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Salesianer Don Boscos

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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Der Begründer der Salesianer, Don Giovanni Bosco (1815-1888). (Alinari Archives / Universal Images Group)
Titelblatt der Salesianischen Nachrichten 1 (1895), Nr. 12.
Errichtungsurkunde der Salesianerniederlassung im Kloster Benediktbeuern, unterzeichnet vom Generaloberen Don Filippo Rinaldi (1856-1931), Turin, 3. Februar 1931. (Archivio Salesiano Centrale Roma)
Kloster Benediktbeuern. (Foto: Norbert Wolff SDB, Benediktbeuern)
Seminarsitzung an der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Salesianer Don Boscos Benediktbeuern. (Foto: Thomas Kemmler SDB)

von Norbert Wolff SDB

Katholischer Männerorden, der 1859 in Turin durch Don Giovanni Bosco (1815-1888) gegründet worden ist und sich vornehmlich der Jugendseelsorge und Jugendarbeit widmet. Seit 1916 wirken die Salesianer Don Boscos in Bayern (erste Gründung in Würzburg). 2006 leben in Bayern 210 Mitbrüder in 13 Niederlassungen. Die Deutsche Provinz der Salesianer Don Boscos, Körperschaft des öffentlichen Rechts, hat ihren Sitz in München. Wichtiges Zentrum ist das 1930 erworbene Kloster Benediktbeuern.

Don Giovanni Bosco (1815-1888) und die "Gesellschaft des heiligen Franz von Sales"

Don Giovanni Bosco (1815-1888) kümmerte sich seit seiner Priesterweihe im Jahre 1841 um vernachlässigte und gefährdete Jugendliche der piemontesischen Hauptstadt Turin. In seinem "Oratorium" konnten diese ihre Freizeit verbringen und Schulunterricht sowie eine berufliche Ausbildung erhalten. Dabei ging es Don Bosco darum, die jungen Menschen auf der Grundlage von Vernunft, Religion und Liebe(-nswürdigkeit) zu gläubigen Christen und guten Staatsbürgern zu erziehen. Dem von ihm so genannten Repressivsystem in der Pädagogik setzte er das "Präventivsystem" entgegen, das vor allem auf der "Assistenz", der liebend-interessierten Anwesenheit des Erziehers unter den Jugendlichen, basiert.

Im Jahre 1859 gründete Don Bosco eine Ordensgemeinschaft, die sein expandierendes Werk fortführen sollte und der er - nach dem von ihm wegen seines christlichen Humanismus verehrten Genfer Bischof Franz von Sales (1567-1622) - den Namen "Gesellschaft des heiligen Franz von Sales" gab. Die ersten Salesianer entstammten dem Kreis der Mitarbeiter und Schüler Don Boscos. Wegen des seinerzeit in Piemont herrschenden kulturkämpferischen Klimas verzichtete Don Bosco auf herkömmliche kirchliche Titel. So werden die Oberen salesianischer Niederlassungen als "Direktoren" (und nicht als "Äbte") bezeichnet. Papst Pius IX. (1792-1878) bestätigte 1874 die Ordensregeln der Salesianer Don Boscos. 1888 - im Todesjahr des Gründers - zählte die Gemeinschaft 773 Mitbrüder in Europa und Südamerika; 2006 sind es mehr als 16.000 in allen Kontinenten der Erde.

Frühe Kontakte der Salesianer Don Boscos zum deutschen Sprachraum

Zu den ersten Deutschen, die Kontakt zu Don Bosco aufnahmen, gehörte der Regensburger Diözesanpriester Johann Baptist Mehler (1860-1930). Nach einem Besuch im Turiner Oratorium warb er auf dem Katholikentag des Jahres 1885 in Münster für die Ideen des Ordensgründers. Eine wichtige Rolle für die Ausbreitung des salesianischen Gedankenguts spielten die "Salesianischen Nachrichten", die ab 1895 in deutscher Sprache herausgegeben wurden. Wiederholt lud die Ordenszeitschrift junge Männer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ein, als "Mariensöhne" (Spätberufene) bei den Salesianern ihre Gymnasialstudien zu absolvieren. Von 1897 bis 1915 besuchten rund 700 Spätberufene aus den genannten Ländern salesianische Schulen in Norditalien bzw. ab 1912 in der Donaumonarchie. Etwa 200 von ihnen traten in die Kongregation ein und bildeten die erste Generation der deutschsprachigen Salesianer.

Erste Salesianerniederlassungen im deutschen Sprachraum

1897 wurde im schweizerischen Muri die erste Salesianerniederlassung im deutschen Sprachraum gegründet. Die Einrichtung für Lehrlinge und Schüler bestand jedoch nur bis 1904. Nachdem der Orden bereits in verschiedenen Randgebieten Österreich-Ungarns tätig gewesen war, konnte er 1903 auch in Wien Fuß fassen, wo in so genannten Kinderschutzstationen vernachlässigte Kinder betreut wurden. Die salesianischen Anfänge in der österreichischen Hauptstadt gestalteten sich zunächst sehr schwierig; erst ab 1909 kam es zu einer Stabilisierung der Lage.

1904 entstand das erste Salesianerhaus im damaligen Deutschen Reich, die italienische katholische Mission im lothringischen Sierck, die 1905 ins nahe gelegene Diedenhofen (Thionville) verlegt wurde und bis 1917 bestand.

Eine salesianische Gründungswelle in Bayern 1916-1926

Während des Ersten Weltkriegs konnte Ende 1916 in Würzburg ein Haus für Lehrlinge eröffnet werden, das älteste heute in Deutschland existierende Salesianerhaus - und damit die Keimzelle des deutschen Don-Bosco-Werks. 1919 folgten Gründungen in München, Freyung (bis 1931 bestehend), Passau (bis 1950 bestehend) und Bamberg; im Folgejahr in Burghausen (bis 1986 bestehend) und Ensdorf in der Oberpfalz; 1923 in Regensburg; 1926 in Buxheim/Iller. Arbeitsschwerpunkte waren zunächst Lehrlings- und Schülerheime sowie Gruppenarbeit und offene Jugendarbeit.

Die Provinzenorganisation der Salesianer Don Boscos

Die Niederlassungen in Österreich-Ungarn (mit Ausnahme der italienischsprachigen Häuser) bildeten bereits 1905 eine eigene Ordensprovinz mit Sitz in Auschwitz (Oswiecim). Da sich die politische Landschaft Europas im Gefolge des Ersten Weltkriegs wandelte und nun verstärkt Häuser in Deutschland und Österreich gegründet werden konnten, wurde die große Provinz 1919 geteilt. Sitz der neuen polnisch-jugoslawischen Provinz blieb Auschwitz, Sitz der deutsch-(österreichisch-)ungarischen Provinz wurde Wien. Als die ungarischen Salesianerhäuser 1926 selbständig wurden, verlegte der Provinzial seinen Sitz von Wien ins zentraler gelegene München. Weitere Provinzenteilungen erfolgten 1935 (Deutschland mit München als Provinzialatssitz, Österreich mit Wien) und 1954 (Norddeutschland mit Bendorf-Sayn - später Köln - als Provinzialatssitz, Süddeutschland mit München). Im Jahre 2005 schlossen sich die beiden deutschen Ordensprovinzen wieder zusammen, Provinzialatssitz wurde München.

Das Ausbildungszentrum Benediktbeuern

Aufgrund des Aufschwungs, den die Salesianer in den 1920er und 1930er Jahren in Deutschland und Österreich erlebten - die Zahl der Novizen stieg bis auf 120 pro Jahr - legte der Orden ein verstärktes Augenmerk auf die Ausbildung des Nachwuchses. 1930 kaufte er das ehemalige Benediktinerkloster im oberbayerischen Benediktbeuern und errichtete hier im Folgejahr eine theologische Studienanstalt. Benediktbeuern ist heute mit annähernd 50 Mitbrüdern die größte Niederlassung des Ordens in Deutschland, zu der verschiedene Bildungs- und Jugendeinrichtungen gehören:

  • Philosophisch-Theologische Hochschule (kirchlich und staatlich anerkannt, mit Promotions- und Habilitationsrecht)
  • Katholische Stiftungsfachhochschule für Sozialwesen (in Trägerschaft der Kirchlichen Stiftung des öffentlichen Rechts "Katholische Bildungsstätten für Sozialberufe in Bayern")
  • Jugendpastoralinstitut
  • Jugendherberge
  • Jugendbildungsstätte
  • Zentrum für Umwelt und Kultur

Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg

Während des "Dritten Reichs" wurden mehrere Häuser geschlossen, beschlagnahmt oder durch Kriegseinwirkung zerstört. 1939 verboten die Nationalsozialisten das Erscheinen der Salesianischen Nachrichten. Zahlreiche Mitbrüder wurden zum Kriegsdienst herangezogen; mehr als 140 von ihnen starben. Unter den Jugendlichen und den Mitarbeitern waren ebenfalls viele Opfer zu beklagen. Einige Salesianer wurden in Konzentrationslager eingeliefert, z. B. der von 1938 bis 1940 als Benediktbeurer Direktor wirkende Pater Theodor Hartz (1887-1942, gest. in Dachau).

Neue Entwicklungen nach dem Zweiten Weltkrieg

In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg stand zunächst die Wiederaufbauarbeit im Vordergrund. Neue Jugendprobleme verlangten den Salesianern nun verstärkte Anstrengungen ab. 1950 gründete der Orden in Aschau a. Inn eine weitere Einrichtung für Lehrlinge (heute Berufsbildungswerk Waldwinkel), 1954 übernahm er in Maroldsweisach in Unterfranken ein Erziehungsheim. In der Folge wurde das Engagement in der Pfarrseelsorge und im Schulbereich (1965 staatliche Anerkennung des Gymnasiums in Buxheim) ausgeweitet.

Die zunehmende Säkularisierung der nord- und westeuropäischen Gesellschaften machte vor der katholischen Kirche und damit auch vor den Salesianern Don Boscos nicht Halt. Seit Ende der 1960er Jahre kann in Deutschland und Österreich von einer salesianischen Berufungskrise gesprochen werden, die sich um 1990 deutlich verschärfte. Dennoch entstanden immer wieder neue salesianische Tätigkeitsfelder (z. B. die Jugend- und Umweltbildungsstätten in Benediktbeuern und Ensdorf). Damit decken die Salesianer Don Boscos heute praktisch das gesamte Spektrum kirchlicher Jugendseelsorge und Jugendarbeit ab, wobei sie zunehmend von angestellten Laien unterstützt werden.

Dokumente

Literatur

  • Karl H. Brunner, Die Philosophisch-Theologische Hochschule der Salesianer Don Boscos Benediktbeuern. Ein Beitrag zu ihrer Rechtsgeschichte anlässlich des 75-jährigen Jubiläums, Aachen 2004.
  • Georg Söll, Die Salesianer Don Boscos (SDB) im deutschen Sprachraum 1888-1988. Rückblick zum 100. Todestag des heiligen Johannes Bosco (31. Januar 1988), des Gründers der "Gesellschaft des heiligen Franz von Sales", München 1989.
  • Morand Wirth, Da Don Bosco ai nostri giorni. Tra storia e nuove sfide, Rom 2000.
  • Norbert Wolff, Viele Wege führen nach Deutschland. Überlegungen zur salesianischen Geschichte der Jahre 1883-1922, München 2000.
  • Stanislaw Zimniak, Salesiani nella Mitteleuropa. Preistoria e storia della provincia Austro-Ungarica della Società di S. Francesco di Sales (1868 ca. - 1919), Rom 1997.

Weiterführende Recherche

Externe Links

Empfohlene Zitierweise

Norbert Wolff SDB, Salesianer Don Boscos, publiziert am 16.10.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Salesianer_Don_Boscos> (19.04.2024)