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Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Walter Brugmann (1883-1944), Albert Speer und Adolf Hitler bei der Besichtigung der Baumaßnamen am Reichsparteitagsgelände in Nürnberg am 25. Juli 1939. Foto: Heinrich Hoffmann (1885-1957). (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv hoff-26814)

von Matthias Klaus Braun

Nachdem Adolf Hitler (NSDAP, 1889–1945) als dauerhaften Veranstaltungsort der nationalsozialistischen Reichsparteitage 1933 Nürnberg festgelegt hatte, kamen auf die dortige Stadtverwaltung große finanzielle und bauliche Aufgaben zu. Der 1935 gegründete Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg (ZRN) sollte die Kommune organisatorisch und vor allem finanziell entlasten. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts gehörten dem ZRN das Deutsche Reich, das Land Bayern, die Stadt Nürnberg und die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) als Gesellschafter an. Der ZRN verantwortete die Finanzierung, die Errichtung und den Unterhalt der Bauwerke auf dem Reichsparteitagsgelände, aber auch weitere Eingriffe in das Nürnberger Stadtbild. Die Organisation war Teil des nationalsozialistischen Herrschaftssystems und bediente sich der geschaffenen Repressionsstrukturen. Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft wurde der ZRN durch den Alliierten Kontrollrat 1945 aufgelöst. Die Abwicklung seiner Vermögenswerte erfolgte im Auftrag des Freistaats Bayern durch den Kämmerer der Stadt Nürnberg bis 1976.

Anlass der Gründung

Aus der Machtübernahme der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) folgte die öffentliche Zurschaustellung der neuen politisch-gesellschaftlichen Verhältnisse. In Nürnberg arbeitete die nationalsozialistische Stadtspitze seit dem Sommer 1933 gezielt darauf hin, die Reichsparteitage der NSDAP dauerhaft dort alle zwei Jahre auszurichten. Nach dem propagandistischen Erfolg des "Parteitags des Sieges" im September 1933 und der weiteren Festigung des NS-Regimes war schnell klar, dass es ein jährliches Ereignis sein würde. Dies stellte die Stadt jedoch vor erhebliche Herausforderungen: Allein der Reichsparteitag 1933 kostete das ohnehin mit rund 99 Millionen RM verschuldete Nürnberg knapp 1,4 Millionen RM. Nicht eingerechnet wurden die umfangreichen Arbeiten des Verwaltungsapparats für Organisation und Ablauf. Das kommunale Finanzreferat ging von einer zwanzigjährigen Belastung zur Tilgung der aufgenommenen Darlehen aus.

Die NSDAP beteiligte sich mit knapp 200.000 RM an der Parteiveranstaltung, erhielt aber zugleich einen städtischen Zuschuss in Höhe von 100.000 RM. Die Organisationsleitung der Reichsparteitage in der NSDAP beharrte darauf, wolle die Stadt Nürnberg dem Wunsch Adolf Hitlers (NSDAP, 1889–1945) entsprechen, auf Dauer die Reichsparteitage auszurichten, müsse sie zukünftig das Gros der Kosten tragen. Außerdem verlangte die NSDAP ein größeres Mitspracherecht bei den Bauausführungen und der technischen Ausstattung der Massenaufmärsche. Aufgrund ungeklärter Zuständigkeiten häuften sich die Konflikte zwischen Partei und Stadt im Vorfeld des Reichsparteitages 1934.

Zusätzlich stellte Hitler immer größere Anforderungen an die konkreten Ausführungen und neuen Bauvorhaben für das Reichsparteitagsgelände. Er unterstützte die aufwendigen Planungen des ab 1934 in Nürnberg tätigen Architekten Albert Speer (NSDAP, 1905–1981), wodurch Widerstände der Stadtverwaltung gegen weitere Kostensteigerungen ins Leere liefen. Früh zeichnete sich ab, dass es unter solchen Umständen zur völligen Ruinierung der Stadtfinanzen kommen müsse.

Die Gründung des Zweckverbands Reichsparteitag Nürnberg (ZRN) resultierte somit aus lokalpolitischer Verlegenheit heraus. Seit Frühjahr 1934 verhandelte Nürnbergs Zweiter Bürgermeister und Stadtkämmerer Dr. Walter Eickemeyer (NSDAP, 1886–1959) mit dem Reichsfinanzministerium über Zuschüsse beispielsweise aus den Arbeitsbeschaffungsprogrammen oder mittels zinsloser Darlehen. Erfolglos blieben seine Bemühungen, die NSDAP oder das Reichspropagandaministerium zu jährlich festen Pauschalbeträgen zu bewegen. Kreditaufnahmen auf dem privaten Kapitalmarkt scheiterten an der geringen Liquidität Nürnbergs. Im Oktober 1934 legte Eickemeyer intern erste Überlegungen für eine neue Finanzierungsstruktur vor. Geplant war die Gründung einer neuen Gesellschaft als eigenständige juristische Person, deren Teilhaber Kapitaleinlagen beisteuern und die von Abgaben und Steuern ausgenommen sein müsste. Im Gegenzug würde die Kommune eigene Grundstücke ein-, Eigentums- und Entscheidungsbefugnisse bei der Planung und Bauausführung an die neue Gesellschaft abgeben. Entgegen Bedenken des Reichsinnen- und des Reichsfinanzministeriums vor allem wegen finanzieller Verpflichtungen beauftragte Hitler auf Grund der "staatspolitischen Bedeutung der Reichsparteitage" den bayerischen Innenminister und Gauleiter von München und Oberbayern Adolf Wagner (NSDAP, 1890–1944), ein entsprechendes Reichsgesetz auszuarbeiten.

Gründungsgesetz und Organisationsstruktur

Am 29. März 1935 hatte Hitler das Gesetz zur Gründung des ZRN erlassen (RGBl. I, S. 459). Als Körperschaft des öffentlichen Rechts diene der ZRN "(z)ur Errichtung und Unterhaltung sowie zum Betriebe der Anlagen, Gebäude und sonstigen Einrichtungen für den Reichsparteitag in Nürnberg". Die festgeschriebenen Mitglieder der Gesellschaft waren neben der Stadt Nürnberg und der NSDAP das Deutsche Reich und das Land Bayern.

An der Spitze des ZRN standen der von Hitler ernannte Leiter und sein Stellvertreter, während im Verwaltungsrat je ein Vertreter die unterschiedlichen Interessen der Mitglieder des ZRN wahrnahm. An den Beratungen konnten auch Sachverständige beispielsweise der Reichsbahn oder der Reichspost teilnehmen.

Der Leiter des ZRN hatte "die Verwaltung in voller und ausschließlicher Verantwortung" wahrzunehmen. Der NS-typische Grundsatz des "Führerprinzips" wurde jedoch verlassen, wenn der Leiter "Entscheidungen von wesentlicher Bedeutung", vor allem finanzieller Natur, den Verwaltungsräten zur Zustimmung vorlegen musste. Hieraus sprach vor allem das Misstrauen der Reichsverwaltung vor ungeplanten und nicht mehr begrenzbaren Kosten. Immerhin erwirtschaftete der ZRN kein eigenes Geld, sondern war auf "Spenden und Beträge" seiner Mitglieder angewiesen. Dem Verwaltungsrat wurde daher ein Widerspruchsrecht in finanziellen Belangen eingeräumt. In diesem Fall musste der Leiter des ZRN eine Entscheidung durch Hitler herbeiführen.

Adolf Hitler, Willy Liebel und Albert Speer bei der Besichtigung der Baumaßnamen am Reichsparteitagsgelände in Nürnberg am 10. Juli 1935. Foto: Heinrich Hoffmann (1885-1957). (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv hoff-11150)

Die Führung der laufenden Geschäfte des ZRN konnte der Leiter qua Amt dem Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg übertragen, was auch so geschah. Weder waren weitere Organe im Gesetz vorgesehen noch eine eigene Verwaltungsstruktur des ZRN. Dadurch wurde die Stadt Nürnberg mit ihrem Verwaltungsapparat und den lokalen Kenntnissen für die Aufgabenerfüllung des ZRN ausschlaggebend.

Das Gesetz schuf einerseits einen festen organisatorischen und finanziellen Rahmen für die weitere Umsetzung der Parteitagsbauten und deren Unterhalt. Andererseits hegte es nicht abgestimmte Sonderwünsche ein. Insbesondere Albert Speer verlor an Einfluss, auch wenn er für das architektonische Gesamtkonzept verantwortlich blieb. Seine Vorstöße, 1935 und erneut 1940, die Organisation des ZRN unabhängig von der Stadtverwaltung einzurichten, scheiterten zunächst am Widerstand der Nürnberger Stadtspitze um Oberbürgermeister Willy Liebel (NSDAP, 1897–1945) und dann an den Kriegsumständen. Administrative Vorbereitungen für die Ausgliederung der ZRN-Stellen innerhalb der Stadtverwaltung wurden während des Zweiten Weltkrieges dennoch getroffen, um nach Kriegsende schnellstens die Bautätigkeit am Reichsparteitagsgelände wieder aufzunehmen. Liebel kam damit dem Führer-Erlass vom 25. Juni 1940 nach, der unter dem Eindruck des siegreichen Frankreichfeldzuges "(a)lle Dienststellen des Reiches, der Länder und der Städte sowie der Partei" verpflichtete, Speer "bei der Durchführung seiner Aufgaben jede geforderte Unterstützung zu gewähren", was explizit "die Parteitagbauten in Nürnberg" mit einschloss.

Porträt Hanns Kerrls. Foto (Postkarte) von 1935. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv hoff-69409)

Bei der Durchsetzung seiner architektonischen Vorstellungen blieb Speer dauerhaft auf Hitlers Unterstützung angewiesen, zumal im April 1935 nicht er, sondern Hanns Kerrl (NSDAP, 1887–1941, Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten ab 1935) zum Leiter des ZRN ernannt worden war. Stellvertreter Kerrls war Adolf Wagner. Die Aufgaben des ZRN lagen ausschließlich in Nürnberg, wo die Körperschaft ihren Sitz hatte. Da Kerrl aber in Berlin und Wagner in München tätig waren, kam dem Geschäftsführer vor Ort, Nürnbergs Oberbürgermeister Liebel, fortan eine Schlüsselrolle beim Ausbau des Reichsparteitagsgeländes zu. Bereits in der ersten Sitzung des Verwaltungsrats wurde ihm zugestanden, gegenüber der Presse den ZRN zu vertreten und personelle Neueinstellungen zur Aufgabenerfüllung eigenständig vornehmen zu können.

Speers Versuche, Kerrl nach dessen Tod 1941 als Leiter des ZRN nachzufolgen, scheiterten nicht zuletzt an Liebel. Auf dessen Vorschlag hin ernannte Hitler Mitte Februar 1942 den Leiter der Parteikanzlei der NSDAP Martin Bormann (NSDAP, 1900–1945) zum Nachfolger. Wie ernsthaft Speers Ambitionen in dieser Angelegenheit waren, bleibt fraglich. Gegenüber Liebel gab es jedenfalls keine Verstimmung. Im April 1942 holte sich Speer, mittlerweile Reichsminister für Bewaffnung und Munition, den Nürnberger Oberbürgermeister nach Berlin als Leiter des Zentralamts im Ministerium. Mit Bormann wurde dagegen ein Rivale Speers um Hitlers Gunst eine weitere Arbeitsbelastung aufgebürdet, ohne dass hieraus während des Krieges ein Prestigegewinn resultierte.

Zuständigkeit und Themen

Adolf Hitler und Franz Ruff bei der Besichtigung der Baumaßnamen am Reichsparteitagsgelände in Nürnberg am 5. März 1937. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv hoff-15025)

Im Verwaltungsrat des ZRN wurden die baulichen Planungsgrundlagen für die Reichsparteitage festgelegt. Für die Veranstaltungsdurchführung blieben die NSDAP und vor allem die Stadt Nürnberg verantwortlich. Neben einem bereits im Juli 1933 eigens für Ausschmückung und Anmietungen gegründeten städtischen Amt als Zentralstelle waren die bereits existierenden und fachlich qualifizierten Dienststellen der Kommunalverwaltung zuständig: vom Hochbauamt für die Bauausführung der geplanten Repräsentationsbauten bis hin zu den städtischen Verkehrsbetriebe für An- und Abreise zum Reichsparteitagsgelände, der Wirtschaftsstelle für die Bereitstellung von ausreichend Übernachtungsmöglichkeiten, dem Grundstücksamt für Verkaufs- und Funktionsflächen und dem Stadtamt für Leibesübungen für die Sportflächen am Aufmarschgelände. Die Kosten für die Bauarbeiten und das benötigte Personal der Stadtverwaltung übernahm größtenteils der ZRN, wobei eine Trennung der erbrachten Leistungen nicht immer klar zu treffen war. Bei den Bauausführungen vor Ort übernahm der ZRN die Versorgung der Arbeiter mittels eines eigens gegründeten Vereins, dem Gemeinnützigen Nürnberger Bauküche e.V. Für Speers Tätigkeit als Architekt war gemäß Vereinbarung vom 5. Dezember 1935 ebenfalls der ZRN und nicht die Stadt Nürnberg Vertragspartner. Monatlich zahlte der ZRN fortan den Mitarbeitern Speers als Mindestbetrag 3.000 RM, ihm selbst 40.000 RM und ab 1936 54.000 RM. Die gleichen Konditionen wurden für das "Atelier Ludwig Ruff" vereinbart, das nach dem Tod des Gründers 1934 sein Sohn Franz Ruff (NSDAP, 1906–1979) führte.

Insgesamt fanden mit der Konstituierung am 6. April 1935 bis Juli 1938 acht reguläre Sitzungen des Verwaltungsrats des ZRN statt; allein drei davon noch im Gründungsjahr. Mit Ausnahme der sechsten Sitzung am 27. Februar 1937 im Reichskirchenministerium in Berlin und der achten Sitzung am 12. Juli 1938 im Sitzungssaal der Bayerischen Gemeindebank in München fanden alle Sitzungen im Großen Sitzungssaal des Nürnberger Rathauses im Wolff’schen Bau statt.

Diese Karte des Reichparteitagsgeländes in Nürnberg von 1935 diente der zweiten Verwaltungsratsitzung des Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg am 11.5.1935 als Anlage. Sie zeigt die bereits im Besitz des ZRN befindlichen Grundstücke sowie die noch erwünschten. Insbesondere die Dimension der Flächen des Landes Bayerns wird deutlich. Die Ausgangskarte kann aber nicht wie aufgedruckt aus dem Jahr 1923 stammen. Das dürfte ein Druckfehler sein und eigentlich 1933 meinen. Zum einen ist die 1933 für den Reichsparteitag entstandene "Luitpoldarena" mit dem 1930 eingeweihten Ehrenmal bereits ebenso aufgedruckt wie auch die Zeppelintribüne noch in "falscher" Ausrichtung im Vergleich zu heute. Die Tribüne war für den Reichsparteitag 1933 noch im Süden des Zeppelinfeldes und nicht wie ab 1934 im Nordteil angelegt worden. (Stadtarchiv Nürnberg C 35/ I Nr.5)

Hauptthema der ersten Sitzung war die künftige finanzielle Ausstattung sowie die zeitliche Dauer des Ausbaus. Speer ging 1935 von acht bis zehn Jahren bis zur Fertigstellung des Reichsparteitagsgeländes aus. Als Voraussetzung für das umfangreiche Bauvorhaben wurde beschlossen, dass die Stadt Nürnberg und das Land Bayern ihre jeweiligen Grundstücke rund um den Dutzendteich in das Vermögen des ZRN einbringen. Insgesamt an Flächen in kommunalem Eigentum wurden dem ZRN 2,29 km² im Wert von rund 6,8 Millionen RM überlassen. Die Stadt garantierte außerdem den Ausbau der Verkehrswege in den Südosten. Im Falle des Landes Bayern ging bis 1937 Grundbesitz mit über 14,5 km² Fläche an den ZRN zur Nutzung insbesondere für die Teilnehmerlager über. Schon in der zweiten Sitzung des Verwaltungsrats am 11. Juli 1935 kam es seitens der Vertreter Bayerns, Ministerpräsident Ludwig Siebert (NSDAP, 1874–1942, Bayerischer Ministerpräsident ab 1933) und Innenminister Wagner, zu massiver Kritik an den horrenden Baukosten und deren Verteilung vorrangig auf Bayern und das Reich. Da das Gesetz über die Gründung des ZRN sowohl die Art der Beteiligung der Gesellschafter an der Finanzierung als auch einen Schlüssel für künftige Zuwendungen nicht benannte, verteilten sich die finanziellen Belastungen in den kommenden Jahren zu Ungunsten des Reiches. Die Stadt brachte dagegen einerseits die Vermögenswerte der Grundstücke ohne Entschädigung ein und stellte andererseits ihr Personal zur Planung und Baudurchführung gegen Gehaltsübernahme zur Verfügung. Im Dezember 1935 waren bereits 56 städtische Beschäftigte in Voll- und 121 in Teilzeit für den ZRN tätig.

Die Finanzierung blieb ein Dauerthema. Wie wenig hier der Verwaltungsrat des ZRN tatsächlich zu entscheiden hatte und was an Entscheidungen über die Bauprojekte längst durch Hitler im Vorfeld mit Speer und Liebel gefällt worden war, zeigte sich auch an der abnehmenden Teilnehmerzahl ab der 4. Verwaltungsratssitzung am 22. Februar 1936. Der Vertreter der NSDAP, Franz Xaver Schwarz (NSDAP, 1875–1947, Reichsschatzmeister der NSDAP 1925–1945), nahm nur noch selten teil und auch das Reich ließ sich in der Regel durch einen Ersatzmann vertreten. Als in der 7. Sitzung am 6. Dezember 1937 der Vertreter des Reichsfinanzministeriums abermals Kritik an den hohen Zuschüssen äußerte, stellte Kerrl hinsichtlich der erforderlichen Summen klar, "daß die Gesamtplanung für das Reichsparteitaggelände allein durch den Führer bestimmt wird und im Verwaltungsrat nicht vorausbestimmt werden kann." Überlegungen, am Bau des Manövergeländes "Märzfeld" die Wehrmacht kostenmäßig zu beteiligen, scheiterten angesichts der mit dem Vierjahresplan angeordneten Ausgaben für die Aufrüstung.

Meistens wurden lokalpolitische Themen verhandelt. So stand mehrfach der Umgang mit dem alten Tiergarten am Großen Dutzendteich zur Diskussion oder die propagandistische Verwertung des Baufortschritts. Auch die lukrativen Einnahmen der Stadt aus Führungen über das Parteitagsgelände waren ein Streitthema.

Der Reichsrechnungshof ermittelte im August 1944 Gesamteinnahmen seit der Gründung des ZRN in Höhe von 288,4 Millionen RM, denen 285,4 Millionen RM an Ausgaben gegenüberstanden. Ab 1938 bestanden feste Tranchen, wonach das Deutsche Reich jährlich 40 Millionen RM, die NSDAP fünf Millionen RM und die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV) zehn Millionen RM aufzubringen hätten. Neben Planungssicherheit für den ZRN wollten das Reichsfinanzministerium und die NSDAP diese Zusagen ausdrücklich auch als finanzielles Limit für die kontinuierlich gestiegenen Ausgabewünsche verstanden wissen. Bezeichnend für die anhaltende Finanznot war, dass der ZRN im Sommer 1938 kurzzeitig zahlungsunfähig war und die Stadt mit drei Millionen RM aushelfen musste. Eine kostendeckende und vorausschauende Planung brachte auch die Einrichtung des ZRN nicht mit sich. Terminschwierigkeiten aufgrund von Personal- und Lieferengpässen bei den benötigten Rohstoffen, außerdem Umplanungen bei einer gleichzeitigen Steigerung des Bautempos trieben die Gesamtkosten stetig nach oben. Das Gründungsziel einer kalkulierbaren Finanzierung wurde dauerhaft verfehlt, wenn auch die Entlastung der Stadt Nürnberg unabhängig von der genannten Ausnahme erreicht wurde.

Die 8. Sitzung des Verwaltungsrates des ZRN am 12. Juli 1938 war die letzte, eine bereits in Vorbereitung befindliche 9. fand kriegsbedingt nicht mehr statt. Der Zweite Weltkrieg brachte zunächst keine Veränderung bei den Einnahmen des ZRN, erschwerte es aber, das eingehende Geld auszugeben. Materialbestellungen erfolgten dennoch vor allem für Natursteinlieferungen aus KZ-Steinbrüchen. Was an Lieferungen davon in Nürnberg noch ankam, ist unklar, zumal die Bauarbeiten am Reichsparteitagsgelände mit Kriegsbeginn schrittweise eingestellt wurden. Der ZRN stellte hinsichtlich seines Gründungszwecks nur noch "eine Schattenorganisation mit minimalem Personal dar, die immer noch darum bemüht war, den Optimismus der frühen Kriegsjahre aufrechtzuerhalten und mit den Arbeiten am Reichsparteitagsgelände fortzufahren" (Dietzfelbinger, Bauen für die Ewigkeit, 265).

Instrument der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft

Der ZRN war wie andere Institutionen des NS-Staates auch an dessen Verbrechen beteiligt. Akteure wie der Geschäftsführer des ZRN, Nürnbergs Oberbürgermeister Liebel, verstanden das Konstrukt von Beginn an nicht nur als Organisations-, sondern gleichfalls als Herrschaftsinstrument. Beispielhaft ist die Reaktion Liebels auf die Verweigerung eines Kredits für den ZRN durch die Bank der Deutschen Arbeit wegen fehlender Sicherheiten. Dem zuständigen Bankmitarbeiter drohte er, dass "sich der Führer selbst die Meldung der Hemmnisse und Schwierigkeiten ausbedungen hat, die sich der Erfüllung seiner an den Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg gestellten Forderungen entgegenstellen" und "unberechtigt erscheinende Widerstände mit jedem möglichen Mittel zu überwinden" seien.

Das galt besonders für Privatgrundstücke, die man für den Ausbau des Parteitagsgeländes benötigte, um die raumgreifenden Planungen Speers umsetzen zu können. Davon zeugt das Vorgehen des ZRN gegen die Maschinenfabrik Joh. Wilh. Spaeth. Der Firmensitz nordwestlich des Großen Dutzendteichs stand einerseits mit seinen Fabrikschloten optisch der Propagandainszenierung und andererseits zwischen den Neubauten der Luitpoldarena und dem Rohbau der Kongresshalle räumlich im Weg. Für Ersteres ordnete der ZRN pragmatisch das Anstreichen mit himmelblauer Farbe an, für Letzteres wurde die Inhaberfamilie massiv unter Druck gesetzt. Im Oktober 1935 erwarb der ZRN für 750.000 RM, gemäß einer Nachkriegsschätzung vermutlich 25 % unter dem Verkehrswert, die Hälfte des gut 20 Hektar großen Areals. Um das restliche Grundstück im Fall einer Standortverlagerung oder eines Konkurses zu erlangen, wurde der Betrieb von lukrativen Aufträgen für das Reichsparteitagsgelände ebenso ausgeschlossen wie Anträge zur Modernisierung der Anlagen untersagt. Während der Reichsparteitage musste die Fertigung sogar komplett ruhen, um den Ablauf nicht zu stören. Der Beginn des Zweiten Weltkrieges und die deutsche Niederlage verhinderten das Ende der Maschinenfabrik an ihrem angestammten Standort, die wirtschaftliche Schädigung wirkte jedoch nach. Auch weitere Privatpersonen in unmittelbarer Nachbarschaft zum entstehenden Reichsparteitagsgelände wurden zum Verkauf ihrer Grundstücke an den ZRN genötigt, darunter mindestens zwei jüdische Eigentümer.

Mit dem "Gesetz über die Neugestaltung deutscher Städte" vom 4. Oktober 1937 (RGBl. I, S. 1054) wurden Enteignungen in den sogenannten Führerstädten sowie der in Planung befindlichen "Volkswagenstadt" (ab 1945 Wolfsburg) auf eine pseudolegale Grundlage gestellt. Gemäß des Durchführungserlasses Hitlers "über städtebauliche Maßnahmen in der Stadt der Reichsparteitage Nürnberg" vom 9. April 1938 wurde Kerrl als Leiter des ZRN zum Beauftragten zur "Neugestaltung" des gesamten Stadtgebiets ernannt. Ihm fielen fortan nicht nur stadtplanerische Entscheidungen hinsichtlich des Reichsparteitagsgeländes zu. So bezogen sich vier der sechs bis Juli 1939 von Kerrl genehmigten "Anordnungen über die Neugestaltung der Stadt der Reichsparteitage Nürnberg" auf die Innenstadt. Darunter fielen sowohl die 1. Anordnung vom 27. Juli 1938 zur Enteignung und zum Abriss der Hauptsynagoge am Hans-Sachs-Platz als auch die 5. Anordnung zur Enteignung jüdischer Immobilienbesitzer im Bereich der Fürther Straße und des Plärrers am 3. Juni 1939. Die Ausdehnung der Befugnisse des ZRN-Leiters auf gesamtstädtische Baumaßnahmen entsprach der dem NS-System inhärenten Dynamik zur Anhäufung weiterer Zuständigkeiten, wollte man nicht selbst Einfluss an rivalisierende Instanzen verlieren.

Ist der ZRN somit bereits vor Kriegsausbruch Teil des nationalsozialistischen Repressionsapparates und in "Arisierungen" verstrickt, kommen zwischen 1939 und 1945 Beteiligungen an der Ausbeutung der besetzten Gebiete sowie am Holocaust hinzu. So wurden für die am 9. August 1941 gegründete Nürnberger Gobelin-Manufaktur GmbH, deren Gesellschafter neben der Stadt auch der ZRN war, im besetzten Frankreich hochwertige Stoffe beschlagnahmt. Daraus sollten Wandteppiche für die im Bau befindliche Kongresshalle entstehen. Das Baumaterial für die angefangenen und noch geplanten Gebäude wie das Deutsche Stadion orderte der ZRN beim SS-eigenen Wirtschaftsbetrieb "Deutsche Erd- und Steinwerke", in dessen Steinbrüchen Insassen aus den Konzentrationslagern Flossenbürg, Mauthausen, Groß-Rosen und Natzweiler-Struthof unter Lebensgefahr arbeiten mussten. In Nürnberg selbst setzte der ZRN zur Sicherung der unfertigen Baustellen beispielsweise in der Kongresshalle Kriegsgefangene aus dem Stammlager XIII D Nürnberg-Langwasser ein.

Ab Mitte September 1939 hatte Oberbürgermeister Liebel als Geschäftsführer des ZRN die früheren Zeltlager der Parteitagsteilnehmer sowohl der Wehrmacht mietweise zur Verfügung gestellt, um dort Kriegsgefangenenlager einzurichten, als auch um zivile Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter unterzubringen. Weitere Flächen des ZRN standen der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) und der Schutzstaffel (SS) ab Herbst 1941 zur zwischenzeitlichen Internierung von Juden aus ganz Nordbayern zur Verfügung. Über den vormaligen Teilnehmerbahnhof Märzfeld wurden sie am 29. November 1941 in das Lager Jungfernhof nahe Riga (Lettland) und am 24. März 1942 in das Ghetto Izbica bei Lublin (Polen) deportiert, wo die meisten nach ihrer Ankunft ermordet wurden.

Abwicklung nach 1945

Der Gründungszweck des ZRN, Bau und Unterhalt des Reichsparteitagsgeländes, hatte sich faktisch mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 erübrigt. Der Alliierte Kontrollrat hob mit seinem Gesetz Nr. 1 vom 20. September 1945 auch das Gesetz zur Gründung des ZRN auf. Dieser hörte damit formal auf zu existieren. Jedoch mussten die bestehenden materiellen Vermögenswerte abgewickelt werden. Die US-Militärregierung setzte am 3. Mai 1946 hierfür Georg Zitzmann (1903-1990, Finanzreferent der Stadt Nürnberg 1946–1970) als Treuhänder des ehemaligen ZRN ein. Nach Wiederbegründung des Landes Bayern fungierte er bis 1975, damit über seine im Jahr 1970 erreichte Pensionierung hinaus, als Beauftragter des Bayerischen Finanzministeriums für das Vermögen des ehemaligen ZRN. Seine Nachfolge bis zum 31. Dezember 1976 übernahm dann ein untergeordneter Beamter im Finanzreferat.

Die von der Stadt Nürnberg und dem Land Bayern in das Eigentum des ZRN eingebrachten Grundstücke wurden 1948 an die vormaligen Eigentümer zurückgegeben. Im Fall der Stadt Nürnberg bestand die Besonderheit, dass ein Teil der Flächen wie die Große Straße, das Stadionareal oder das Zeppelinfeld noch längere Zeit durch die US-Armee für deren Nutzung beschlagnahmt blieben und sich auf den dann wieder kommunalen Grundstücken die Überreste der nationalsozialistischen Staats- und Herrschaftsbauten befanden. Soweit ersichtlich wurden Flurstücke an die vormaligen Privateigentümer aber nicht zurückgegeben. Stattdessen fanden im Falle jüdischer Vorbesitzer gerichtliche Wiedergutmachungsverfahren statt. Im Falle des Betriebsgeländes der Firma Joh. Wilh. Spaeth erwarb die Stadt Nürnberg das Grundstück 1962 aus dem Restvermögen des ZRN, um es 1986 wieder an die ursprüngliche Eigentümerfamilie zu verkaufen.

Die Abwicklung der Vermögensreste des ZRN beschäftige die Finanzverwaltungen von Stadt und Freistaat bis 1976. Auf Vorschlag des Bayerischen Obersten Rechnungshofes stimmte der Nürnberger Stadtrat am 10. November 1976 der Ablösung des verbliebenen Sondervermögens zum Jahresende hin zu. Insgesamt wurden bis dahin durch die Abwicklung der ZRN-Vermögenswerte Erlöse von gut 13,8 Millionen DM erzielt, wovon der Freistaat Bayern 10,33 Millionen DM und die Stadt Nürnberg 3,45 Millionen DM erhielten.

Einordnung in die Institutionengeschichte des Nationalsozialismus

Rückblickend steht der ZRN in einer Reihe von Sonderinstanzen, die im NS-Staat geschaffen wurden, um den etablierten Verwaltungsweg zu umgehen. Anders wie zum Beispiel beim "Generalbauinspekteur für die Reichshauptstadt Berlin" bestand beim ZRN aber eine enge personelle und funktionale Verflechtung mit der Stadtverwaltung. Der Fortbestand bestehender Verwaltungsstrukturen trug zwar zur Etablierung der nationalsozialistischen Herrschaft entscheidend bei, schränkte machtbewusste Regimevertreter aber in der rücksichtslosen Verfolgung ihrer Ziele ein. So kritisierte Speer im Falle des ZRN Verzögerungen in der baulichen Ausführung, ineffiziente Doppelstrukturen und vor allem Einmischungen in seine Planungen. Daher waren für die Nachkriegszeit Pläne zur Eigenständigkeit und Entflechtung der Strukturen des ZRN von den städtischen weit fortgeschritten. Für Oberbürgermeister Liebel stellte der ZRN wiederum eine Möglichkeit dar, über den begrenzten kommunalpolitischen Handlungsspielraum hinaus Einfluss zu nehmen und engen Kontakt mit Hitler zu halten. Waren andernorts NSDAP-Gauleitungen bei regionalen Prestigebauten die treibenden Kräfte, blieb sie im Gau Franken ausgerechnet beim Reichsparteitagsgelände durch die Konstruktion des ZRN außen vor.

Das Erbe des ZRN zeigt sich in den hinterlassenen NS-Bauten des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes, die mit Rückgabe der Flächen an die Stadt Nürnberg für diese sichtbarer Auftrag zum Umgang und zur Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit sind. Die institutionengeschichtliche Betrachtung des ZRN ist dagegen bisher ein wissenschaftlicher Randaspekt im Zuge der umfangreichen Betrachtung des Bauvorhabens Reichsparteitagsgelände geblieben.

Literatur

  • Eckart Dietzfelbinger, Der Umgang der Stadt Nürnberg mit dem früheren Reichsparteitagsgelände (Beiträge zur politischen Bildung 9), Nürnberg 1990.
  • Eckart Dietzfelbinger, Bauen für die Ewigkeit: das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, in: Siegfried Zelnhefer, Die Reichsparteitage der NSDAP in Nürnberg (Schriftenreihe des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände 2), Nürnberg 2002, 261–269.
  • Eckart Dietzfelbinger/Gerhard Liedtke, Nürnberg – Ort der Massen. Das Reichsparteitagsgelände, Vorgeschichte und schwieriges Erbe, Berlin 2004.
  • Yasmin Doosry, "Wohlauf, laßt uns eine Stadt und einen Turm bauen…". Studien zum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, Tübingen/Berlin 2002.
  • Susanne Greiner-Fauth, Die wirtschaftliche Bedeutung der Reichsparteitage der NSDAP von 1933 bis 1938 für die Stadt Nürnberg unter besonderer Berücksichtigung sozialgeschichtlicher Aspekte, Diss. masch. Erlangen, 2016.
  • Hanne Leßau (Hg.), Das Reichsparteitagsgelände im Krieg. Gefangenschaft, Massenmord und Zwangsarbeit (Schriftenreihe der Museen der Stadt Nürnberg 22), Petersberg 2021.
  • Pascal Metzger, "Arisierung" eines "arischen" Unternehmens? Der Abstieg der Nürnberger Maschinenfabrik Joh. Wilh. Spaeth in der NS-Zeit, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 67 (2007), 255–283.
  • Siegfried Zelnhefer, Die Reichsparteitage der NSDAP in Nürnberg (Schriftenreihe des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände 2), Nürnberg 2002.

Quellen

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Empfohlene Zitierweise

Matthias Klaus Braun, Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg, publiziert am 24.06.2024; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Zweckverband_Reichsparteitag_Nürnberg> (24.10.2024)