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Coburger Landesstiftung

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Herzog Carl Eduard von Coburg (1884-1954). (Foto: 1933, Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv hoff-704)
Luftaufnahme der Veste Coburg auf einer Postkarte. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv port-027555)

von Stefan Nöth

Während in anderen deutschen Staaten noch Mitte der 1920er Jahre heftig um die Entschädigung der 1918 abgesetzten Fürsten gerungen wurde, waren in Coburg die Abfindung von Herzog Carl Eduard (1884-1954) und die Abscheidung des fürstlichen und staatlichen Besitzes schon am 1. Juli 1919 gütlich entschieden. Wegweisend wurde die Errichtung der Coburger Landesstiftung, die bis heute der Förderung von Kunst und Kultur dient sowie Eigentümerin des ehemals fürstlichen Kulturguts ist. Seit dem Anschluss Coburgs an Bayern 1920 bewahrte sie die kulturelle Identität des ehemaligen Herzogtums.

Coburger Landesstiftung

Nach dem Verzicht von Herzog Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha (1884-1954) auf die Ausübung der Regierungsgewalt in den Herzogtümern Sachsen-Coburg und Gotha am 14. November 1918 und der Auflösung des gemeinschaftlichen Landtags, somit der verfassungsrechtlich bindenden Klammer beider Herzogtümer, bildete sich auf dem Territorium des Herzogtums Sachsen-Coburg der Freistaat Coburg, der hauptsächlich zwei Aufgaben zu bewältigen hatte:

  1. Einen staatsrechtlichen Anschluss an einen anderen Staat, der 1920 an Bayern gelang,
  2. die Abwicklung des Vermögens des bisher regierenden Hauses.

Der Herzog verzichtete unter gewissen Zugeständnissen zugunsten der Bewohner des Landes auf Domänengut (Schlösser und Grundbesitz) und Hausallod (Kunstsammlungen, Theater, Bibliothek). Anteile aus den Einahmen des zu Staatsgut erklärten Domänenguts stehen bis heute der Coburger Landesstiftung zur Verfügung. Diese unterhält damit die in das Stiftungseigentum übertragenen Gegenstände der Kunst- und Naturkundesammlungen und erfüllt ihren Stiftungszweck, die Förderung von Kunst und Wissenschaft in Coburg, den Erhalt der Coburger Kunstsammlungen und die Erforschung der Coburger Geschichte. Die rechtsfähige und gemeinnützige Stiftung untersteht der Rechtsaufsicht der Regierung von Oberfranken.

Das Vermögen des Coburger Herzogshauses

Neben der staatsrechtlichen Zukunft des Territoriums wurde in Coburg auch die Abfindung des ehemals regierenden Herzogs Carl Eduard und seines Hauses auf dem Vertragsweg geregelt. Wie in Bayern, war auch in Coburg vor 1918 keine Scheidung der Vermögenswerte von Dynastie und Staat erfolgt. Mit der Revolution wurde die Frage nach der staatsrechtlichen Stellung des Hausvermögens, des Hausallods (Kunstsammlungen, Hoftheater, Bibliothek), der (Coburger) Domänen und der (Coburger Haus-)Fideikommisse virulent.

Das Coburger Domänengut umfasste:

  1. das für den Herzog zur freien Verfügung bestimmte Vorbehaltsgut (Schlösser Ehrenburg, Rosenau mit Gutsbetrieb, Callenberg mit Gutsbetrieb, Gut Eichhof, die Veste Coburg)
  2. das Domänengut im engeren Sinn (Waldbesitz, die Domänengüter Beiersdorf, Carlshan, Eichhof, die Ernstfarm, Gauerstadt, Niederndorf, Oeslau, Oettingshausen, Schweighof und Sonnefeld, ferner Ämtergebäude wie das Zeughaus, Fischgründe und Jagdreviere im Umfang von 7.300 ha und im Wert von 35 Mio. Mark)
  3. ein Kapitalvermögen von 1,5 Mio. Mark

Die Entschädigung der Herzogsfamilie

Schon sehr früh, am 18. November 1918, beschloss ausgerechnet der Coburger Arbeiter- und Soldatenrat, die herzogliche Familie abzufinden. Der Plan, im Rahmen der Vermögensabschichtung auch eine Landesstiftung zu errichten, entstand im Januar 1919, als Herzog Carl Eduard das Hoftheater dieser Stiftung überwies, um dessen spielzeitbedingtes Übersiedeln ins politisch erheblich radikalere Gotha zu verhindern.

Der Vertrag vom 7. Juni 1919, der am 1. Juli 1919 Gesetz wurde, trug auch den Wünschen Herzog Carl Eduards Rechnung. Das Herzogshaus konnte Schloss und Gut Callenberg, Gut Eichhof und die Schweizerei Rosenau im Umfang von 533 ha behalten und erhielt eine Abfindungssumme von 1,5 Mio. RM.

Das nun nicht mehr zum herzoglichen Besitz gehörende Domänengut sollte "zum Besten des Landes und zur Wohlfahrt seiner Bewohner" von einer zu gründenden Landesstiftung verwaltet werden, in die auch das Hoftheater, die Kunstsammlungen der Veste und der Ehrenburg, das Hofgartenmuseum (Naturkundemuseum), das Schloss Rosenau, die herzogliche Privatbibliothek, die Hof- und Staatsbibliothek und das Hof- und Staatsarchiv Eingang finden sollten. Auf die anderen herzoglichen Fideikommisse außerhalb der Coburger Grenzen würde der Freistaat Coburg keine Ansprüche erheben.

Gänzlich anders verlief die Entwicklung in Gotha. Die dortige Landesversammlung beschloss am 31. Juli 1919 die entschädigunslose Enteignung des Herzogs. Die dadurch ausgelösten Streitigkeiten zogen sich bis 1925 hin, als der Herzog vor dem Reichgericht endgültig seine Ansprüche durchsetzen konnte. Unter anderem als Reaktion auf dieses Urteil versuchte die politische Linke 1926 vergeblich, per Volksentscheid die deutschen Fürsten entschädigungslos zu enteignen. Aber auch in anderen deutschen Ländern erfolgte die Abfindung der abgesetzten Dynastie nicht so schnell wie in Coburg (in Bayern z. B. erst 1923). Die Coburger Lösung, eine eigene Landesstiftung zu errichten, erhielt dabei Vorbildcharakter.

Die Gründung der Coburger Landesstiftung

Zum Unterhalt der beabsichtigten Landesstiftung wies man ihr durch das "Gesetz über die Verwendung des bisherigen Domänenguts und über die Errichtung einer Landesstiftung" vom 9. August 1919 Anteile der erwirtschafteten Nettoerträgnisse des Domänenguts zu, mit denen der Stiftungsbesitz, die Kunstsammlungen in der Veste und im Schloss Ehrenburg, die Sammlungsgegenstände im Naturkundemuseum, die Hofbibliothek (heute: Staatliche Landesbibliothek Coburg) und das Landesarchiv (heute: Staatsarchiv Coburg) erhalten und der Stiftungszweck, die Förderung von Kunst, Wissenschaft und Gewerbe, von Volksbildung und Volkswohlfahrt, die Pflege der Coburger Kultur- und Naturdenkmäler sowie die Erforschung der Coburger Geschichte, berücksichtigt werden sollte. Nach dem Anschluss Coburgs an den Freistaat Bayern verpflichtete sich dieser, mit einem jährlichen Zuschuss zum Unterhalt der Landesstiftung beizutragen (Staatsgarantie).

Das Hoftheater jedoch, zu dessen weiteren Betrieb sich die Stadt Coburg gegenüber der Staatsregierung verpflichtete, und das Hofgartenmuseum sowie das Domänengut wurden doch nicht in die Landesstiftung integriert bzw. deren finanzielle Grundlage, sondern zu Staatsgut erklärt.

Rechtsverhältnisse

Die Coburger Landesstiftung ist eine rechtsfähige und gemeinnützige Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Coburg. Sie unterstand bis 1996 der Aufsicht des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, Wissenschaft und Kunst, seither der Regierung von Oberfranken. Verwaltet wird sie von einem 10-köpfigen Stiftungsvorstand, bestehend aus drei Mitgliedern des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, den Oberbürgermeistern bzw. Bürgermeistern der Städte Coburg, Neustadt bei Coburg und Rödental, zwei Coburger Stadträten, dem Landrat des Landkreises Coburg und einem gewählten Mitglied. Dazu treten derzeit (2005) zwei Mitglieder des Vereins der "Förderer der Coburger Landesstiftung" und ein drittes Mitglied aus dem Staatsministerium. Ein 5-köpfiger Stiftungsausschuss, gebildet aus dem Vorsitzenden des Stiftungsvorstands und vier gewählten bzw. bestimmten Mitgliedern des Stiftungsvorstands ist für die laufenden Geschäfte verantwortlich.

Die Coburger Landesstiftung betreut seit 1921 auch die Scheres-Zieritz-Stiftung in Wiesenfeld und die Niederfüllbacher Stiftung. Seit 1941 nimmt sie auch die Geschäfte einer Außenstelle der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, seit 1999 unter der Bezeichnung "Schloss- und Gartenverwaltung Coburg (SGV)", wahr.

Bedeutung der Coburger Landesstiftung

Die Coburger Landesstiftung brachte zumindest auf dem Gebiet der Kultur einen Rest Eigenstaatlichkeit mit nach Bayern. Der Vorsitzende der Coburger Landesversammlung, Max Oskar Arnold (1854-1938), formulierte dies 1920 so: "Die Coburger Landesstiftung ist dasjenige, was uns von der Coburger Selbständigkeit übrigbleibt."

Diesem Anspruch wird die Coburger Landesstiftung bis heute durch den Unterhalt der Schlösser und der Museen gerecht. Seit 1956 gibt sie ein eigenes Jahrbuch heraus, das Beiträge zur Coburger Geschichte und den Coburger Kunstsammlungen enthält. Ein Verein der Förderer der Coburger Landesstiftung entstand 1953.

Dokumente

Literatur

  • Harald Bachmann, 75 Jahre Coburger Landesstiftung, in: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 38 (1993), 369-370.
  • Harald Bachmann, 75 Jahre Coburger Landesstiftung, in: Coburger Geschichtsblätter 2 (1994), XIV-XV.
  • Emil Beck, Geschichte und Rechtslage der Coburger Landesstiftung (Jahrbuch der Coburger Landesstiftung. Ergänzungsband), Coburg 1967.
  • Jürgen Erdmann, Coburg, Bayern und das Reich 1918-1923 (Coburger Heimatkunde und Landesgeschichte 22), Coburg 1969, 21-24.
  • Rainer Hambrecht (Bearb.), "Nicht durch Krieg, Kauf oder Erbschaft". Ausstellung des Staatsarchivs Coburg anläßlich der 75. Wiederkehr der Vereinigung Coburgs mit Bayern am 1. Juli 1920 (Ausstellungskataloge der Staatlichen Archive Bayerns 34), München 1995.
  • Ronald Hoffmann, Die Domänenfrage in Thüringen. Über die vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen mit den ehemaligen Landesherren in Thüringen nach dem Ersten Weltkrieg (Rechtshistorische Reihe 334), Frankfurt am Main 2006.
  • Harald Sandner, Das Haus Sachsen-Coburg und Gotha: eine Dokumentation zum 175-jährigen Jubiläum des Stammhauses in Wort und Bild (1826 bis 2001), Coburg 2001.

Quellen

  • Staatsarchiv Coburg Bestand Coburger Landesstiftung

Weiterführende Recherche

Externe Links

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Empfohlene Zitierweise

Stefan Nöth, Coburger_Landesstiftung, publiziert am 11.05.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Coburger Landesstiftung> (3.12.2024)