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Hochschule für Musik, Würzburg

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Königliche Musikschule (1815 errichtet, Foto um 1900). (Foto: Hochschule für Musik)
Neubau in der Hofstallstraße (1967). (Foto: Hochschule für Musik)
Lyra über dem Haupteingang in der Hofstallstraße (Relikt des alten Gebäudes von 1815, Foto um 2005). (Foto: Hochschule für Musik)
Bild von Franz Joseph Fröhlich im Alter von 80 Jahren. (Stadtarchiv Würzburg, BioM)

von Dieter Kirsch

1804 als Attribut der Universität in Würzburg zur Förderung der ästhetischen Bildung der Studenten gegründet. Bestimmt von den Ideen ihres Gründers Franz Joseph Fröhlich (1780-1862) öffnete sich das Institut bald allen interessierten Kreisen. 1875 reformiert und im 20. Jahrhundert durch neue Fächerangebote erweitert, zählt die Hochschule heute zu den wichtigsten Kulturträgern der Region.

Vorgeschichte

Das von der fürstbischöflichen Hofkapelle dominierte Musikleben öffnete sich ab 1770 zunehmend dem Bürgertum. 1797 erhielt der Hofkopist Andreas Söllner (1745-1820) Zuwendungen vom Hof, um eine Schule für die Ausbildung bedürftiger Kinder am Klavier und Generalbass zu betreiben. Weitere Pläne des Hofkapellmeisters Friedrich Witt (1770-1837) zur Gründung einer Akademie der Tonkunst wurden 1802 hinfällig, nachdem der letzte Fürstbischof in Folge des Reichsdeputationshauptschlusses seine weltliche Herrschaft im Hochstift niederlegen musste. Nachhaltigere Wirkung ging schließlich von dem 1797 gegründeten Collegium Musicum Academicum Wirceburgense aus, nachdem 1801 der Hofbratschist Franz Joseph Fröhlich (1780-1862) dessen Leitung übernommen hatte. Sein Unterrichten und Komponieren bewirkten, dass die "akademische Bande" bei öffentlichen Auftritten Anerkennung fand.

Vom Akademischen Musikinstitut zum Königlichen Musikinstitut

Im Zuge der Liberalisierung der Universität unter der ersten bayerischen Herrschaft (1802/03 bis 1806) setzte Fröhlich 1804 die Gründung eines sog. Attributes – eine das Studium ergänzende Einrichtung der Universität – mit der Bezeichnung "Akademisches Musikinstitut" durch. Er begründete die Notwendigkeit mit der humanistischen Idee der veredelnden Kraft der Musik, die vor allem durch das Aufführen und Anhören "der größten Werke der größten Meister" wirke. Die dafür nötigen Teilnehmerzahlen wurden durch zusätzliche Verpflichtung von Gymnasiasten und Lehrerseminaristen erreicht, die ihre musikalische Ausbildung am Institut erhielten. Der ab 1806 regierende Großherzog Ferdinand II. (1769-1824, reg. 1806-1814) stellte 1811 Mittel zur Anstellung weiterer Lehrer zur Verfügung und ließ 1813 ein eigenes Gebäude errichten. Der angrenzende Kapitelsaal des Domstifts, schon seit 1807 für Institutszwecke genutzt, wurde zum Konzertsaal Würzburgs.

Nach dem erneuten Anschluss an Bayern (1814) übernahm die Regierung 1820 Verantwortung für das nun "Königliche Musikinstitut", verfügte die Öffnung für alle musikalischen Talente sowie die Angliederung einer Singschule. Fröhlich - als Direktor mit weit reichenden Befugnissen versehen - führte sein einseitig auf Orchesterarbeit ausgerichtetes Institut 54 Jahre lang unverändert und autoritär. 1804 von 20 Zöglingen besucht, wuchs das Institut bis 1845 auf 680 Schüler an - eine Zahl, die bei der Pensionierung Fröhlichs 1858 auf 450 gesunken war. Seine Nachfolger Johann Georg Bratsch (1815-1888) und Theodor Fürchtegott Kirchner (1823-1903) vermochten keine neuen Ideen einzubringen. Die dringend notwendigen Reformen - nach einer Visitation durch Franz Lachner (1803-1890) 1872 auch von der Regierung gewünscht - konnten ab 1876 umgesetzt werden.

Von der Königlichen Musikschule zum Königlichen Konservatorium

Dr. Karl Kliebert (1849-1907), an der Münchener Musikschule ausgebildet und 1876 zum Direktor bestellt, erneuerte das in "Königliche Musikschule" umbenannte Haus nach dem Münchner Vorbild. Chorgesang und Musiktheorie wurden für alle Schüler obligatorisch, die Hauptfächer Orchesterinstrumente, Gesang und Klavier "auf systematisch-theoretischer Grundlage" gelehrt, die bislang öffentlichen Orchesterproben durch gründlich vorbereitete Konzerte - oft mit Solisten von außen und mit zeitgenössischem Programm - ersetzt. Sein Nachfolger Max Meyer-Olbersleben (1850-1927) - ein Studienkollege aus Münchner Zeit - führte ab 1907 diese Ausrichtung konsequent weiter. 1920 betrug die Schülerfrequenz mehr als 1000; etwa zwei Drittel davon waren allerdings Hospitanten, die meist nur ein einziges Fach – bevorzugt Chorgesang – besuchten. Aufgrund des gestiegenen Renommees erfolgte 1912 die Umbenennung in "Königliches Konservatorium".

Vom Bayerischen Staatskonservatorium der Musik zur Fachakademie für Musik

Ein Jahr nach der Berufung des Direktors Hermann Zilcher (1881-1948) wurde das Haus 1921 in "Bayerisches Staatskonservatorium der Musik" umbenannt. Zilcher setzte viele neue Impulse, führte u. a. Meisterklassen für Klavier und Komposition sowie Ausbildungskurse für Schulmusiker ein und gründete das heute noch bestehende, jährlich stattfindende Mozart-Fest. Die am Konservatorium gelehrte und ausgeübte Musik orientierte sich weitgehend an Zilchers eigenem spätromantisch-klassizistischen Kompositionsstil. In der NS-Zeit verfemte Komponisten, etwa Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847), aber auch fortschrittliche Zeitgenossen fanden nach 1933 keine Berücksichtigung. Aufgrund der Rassengesetze wurden zwei Lehrer zwangspensioniert. Die gestiegenen künstlerischen Ansprüche führten nach und nach zu einem ausgeglichenen Anteil von Musikschülern und Hospitanten sowie zu einem Rückgang der Schülerzahlen, die schließlich kriegsbedingt 1940 insgesamt unter 500 lagen.

Bei der Bombardierung Würzburgs am 16. März 1945 verbrannte mit dem Gebäude am Dom das gesamte Inventar, darunter viele wertvolle Instrumente und die umfangreiche Bibliothek. Schon im Juli 1945 wurde der 1933 entlassene Studienprofessor Rudolf Lindner (1892-1973) als kommissarischer Leiter eingesetzt. Seine Hauptaufgabe bestand darin, Räumlichkeiten, Musikalien und Instrumente zu organisieren. Im Herbst 1947 konnte das Konservatorium unter Leitung des Dirigenten Franz Rau (1890-1958) den Unterricht für 173 Schüler in Notunterkünften aufnehmen, zum Teil mit ehemaligen Lehrern, die im Entnazifizierungsverfahren als "Mitläufer" eingestuft worden waren. Die Zahl der Hospitanten nahm erneut zu, entsprechend der Aufgabe, neben der Heranbildung des künstlerischen Nachwuchses auch Begabten zu ermöglichen, "Hausmusik in künstlerisch würdiger Form zu pflegen". Die drückenden Raumprobleme – 1948 durch Umzug in die "Villa Völk" nur unzureichend erleichtert – wurden 1966 durch einen Neubau in der Hofstallstraße mit Unterrichts- und Konzerttrakt gelöst. Damit hatte das Musikleben Würzburgs wieder ein Zentrum, das vom Konservatorium und seinem Förderverein "Musikalische Akademie" getragen, für Konzerte mit hochrangigen Künstlern sorgte. Die günstigen äußeren Verhältnisse, die solide personelle Ausstattung sowie der gestiegene Bedarf an Schulmusikern führten 1973 nach kurzer Übergangszeit als Fachakademie für Musik zur Aufstufung als zweite bayerische Musikhochschule.

Hochschule für Musik

Der in den 1980er und 1990er Jahren erfolgte personelle und inhaltliche Ausbau setzte vor allem Akzente im Bereich der Alten und Neuen Musik sowie in den Bereichen Frühförderung, Schulmusik und Opernschule. 1997 konnte in der Bibrastraße ein zweites Haus mit eigenem Theater bezogen werden. Die 2001 abgeschlossene Fusion mit dem städtischen Konservatorium führte neben Zuwachs an Fächern, Personal und Studierenden – zeitweise über 800 – zur Erweiterung durch ein drittes Gebäude am Residenzplatz, das 2006 eröffnet wurde. Im selben Jahr waren 641 Studierende aus 34 Ländern eingeschrieben.

Bedeutung

Würzburg war seit Gründung des Instituts ein angesehener Ort für die Ausbildung von talentierten Musikern. Schon Siegfried Wagner (1869-1930) schätzte die Würzburger Schule, vor allem für Sänger, als "die beste, die ich kenne". Aus Institut, Musikschule und Konservatorium gingen viele angesehene Musiker hervor, etwa der Militärmusiker Peter Streck (1797-1864), die Violinisten Friedrich Stahl (1795-1852) und Johann Christoph Lauterbach (1832-1918) sowie der Violoncellist Joseph Werner (1837-1922). Aus der Ära Kliebert ist an Michael Balling (1866-1925) zu erinnern, der es als Bratschist zum Wagner-Dirigenten in Bayreuth brachte, weiter an den Komponisten Armin Knab (1881-1951) und den Musikwissenschaftler Adolf Sandberger (1864-1943). Aus der Klasse von Zilcher sind u. a. der Dirigent Kurt Eichhorn (1908-1994) sowie die Komponisten Winfried Zillig (1905-1963) und Karl Höller (1907-1987) hervorgegangen. Als erfolgreiche Absolventen aus neuerer Zeit sind zu nennen: die Sängerinnen Catarina Ligendza (geb. 1937) und Diana Damrau (geb. 1971), der Komponist Alexander Muno (geb. 1979), die Dirigenten Thomas Hengelbrock (geb. 1958) und Patrick Lange (geb. 1981) sowie der Jazz-Pianist Michael Wollny (geb. 1978).

Zeitraum Bezeichnungen
1804-1820 Akademisches Musikinstitut
1820-1875 Königliches Musikinstitut
1875-1912 Königliche Musikschule in Würzburg
1912-1921 Königliches Konservatorium der Musik
1921-1973 Bayerisches Staatskonservatorium der Musik in Würzburg
1973 Fachakademie für Musik Würzburg
seit 1973 Staatliche Hochschule für Musik Würzburg
Zeitraum Leiter Lebensdaten Bezeichnung
1804-1858 Franz Joseph Fröhlich 1780-1862 Vorstand
1859-1873 Johann Georg Bratsch 1815-1888 Vorstand
1873-1875 Theodor Fürchtegott Kirchner 1823-1903 Vorstand
1876-1907 Karl Kliebert 1849-1907 Direktor
1907-1920 Max Meyer-Olbersleben 1850-1927 Direktor
1920-1945 Hermann Zilcher 1881-1948 Direktor
1945-1947 Rudolf Lindner 1892-1973 Kommiss. Leiter
1947-1956 Franz Rau 1890-1958 Direktor
1956-1979 Hanns Reinartz 1911-1979 Direktor, Präsident
1979-1987 Bertold Hummel 1925-2002 Präsident
1987-1995 Franz Hennevogl geb. 1935 Präsident
1995-2003 Dieter Kirsch geb. 1940 Präsident, Rektor
2003-2007 Silke-Thora Matthies geb. 1960 Rektorin
2007-2013 Helmut Erb geb. 1945 Präsident
seit 2013 Bernd Clausen geb. 1966 Präsident

Literatur

  • Festschrift Einweihung und Übergabe des Gebäudes an den Freistaat Bayern und den künftigen Nutzer, die Hochschule für Musik in Würzburg, Um- und Neubau des ehemaligen Staatsbankgebäudes für Zwecke der Hochschule für Musik in Würzburg, Würzburg 2006.
  • Festschrift zum 150. Jubiläum des Bayerischen Staatskonservatoriums der Musik Würzburg, Würzburg 1954.
  • Hochschule für Musik Würzburg 1804-1979, Würzburg 1979.
  • Hochschule für Musik in Würzburg (Hg.), Hochschule für Musik in Würzburg. Vom Collegium Musicum zur Musikhochschule. 200 Jahre akademische Musikausbildung in Würzburg. Festgabe für das Jubiläumsjahr 1997, Würzburg 1997.
  • Karl Kliebert, Die Kgl. Musikschule Würzburg. Ihre Gründung, Entwicklung und Neugestaltung. Denkschrift aus Anlass 100jährigen Bestehens der Anstalt 1804-1904, Würzburg 1904.
  • Lenz Meierott/Klaus Hinrich Stahmer (Hg.), Musik und Hochschule. 200 Jahre akademische Musikausbildung in Würzburg. Festschrift 1997, Würzburg 1997.

Quellen

  • Hochschulmitteilungen Hochschule für Musik Würzburg 1978/79-2003/04.
  • Jahresberichte Bayerisches Staatskonservatorium der Musik Würzburg 1923-1941; 1947-1967.
  • Jahresberichte Königliche Musikschule Würzburg 1876-1912.
  • Jahresberichte Königliches Konservatorium der Musik Würzburg 1913-1918.
  • Jahresberichte Konservatorium der Musik Würzburg 1919-1922.

Weiterführende Recherche

Externe Links

Collegium musicum academicum, Öffentliche Musikanstalt an der Kurfürstlich Julius-Universität zu Würzburg , Akademisches Musikinstitut, Königliches Musikinstitut, Königliche Musikschule, Königliches Konserva­torium der Musik,, Bayerisches Staatskonservatorium der Musik, Bayerische Fachakademie für Musik, Fachakademie für Musik Würzburg

Empfohlene Zitierweise

Dieter Kirsch, Hochschule für Musik, Würzburg, publiziert am 19.12.2011; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Hochschule_für_Musik,_Würzburg (19.03.2024)