Prinz-Carl-Palais, München
Aus Historisches Lexikon Bayerns
Das Prinz-Carl-Palais in München, gelegen zwischen Hofgarten und Englischem Garten am Beginn der Prinzregentenstraße und der Königinstraße, wurde 1804-1806 erbaut. Von 1925 bis 1937 und erneut seit 1968 (Bezug nach Umbauten 1972) ist es offizieller Dienstsitz des Bayerischen Ministerpräsidenten, der es als Rahmen für festliche Anlässe und zum Empfang von Staatsgästen nutzt. Den heutigen Namen erhielt es in Erinnerung an seinen langjährigen Bewohner, Prinz Karl von Bayern (1795-1875).
Zur Baugeschichte
Der Bauherr Abbé Pierre de Salabert (1734-1807) war der ehemalige Erzieher und Minister der Herzöge Karl August (1746-1795) und Max Joseph (1756-1825) von Pfalz-Zweibrücken. Er nutzte seine Beziehungen zu letzterem als bayerischen Kurfürsten dazu, das Gelände am südlichen Ende des Englischen Gartens für ein neues Palais zu erwerben. Salabert beauftragte mit Carl von Fischer (1782-1820) einen 22-jährigen Anfänger, der vor allem mit diesem Bauwerk zu einem der führenden Architekten Münchens aufstieg. Durch Vereinigung verschiedener Stilelemente präsentiert sich der Bau als ein frühes und bedeutendes Zeugnis des Klassizismus in München, von dem die Haupt- und die Südfassade heute noch auf die ursprünglichen Pläne zurückgehen. Erste Anbauten erfolgten 1827-30 und 1841 an der Nordseite, eine gravierende Umgestaltung unter der Leitung Fritz Gablonskys (geb. 1876) 1937. Seiner Funktion als Eröffnung des Englischen Gartens wurde das Palais endgültig durch den Bau des Altstadtrings und die damit verbundene Untertunnelung des Gebäudes 1967-1971 beraubt.
Das Prinz-Carl-Palais bei Nacht. Fotografie um 1930. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv port-023281)
Das Prinz-Carl-Palais im zerstörten München 1948. (Bayerische Staatsbibliothek, Fotoarchiv Hoffmann)
Bewohner und Nutzer
Der Auftraggeber, Abbé Pierre de Salabert, starb bereits 1807. Dem Erwerb durch König Max I. Joseph (1756-1825) im gleichen Jahr verdankt das Gebäude seinen Namen "Pavillon Royal" oder "Palais Royal". Nach dem Tod des Königs 1825 ging es in die Nutzung seines Sohnes Karl (1795-1875) über und anschließend, nach Karls Ableben, an das Finanzministerium, das von 1876 bis 1937 die obere Etage eines großen Anbaus in der Von-der-Thann-Straße als Dienstwohnung für den Finanzminister nutzte. Die untere stellte es dem Obersten Rechnungshof zur Verfügung (Bezug 1877). Für den zum Palais gehörigen kleinen Park erhielt der jeweilige Finanzminister das alleinige Nutzungsrecht; dementsprechend wurde er in der Folgezeit und bis heute als "Finanzgarten" bekannt.
Das Hauptgebäude, für das sich in Erinnerung an seinen langjährigen Inhaber erst in der Weimarer Zeit der Name "Prinz-Carl-Palais" einbürgerte, war von 1876 bis 1919 Sitz der österreichisch-ungarischen Gesandtschaft in München. 1919 diente es verschiedenen Zwecken, u. a. im April als Sitz des Zentralwirtschaftsamtes, und wurde dann vom Landesfinanzamt bzw. als Wohnung für dessen Präsidenten bis 1923/24 genutzt. Von 1925 bis 1937 war das Palais Dienstwohnung für den Bayerischen Ministerpräsidenten, 1933 kurzzeitig für den Reichsstatthalter Franz Xaver Ritter von Epp (1868-1947). Aus Anlass des Staatsbesuchs von Benito Mussolini (1883-1945) wurde 1937 der Anbau an der Von-der-Thann-Straße abgerissen und das Hauptgebäude erweitert, das dann bis 1945 als Gästehaus für Staatsgäste fungieren sollte. Von den Bombenangriffen auf München weitgehend verschont, war das Palais 1948-1968 Sitz der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, ab 1947 war im Erdgeschoss zeitweise auch die Staatliche Antikensammlung untergebracht.
Seit 1968 ist das Prinz-Carl-Palais Dienstsitz des Bayerischen Ministerpräsidenten (Bezug nach Umbauten erst 1972). In unmittelbarer Nähe befindet sich die 1993 fertig gestellte Bayerische Staatskanzlei.
Literatur
- Inge Feuchtmayr, Das Prinz Carl-Palais in München. Gestalten und Begebenheiten, München 1966.
- Christine Goetz/Elfi M. Haller, Prinz-Carl-Palais. Vom Palais Salabert zum Sitz des Bayerischen Ministerpräsidenten, München 1989.
- Monika Melters, Carl von Fischer: Das Prinz-Carl-Palais (1804-06) in München zwischen Palladianismus und süddeutscher Tradition, in: Xenia Riemann u. a. (Hg.): Dauer und Wechsel. Festschrift für Harold Hammer-Schenk zum 60. Geburtstag, Berlin 2004, 60-70.
- Gerhard K. F. Stinglwagner, Von Mönchen, Prinzen und Ministern. Das Gebäude des Landwirtschaftsministeriums und seine Nachbarschaft. Eine Chronik, München 1991.
Weiterführende Recherche
Empfohlene Zitierweise
Johannes Merz, Prinz-Carl-Palais, München, publiziert am 29.08.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Prinz-Carl-Palais,_München> (16.10.2024)