Süddeutsche Monatshefte
Aus Historisches Lexikon Bayerns
Im Januar 1904 erstmals erschienene Kulturzeitschrift, die die geistig-kulturelle Bedeutung Süddeutschlands im Kaiserreich zur Geltung bringen wollte. Von einem liberalen Standpunkt entwickelte sich das Blatt unter dem Herausgeber Paul Nikolaus Cossmann (1869-1942) während des Ersten Weltkrieges und der Weimarer Republik zu einem nationalistischen Organ. Dem Nationalsozialismus stand die Monatsschrift jedoch ablehnend gegenüber. Unter NS-Herausgeberschaft seit April 1933 wurde sie politische bedeutungslos und erschien letztmals im September 1936.
Entwicklung von der Gründung 1904 bis zum Ende des Ersten Weltkrieges
Finanziert von Größen des Münchner Kulturlebens (u. a. von dem Schriftsteller Josef Ruederer [1861-1915]), wurden die Süddeutschen Monatshefte als Organ eines selbstbewussten süddeutschen Kulturpatriotismus 1904 in München begründet. Von liberalen, auch von Friedrich Naumann (1860-1919) unterstützten Anfängen wandelten sie sich bald zu einem kulturell-politischen Konservatismus, seitdem Paul Nikolaus Cossmann (1869-1942), ein zum Katholizismus konvertierter Philosoph und Schriftsteller jüdischer Abstammung, 1905 die Leitung der Redaktion übernommen hatte. Ihm gelang es, wichtige bayerische Autoren als ständige Mitarbeiter für die Zeitschrift zu gewinnen, darunter den Schriftsteller Josef Hofmiller (1872-1933) und den an der Universität München lehrenden Historiker Karl Alexander von Müller (1882-1964). Während des Ersten Weltkrieges baute Cossmann die Süddeutschen Monatshefte zu einem führenden Organ des militanten deutschen Nationalismus aus; er unterstützte u. a. die Oberkommandierenden Alfred von Tirpitz (1849-1930) und Erich Ludendorff (1865-1937) und agitierte massiv gegen die gemäßigten Kräfte in Militär und Politik Deutschlands.
Weimarer Republik
Das Kriegsende und den Übergang zur Republik empfanden die Autoren der Süddeutschen Monatshefte als Katastrophe. Nicht zuletzt unter dem Eindruck der Münchner Räterepublik verstärkte sich die nationalistische Agitation der Zeitschrift, die sich jetzt auch gegen die Weimarer Republik und deren Institutionen richtete. Vor allem aber widmete man sich dem Kampf gegen den Versailler Friedensvertrag von 1919 und gegen die darin enthaltene "Kriegsschuldlüge", also die These von der alleinigen Schuld Deutschlands am Kriegsausbruch. Außerdem propagierten die Monatshefte v. a. im April/Mai 1924 besonders nachhaltig die "Dolchstoßlegende", d. h. die (nachgewiesenermaßen falsche) These, die deutsche Armee sei "im Felde unbesiegt" heimgekehrt, und die Schuld am Verlust des Krieges trügen allein sozialdemokratische und kommunistische Agitatoren, die hinter der Front den Kriegswillen der Heimat sabotiert hätten. Cossmann musste sich wegen dieser rabiaten Propagandathesen in mehreren, großes Aufsehen erregenden Prozessen verteidigen.
Die Auflagenhöhe der Süddeutschen Monatshefte schwankte vor 1914 zwischen etwa 3.000-3.500. Während des Ersten Weltkrieges und in der frühen Nachkriegszeit stieg die Auflage stark an - auf zeitweilig sogar etwa 100.000 Stück - während sie seit den späten 1920er Jahren konstant zurückging. Nur von einzelnen, besonders nachgefragten Heften wurden jeweils noch einmal ca. 10.000 Stück gedruckt.
Unter den Nationalsozialisten
Den Nationalsozialismus hatten die Hefte überwiegend kritisch beobachtet; vor allem Cossmanns Mitarbeiter, der monarchistisch gesinnte Journalist Erwein von Aretin (1887-1952), hatte Hitler schon 1923 offen kritisiert. Im Januar 1933 versuchten Cossmann und Aretin neben anderen bayerischen Monarchisten vergeblich, den bayerischen Kronprinzen Rupprecht (1869-1955) zu einem monarchistischen Putsch gegen Hitler zu bewegen; das Januarheft 1933 trug bereits den programmatischen Titel "König Rupprecht".
In der Folge wurden die beiden Journalisten verhaftet und inhaftiert; Cossmann kam 1942 im KZ Theresienstadt um. Unter dem nationalsozialistischen Herausgeber Leo Friedrich Hausleiter (geb. 1889) existierten die Süddeutschen Monatshefte noch bis 1936; sie waren in den letzten Jahren ihres Bestehens zu einem unbedeutenden, vornehmlich unpolitischen Blatt geworden.
Literatur
- Jens Flemming, "Gegen die intellektualistische Zersetzung der alten moralischen Werte". Die Süddeutschen Monatshefte zwischen Krieg und Nationalsozialismus, in: Michel Grunewald (Hg.), Le milieu intellectuel conservateur en Allemagne, sa presse et ses réseaux (Convergences 27), Bern 2003, 165-201.
- Hans Christof Kraus, Kulturkonservatismus und Dolchstoßlegende. Die "Süddeutschen Monatshefte" 1904-1936, in: Ders. (Hg.), Konservative Zeitschriften zwischen Kaiserreich und Diktatur, Berlin 2003, 13-43.
- Wolfram Selig, Paul Nikolaus Cossmann und die süddeutschen Monatshefte von 1914-1918. Ein Beitrag zur Geschichte der nationalen Publizistik im Ersten Weltkrieg (Dialogos 3), Osnabrück 1967.
Weiterführende Recherche
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Empfohlene Zitierweise
Hans-Christof Kraus, Süddeutsche Monatshefte, publiziert am 24.07.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Süddeutsche_Monatshefte> (1.11.2024)