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Nationalliberale Landespartei in Bayern (NLLP), 1924-1927

Aus Historisches Lexikon Bayerns

von Petrus Müller

Leopold von Casselmann (1858-1930), Oberbürgermeister von Bayreuth von 1900 bis 1919, auf einem Porträt aus einem Fotoalbum zum Andenken an die Mitglieder des Kollegiums der Gemeindebevollmächtigten aus dem Jahr 1897. Casselmann war einer der Gründer der Nationalliberalen Landespartei in Bayern. (Stadtarchiv Bayreuth, Fotoalben, Nr. 6)
Noch 1924 kandidierte Hans Sachs (1874-1947) für die Deutschnationale Volkspartei, bevor er sich für die Nationalliberale Partei in Bayern engagierte. (Bayerische Staatsbibliothek, BA/Germ.g. 390 c-1924,2)

1924 gegründete nationalliberale Partei, die ihren Schwerpunkt in Franken hatte und sich als Alternative zur DVP in Bayern verstand. Sie vereinigte sich 1927 mit der DNVP.

1924 gründete eine kleine Gruppe fränkischer und schwäbischer Nationalliberaler um den ehemaligen Bayreuther Oberbürgermeister Leopold von Casselmann (1858-1930) die „Nationalliberale Landespartei“ (NLLP), die sich an die „Nationalliberale Reichspartei“ anlehnte. Zur Führungsspitze jener Partei gehörte auch der Crailsheimer Geheimrat Hans Sachs (1874-1947), der zuvor einen wenig erfolgreichen Ableger der Stresemannschen DVP in Bayern aufgebaut hatte. Die NLLP verstand sich als Alternative zur Deutschen Volkspartei in Bayern (DVP), die zusammen mit der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) auftrat und in Bayern bis 1933 stets eine sehr schwache personelle und organisatorische Basis hatte.

Bei den Landtagswahlen im April 1924 erhielt die Partei bayernweit nur 0,97% der Stimmen, in einzelnen fränkischen Kleinstädten kam sie aber auf über 18% (Dinkelsbühl: 12,4%, Rothenburg o.d.T.: 18,4%). In Nördlingen errang sie bei diesen Wahlen das einzige Mal in Bayern sogar eine relative Mehrheit.

Ganz offensichtlich konnten sich republikskeptische bürgerliche Wähler durch die Wahl der NLLP von der klar demokratisch orientierten Deutschen Demokratischen Partei (DDP) absetzen, ohne gleich zu den rechtsextremen Parteien wechseln zu müssen. Somit ist das kurze Aufflackern jener Partei einerseits als der Versuch zu interpretieren, eine echte nationalliberale Partei in Bayern, losgelöst von der DNVP, zu etablieren. Andererseits ist die NLLP auch ein Indiz für die programmatische und personelle Krise des politischen Liberalismus in den 1920er Jahren weit über Bayern hinaus. Kurz nach ihrer Gründung verschwand sie wieder aus der politischen Landschaft Bayerns, bereits 1927 vereinigte sie sich mit der DNVP.

Die kurze Existenz der NLLP verstärkte die Zersplitterungstendenzen und die Orientierungslosigkeit im nationalliberalen Lager Bayerns. Außerdem führte sie – wie auch die DVP Stresemannscher Prägung in Bayern – mittel- und langfristig durch ihre enge Tuchfühlung zur DNVP ursprünglich bürgerlich-liberales Wählerpotential den völkischen Kreisen zu.

Literatur

  • Renate Schober, Auszehrung. Die Geschichte der bayerischen Liberalen in der Weimarer Republik, in: Bayerischer Rundfunk (Hg.), Unbekanntes Bayern. Politik, Staat und Kirche. 2. Band, München 1980, 132-143.
  • Dietrich Thränhardt, Wahlen und politische Strukturen in Bayern 1848-1953. Historisch–soziologische Untersuchungen zum Entstehen und zur Neuerrichtung eines Parteiensystems (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 51), Düsseldorf 1973.

Quellen

  • Daten und Informationen: bisher meist unveröffentlichtes Material aus Privatnachlässen und Archiven.

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Empfohlene Zitierweise

Petrus Müller, Nationalliberale Landespartei in Bayern (NLLP), 1924-1927, publiziert am 08.01.2007; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Nationalliberale_Landespartei_in_Bayern_(NLLP),_1924-1927 (7.10.2024)