Deutscher Kampfbund, 1923
Aus Historisches Lexikon Bayerns
Während des Deutschen Tages am 1./2. September 1923 in Nürnberg gegründet, vereinte der "Deutsche Kampfbund" die SA (Hermann Göring), die Reichsflagge (Hauptmann Adolf Heiß) und den Bund Oberland (Friedrich Weber). Der Kampfbund wurde zum Träger der rechtsradikalen Umsturzbemühungen im Herbst 1923. Militärischer Führer war Oberstleutnant a.D. Hermann Kriebel (1878-1941), das Amt des Geschäftsführers erhielt Max Erwin von Scheubner-Richter (1884-1923); am 25. September 1923 übernahm Adolf Hitler (1889-1945) die politische Leitung. Nach dem Hitler-Putsch am 8./9. November 1923 wurden alle Organisationen des Kampfbundes aufgelöst.
Entstehung aus der Arbeitsgemeinschaft der Vaterländischen Kampfverbände
Als Vorläufer des Deutschen Kampfbundes kann die "Arbeitsgemeinschaft der Vaterländischen Kampfverbände" gelten, die sich im Februar 1923 formiert hatte. Diese Arbeitsgemeinschaft war der wichtigste rechtsradikale Dachverband. Zu ihm gehörten die SA, die Vaterländischen Bezirksvereine Münchens, der Bund Oberland, die Reichsflagge, der Bund Unterland und (bis Mai 1923) das Zeitfreiwilligenkorps München. Oberstleutnant a.D. Hermann Kriebel (1878-1941), ehemals Stabschef der Einwohnerwehr, hatte die militärische Führung inne.
Mit der zunehmend explosiven Situation im Bayern des Herbstes 1923 formierten sich die radikalen Verbände der Arbeitsgemeinschaft - SA, Reichsflagge, Bund Oberland - auf dem Deutschen Tag in Nürnberg im Deutschen Kampfbund neu. Treibende Kraft des Zusammenschlusses war General Erich Ludendorff (1865-1937).
Da der Bund eine rein paramilitärische Organisation war, gehörte die NSDAP als politische Partei nicht dazu, nur die SA. Damit war Hitler in der Lage, auf den Kampfbund Einfluss zu nehmen, während der Kampfbund nicht direkt auf die Partei einwirken konnte.
Ziele des Kampfbundes
In einer ersten Proklamation verkündete der Kampfbund am 23. September 1923 seine Ziele und erklärte den Marxismus, den Internationalismus, den Pazifismus, die Juden, den Parlamentarismus, die Weimarer Verfassung, das internationale Kapital und den Klassenkampf zu seinen Gegnern. Ein Umsturz schien in Reichweite. In dem Aktionsprogramm heißt es: "Der Kampf um die politische Macht in Bayern reduziert sich daher in der Praxis auf einen Kampf um den Besitz der ausübenden Gewalt und der ihr zur Verfügung stehenden Organe und Machtmittel. D.h. die Kampfverbände werden ihre eigentliche Aufgabe, die Niederkämpfung des Marxismus, erst dann mit Erfolg betreiben können, wenn sie in Bayern im Besitz der staatlichen Machtmittel sind, d.h. das wie in jedem anderen Staat auch in Bayern wichtigste Ministerium, das Staatsministerium des Inneren, muß von einem Vertrauensmanne der Kampfverbände besetzt sein. Die Situation ist also die: Die nationale Revolution darf in Bayern der Übernahme der politischen Macht nicht vorausgehen, sondern die Besitzergreifung der polizeilichen Machtmittel des Staates bildet die Voraussetzung für die nationale Revolution. D.h. es muß der Versuch gemacht werden, die Polizeimacht des Staates auf einem wenigstens nach außen hin legalen Weg in die Hand zu bekommen, wobei durchaus zuzugeben sei, daß dieser legale Weg unter einem mehr oder minder illegalen Druck beschritten werden muß" (zit. nach Gordon, Hitlerputsch, 193).
Kahr wird Generalstaatskommissar
Hitlers Ernennung zum politischen Führer des Kampfbundes am 25. September 1923 war eine Reaktion darauf, dass das Reich den passiven Widerstand gegen die französisch-belgische Ruhrbesetzung offiziell aufgab. In der sich zuspitzenden Situation ernannte der Ministerrat Gustav von Kahr (BVP, 1862-1934), den Verfechter der "Ordnungszelle Bayern", am 26. September zum Generalstaatskommissar. Tags darauf verhängte Kahr den Ausnahmezustand in Bayern.
In vaterländischen Kreisen erhielt Kahr durchaus Zustimmung. Hitler empfand seine Ernennung hingegen als Kampfansage an den Kampfbund, der sich daraufhin spaltete: Hauptmann Heiss ging mit dem größten Teil der Reichsflagge in das Lager Kahrs über.
Triumvirat versus Kampfbund
Das Triumvirat um Kahr als Generalstaatskommissar mit nahezu diktatorischen Befugnissen, Hans Ritter von Seißer (1874-1973), Chef des Landespolizeiamts, und Landeskommandant der Reichswehr Otto von Lossow (1868-1938) verfolgte eigene Ziele. Bei ausgedehnten Verhandlungen mit norddeutschen Kontaktmännern versuchte es im Oktober, eine auf einem Direktorium gegründete "nationale Diktatur" in Berlin zu errichten, die mit oder ohne Kahr, bestimmt aber ohne Ludendorff bzw. Hitler gedacht war und auf der Unterstützung durch die Reichswehr basierte. Demgegenüber wollte die Kampfbund-Führung ein Direktorium in München, das, auf Ludendorff und Hitler konzentriert, ohne Kahr auskommen sollte.
Auflösung 1923
Die Divergenzen blieben. Entgegen der Erwartung der Aufständischen beteiligte sich Kahr nicht am Hitler-Putsch am 8./9. November 1923. Stattdessen ließ er den Aufstand mit Hilfe der Bayerischen Landespolizei und der Reichswehr niederschlagen. Die Organisationen des Kampfbunds mussten sich nach dem Verbot vom 9. November 1923 auflösen, die Waffen der Vaterländischen Verbände wurden beschlagnahmt, militärische Übungen durften nicht mehr abgehalten werden.
Literatur
- Harold J. Gordon Jr., Hitlerputsch 1923. Machtkampf in Bayern 1923-1924, München 1978.
- Ian Kershaw, Hitler 1889-1936, München 2002.
- Werner Maser, Der Sturm auf die Republik. Frühgeschichte der NSDAP, Frankfurt am Main/Berlin/New York 1981.
Quellen
- Ernst Deuerlein (Hg.), Der Aufstieg der NSDAP in Augenzeugenberichten, München 5. Auflage 1982.
Weiterführende Recherche
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Empfohlene Zitierweise
Siegfried Zelnhefer, Deutscher Kampfbund, 1923, publiziert am 28.08.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Deutscher_Kampfbund,_1923> (14.12.2024)