• Versionsgeschichte

Tattenbach, Adelsfamilie

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Version vom 5. Februar 2020, 11:38 Uhr von imported>Schnupps
Wappen der Familie Tattenbach (Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 1511, 14).
Rekonstruktionszeichnung der östlichen Hauptfassade des Palais der Tattenbach in der heutigen Theatinerstraße nach den wenigen noch vorhandenen Quellen. Das Portal mit den geschnitzten Türflügeln ist heute in der oberen Halle des Haupttreppenhauses des Bayerischen Nationalmuseums eingebaut (Zeichnung: Konstantin Köppelmann, 2014).
Das ehemalige Palais der Tattenbach an der Theatinerstraße nach dem Umbau 1876, bei dem das Gebäude um ein Stockwerk erhöht und um vier Achsen nach links verlängert wurde (Fotografie um 1900, Stadtarchiv München, FS-HB-XX-T-045).
Kabinett aus dem Münchner Tattenbach-Palais (1772-1779). Die Malereien auf Seidentaft in der Art einer Weinlaube stammen von Joseph Zächenberger (1732-1802). Das Kabinett befindet sich seit 1951 im Bayerischen Nationalmuseum (© Bayerisches Nationalmuseum München).
Wandbemalung im Kabinett aus dem Münchner Tattenbach-Palais. Die Wandbespannungen des Kabinetts kamen 1951 aus dem Besitz der Kunsthandels-Firma Otto Bernheimer (1877-1960) im Tausch gegen 35 Skulpturen an das Bayerische Nationalmuseum (© Bayerisches Nationalmuseum München, Foto: Karl-Michael Vetters).
Portrait von Hans Erasmus Graf von Tattenbach (1631-1671), im unteren Bildteil ist seine Hinrichtung in Graz am 1. Dezember 1671 zu sehen. Stich von Sigmund Gabriel Hipschmann, Datierung: 1671/1682 (Abbildung: Österreichische Nationalbibliothek).
Portrait des Reichstagsgesandten Josef Ferdinand Graf zu Rheinstein und Tattenbach (1723-1802) (Abbildung: Österreichische Nationalbibliothek).

von Gabriele Greindl und Bettina Dankesreiter

Niederbayerisches Adelsgeschlecht, erstmals Mitte des 12. Jahrhunderts erwähnt und seit dem 15. Jahrhundert der bayerischen Landschaft angehörig. 1637 erfolgte die Erhebung in den Reichsgrafenstand; von 1644 bis 1671 hatte die Familie die Grafschaft Rheinstein im Harz inne, nach der sie sich als Grafen von Rheinstein und Tattenbach bezeichnete. Neben dem umfangreichen Besitz in Niederbayern waren die Tattenbach in Oberbayern (u. a. im Landgericht Aibling mit der Grafschaft Valley) sowie in der Steiermark und im Vogtland begütert. Im 18. Jahrhundert gehörte die Familie zu den sieben reichsten und mächtigsten Geschlechtern Bayerns. In der Frühen Neuzeit waren Mitglieder der Familie für die Fürstbischöfe in Passau tätig und hatten Ämter in der bayerischen Verwaltung und am Hof inne. Außerdem standen Angehörige der Tattenbach in kaiserlichen Verwaltungs- und Kriegsdiensten. Im 19. und 20. Jahrhundert traten Familienmitglieder als Diplomaten auf. Vom 15. bis Anfang des 17. Jahrhunderts teilte sich die Familie in mehrere Zweige; die vogtländische Linie lebt bis heute fort.

Anfänge und Herkunft

Die Tattenbach werden erstmals Mitte des 12. Jahrhunderts genannt (BayHStA, KL Aldersbach, fol. 1’). Mit Ortlieb Tättenpeck wird ein Familienmitglied urkundlich am 28. Januar 1376 erwähnt (BayHStA, GR Ortenburg, fasc. 6, II). Die Familie siegelte am 1. März 1390 (Stadtarchiv Passau, Nr. 173) und am 20. Juni 1400 mit dem Beinamen zu Geyersperg (BayHStA, KL Aldersbach, Nr. 588). Eine Wappengrabplatte für Andreas Tattenbach in St. Nikola in Passau aus dem Jahr 1495 nennt ausdrücklich Obertattenbach als Herkunftsort. Die Dörfer Ober- und Untertattenbach sind heute Teile der Gemeinde Bad Birnbach (Lkr. Rottal-Inn).

Linienbildung

Die Tattenbach teilten sich um 1430 in zwei Linien: Die Linie Falkenberg-Geiersberg starb 1620 in männlicher und 1649 in weiblicher Linie aus und wurde von der Linie Hausbach beerbt. Letztere teilte sich wiederum in eine ältere und jüngere Line; die ältere Linie Hausbach erlosch mit dem Tod von Johann Adolf von Tattenbach und seinem Bruder Johann Franz in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Aus der jüngeren Hausbacher Linie entstanden um 1600 drei Familienzweige: Johann Christoph Graf von Tattenbach (1574-1627) stiftete die ältere bayerische Linie, die die ältere Linie Hausbach beerbte, sein Bruder Wolfgang Friedrich Graf von Tattenbach (1578-1656) gründete die jüngere bayerische Linie und der dritte Bruder, Gotthard Graf von Tattenbach (1581-1649), wurde mit der vogtländischen Linie zum Stammvater des heute noch existierenden Familienzweiges. Die ältere bayerische Linie erlosch 1802 mit dem Tod Joseph Ferdinands Graf von Tattenbach (1723-1802), Erbe war Heinrich Graf von Tattenbach (1765-1821) aus der jüngeren bayerischen Linie. Diese starb 1821 mit dem Tod Heinrichs ebenfalls aus, dessen Erbe war Maximilian Graf von Arco-Valley (1806-1875).

Standeserhöhungen seit Ende des 16. Jahrhunderts

Die Familie Tattenbach gehörte seit dem 15. Jahrhundert der bayerischen Landschaft an. 1598 erhob Erzherzog Ferdinand (Kaiser Ferdinand II., reg. 1619-1637) in Graz den Begründer der älteren bayerischen Linie Johann Christoph von Tattenbach (1574-1627) in den erbländisch-österreichischen Freiherrnstand mit dem Beinamen von Gonobitz (auch Gannowitz, ehemals Untersteiermark, heute Slovenske Konjice, Slowenien). Einige Jahre nach Beginn des Dreißigjährigen Krieges wurden 1623 in Regensburg die Brüder Johann Christoph, Wolfgang Friedrich und Gotthard von Tattenbach sowie ihr Vetter Johann Adolf aus der älteren Linie Hausbach mit dem Prädikat von Wolimbel und Gonobitz in den Reichsfreiherrnstand erhoben. Mit den neu erworbenen Lehen in Wolimbel und Gonobitz waren umfangreiche Besitzungen im Murtal in der Untersteiermark verbunden.

Die Erhebung in den Reichsgrafenstand und damit einhergehend eine weitere Wappenbesserung für die Gesamtfamilie erfolgte durch Kaiser Ferdinand III. (reg. 1637-1657) am 8. Juni 1637 in Prag; nunmehr führten die Tattenbach auch den Titel Frei- und Panierherrn auf Gonobitz. 1644 belehnte Erzherzog Leopold Wilhelm von Österreich (1614-1662, Bischof von Halberstadt 1627-1648) Wilhelm Leopold von Tattenbach (1609-1661) aus der älteren bayerischen Linie mit der Grafschaft Rheinstein im Harz, die 1599 an das Bistum Halberstadt zurückgefallen war. Die Tattenbach bezeichneten sich seit dieser Belehnung als Grafen von Tattenbach-Rheinstein. Die zahlreichen Erhebungen und Wappenmehrungen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts lassen auf beachtliche militärische und zivile Karrieren in kaiserlichen Diensten schließen.

1812 wurde Ignaz Graf von Tattenbach als königlich bayerischer Kämmerer und 1813 Johann Nepomuk von Tattenbach, königlich bayerischer Oberstleutnant, in die Grafenklasse immatrikuliert. Im Jahr 1937 erhielt Eberhard-Alexander Graf von Tattenbach (1887-1973) eine Namensmehrung als Graf von Tattenbach-Vallai im Fürstentum Liechtenstein.

Besitz

Aus den Hofanlagsbüchern des 18. Jahrhunderts ist zu entnehmen, dass die Tattenbach in allen niederbayerischen Pfleggerichten Besitz hatten, allerdings mit auffälligen Häufungen in den Pfleggerichten Eggenfelden (Lkr. Rottal-Inn), Griesbach, Landau, Osterhofen und Reichenberg, in dem die namengebende Hofmark Tattenbach lag. Auch in den heute im Innviertel liegenden Pfleggerichten Schärding und Reichersberg war die Familie begütert. Das Adelsgeschlecht verfügte ebenfalls über Besitz in Oberbayern, unter anderem mit den Hofmarken Maxlrain, Feldolling (beide Lkr. Rosenheim) und Holzolling (Lkr. Miesbach), die es nach dem Aussterben der Adelsfamilie Maxlrain um 1750 übernahm. Die Grafschaft Valley (Lkr. Miesbach) erwarben die Tattenbach im Jahr 1692 und übten hier auch die Hochgerichtsbarkeit aus. Die bayerischen und österreichischen Besitzungen fielen nach dem Tod des Grafen Heinrichs von Tattenbach 1821 an die Grafen Arco, die sich daraufhin Grafen von Arco-Valley nannten. Die Tattenbach waren zudem im Vogtland (Geilsdorf, Türbel und Pirk im Amt Plauen) und in der Steiermark begütert. Die Grafschaft Rheinstein im Harz besaßen sie von 1644 bis 1671.

In München hatte die Familie 1657 in der heutigen Tattenbachstraße ein kleines Schloss, ein "Gschlössl", erworben. Es lag zwar außerhalb der Stadtmauern, aber durch seine Lage im heutigen Stadtteil Lehel doch in unmittelbarer Nähe zur kurfürstlichen Residenz. Um dieses Schlösschen herum kauften sie weiter Land an und konnten so einen großen Grundbesitz erwerben, der dann um 1700 zur Hofmark erhoben wurde. Um 1770 ließ Joseph Ferdinand Graf von Rheinstein und Tattenbach ein Innenstadt-Palais im Stil des Rokoko, ausgeführt nach Plänen von Francois Cuvilliés dem Jüngeren (1731-1777), im Zentrum der kurfürstlichen Residenzstadt München an der Ecke Theatiner- und Maffeistraße errichten. Das Palais der Tattenbach erbte Anfang des 19. Jahrhunderts ebenfalls die Familie Arco-Valley. 1908 wurde es abgerissen und das heute noch existierende Arco-Palais erbaut.

Die Tattenbach gehörten im 18. Jahrhundert zu dem kleinen, exklusiven, nur aus sieben Familien bestehenden Kreis der reichsten und mächtigsten Adelsfamilien Bayerns, denen zusammen ein Viertel des adeligen Grundbesitzes gehörte. Die anderen Familien waren die Berchem, Lerchenfeld, Preysing, Seinsheim, Taufkirchen und Törring.

Tätigkeit für die Fürstbischöfe von Passau

Mitglieder der Familie Tattenbach waren für die Fürstbischöfe in Passau tätig, wie aus einzelnen Grabplatten in Passau hervorgeht. Beispielsweise wird Hans Tattenbach zu Kirchberg und Hausbach in einer Grabinschrift von 1522 im Domkreuzgang genannt. Er war fürstbischöflicher Rat in Passau sowie Landrichter in Eggenfelden. Ebenfalls als fürstbischöflicher passauischer Rat wird 1579 Veit von Tattenbach zu Hausbach auf der Grabplatte seines Sohnes Julius Rudolph im Kreuzgang des Klosters Niedernburg erwähnt. 1618 verstarb mit Johannes von Tattenbach aus der älteren Linie Hausbach der Domherr von Regensburg und Passau.

Ämter in der bayerischen Verwaltung und am Hof

Angehörige dieses Adelsgeschlechts hatten ebenfalls Ämter in der bayerischen Verwaltung und am Hof inne. Bereits im 14. Jahrhundert bekleideten die Tattenbach das Amt des Landjägermeisters in Bayern. Johann Ortholph (1573-1647) aus der älteren Linie Hausbach wurde unter Kurfürst Maximilian I. (reg. 1597-1651, Kurfürst seit 1623) zum Kämmerer und Oberjägermeister ernannt. Gottfried Wilhelm Graf von Rheinstein und Tattenbach (1633-1687) aus der älteren bayerischen Linie, der die ältere Linie Hausbach beerbte, war kurbayerischer Rat, Kämmerer, Oberstjägermeister und Oberststallmeister sowie Pfleger in Eggenfelden und Neumarkt (Neumarkt-Sankt Veit, Lkr. Mühldorf am Inn). Sein ältester Sohn Ferdinand Joseph Maria (1659-1712) war Hofrat, Geheimrat, Kämmerer, Pfleger von Schongau (Lkr. Weilheim-Schongau) sowie von 1696 bis 1701 kurbayerischer Gesandter auf dem Regensburger Reichstag. Er war der Vater von Maximilian Franz (1687-1762), Geheimer Rat, Konferenzminister, Oberststallmeister, Oberstkämmerer und Pfleger von Friedburg (Österreich); diese Pflege übernahm sein Sohn Joseph Ferdinand Graf von Rheinstein und Tattenbach (1723-1802). Er war von 1763 bis 1767 der zweite bayerische Reichstagsgesandte aus dieser Familie sowie Wirklicher Geheimer Rat, Obersthofmarschall, Oberstkämmerer und Geheimer Staats- und Konferenzminister. Ende des 18. Jahrhunderts hielt er sich im Auftrag von Kurfürst Karl Theodor (reg. 1777-1799) am Kaiserhof in Wien auf. Von 1762 bis 1791 bekleidete er als Rechnungsaufnehmer eines der höchsten Ämter der bayerischen Landschaft.

Kaiserlicher Verwaltungs- und Kriegsdienst

Andere Familienmitglieder standen in kaiserlichen Verwaltungs- und Kriegsdiensten. Beispielsweise wurde Johann von Tattenbach (gest. 1567) aus der jüngeren Linie Hausbach zum kaiserlicher Hofrat unter Kaiser Karl V. (reg. 1519-1556, Kaiser seit 1530) und Ferdinand I. (reg. 1531-1564, Kaiser seit 1558) ernannt und war Oberst in Kroatien sowie Hauptmann in Gurk (Kärnten). Wilhelm Leopold (1609-1661) war Geheimer Rat unter Kaiser Ferdinand III. und Leopold I. (reg. 1658-1705), Hofmeister des innerösterreichischen Geheimen Rates und Hofkriegsratspräsident. 1640 hatte Erzherzog Leopold Wilhelm, der jüngere Bruder des Kaisers und Bischof von Halberstadt, Wilhelm Leopold von Tattenbach zum Hofmarschall in Halberstadt und gleichzeitig zum Großprior des Malteser-Ordens ernannt und ihn 1644 mit der Grafschaft Rheinstein belehnt.

Die Familie Tattenbach stellte immer wieder Militärs, sowohl für den Kaiser als auch für den bayerischen Kurfürsten. Beispielsweise war Georg Ignaz Graf zu Tattenbach Generalwachtmeister Kurfürst Max Emanuels (reg. 1679-1726) und kurfürstlich-bayerischer General im Spanischen Erbfolgekrieg. Nach der bayerischen Niederlage trat er in kaiserliche Dienste und wurde kaiserlicher Festungskommandant in Braunau am Inn.

Militär- und Diplomatendienst der vogtländischen Linie

In der vogtländischen Linie wird mit Johann Ernst Graf von Tattenbach (1661-1738), auch ein Tattenbach als königlich polnischer und kursächsischer Kammerherr genannt. Im 19. Jahrhundert standen Mitglieder dieser Linie häufig im bayerischen Militärdienst. Außerdem widmete sich der noch heute blühende Familienzweig im 19. und 20. Jahrhundert dem diplomatischen Dienst für das Königreich Bayern (Johann Ludwig von Tattenbach [1816-1904]) und für das Deutsche Kaiserreich sowie die Weimarer Republik mit den Diplomaten Christian von Tattenbach (1846-1910) und dessen Sohn Franz von Tattenbach (1896-1974).

Hans Erasmus Graf von Tattenbach (1631-1671)

Besondere Berühmtheit erlangte Hans Erasmus Graf von Tattenbach und Rheinstein (1631-1671) aus der älteren bayerischen Linie. Er verfügte über großen Grundbesitz in der Untersteiermark im heutigen Slowenien und schloss sich 1667 als hohes Mitglied der steiermärkischen Verwaltung einer habsburgerfeindlichen Verschwörung ungarischer und kroatischer Magnaten an. Nach dem Scheitern dieser Adelsverschwörung wurde Hans Erasmus 1671 als Hochverräter vor dem Grazer Rathaus hingerichtet. Seine umfangreichen Güter wurden von Kaiser Leopold I. eingezogen; die Grafschaft Rheinstein im Harz fiel nach langen Verhandlungen an Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (reg. 1640-1688).

Konfession

Die bayerischen Tattenbach blieben immer katholisch; die Mitglieder dieser Familie in den Erblanden dagegen votierten oftmals für die neue Lehre. Gotthard von Tattenbach, der Begründer der vogtländischen Linie, der 1619 in die Landesmatrikel Oberösterreichs aufgenommen worden war, hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits der lutherischen Konfession angeschlossen. Nachdem dies bekannt geworden war und er demonstrativ 1620 Kaiser Ferdinand II. nicht gehuldigt hatte, wurde er des Landes verwiesen. Er erwarb die Besitzungen dieses Familienzweigs bei Plauen im Vogtland. Gotthard zeigte erstmals die Hinwendung einiger Familienmitglieder der Tattenbach zur neuen Lehre Luthers. Ein Verzeichnis der niederösterreichischen Adeligen Augsburgischer Konfession von 1647 führt weitere Mitglieder der Familie Tattenbach auf. Es konnte aber nur ein Teil der lutherisch gewordenen Tattenbach in den Erblanden bleiben; einige gingen wie bereits Gotthard ins Exil.

Heiratskreise

Im Spätmittelalter gingen die Tattenbach Verbindungen mit dem niederen Adel in Niederbayern ein. Die Ehen mit den Oelriching, den Zachreiß, Statzhausen, Hilgersthausen und den Zeitlach können so interpretiert werden, dass die Tattenbach sich bemühten, in der unmittelbaren Nachbarschaft ihrer Besitzungen bestens vernetzt zu sein und im heimischen Rott-, Vils- und Inntal den eigenen Besitz durch Heiraten weiter zu arrondieren.

In der Frühen Neuzeit schlossen sich die Herren von Tattenbach in den Erblanden zunächst dem österreichischen Freiherrnstand an, etwa mit Verbindungen zu den Familien Eck und Harrach. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges werden die Heiratsverbindungen in der Gesamtfamilie elitärer. So verehelichte sich Ferdinand Joseph Maria Graf von Rheinstein und Tattenbach in erster Ehe 1686 mit einer Gräfin Limburg-Steyr, in zweiter Ehe 1693 dann mit einer Colonna, heiratete also in den römischen Hochadel ein. Wie zahlreiche Töchter der habsburgischen Tattenbach heiratete auch Siegmund Friedrich (geb. 1601) aus der jüngeren bayerischen Linie zunächst in die österreichische Hochadelsfamilie der Lamberg ein, in zweiter Ehe dann in das fränkisch-brandenburgische Adelsgeschlecht der Osterburg. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts waren Verbindungen der Familie mit den Preysing, den Salzburger Lodron oder den Fürsten von Thurn und Taxis üblich.

Die Tattenbach mit evangelischer Konfession in den Erblanden heirateten innerhalb der Gruppe evangelischer Herren und gingen Verbindungen mit den Familien Geyer von Osterburg, Gloyach, Hoheneck, Lamberg und Wurmbrand ein.

Wappen

Das Wappen der Tattenbach entwickelte sich aus dem 1637 gevierten, mit silbernem Herzschild belegten und einem roten, schwarz geschuppten Schrägrechtsbalken im Lauf der Jahrhunderte weiter zu einem gevierten Schild mit Mittelschild und zwei unter Helmdecken stehenden Seitenwappen. Das silberne Mittelschild zeigt das Stammwappen, den roten, schwarzgeschuppten, schrägen Balken. Zugeordnet sind als Seitenwappen linkerhand die drei goldenen Wecken der Intobler, der rote Drachenkopf der Trenbeck sowie der zur rechten Seite springende rote Wolf der Reschen. Das rechte Seitenwappen ist in Rot und Silber zweigeteilt und zeigt wiederum die Wappen der adeligen Vorfahren, der Tattenbach zu Rheinstein. So findet sich oben links das silberne, in Rot eingelegte Jagdhorn sowie das rote, in Silber eingelegte Hirschgeweih der alten Familienlinie.

Quellen- und Archivsituation

Das Schlossarchiv Tattenbach befindet sich im Staatsarchiv Landshut; der Bestand enthält Urkunden, Amtsbücher, Rechnungen, Akten und Pläne mit einer Laufzeit von 1303 bis 1913. Die hier verwahrten Quellen geben vor allem Auskünfte über die Besitzungen der Familie in Niederbayern; die Urkunden liegen als gedrucktes Repertorium vor (Mutzbauer 1967). Der Besitz der Tattenbach in Bayern lässt sich auch über die im Bayerischen Hauptstaatsarchiv liegenden Hofanlagsbücher rekonstruieren. Die Familie Tattenbach wurde bisher in der Forschung wenig berücksichtigt; es liegt keine neuere wissenschaftliche Untersuchung zu diesem Adelsgeschlecht vor. Der Beitrag von Gabriele Greindl zu den Tattenbach wird demnächst bei Mark Hengerer/A. O. Weber/Gisela Drossbach (Hg.), Südosteuropäischer Adel, (wohl 2017) publiziert.

Literatur

  • Walter Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte auf dem Immerwährenden Reichstag. Zur baierischen Außenpolitik 1663 bis 1806, Göttingen 1971.
  • Walter von Hueck. Adelslexikon. 14. Band:  Stae–Tra (Genealogisches Handbuch des Adels 131), Limburg an der Lahn 2003.
  • Heinz Lieberich, Die bayerischen Landstände 1313/40–1807 (Materialien zur bayerischen Landesgeschichte 7), München 1990.
  • Thomas Paringer, Die bayerische Landschaft als politisches Betätigungsfeld und ständische Vertretung des Adels im 18. Jahrhundert, in: Walter Demel/Ferdinand Kramer (Hg.), Adel und Adelskultur in Bayern (Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte. Beiheft 32), München 2008, 137-158.
  • Hans Pirchegger, Die Untersteiermark in der Geschichte ihrer Herrschaften und Gülten, Städte und Märkte (Buchreihe der Südostdeutschen Historischen Kommission 10), München 1962.
  • Hans Rall, Kurbayern in der letzten Epoche der alten Reichsverfassung 1745–1801 (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 45), München 1952.
  • Arndt Schreiber, Adeliger Habitus und konfessionelle Identität. Die protestantischen Herren und Ritter in den österreichischen Erblanden nach 1620 (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Ergänzungsband 58), Wien/München 2013.
  • Vereinigung des Adels in Bayern (Hg.), Genealogisches Handbuch des in Bayern immatrikulierten Adels. 16. Band, Neustadt an der Aisch 1986.

Quellen

  • Otto Mutzbauer, Die Urkunden des Archivs der Grafen von Tattenbach (Bayerische Archivinventare 28), München 1967.
  • Christine Steininger (Red.), Die Inschriften der Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662 (Die Deutschen Inschriften 67. Münchener Reihe 10), Wiesbaden 2006.

Weiterführende Recherche

Externe Links

Grafen von Tattenbach-Rheinstein

Empfohlene Zitierweise

Gabriele Greindl/Bettina Dankesreiter, Tattenbach, Adelsfamilie, publiziert am 26.02.2016; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Tattenbach,_Adelsfamilie> (26.04.2024)