermittlung traditioneller Werte und regionaler Kultur und Geschichte an die Schüler wurde nicht zuletzt mit dem Ziel der Identitätsstiftung mit dem Land Bayern forciert.

Seit den 1990er Jahren dagegen lässt sich eine sukzessive Orientierung der Bildung an Anforderungen des globalisierten Arbeitsmarktes erkennen: Das Erlernen von Fremdsprachen, der Umgang mit neuen Medien, die Verstärkung des naturwissenschaftlich-technischen Lernens von der Unterstufe an soll adäquat hierauf vorbereiten. Die im Jahr 2000 von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) veröffentlichten Ergebnisse der internationalen Pisa-Studie brachten einen erhöhten Bildungsdruck mit sich. Im internationalen Vergleich der Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in den OECD-Ländern und vier weiteren Ländern (Brasilien, Lettland, Liechtenstein, Russische Föderation) im Lesen, in Mathematik und in den Naturwissenschaften schnitt Deutschland in allen drei Bereichen unterdurchschnittlich ab. Der Test erhob kein Faktenwissen, sondern transferierende Leistungen. In der nationalen Vergleichsstudie in Deutschland auf Länderebene, genannt PISA-E 2003, lagen indes die Ergebnisse für bayerische Schülerinnen und Schüler deutlich über dem OECD-Durchschnittswert. Gleichwohl konzentrieren sich seither die Bemühungen des Kultusministeriums auf eine Qualitätssicherung der schulischen Ausbildung, die bayernweit über einheitliche Leistungsvergleichstests und über die Evaluation von Schulen ständig geprüft wird.

Die momentane flächendeckende Einführung von Ganztagsschulen erfolgt nicht nur aus Gründen der besseren pädagogischen Betreuung, sondern auch aus organisatorischen Zwängen (z. B. Einführung G8) heraus. Wichtige Punkte in der bildungspolitischen Diskussion sind einerseits die Frage um die Integration von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund und andererseits um die nunmehr bayernweit vollzogene Anpassung der Lehramtsstudiengänge an das Bachelor- und Mastersystem, das im Zuge des Bologna-Prozesses auch für alle anderen Studiengänge eingeführt wurde. Das Staatsexamen bleibt zwar nach wie vor Voraussetzung für eine Anstellung als Lehrkraft, jedoch führen die Modernisierungen zu einer Modularisierung des Lehramtsstudiengangs. Diese Umstellung ist durchaus umstritten, da die damit verbundene Vorgabe von festgefügten, abzuprüfenden Lerneinheiten über ein bis zwei Semester und die Vergabe von Leistungspunkten einerseits eine Verkürzung des Studiums gewährleistet, aber andererseits eine starke Durchorganisation desselbigen bewirkt. Dies hat wiederum eine Erstarrung und Engführung des vormaligen Studiensystems zur Folge. Studierende klagen gegenwärtig über die Zunahme des Leistungsdrucks, die Universitätsdozenten wiederum über den enormen Anstieg der Lehr- und Prüfungsbelastung.

Schulsystem

Grund- und Hauptschulen (vormals Volksschulen)

Im Zusammenhang mit der gesetzlichen Verankerung der Bekenntnisschulen in der bayerischen Verfassung ist das Schulorganisationsgesetz von 1950 zu sehen, wonach in jeder Gemeinde mindestens eine Volksschule einzurichten war. Da sich auf der einen Seite die Zahl der Zwergschulen bis zum Beginn der 1960er Jahre infolge des Geburtenrückgangs und der Landflucht erheblich vergrößerte und auf der anderen Seite ein Lehrermangel herrschte, legte das Schulverbandsgesetz von 1961 die Weichen für die Integration der ländlichen Kleinstklassen in zentrale Verbandsschulen. In diesen voll ausgebauten Schulen existierte für jede der Jahrgangsstufen eine eigene Klasse oder sogar mehrere Klassen. So musste nicht, wie in den Zwergschulen üblich, den Kindern verschiedener Jahrgänge unterschiedlicher Stoff zur gleichen Zeit vermittelt werden, sondern die Lehrkraft konnte sich auf die Vermittlung des vorgesehenen Jahrgangsstufenlehrplans konzentrieren. Insbesondere konservative Kreise aber warnten vor einer Entwurzelung der Kinder aus ihrem angestammten Lebensraum, die fortan von den Dörfern mit Bussen zu den Zentralschulen in größeren Gemeinden transportiert wurden.

Das Schulpflichtgesetz von 1969 fixierte die Einführung eines neunten Schuljahres. Die schon 1963/66 eingeläutete formale Gliederung in Grund- und Hauptschule vollzog sich im Jahr 1970 auch institutionell. Seither gelten Grund- und Hauptschule als eigenständige Schularten mit je eigenem Bildungsauftrag.

Bereits seit dem Ende der 1970er Jahre bemüht sich die oberste Schulbehörde um die Imagepflege der Hauptschule. 1970 erfolgte die Einführung des Qualifizierenden Hauptschulabschlusses (Quali) für Hauptschüler mit bestimmten Fächerkombinationen (Leistungskurse Deutsch, Mathematik, Englisch oder Physik/Chemie). 1982 wurden der Quali generell auf alle Hauptschüler der 9. Klasse ausgeweitet. Ab 1976 existierte zeitweise eine Orientierungsstufe in den Klassen 5 und 6 der Hauptschulen.

Infolge der Einführung der sechsstufigen Realschule 1999/2000 bewerten Teile der Öffentlichkeit die Hauptschule zunehmend als "Restschule". Daher sorgte das Kultusministerium 2004 mit der Einrichtung von Mittlere-Reife-Zügen (M-Zügen) dafür, Hauptschülern den Erwerb der Mittleren Reife zu ermöglichen. Gegenwärtig soll das Konzept der "Mittelschulen" zur qualitativen Aufwertung der vormaligen "Hauptschulen" verhelfen: 95 % der bayerischen Hauptschulen bieten ab dem Schuljahr 2011/12 eine Ganztagsbetreuung, sie ermöglichen nach der neunten Jahrgangsstufe mit einem weiteren Schuljahr einen mittleren Bildungsabschluss und bieten ab der achten Jahrgangsstufe eine berufsfeldbezogene Spezialisierung in den Bereichen Technik, Wirtschaft, Soziales. Zudem sollen Intensivierungsstunden und zusätzlicher Englischunterricht die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler verbessern.

Innerlich vollzog sich im Bereich der Volks- bzw. Grund- und Hauptschulen eine Wandlung von der volkstümlich geprägten Bildung in den 1950er, über eine wissenschaftsorientierte Ausrichtung in den 1970er und eine stark pädagogisch-erzieherische Akzentsetzung in den 1980er Jahren hin zu einem ausgewogenen Verhältnis von fachlichen und pädagogischen Anteilen seit dem Ende der 1990er Jahre.

Die an der Hauptschule 1997 eingeführte Zusammenlegung der Realienfächer Geschichte, Sozial- und Erdkunde sowie Physik, Chemie, Biologie zu Fächerverbünden namens "GSE" und "PCB" ist wegen der Verwischung von Fachgrenzen und der quantitativen und qualitativen Minderung der Inhalte infolge der dadurch verringerten Stundenzahl noch immer umstritten.

Seit 1950 war das Abitur Voraussetzung für die Ausbildung zum Volksschullehrer an den Lehrerbildungsanstalten, die ab 1954 in unabhängigen Instituten für Lehrerbildung stattfand. Nachdem die Ausbildung an den 1958 gegründeten Pädagogischen Hochschulen erfolgte, ist sie seit 1970 an den Universitäten angesiedelt.

Realschulen (vormals Mittelschulen)

Zunächst existierten lediglich von kirchlichen und privaten Trägern geführte reine Mädchenmittelschulen, die an die 7. Klasse der Volksschule anschlossen und drei Klassenstufen umfassten. Seit 1949 forcierte der Staat die Einrichtung von Mittelschulen, die fortan auch Jungen besuchen konnten. Am Ende der 1950er Jahre kam es zur vierstufigen Erweiterung der Mittelschulen, so dass diese nunmehr an die sechste Klasse der Volksschule anschlossen. Mit der Bekanntgabe von Stofflehrplänen 1961 erhielten die Mittelschulen ihr endgültiges Profil als eigenständige Schulart neben Volksschule und höherer Schule. 1965 schließlich erfolgte im Zuge des Hamburger Abkommens die Umbenennung in "Realschule". Der adäquate Terminus für die Mittelschule, "Realschule", war bislang von Formen der höheren Schulen besetzt gewesen, einerseits von der "Oberrealschule" und andererseits von der sechsjährigen "Realschule", in der zwei Fremdsprachen erlernt worden waren. Diese beiden Formen der höheren Schulen gingen 1965 in den "Gymnasien" auf. Heftig umstritten war der Ausbau der Realschule auf sechs Stufen, beginnend mit dem Schuljahr 1999/2000. Da die Realschule nun an die vierte Grundschulklasse anschloss, befürchtete man einerseits einen Leistungsdruck in der Unterstufe wegen der Vorverlegung des Übertritts und andererseits ein "Ausbluten" der Hauptschule.

Die Mittelschulen sollten auf Berufe im industriellen Sektor vorbereiten. Lagen die inhaltlichen Schwerpunkte der drei Wahlpflichtgruppen anfangs noch im wirtschaftlichen, landwirtschaftlichen und gewerblichen Bereich, so verschoben sie sich mit dem flächendeckenden Ausbau dieses Schultyps allmählich auf den naturwissenschaftlich-technischen, wirtschaftskundlich-kaufmännischen und musisch-sozialen Sektor, mit dem Pflichtfach Englisch.

Der Mittelschule bzw. Realschule wurde und wird eine Art "Zwitterstellung" zwischen Hauptschule und Gymnasium zugeschrieben, wobei sich die Orientierung an den Zielen des Gymnasiums im Laufe der Jahre intensivierte. Wenngleich im Lehrplan von 2001 aufgrund der Erweiterung um zwei Jahre fachliche Inhalte zugenommen haben, so lässt sich am Gesamtaufbau eine deutlich stärkere pädagogische Ausrichtung ablesen.

Direkt nach 1945 unterrichteten an Mittelschulen überwiegend Volksschullehrkräfte mit einjähriger Zusatzausbildung. Ab 1958 fand die Ausbildung am "Staatsinstitut für die Ausbildung der Lehrer an Mittelschulen" in München-Pasing statt. Mit der Prüfungs- und Ausbildungsordnung von 1961 bestand die Voraussetzung für den Abschluss in einem mindestens sechssemestrigen universitären Fachstudium. In den 1970er Jahren vollzog sich die komplette Integration der Ausbildung in die Universitäten.

Gymnasien (vormals höhere Schulen)

1938 waren nicht nur die klösterlichen höheren Schulen fast ausnahmslos verstaatlicht, sondern die vormals üblichen Formen der höheren Schulen radikal vereinheitlicht worden: Es existierte fortan nurmehr die "Oberschule" mit naturwissenschaftlich-mathematischem und fremdsprachlichem Zweig ab der zehnten Jahrgangsstufe; das "Gymnasium" (mit Latein als Ausgangssprache) erhielt lediglich in besonderen Fällen als Sonderform eine Zulassung. An die Tradition der höheren Schulen vor 1938 anschließend, formierten sich nach Kriegsende die verschiedenen Typen wieder, so dass 1949 folgendes Spektrum vorlag: die Oberrealschule, das Realgymnasium, die Realschule, das Progymnasium, das humanistische Gymnasium und die Höhere Handelsschule. Dieses erweiterte sich um einen weiteren Typ: Die Lehrerbildungsanstalten für Volksschullehrer, die ab dem Schuljahr 1948/49 auf Weisung der Besatzungsmacht keine Schülerinnen und Schüler mehr aufnehmen durften, wurden institutionell in eine sechsjährige Kurzform der höheren Schulen transformiert, die in allgemeinbildenden Klassen zum Abitur führte und deren Besuch fortan verpflichtend für alle war, die den Beruf des Volksschullehrers anstrebten. Diese neue Form der höheren Schule, die zunächst weiterhin die Bezeichnung "Lehrerbildungsanstalt" behielt - was damals allgemeine Verwirrung stiftete - wurde ab 1950 "Lehrerbildungsanstalt mit Oberschule in Kurzform" und seit 1954 "Deutsches Gymnasium" genannt. Allgemein üblich war zunächst die achtstufige Form der höheren Schule, die 1936 eingeführt worden war; ab 1951 galt die vor 1936 übliche neunstufige Form wieder.

Infolge der Ratifizierung des Hamburger Abkommens der KMK 1964 ersetzte der Terminus "Gymnasium" seit 1965 den Begriff "höhere Schulen". Fortan stand die einheitliche Bezeichnung für alle Formen, die sich nur noch durch fünf Adjektive unterschieden:

  • humanistisches
  • neusprachliches (ehemals Realgymnasium)
  • mathematisch-naturwissenschaftliches (ehemals Oberrealschule)
  • musisches (ehemals Deutsche Oberschule bzw. Deutsches Gymnasium)
  • wirtschaftliches
  • sozialwissenschaftliches Gymnasium für Mädchen

Die Einrichtung von Gymnasien für Mädchen stellte einen ersten Versuch dar, die Zahl an Abiturientinnen zu steigern. Im Zuge der Bildungsexpansion und des Ausbaus der Gymnasien im Laufe der 1960er Jahre verloren sie ihren vormals elitären Charakter und zogen immer mehr Jungen und Mädchen aller Bevölkerungsschichten an. In den 1990er Jahren überstieg schließlich sogar die Zahl an Mädchen den Anteil der Jungen.

Erst seit 1965 regelten einheitliche Stofflehrpläne für alle Gymnasien den Unterricht. Als Konsequenz der Wissenschaftsorientierung ist die Neugestaltung der Oberstufe mit der Einführung der Kollegstufe 1976/77 zu sehen (breite Fächerwahl, Auflösung des Klassenverbandes zugunsten von Kursen), welche die Studierfähigkeit sichern sollte.

Seit 2004 vollzog sich schrittweise die Einführung des achtstufigen Gymnasiums (G8), die 2011 mit dem ersten Abschlussjahrgang abgeschlossen war. Dies hatte eine Neuorganisation der Lehrpläne und der Oberstufe erfordert: Eine eingeschränkte Fächerwahl begünstigt Pflichtfächer. Zwei spezielle, jeweils über eineinhalb Jahre laufende Seminare treten hinzu und bieten den Schülerinnen und Schülern insofern eine Spezialisierungsmöglichkeit, als konkrete Themen aus dem angebotenen Pool der Schule wählbar sind. Die in der Oberstufe zu belegenden P-Seminare (Projekt-Seminare) sollen mittels einer Berufsfeldorientierung und eines sich anschließenden Projekts auf die Berufs- und Studienwahl vorbereiten. Die W-Seminare (Wissenschaftspropädeutische Seminare) sollen die Schülerinnen und Schüler in der Oberstufe auf das wissenschaftliche Arbeiten an Hochschulen heranführen, indem sie mit Unterstützung einer Lehrkraft an einem Thema gemeinsam arbeiten und dann eine individuelle Abschlussarbeit erstellen. Das G8 steht in der Kritik der Öffentlichkeit, da von einem erhöhten Leistungsdruck für die Schülerinnen und Schüler ausgegangen wird.

Auch nach 1945 verlief die Ausbildung zum Lehramt an Höheren Schulen zweiphasig. An ein reines universitäres Fachstudium schloss die praktische Unterweisung im Pädagogischen Seminar an. Wenn auch in den 1960er Jahren in der ersten Phase einige vorgezogene Praktika zu absolvieren waren, erfolgte de facto eine Pädagogisierung der Ausbildung erst mit dem Lehrerbildungsgesetz von 1978, das fortan erziehungswissenschaftliche und fachdidaktische Anteile bereits im Studium vorsah.

Förderschulen (vormals Sonderschulen)

Anknüpfend an die Verhältnisse vor 1945 bestand gemäß dem Schulpflichtgesetz von 1952 die Vorschrift, dass Kinder, die aufgrund körperlicher oder geistiger Einschränkungen dem Unterricht der allgemeinen Volksschule nicht zu folgen vermögen, eine geeignete "Sonderschule" oder einen für sie geeigneten "Sonderunterricht" (z. B. Hilfsschulen, Schulen für blinde, taubstumme und krüppelhafte Kinder) besuchen. Wenn auch schon die Bezeichnung "Sonderschule" existierte, so handelte es sich um keinen einheitlich festgelegten Terminus und rechtlich um keinen eigenen Schultyp. Die Sonderschulen galten als Sondereinrichtungen im institutionellen Rahmen der Volksschulen. Da zum damaligen Zeitpunkt nur ca. 55 Sonderschulen zur Verfügung standen, besuchten die meisten der eigentlich sonderschulbedürftigen Kinder zusammen mit nicht-sonderschulbedürftigen Kindern die allgemeinen Volksschulklassen; geistig behinderte Kinder waren von der Schulpflicht entbunden. Insgesamt spielte das Sonderschulwesen in den 1950er Jahren in der Öffentlichkeit eine nachgeordnete Rolle.

Dies änderte sich 1965 mit dem "Gesetz über die Errichtung und den Betrieb von Sonderschulen", das die bisherigen Einrichtungen zu einem eigenen, neunjährigen Schultyp transformierte, der sich in neun spezielle Arten differenzierte: Schulen für

  • Blinde
  • Gehörlose
  • Körperbehinderte
  • Sehbehinderte
  • Schwerhörige
  • Sprachbehinderte
  • Lernbehinderte (bisherige Hilfsschule)
  • geistig Behinderte
  • Erziehungsschwierige

Seither entwickelte sich ein dichtes Netz an staatlichen Sonderschulen auch in kleineren Städten und Schulen in privater Trägerschaft mit staatlicher Unterstützung. Das Spektrum an weiterführenden Schulen erstreckt sich seitdem von Sonderberufsschulen bis hin zu den gängigen Schultypen mit angegliederten Klassen für Jugendliche mit spezifischen Behinderungen. Schließlich sorgte die flächendeckende Einrichtung von Frühförderstellen für eine Hilfe bereits für Kleinkinder.

Seit den 1980er Jahren ist ein anhaltend gegenläufiger Trend mit dem Ziel der Integration von "Sonderschülern" in Regelklassen zu konstatieren: Mobile sonderpädagogische Dienste betreuen Schüler mit Lernschwierigkeiten in Regelschulen; spezielle Diagnose- und Förderklassen bereiten auf den Übertritt in die Regelschule vor; in "Kooperationsklassen" erhalten lern- und verhaltensgestörte Kinder Unterricht in Grundschulen. Die vormals strikte Trennung in allgemeine und Sonderschulen löste sich in ein differenziertes System auf. 1994 ersetzte der Terminus "Förderschule" oder "Schule mit sonderpädagogischem Förderbedarf" den Begriff "Sonderschule" wegen einer damit in Verbindung gebrachten Stigmatisierung der Kinder.

Nach 1945 galten und gelten noch für bestimmte Arten der Förderschulen die Lehrpläne der Volksschule. Seit 1971 profilieren spezielle Lehrpläne bestimmte sonderpädagogische Zweige (z. B. 1991 der "Lehrplan zur individuellen Lernförderung").

Ab 1949 hatte das Bayerische Staatsministerium selbst Ausbildungslehrgänge durchgeführt, in denen sich Volksschullehrer in München zu Hilfsschullehrern ausbilden lassen konnten, bis es 1964 ein eigenes "Staatsinstitut für die Ausbildung der Lehrer an Sonderschulen" in München gründete, das sich wie folgt gliederte: in eine Abteilung für die Ausbildung der Lehrer an Schulen für Lernbehinderte, geistig Behinderte, Erziehungsschwierige sowie Körperbehinderte und in eine Abteilung für die Ausbildung der Lehrer an Schulen für Gehörlose, Schwerhörige und Sprachbehinderte. 1970 ging dieses Institut zunächst in die Pädagogische Hochschule München und 1972 in die Universität München über. Ab dem Wintersemester 1974/75 existiert auch an der Universität Würzburg ein eigener Studiengang für Sonderschullehrer und -lehrerinnen. Seit 1977 ersetzt der eigenständige Studiengang des Lehramtes an Sonderschulen mit einer vertieft studierten sonderpädagogischen Fachrichtung das vormalige Zusatzstudium am Staatsinstitut. In Bayern besteht allerdings bislang nicht die Möglichkeit, die Fachrichtung "Blinden- und Sehbehindertenpädagogik" zu studieren. Wenn es auch schon seit 1949 speziell ausgebildete Lehrkräfte für Sonderschulen gab, so mussten insbesondere zum damaligen Zeitpunkt, aber auch noch bis in die 1990er Jahre hinein Volksschullehrkräfte bzw. Grund- und Hauptschullehrkräfte an Sonderschulen eingesetzt werden.

Berufsschulen

Schon 1945 nahmen die landwirtschaftlichen und nichtlandwirtschaftlichen Berufsschulen ihren Betrieb wieder auf. Im Anschluss an den Besuch der Volksschule sah das duale System seit dem Erlass der "Richtlinien für den Berufsschulunterricht" von 1951 eine verpflichtende, dreijährige betriebliche Lehre und den Schulbesuch an regulären Arbeitstagen vor. Erst mit dem Berufsschulgesetz von 1953 bestand für die Kommunen die Verpflichtung, Berufsschulen zu installieren, was den flächendeckenden Ausbau derselbigen sicherte.

Der 1960 gesetzlich verankerte Typ der "Berufaufbauschule" (BAS) sollte begabten Berufsschülern die Fachschulreife und somit die Aufnahme in Ingenieurschulen vermitteln. Von 1987 bis zur Einstellung der BAS 1999/2000 war der Erwerb des Quali in Verbindung mit einer Berufsausbildung die mindeste Bedingung für den Besuch der BAS, die nunmehr einen mittleren Bildungsabschluss voraussetzte.

Nach dem Berufsschulgesetz von 1972 gelten als berufliche Schulen offiziell auch Berufsfachschulen (gewerbliche und kaufmännische Berufsfachschulen, Berufsfachschulen für Fremdsprachenberufe, Hauswirtschaft und Sozialberufe, für technische Assistenzberufe, Berufe des Gesundheitswesens und für Musik sowie sonstige Berufsfachschulen, z. B. für Kosmetik, Mode oder künstlerische Berufe), einschließlich Wirtschaftsschulen, Fachschulen (Technikerfachschulen, Meisterschulen, kaufmännische und hauswirtschaftliche Fachschulen sowie sozialpflegerische Fachschulen) und Fachakademien (für Sozialpädagogik, Wirtschaft, Landwirtschaft und Hauswirtschaft, künstlerische Berufe, Fremdsprachenberufe, medizinisch-technische Berufe sowie für Augenoptik und Brauwesen- und Getränketechnik). Zudem regelte es die Zusammenlegung von Berufsschulen zu fachlich spezifizierten Berufsbildungszentren und die Einführung von Blockunterricht, der seit 1978 auch in ein Berufsgrundschuljahr einfließen kann. Dieses Berufsgrundschuljahr ist ein einjähriger Ausbildungsgang in Vollzeitform, der berufliche Grundkenntnisse und -fertigkeiten vermittelt und die allgemeine Bildung fortsetzt. Es ist verpflichtend für holzverarbeitende, landwirtschaftliche und hauswirtschaftliche Berufe. An das Berufsgrundschuljahr schließen sich zwei weitere Ausbildungsjahre an.

Seit 1947 war die Ausbildung der Berufsschullehrer an einem Berufspädagogischen Institut vorgesehen, die in vier, seit 1957/58 in sechs Semestern und in einem anschließenden praktisch-pädagogischen Jahr bestand. Die Verlegung an die Technische Hochschule München fand für den gewerblichen Bereich 1963, für den landwirtschaftlichen Bereich 1964/65 statt.

Zweiter Bildungsweg

Um Bildungsreserven auszuschöpfen, richteten sich Reformen seit dem Ende der 1950er Jahre darauf, den Erwerb der Hochschulreife über einen zweiten Weg zu ermöglichen. Seit 1958 führt dieser über den Besuch eines vierjährigen Abendgymnasiums oder eines fünfsemestrigen Kollegs im Vollzeitunterricht. Inzwischen ist ein hoher Bildungsabschluss zusätzlich mittels der Absolvierung eines Telekollegs (seit 1982) oder einer Begabtenprüfung zu erreichen. In Bayern existiert kein staatlich unterhaltenes Abendgymnasium, sondern nur ein öffentliches der Stadt München sowie private Schulen. Der Besuch einer Abendrealschule ermöglicht den Erwerb eines mittleren Bildungsabschlusses.

Die Einrichtung von Fachoberschulen (FOS) 1970 und die Verabschiedung des Berufsschulgesetzes von 1972 ist in Zusammenhang mit den Diskussionen um gleiche Bildungschancen zu sehen: Berufsoberschulen (BOS), die an den Besuch der BAS bzw. eine Berufsausbildung nach der Mittleren Reife anschlossen, und Fachoberschulen, die auf dem Realschulabschluss aufbauten, führten fortan zu Fachhochschulreife oder fachgebundener bzw. allgemeiner Hochschulreife. Damit war der berufliche Bildungsweg bis hin zum Studium offen geworden.

Seit dem Schuljahr 2000/01 ist innerhalb von ein, zwei oder drei Jahren der Erwerb der Fachhochschulreife oder der gebundenen bzw. allgemeinen Hochschulreife an FOS oder BOS möglich. Eintreten können Personen mit mittlerer Reife oder mit Hauptschulabschluss und Berufsausbildung. Seit 2008/09 sind FOS und BOS zu den Berufsoberschulen Bayerns (BOB) zusammengeschlossen.

Lehrplanentwicklung

Seit 1950 erfolgte die sukzessive Einführung von Stofflehrplänen. Im Zentrum stand dabei ein feststehender Bildungskanon an Inhalten.

Im Laufe der 1970er Jahre ersetzten mehr oder weniger ausgeprägt gestaltete "curriculare" (auch "lernzielorientierte") Lehrpläne die Bildungspläne: Unter Adaption der wissenschaftlichen Erkenntnisse von Saul B. Robinsohn (1916-1972, 1964-1972 Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung) enthielten die Lehrpläne detaillierte Vorgaben zu Lernzielen, -inhalten, -methoden und Verfahren der Leistungskontrolle, so dass sie an Umfang zunahmen.

In den 1980er Jahren stand die strukturelle Vereinheitlichung der Lehrpläne aller Schularten im Mittelpunkt: Sie sind seither einheitlich aufgebaut aus einem allgemeinen Teil, der Erziehungs- und Bildungsaufgaben des Schultyps festlegt, aus Fachprofilen, die den Beitrag der Fächer zum Bildungsauftrag beschreiben, aus Leitthemen, die ein spezifisches Erziehungsprogramm für jede Jahrgangsstufe definieren, und aus den Fachlehrplänen. Diese und die Lehrpläne seit den 1990er Jahren sind von einem postcurricularen Stil gekennzeichnet, der Ziel- und Stofforientierung mischt.

Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (vormals Staatsinstitut für Schulpädagogik)

Aus dem 1966 vom Kultusministerium eingerichteten "Staatsinstitut für Gymnasialpädagogik" (IGP) ging 1971 das "Staatsinstitut für Schulpädagogik" mit Sitz in München hervor. Dessen Aufgaben bestanden in der Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse bei der Konzeption von Lehrplänen, bei der pädagogischen Betreuung und wissenschaftlichen Begleitung von Schulversuchen, bei der Planung von Lehrerfortbildungen und von Handreichungen. Damit stand es an der Schnittstelle zwischen Kultusministerium, Wissenschaft und Praxis.

Die Umbenennung 1983 in "Institut für Schulpädagogik und Bildungsforschung" (ISB) und gleichzeitige Integration des 1966 gegründeten "Instituts für Bildungsforschung und -planung" (IfB) signalisierte die intendierte Weiterentwicklung der pädagogischen Bildungsarbeit. Im Rahmen der vormaligen Arbeitsschwerpunkte ergab sich eine Modifikation: Das ISB betreute nunmehr die Arbeit der Lehrplankommissionen fachlich und organisatorisch, da die Lehrplanentwicklung wieder stärker beim Kultusministerium lag.

Seit 2003 lautet die offizielle Bezeichnung "Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung".

Lehrerverbände

Der 1946 wieder gegründete "Bayerische Lehrerverein" (BLV) firmiert seit 1951 unter der Bezeichnung "Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverein" (BLLV). Er versteht sich als schulartübergreifender Lehrerverband, der stark den pädagogischen Impetus im Lehrberuf betont.

Der "Katholische Lehrerverein in Bayern" fand sich 1947 als "Gemeinschaft katholischer Erzieher" wieder zusammen und benannte sich im März 1948 in "Katholische Erziehergemeinschaft" (KEG) um. Das Verbandsziel besteht darin, die Bildungsarbeit auf der Grundlage eines christlich geprägten Weltbildes zu unterstützen.

Die Gründung des "Bayerischen Realschullehrerverbands" erfolgte 1952. Aus dem "Bayerischen Gymnasiallehrerverein" ging 1949 der "Bayerische Philologenverband" hervor. Er vertritt mittlerweile die Interessen von Gymnasial-, Fachoberschul-, Berufsschullehrern und Hochschulangehörigen.

Der 1947 in der britischen Besatzungszone gegründete "Allgemeine Deutsche Lehrer- und Lehrerinnenverband" mutierte 1948 zur "Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft" (GEW). Nach der Wende traten Mitglieder der Gewerkschaften der DDR "Unterricht und Erziehung" sowie "Wissenschaft" in die GEW ein.

Die Lehrerverbände stiegen in ihrem Stellenwert seit 1945 kontinuierlich, nicht zuletzt wegen des zunehmenden demokratischen Klimas in der Gesellschaft. Bereits in der unabhängigen, von der amerikanischen Besatzungsmacht eingesetzten Lehrplankommission (die Stiftung zum Wiederaufbau des bayerischen Erziehungs- und Bildungswesens, die sog. Wallenburgstiftung) waren viele Verbandsmitglieder tätig, die weltanschauliche Standpunkte in die Bildungspläne der 1950er Jahre aller Schularten einbringen konnten. Weiterhin waren und sind viele der in der Kultusbürokratie tätigen Beamten Mitglieder der "Katholischen Erziehergemeinschaft", die politisch der Christlich-Sozialen Union (CSU) nahesteht. Je nach politischer Lage gelang und gelingt es den Verbänden, Einfluss auf die bayerische Schulpolitik zu nehmen. So setzten sie sich erfolgreich für eine bessere Besoldung von Lehrkräften ein. Aber auch in Fragen bei der inneren Ausgestaltung der Schulen konnten und können die Verbände immer wieder erfolgreich politischen Druck ausüben: Beispielsweise kürzte die Schulverwaltung den Unterrichtsstoff des G8. Die Lehrerverbände bieten im Allgemeinen ihren Mitgliedern einen umfassenden juristischen Beistand bei schulischen Rechtsstreitigkeiten.

Literatur

  • Wilhelm Brinkmann/Bernd Arnold, Lehrerverbände in Bayern. Ein geschichtlicher Überblick über die Organisation der beruflichen Interessen von Lehrerinnen und Lehrern, in: Max Liedtke (Hg.), Handbuch der Geschichte des Bayerischen Bildungswesens. 4. Band, Bad Heilbrunn 1997, 569-600.
  • Walter G. Demmel, Das berufliche Schulwesen, in: Max Liedtke (Hg.), Handbuch der Geschichte des Bayerischen Bildungswesens. 3. Band, Bad Heilbrunn 1997, 956-992.
  • Monika Fenn, Zwischen Gesinnungs- und Sachbildung. Die Relevanz der Kategorie Heimat in Volksschulunterricht und Lehrerbildung in Bayern seit 1945, Idstein 2008.
  • Monika Fenn/Hans-Michael Körner, Das Schulwesen, in: Max Spindler/Alois Schmid (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte. 4. Band, 2. Teil, München 2. Auflage 2007, 395-435.
  • Jürgen Fleischer-Schumann, Das Bildungs- und Erziehungswesen in München 1945-1976. Die Ära Anton Fingerle. Herausgegeben von der Landeshauptstadt München, München 1987.
  • Helga Hinke, Staatsinstitute, in: Max Liedtke (Hg.), Handbuch der Geschichte des Bayerischen Bildungswesens. 3. Band, Bad Heilbrunn 1997, 993-1010.
  • Norbert Lehning, Bayerns Weg in die Bildungsgesellschaft. Das höhere Schulwesen im Freistaat Bayern zwischen Tradition und Expansion 1949/50-1972/73 (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 153/1-2), München 2007.
  • Winfried Müller, Schulpolitik in Bayern im Spannungsfeld von Kultusbürokratie und Besatzungsmacht 1945-1949 (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 36), München 1995.
  • Winfried Müller, Schule und Schulpolitik 1950-1964, in: Max Liedtke (Hg.), Handbuch der Geschichte des Bayerischen Bildungswesens III. Band, Bad Heilbrunn 1997, 691-746.
  • Walter Radomsky, Entwicklung des beruflichen Schulwesens in Bayern in den Jahren 1945-1953. Unter besonderer Berücksichtigung der Bildungspolitik der amerikanischen Militärregierung (Forschung und Praxis beruflicher Bildung 11), Frankfurt am Main/Berlin/Bern u. a. 1987.
  • Jana Richter, Eine Schule für Bayern (Miscellanea Bavarica Monacensia 169), München 1997.
  • Max Schmid, Geschichte des Bayerischen Philologenverbandes, II. Band: 1914-2000, Neusäß 2000.
  • Norbert Seibert, Die Geschichte des bayerischen Bildungswesens von 1964-1990, in: Max Liedtke (Hg.), Handbuch der Geschichte des Bayerischen Bildungswesens III. Band, Bad Heilbrunn 1997, 747-841.
  • Staatsinstitut für Bildungsforschung und Bildungsplanung, Die Rolle der Privatschulen im bayerischen Bildungswesen, München 1983.
  • Otto Speck, Sonderschulen, in: Max Liedtke (Hg.), Handbuch der Geschichte des Bayerischen Bildungswesens III. Band, Bad Heilbrunn 1997, 914-924.

Quellen

  • Karl-Ulrich Gelberg/Ellen Latzin (Bearb.), Quellen zur politischen Geschichte Bayerns in der Nachkriegszeit. 2. Band: 1957-1978, München 2005.
  • Hans Merkt, Dokumente zur Schulreform, hg. vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus, München 1952.

Weiterführende Recherche

Externe Links

Verwandte Artikel

Schulsystem, Bildungssystem

Empfohlene Zitierweise

Monika Fenn, Schulwesen (nach 1945), publiziert am 31.01.2012; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Schulwesen_(nach-1945) (19.03.2024)