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Gesellschaft mit dem Fürspang

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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Fahnenträgerin der Turniergesellschaft mit dem Fürspang. Darstellung im Wappenbuch des Heiligen Römischen Reiches von Stephan Brechtel (1523-1574), entstanden zwischen 1554 und 1568. (Bayerische Staatsbibliothek, Cod. Icon. 390, 284)
Abschrift des Stiftungsbriefs und der Satzung der Gesellschaft mit dem Fürspang im sog. Gesellschaftsbuch. (Staatsarchiv Nürnberg, Amts- und Standbücher 340)
Wappen der Mitglieder der Gesellschaft mit dem Fürspang auf der Innenseite des Einbanddeckels des Protokoll- und Rechnungsbandes der Fürspänger. (Staatsarchiv Nürnberg, Amts- und Standbücher 340)
Grabdenkmal für Martin von Seinsheim (gest. 1434) in der Würzburger Marienkapelle. Seine Mitgliedschaft in der Gesellschaft mit dem Fürspang wird durch die Ordenskette verdeutlicht. (Foto: Konrad Rainer)
Epitaph Eberhards von Grumbach (gest. 1487) in der Kirche St. Peter und Paul in Rimpar. Das Werk wird Tilmann Riemenscheider (c. 1460-1531) zugeschrieben. Über dem Brustharnisch (Bild rechts) trägt die Figur einen Kette des Cyprischen Ritterordens, an der die Symbole der Gesellschaft mit dem Fürspang und der Gesellschaft zum Bären befestigt sind. (Foto von Tilman2007 lizensiert durch CC BY 3.0 via Wikimedia Commons)

von Klaus Rupprecht

1392 gegründete Adelsgesellschaft, die sich besonders der Verehrung der Gottesmutter Maria verschrieben hatte. Die Fürspänger waren eine Begräbnis- und Altarbruderschaft sowie eine Turniergesellschaft. Ihre Mitglieder verpflichteten sich untereinander zu gegenseitigem Beistand. Die Hauptorte der Adelsgesellschaft waren die Marienkirchen in Nürnberg und Würzburg sowie die Obere Pfarre in Bamberg. Bis 1505 konnten der Adelsgesellschaft maximal 26, dann 32 Ritter angehören, die vor allem aus Unterfranken sowie aus Oberfranken stammten. Die Reformation führte zu einem deutlichen Bruch im Gesellschaftsleben der Fürspänger. Seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bestand die Adelsgesellschaft nur noch aus zwei Familien und starb im 17. Jahrhundert schließlich aus.

Gründung der Gesellschaft

Die Gesellschaft mit dem Fürspang (lat. "ad fibulas"), benannt nach der goldenen Spange (fibula), die als Gesellschaftszeichen diente, wurde 1392 gegründet. Das belegt der Anfang des "Gesellschaftsbuchs" abschriftlich festgehaltene Stiftungsbrief mit Satzung. Nachrichten, die die Gründung dieser Adelsgesellschaft auf Kaiser Karl IV. (reg. 1346-1378, Kaiser ab 1355) zurückführen (angeblich 1355) und diese mit der Errichtung der Nürnberger Marienkirche in Zusammenhang bringen, gehen bereits auf das "Hallerbuch" (ca. 1535) des Nürnberger Bürgers Conrad Haller (1464-1545) zurück, sind aber eher politisch motivierte historische Konstruktion denn Realität. Das daneben in der Literatur verbreitete Gründungsdatum 1322 beruht auf einem ebenfalls früh erfolgten Lesefehler (1322 anstatt 1392).

Verbreitungsgebiet, Mitglieder, Satzung

Die Rittergesellschaft mit dem Fürspang war in ganz Franken verbreitet. Es handelte sich um eine genossenschaftlich gegründete und auch organisierte Gesellschaft mit exklusivem Charakter. Dafür stehen zum einen die relativ hohe Aufnahmegebühr von 100 Gulden und zum anderen die Beschränkung der Mitgliederzahl auf 26 fränkische Ritter. Erst 1505 entschloss man sich zu einer Erweiterung um sechs weitere Adelige. Die Mitgliedschaft war grundsätzlich in der Familie erblich, konnte aber auch auf Verwandte oder Freunde übergehen. Bei der Gründung überwogen die Ritterfamilien aus dem Umfeld des Hochstifts Würzburg: Wolfskeel (2), Seinsheim (3), Fuchs (3), Zollner von Rotenstein (1), Wenkheim (1), Heßberg (1), Truchseß von Wetzhausen (2), Truchseß von Rechenberg (1), Grumbach (2), Schenk von Geyern (1). Aus dem Machtbereich der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach sowie dem Hochstift Bamberg waren die Seckendorff (5), Egloffstein (2) und die Förtsch von Thurnau (1) vertreten. Diesen ausgewählten Kreis an Adelsfamilien ergänzten Mitglieder der Familien Rotenhan (ab 1426), der Wallenrode (ab 1456) sowie ab 1505 die Familien Stiebar von Buttenheim, Eyb, Bibra und die Schaumberg.

Die Fürspänger verschrieben sich besonders der Verehrung Marias. Gemäß Stiftungsbrief verbanden sie sich eng mit den relativ jungen Marienkirchen in Nürnberg (Frauenkirche) und Würzburg (Marienkapelle, Chorweihe im Jahr 1392!) als Orten gemeinsamer Begängnisse. Kurze Zeit später kam dazu noch die Obere Pfarre in Bamberg. An allen drei Kirchen bzw. Hauptorten stiftete die Rittergesellschaft im frühen 15. Jahrhundert Messbenefizien, über welche man sich das Präsentationsrecht vorbehielt. Die Gründungsurkunde weist die Fürspänger als adelige Begräbnis- und Altarbruderschaft aus. Starb ein Geselle, musste jedes Mitglied 30 Messen für den Verstorbenen lesen lassen. Dazu wurde ein Begräbnistag an einem der drei Hauptorte bzw. –kirchen angesetzt, zu dem alle zu erscheinen hatten. Die Kosten für die sehr aufwändig gefeierten Leichenbegängnisse (z.B. mit mindestens 30 Geistlichen) sowie das anschließende gemeinsame Essen wurden von der Gesellschaftskasse getragen. Mit feierlichem Einzug, Totenmesse und Festmahl demonstrierte die Adelsgesellschaft ihren exklusiven gesellschaftlichen Anspruch. Sichtbares Symbol waren die Altäre in den Kapellen mit den Wappenschildern der Fürspänger, wobei jene aus Nürnberg in den 1490er Jahren nach Würzburg transferiert wurden. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Reichsstadt wohl als Sitz der Rittergesellschaft aufgegeben. Neben möglichen ständischen Differenzen zwischen dem Turnieradel und den Patriziern mag der Hauptgrund die gezielte Politik des Nürnberger Rates gewesen sein, die Patronatsrechte der Vikarien in den Nürnberger Stadtkirchen in die eigene Hand zu bekommen, was ihnen nach und nach auch gelang.

Typisch für Adelsgesellschaften dieser Zeit war die Verpflichtung der Gesellen zu gegenseitigem Beistand bei Ehrverletzung eines Mitgesellen sowie bei Fehden. Im Inneren verstand man sich als Friedensgemeinschaft. Streitigkeiten untereinander sollten durch Schlichtungen geregelt werden; auch dies war eine typische Funktion der Adelsgesellschaften dieser Zeit, die so einen Beitrag zur Aufrechterhaltung des Landfriedens leisteten. Überhaupt wollte man sich in allen Lagen gegenseitig beistehen, so z. B. auch, wenn man sich zum Hofe oder zum Turnier kein eigenes Pferd leisten konnte.

Organisation und gemeinsames Zeichen

An der Spitze der Gesellschaft stand ein Hauptmann (auch König oder Oberster genannt), der seit 1484 durch zwei zugeordnete Räte unterstützt wurde. Im Jahresturnus traf man sich zu sog. Kapitelsitzungen, bei welchen der Hauptmann neu berufen (später gewählt) wurde, Rechenschaft abgelegt und die wichtigsten Beschlüsse (u. a. zu Einnahmen und Ausgaben) gefasst wurden. Sie fanden nicht ausschließlich an den drei Hauptorten statt und waren stets mit einem festlich-geselligen Mahl verbunden.

Nach außen sollten sich die Fürspänger durch eine einheitliche Kleidung zu erkennen geben. Als Gesellschaftszeichen diente eine stilisierte goldene Spange oder Schnalle mit quer übergehender Zunge, die als gemeinsames Kennzeichen ständig am Rock oder an einer Kette zu tragen war. Der Bezug zur real existierenden Reliquie, dem Leibgürtel der hl. Maria in der Nürnberger Frauenkirche, wird vermutet. Zusätzlich sollte jeder Geselle auf dem rechten Eck seines Wappens die güldene Gürtelspange führen.

Die Fürspänger als Turniergesellschaft

Dass man von Beginn an auch das Turnierwesen mit bedachte, zeigt das bereits im Gründungsbrief gegebene Versprechen zu gegenseitiger Hilfe bei der Ausrichtung von Turnieren, falls einer der ihren durch einen Erfolg bei einem Turnier dazu aufgefordert werden würde. Das Selbstverständnis als Turniergesellschaft wurde insbesondere zwischen 1479 und 1487 im Zusammenhang mit den "neuen Reichsturnieren" wichtig. Diese gründeten in den von den Fürsten unabhängigen Einungsbemühungen der gesamten süddeutschen Ritterschaft, die sich landsmannschaftlich organisierte (Ritterschaft der vier Lande: Rheinstrom, Schwaben, Bayern, Franken). Die Idee und die Initiative zu diesen Turnieren scheint aus dem Kreis der Fürspänger gekommen zu sein. Dies legen Hinweise in den Ladungsschreiben sowie die personellen Überschneidungen zwischen dem Führungspersonal der Fürspänger und der neuen Reichsturniere nahe. Das erste Turnier fand 1479 in Würzburg statt; die organisatorischen Grundlagen dazu wurden in der sog. Bamberger Turnierordnung von 1478 geschaffen. Mit diesen Turnieren beabsichtigten die Fürspänger eine politische Machtdemonstration des Ritteradels gegenüber den Fürsten sowie mit Bezug zur eigenen Klientel die Rückbesinnung auf ständisch-ritterliche Werte in Verbindung mit einem Streben nach adeliger Exklusivität. Die Adelsgesellschaft als Turniergesellschaft war in diesen Jahren zugleich ständische Disziplinargewalt wie Rechtsinstanz, wie die Berichte von den Turnieren z. B. mit der Beilegung von Fehden zeigen.

Die Auflösung der Gesellschaft

Bedenkt man die Hauptfunktionen der Fürspänger – Marienverehrung, gemeinsame Leichenbegängnisse, Beistand in Fehden, Turnierwesen -, so wird klar, dass nicht nur die Reformgesetze Maximilians I. (reg. 1486-1519, Kaiser ab 1508) und deren politische und ständische Folgen für den Ritteradel, sondern vor allem die Reformation im Verlauf des 16. Jahrhunderts zu einem deutlichen Bruch im Gesellschaftsleben führen mussten. Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vertraten die Familien Rotenhan und Stiebar nur mehr allein die Fürspängergesellschaft. Sie vergaben die Pfründen und verwalteten das Guthaben. Noch von 1625 ist diesbezüglich ein Fünf-Punkte-Rezess zwischen diesen beiden – jeweils noch mit fünf Personen vertretenen - Familien überliefert. Mehrfach brachten sie Angelegenheiten der Fürspängergesellschaft bei Tagen der "Reichsritterschaft der sechs Orte zu Franken" vor, bis diese im weiteren Verlauf des 17. Jahrhunderts das Pfründ- und Geldvermögen sowie deren Besitz übernahm. Da nach 1626 Neuaufnahmen unterblieben, starb die Fürspängergesellschaft im Verlauf des 17. Jahrhunderts langsam aus.

Quellen

Die wichtigste Quelle zur Geschichte der Gesellschaft mit dem Fürspang stellt das im Staatsarchiv Nürnberg überlieferte Rechnungs- und Protokollbuch dar (StAN, Rep. 52 b Amts- und Standbücher Nr. 340; Abschrift davon im Staatsarchiv Bamberg). Darin enthalten sind nicht nur fundamentale Quellen wie Gründungsbrief mit Satzung, sondern auch zahllose Dokumente, die einen seltenen Einblick in die Struktur, das gemeinschaftliche Leben und die internen Abläufe der Gesellschaft geben. Daneben ist man auf einzelne versprengte Urkunden und Dokumente in den fränkischen Staats-, Stadt- und Diözesanarchiven, auf Turnier- und Wappenbücher mit ihren Mitgliederlisten (z. B. Ingeram-Codex), auf chronikalische Quellen (z. B. Müllners Annalen) oder auf zeitgenössische Berichte oder Selbstzeugnisse (z. B. Geschichte und Taten des Wilwolt von Schaumberg [ca. 1446-1510]) angewiesen. Hingewiesen sei hier aber auch auf zeichnerische Darstellungen von turnierenden Fürspängern u. a. im Würzburger Turnierbuch (ca. Anfang 15. Jh., Kupferstichkabinett Berlin Hs. 77 B 5) oder das Abbild des Gesellschaftszeichens auf Epitaphen von Mitgliedern der Gesellschaft etwa in der Würzburger Marienkapelle (Martin von Seinsheim, gest. 1434) oder der Pfarrkirche zu Rimpar (Eberhard von Grumbach, gest. 1487).

Literatur

  • Holger Kruse/Werner Paravicini/Andreas Ranft, Ritterorden und Adelsgesellschaften im spätmittelalterlichen Deutschland. Ein systematisches Verzeichnis ( Kieler Werkstücke D 1), Frankfurt am Main 1991.
  • Andreas Ranft, Adelsgesellschaften. Gruppenbildung und Genossenschaft im spätmittelalterlichen Reich, Sigmaringen 1994.
  • Andreas Ranft, Die Turniere der vier Lande: Genossenschaftlicher Hof und Selbstbehauptung des niederen Adels, in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 142 (1994), 83-102.
  • Klaus Rupprecht, Das Einungswesen des oberfränkischen Adels, in: Bericht des Historischen Vereins Bamberg 130 (1994), 99-114.
  • Klaus Rupprecht, Ritterschaftliche Herrschaftswahrung in Franken. Zur Geschichte der von Guttenberg im Spätmittelalter und zu Beginn der Frühen Neuzeit (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte IX/42), Neustadt an der Aisch 1994, 355-377 [Fürspänger-Gesellschaft und Neue Reichsturniere].
  • Werner Scharrer, Laienbruderschaften in der Stadt Bamberg vom Mittelalter bis zum Ende des Alten Reiches. Geschichte, Brauchtum, Kultobjekte, in: Bericht des Historischen Vereins für die Pflege der Geschichte des ehemaligen Fürstbistums Bamberg 126 (1990), 21-392.
  • Otto Graf Seefried, Die Turniergesellschaft vom Fürspang an der Nürnberger Liebfrauenkirche, in: Otto Graf Seefried (Hg.), Aus dem Stiebar-Archiv. Forschungen zur Familiengeschichte von Bauer, Bürger und Edelmann in Ober- und Mittelfranken (Freie Schriftenfolge der Gesellschaft für Familienforschung in Franken 4), Nürnberg 1953, 12-18.
  • Alfred Wendehorst, Urkundenbuch der Marienkapelle am Markt in Würzburg 1317-1530, Würzburg 1974.
  • Bernhard Wernsdörfer, Der Ritterorden der Fürspänger (ad fibulas), in: Altfranken 6 (1930), 14-16 und 19-22.

Weiterführende Recherche

Empfohlene Zitierweise

Klaus Rupprecht, Gesellschaft mit dem Fürspang, publiziert am 7.06.2018; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Gesellschaft_mit_dem_Fürspang> (29.03.2024)