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Bayerisches Armeekommando

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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Unter Karl Philipp Fürst von Wrede (1767-1838) wurde das Bayerische Armeekommando als oberste Kommandobehörde der bayerischen Armee gebildet. Von 1822-1829 stand das Bayerische Armeekommando unter seiner Leitung. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv)
Arnold Ritter von Möhl (1867-1944). (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv)

von Achim Fuchs

Oberste Kommandobehörde der bayerischen Armee, erstmals 1822-1829 unter der Leitung von Karl Philipp Fürst Wrede (1767-1838) gebildet. Danach ging der Oberbefehl auf den Kriegsminister über. 1919, als die bayerische Regierung in Bamberg erkennen musste, dass sie aus eigener Kraft die Räteherrschaft in München nicht beseitigen konnte, wurde in Absprache mit der Reichsregierung nominell neben, tatsächlich aber unter dem Oberkommando des Generals Ernst von Oven (1859-1945) für den bayerischen General Arnold Ritter von Möhl (1867-1944) als Bayerischem Oberbefehlshaber ein Bayerisches Armeekommando geschaffen. Nach Beendigung der Kämpfe übte es die militärische Macht in Bayern aus, wurde aber bereits am 11. Mai 1919 als Gruppenkommando 4 in die Reichswehr integriert.

Zum Begriff "Armeekommando"

Unter "Kommando" verstand das 19. Jahrhundert unter anderem eine mit Befehlsbefugnissen ausgestattete militärische Behörde. Für die gesamten Streitkräfte eines Staates musste es strukturbedingt ein Oberkommando geben. Der Name dieser Behörde bzw. die Position des Oberkommandierenden konnte aus machtpolitischen, verfassungsrechtlichen oder militärisch-organisatorischen Gründen wechseln. Ebenso wenig folgte der materielle Inhalt der obersten Befehlsgewalt einer starren Normierung. In Bayern übernahm 1801 der Kurfürst/König persönlich das Oberkommando über die Armee. Er trat es 1822 an Fürst Karl von Wrede (1767-1838) ab, den Feldmarschall der bayerischen Armee. Wredes Behörde nannte sich "Armee-Kommando". 1829 wurde sie aufgehoben und ihre Befugnisse einschließlich des Oberbefehls dem Kriegsminister übertragen. Ein "Armee-Kommando" hat es danach im Königreich Bayern nicht mehr gegeben. Die bayerischen "Armee-Oberkommandos" ("A.O.K.") der 6. und der 19. Armee im Ersten Weltkrieg unterstanden der Obersten Heeresleitung bzw. dem Kaiser als Bundesfeldherrn.

Räteregierung 1919: Übereinkunft zwischen Bayern und dem Reich

Als die Ausrufung der Räterepublik Anfang April 1919 die bayerische Regierung zum Ausweichen nach Bamberg zwang, war Militärminister Ernst Schneppenhorst (1881-1945) ein Minister ohne Truppen: Das alte Heer war aufgelöst worden.

Auf der Basis der früheren Einheiten bildeten sich zwar Freiwilligenverbände, doch erwies es sich als unmöglich, allein mit diesen Truppen die Räteherrschaft in München zu beseitigen. Insbesondere die missglückten Vorstöße nach Dachau und Freising am 15./16. April 1919 machten das offenkundig. Daher war die bayerische Regierung nunmehr bereit, außerbayerische militärische Hilfe anzunehmen, zumal die Reichsregierung darauf drängte, die Räteherrschaft rasch zu beenden. Am 17. April wurde vereinbart, preußische, bayerische und württembergische Truppen jeweils unter einem General und unter der Oberleitung des Reichswehrministers gegen München aufzubieten. Bayerischer Empfindlichkeit wegen eines zu offensichtlichen Verlustes der Militärhoheit kam das Reich entgegen: Der bayerische General sollte in Vertretung des Reichswehrministers den Oberbefehl führen.

Das Bayerische Oberkommando im Korps Oven

Die Direktive (also eine wegen unklarer Verhältnisse anstelle eines Befehls ausgegebene Anordnung) des Reichswehrministers vom 23. April 1919 nannte als bayerische Beteiligte an der Operation das "Bayerische Schützenkorps" (bekannter als "Freikorps Epp") in Augsburg und "noch zu sammelnde bayerische Streitkräfte". Vertreter der bayerischen Regierung bei den Streitkräften mit dem Rang eines "Bayerischen Oberbefehlshabers" wurde Generalmajor Arnold Ritter von Möhl (1867-1944), sein Chef des Stabes Major Karl Ritter von Prager (1875-1959).

Solange Möhl noch nicht über eigene Truppen verfügte, sollte er sich als Bevollmächtigter der Regierung dem preußischen Generalleutnant Ernst von Oven (1859-1945) anschließen. In dieser politischen Eigenschaft wurde ihm Hermann Ewinger (geb. 1887, stellvertretendes III. Armeekorps) beigegeben. Sobald Möhl über bayerische Streitkräfte verfügte, sollte er für diese weisungsberechtigt sein, jedoch im Einverständnis mit Oven. Um aber der Reichsregierung zuvorzukommen, war Möhl bereits am 22. April von der bayerischen Regierung Hoffmann zum Oberkommandierenden der bayerischen und in Bayern liegenden württembergischen Truppen ernannt worden. Möhl behielt vorerst seinen Sitz in Bamberg. Die bayerischen und württembergischen Truppen lagen dagegen zum größten Teil am Lech und wurden vor Ort durch Major Hans Ritter von Seißer (1874-1973) kommandiert.

An der Oberleitung der gesamten Operation durch Oven als Oberbefehlshaber des "Korps Oven" wurde bayerischerseits nicht gerüttelt. Dieser bestimmte am 28. April, dass alle bayerischen Einheiten, die an den Kämpfen um München (bis zum 2. Mai) beteiligt seien, unter den Befehl der drei "Gruppen" "von Friedeberg", "Haas" und "Deetjen" zu treten hätten. "Haas" wurde bald darauf in "West" umbenannt, dazu kam neu "Gruppe Nord". Dem Oberbefehlshaber Oven angegliedert wurde gleichzeitig der Bayerische Oberbefehlshaber ("Bayerisches Oberkommando", auch "Oberkommando Möhl" genannt). Möhl, der formal vom 22./23. April bis 28. April den unmittelbaren Oberbefehl über die bayerischen und württembergischen Verbände ausgeübt hatte, war nun nur noch Durchgangsbefehlsstelle zwischen Oven und den ihm bisher schon unterstellten Verbänden, soweit diese vor München eingesetzt wurden. Zu diesen Truppen gehörten vor allem "Abteilung Bogendörfer", "Untergruppe Denk" und das Bayerische Schützenkorps.

Die Ausübung des Oberbefehls durch Möhl

Das in Aufstellung begriffene neue Generalkommando bayerisches I. Armeekorps war nicht bei München eingesetzt und stand deshalb unmittelbar unter dem Oberbefehl Möhls. Ihm unterstanden aber nur einige wenig schlagkräftige kleinere Freikorps.

Um den Eindruck zu vermeiden, in Bayerns Hauptstadt hätten preußische Truppen das Sagen, ging der Oberbefehl in der Stadt nach Beendigung der Kämpfe auf Möhl über. Die preußischen und württembergischen Verbände zogen sich am 11. Mai aus der Innenstadt in die Vororte zurück. Auch die Herstellung der Ruhe in Südbayern fiel jetzt Möhl zu, freilich noch immer unter der formalen Oberleitung Ovens. Dieser verließ erst nach einem Vierteljahr die Stadt, gefolgt von den nichtbayerischen Truppen. Die Übernahme der militärischen Gewalt in Bayern durch bayerische Truppen war dennoch zügig vonstatten gegangen.

Überführung in das Reichswehrgruppenkommando 4

Entscheidend war aber, dass am 10. Mai die bayerische Regierung eine Ausführungsverordnung zum Gesetz über die Bildung einer vorläufigen Reichswehr vom 6. März erließ. Damit erkannte sie nicht nur die Wehrhoheit des Reiches an, sondern akzeptierte auch die Eingliederung der bayerischen Einheiten in den von Berlin vorgegebenen Rahmen: Das Bayerische Oberkommando wurde am 11. Mai 1919 in eines der vier Gruppenkommandos der Reichswehr, das "Reichswehrgruppenkommando 4", umformiert.

Literatur

  • Die Niederwerfung der Räteherrschaft in Bayern 1919, bearbeitet und herausgegeben von der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres (Darstellungen aus den Nachkriegskämpfen deutscher Truppen und Freikorps 4), Berlin 1939.
  • Kai Uwe Tapken, Die Reichswehr in Bayern von 1919 bis 1924 (Studien zur Zeitgeschichte 26), Hamburg 2002.

Weiterführende Recherche

Verwandte Artikel

Oberkommando, bayerisches, Oberkommando Möhl

Empfohlene Zitierweise

Achim Fuchs, Bayerisches Armeekommando, publiziert am 11.05.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bayerisches_Armeekommando> (8.12.2024)