Montfort, Grafen von
Aus Historisches Lexikon Bayerns
Zu Beginn des 13. Jahrhunderts erstmals erscheinende Grafenfamilie, die sich nach der Burg (Alt-)Montfort im Alpenrheintal (Gde. Weiler, Vorarlberg) nannte und sich im Rang von Reichsgrafen behauptete. Auf der Grundlage des Erbes der Grafen von Bregenz übten sie Einfluss über große Gebiete im heutigen Vorarlberg, nördlich des Bodensees und in Unterrätien aus, woraus sich die Herrschaften Feldkirch, Bregenz und Tettnang entwickelten. Die Familie gründete unter anderem die namengebenden Städte. Teile ihrer Besitzungen gingen beim Aussterben von Seitenlinien an die Habsburger über. 1787 starb der letzte männliche Vertreter der Familie.
Abstammung
Die Grafen von Montfort sind eine Seitenlinie der Pfalzgrafen von Tübingen. Vor 1208 nannte sich Hugo I. (erwähnt 1188-1228, gest. vor 1237), der jüngere Sohn Hugos II. von Tübingen (gest. 1182) und der Elisabeth von Bregenz, erstmals nach der von ihm unweit von Feldkirch im Vorarlberger Alpenrheintal errichteten Burg "de Munfort" (Altmontfort, Gde. Weiler, Bezirk Feldkirch, Vorarlberg). Ein genealogischer Zusammenhang mit französischen, niederländischen und englischen Adelsgeschlechtern desselben Namens besteht nicht.
Besitz
Der Einflussbereich Hugos I. und seiner Söhne basierte in erster Linie auf dem Erbe der um 1160 ausgestorbenen Grafen von Bregenz. Er umfasste weite Teile des heutigen Vorarlberg, Gebiete nördlich des Bodensees und Unterrätiens. Bereits um 1250 sowie vor 1274 führten Erbgänge zur Bildung kleinerer Sprengel, insbesondere der Herrschaften Feldkirch, Bregenz und Tettnang. Zeitweise in montfortischer Hand befanden sich außerdem u. a. die Graf- bzw. Herrschaften Sigmaringen (bis ca. 1290), Scheer (1314/15-1432), Wasserburg (1386-1592), Staufen (1311-1573), Rothenfels (1332-1565) und Kyburg (1402-1424) sowie – weitab vom ursprünglichen Wirkungskreis in der Bodenseeregion – Besitzungen in der Steiermark, in Niederösterreich und Kärnten. Vom 16. Jahrhundert an verfügte die Familie im Wesentlichen nur mehr über die Herrschaft Tettnang (bis zum Verkauf an Österreich 1779).
Von diesen Besitzungen befanden sich Teile auch im heutigen Bayern:
- Im heutigen Landkreis Lindau lagen die Herrschaft Hohenegg und Teile der Herrschaft Bregenz (Gerichte Grünenbach und Simmerberg). Sie gelangten 1451 bzw. 1523 von der Bregenzer Linie der Grafen von Montfort durch Kauf an Österreich. Auch die Grafschaft Tettnang reichte bis in den Landkreis, was zu langwierigen Konflikten mit der Reichsstadt Lindau führte.
- Im Gebiet des Landkreises Oberallgäu befanden sich die Grafschaft Rothenfels sowie die Herrschaft Staufen, die der Tettnanger Zweig 1565 bzw. 1573 an die Herren von Königsegg veräußerte.
Linien
Um 1250 spalteten sich zunächst die Grafen von Werdenberg ab; vor 1274 teilten sich die Montforter ihrerseits in die – zeitweise noch weiter aufgesplitterten – Linien Montfort-Feldkirch, Montfort-Tettnang und Montfort-Bregenz (1338 Montfort-Tettnang-Bregenz), von der sich im 15. Jahrhundert ein steirischer Zweig trennte, der gleichfalls den Namen Montfort führte. Die Feldkircher Linie erlosch 1390, die Bregenzer 1523; ihre Besitzungen gingen jeweils zuvor durch Kauf an die Habsburger. Nach dem Aussterben der Tettnanger Montforter 1574 trat der steirische Zweig deren Erbe an und setzte das Haus Montfort bis zum Tod des letzten männlichen Sprosses Anton IV. (gest. 1787) fort.
Burgen und Herrschaftsmittelpunkte
In der Herrschaft Feldkirch geboten die Montforter über die namengebende Burg (Alt-)Montfort, das Schloss Feldkirch (später Schattenburg), die Burgen Tosters (Stadt Feldkirch, Vorarlberg), Jagdberg (Gde. Schlins, Bezirk Feldkirch), Neumontfort (Gde. Götzis, Bezirk Feldkirch) und Fußach (Bezirk Feldkirch).
Die Bregenzer Linie verfügte über das Bregenzer Stadtschloss, die Burgen ("Hohen"-)Bregenz und Hohenegg (Gde. Grünenbach, Lkr. Lindau), die Tettnanger über die Burg Tettnang, an deren Stelle im 18. Jahrhundert ein Barockschloss errichtet wurde, sowie über die Burgen Argen (Gde. Langenargen, Bodenseekreis, Baden-Württemberg), Rothenfels (Stadt Immenstadt, Lkr. Oberallgäu) und Hugofels (Stadt Immenstadt), Wasserburg (Lkr. Lindau) sowie Schomburg (Stadt Wangen, Lkr. Ravensburg, Baden-Württemberg). Staufen (Oberstaufen) war zunächst in Bregenzer, dann in Feldkircher und zuletzt in Tettnanger Hand.
In der Steiermark, in Niederösterreich und Kärnten besaßen die Grafen von Montfort etwa 20 Burgen, darunter Pfannberg (Stadt Frohnleiten, Steiermark), Kaiserberg (Gde. Sankt Stefan ob Leoben, Steiermark), Stadeck (Gde. Stattegg, Steiermark) und Peggau (Steiermark).
Lehns- und reichsrechtliche Stellung
Die Linien der Montforter konnten ihren Status als Reichsgrafen bis zum jeweiligen Aussterben behaupten. Belehnungen durch das Reichsoberhaupt sind für die Herrschaft Feldkirch nicht belegt, für Tettnang erstmals 1348, für Bregenz 1401. Eine Belehnung mit Rothenfels erfolgte 1471 zusammen mit der Erhebung der Herrschaft zur Reichsgrafschaft. Die Inhaber der ostösterreichischen Güter waren Lehensleute der Herzöge von Österreich.
Gründung von Städten und Klöstern
Montfortische Gründungen sind die Vorarlberger Städte Feldkirch (vor 1218) und Bregenz (bald nach 1250), in Baden-Württemberg Tettnang (nach 1270), Scheer (vor 1289) und Langenargen (1453) sowie in Bayern Immenstadt (1360). Die Grafen stifteten die Johanniterkommende Feldkirch (1218), das Minoritenkloster Viktorsberg (1383, Bezirk Feldkirch, Vorarlberg), das Kollegiatstift St. Peter und Paul in Oberstaufen (1328, Lkr. Oberallgäu) und das Paulinerkloster Langnau (1405, Stadt Tettnang-Hiltensweiler, Baden-Württemberg).
Heiratskreise
Anfangs lassen sich zumeist Ehen mit schwäbischen (Fürstenberg, Nellenburg, Hachberg), churrätischen (Werdenberg) und Tiroler Geschlechtern (Mätsch) nachweisen. Nach dem Erwerb der Besitzungen im Osten Österreichs verlagerte der steirische Zweig seinen Heiratskreis überwiegend in das neue Umfeld. Von der Mitte des 16. Jahrhunderts an rangierten Ehen mit Angehörigen schwäbischer (Königsegg, Waldburg, Fugger) vor solchen mit österreichischen Familien (Lobkowitz, Thun, Schönborn).
Kirchliche und weltliche Ämter, bedeutende Vertreter
Heinrich I. wirkte von 1251 bis zu seinem Tod 1272 als Bischof von Chur, ebenso sein Neffe Friedrich 1283-1290. Friedrichs Bruder Wilhelm I. (gest. 1301) wurde 1281 zum Fürstabt von St. Gallen gewählt. Rudolf III. von Montfort-Feldkirch (gest. 1334) erhielt 1321 den Churer Bischofsstuhl, 1322-1334 amtierte er als Bischof von Konstanz. Um 1411 stieg Hugo XIV. von Montfort-Bregenz (erwähnt ab 1393, gest. 1444) zum Obersten Meister des Johanniterordens in deutschen Landen auf.
Unter den weltlichen Montfortern erlangten besondere Bedeutung Wilhelm II. von Montfort-Tettnang (1290-1352?), den Ludwig der Bayer (reg. als König 1314-1347, ab 1328 als Kaiser) 1327 zu seinem Statthalter in Mailand bestellte, und Hugo XII. von Montfort-Bregenz (1357-1424) als wichtiger Vertreter der späten Minnelyrik sowie als Landeshauptmann der Steiermark.
Konfession
Die Grafen von Montfort waren bis zu ihrem Aussterben durchwegs katholisch.
Wappen
Die Grafen von Montfort übernahmen als Wappen die dreilatzige rote Fahne der Pfalzgrafen von Tübingen, zunächst offenbar in Silber. Dabei blieben in weiterer Folge die Linien zu Bregenz und Tettnang. Montfort-Feldkirch führte eine rote Fahne in Gold. Siegel des Grafengeschlechts sind vom frühen 13. bis ins 18. Jahrhundert überliefert.
Quellen und Archivsituation
Ein montfortisches Hausarchiv existiert nicht. Quellen zu ihrer Geschichte finden sich vor allem im Vorarlberger Landesarchiv (Bregenz), im Tiroler Landesarchiv (Innsbruck), im Österreichischen Staatsarchiv, Abteilung Haus-, Hof- und Staatsarchiv (Wien), im Steiermärkischen Landesarchiv (Graz), im Bayerischen Hauptstaatsarchiv (München), im Staatsarchiv Augsburg, im Hauptstaatsarchiv Stuttgart sowie in den Stadtarchiven Bregenz, Feldkirch, Tettnang und Lindau. Eine Hauschronik mit dem Titel "Montfortischer ceder- oder unverwesner stammenbaum der uhralten hochberümbten graven zu Montfort" stellte der Jesuit Andreas Arzet (gest. 1675) 1670 fertig (Bayerische Staatsbibliothek München, Cgm 6365).
Literatur
- Benedikt Bilgeri, Geschichte Vorarlbergs, v. a. 1. Band: Vom freien Rätien zum Staat der Montforter, Wien 2. Auflage 1976.
- Karl Heinz Burmeister, Die Grafen von Montfort. Geschichte, Recht, Kultur. Festgabe zum 60. Geburtstag, hg. von Alois Niederstätter (Forschungen zur Geschichte Vorarlbergs, Neue Folge 2), Konstanz 1996.
- Karl Heinz Burmeister u. a. (Hg.), Die Grafen von Montfort. Geschichte und Kultur (Kunst am See 8), Friedrichshafen 1982.
- Alois Niederstätter, Die Städte der Grafen von Montfort und von Werdenberg. Ein strukturgeschichtlicher Vergleich, in: Walter Schuster/Maximilian Schimböck/Anneliese Schweiger (Hg.), Stadtarchiv und Stadtgeschichte. Forschungen und Innovationen. Festschrift für Fritz Mayrhofer zur Vollendung seines 60. Lebensjahrs (Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 2003/2004), Linz 2004, 677-698.
- Alois Niederstätter, Herrschaftliche Raumorganisation im nachmaligen Vorarlberg während des Mittelalters. Ein Überblick, in: Montfort 61 (2009), 231-257.
- Otto Konrad Roller, Grafen von Montfort und Werdenberg, in: Schweizerische Heraldische Gesellschaft (Hg.), Genealogisches Handbuch zur Schweizer Geschichte. 1. Band, Zürich 1900-1908, 145-234, 409-412 und 3. Band, 1908-1916, 406.
- Johann Nepomuk von Vanotti, Geschichte der Grafen von Montfort und von Werdenberg. Ein Beitrag zur Geschichte Schwabens, Graubündtens, der Schweiz und Voralbergs, Belle-Vue bei Konstanz 1845 (unveränderter Nachdruck mit Vorwort und Bibliographie von Karl Heinz Burmeister, Bregenz 1988).
- Elmar Vonbank, Die Montforter (Katalog des Vorarlberger Landesmuseums 103), Bregenz 1982.
- Roland Weiss, Die Grafen von Montfort im 16. Jahrhundert (Geschichte am See 49), Markdorf 1992.
Weiterführende Recherche
Externe Links
Empfohlene Zitierweise
Alois Niederstätter, Montfort, Grafen von, publiziert am 17.01.2011; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Montfort,_Grafen von> (8.12.2024)