• Versionsgeschichte

Christlicher Verein Junger Menschen (CVJM)

Aus Historisches Lexikon Bayerns

George Williams, Gründer der Young Men's Christian Association. (aus: Ein seltenes Jubiläum. Die XVI. Weltkonferenz als 50jähriges Jubiläum des Weltbundes, Barmen 1906)
Wilhelm Frobenius, Gründer des CVJM in München. (aus: Berichte der rheinischen Missionsgesellschaft 84 [1927], 50)
Monatlicher Anzeiger des CVJM Nürnberg vom Februar 1916 mit dem Leitartikel "Ist das Christentum unmännlich?".
Friedrich von Schlümbach (1842-1901).

von Ulrich Schwab

Neben bereits auf Gemeindeebene bestehenden Jünglings- und Gesellenvereinen verbreitete sich in Bayern seit 1886 der "Christliche Verein Junger Männer" (CVJM), der überpfarrlich organisiert und stark missionarisch ausgerichtet war. Die CVJM-Vereine entwickelten sich zum bedeutendsten Zweig der evangelischen Jugendarbeit in Bayern. Daneben bestanden aber zahlreiche weitere Vereine und Verbände. Nach dem Verbot der evangelischen Jugendarbeit während des Nationalsozialismus wurde nach 1945 der CVJM erneut zum größten evangelischen Jugendverband in Bayern. 1976 benannte er sich in "Christlicher Verein Junger Menschen" um und trug damit der gewandelten Stellung der Frau Rechnung. Der Christliche Verein Junger Menschen (CVJM) ist die größte christliche Jugendorganisation weltweit (YMCA). Der Jugendverband bietet ein vielfältiges Programm für Kinder und Jugendliche an, welches soziale Aspekte, Sport, Spiel und religiöse Angebote miteinander verbindet.

Entstehung und Eigenart

Der CVJM wurde 1844 in London von George Williams (1821-1905) als Young Men’s Christian Association (YMCA) begründet. 1860 schloss sich an den Londoner Verein als "German Branch" der erste deutschsprachige CVJM an, dessen erster Präses der Kaufmann E. Klemm war. In Deutschland findet sich diese Form evangelischer Jugendarbeit seit 1883, als Friedrich von Schlümbach (1842-1901), seit 1879 Sekretär im nordamerikanischen Nationalkomitee des YMCA, den ersten CVJM in Berlin gründete. In Anlehnung daran entstanden in den folgenden Jahren in ganz Deutschland ähnliche Vereine.

Um 1890 gab es in Bayern schon etliche evangelische Gesellen- und Jünglingsvereine, die sich vor allem der Pflege der Geselligkeit verschrieben hatten. Demgegenüber betonte das Modell des CVJM jedoch insbesondere die missionarische Tätigkeit unter den Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Dies legte bereits die sog. "Pariser Basis" von 1855 fest, die bis heute als gemeinsames Programm aller der CVJM-Arbeit zugehörigen Vereine gilt. Insbesondere Laien sollten zur Missionstätigkeit gewonnen werden. Während die bisherigen Jünglingsvereine in der Regel auf eine Kirchengemeinde bezogen waren, verstand sich der CVJM als überparochial. Das führte immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Gemeindevereinen und dem CVJM.

Während der CVJM in seiner Entwicklung immer wieder Unterstützung aus frommen Adelskreisen erhielt, sprach er mit seiner Arbeit doch vorwiegend Handwerker und Kleinbürger an. Insbesondere die Berufsgruppen der Kellner, Bäcker, Kaufleute und Soldaten standen im Vordergrund. Daneben wurde aber auch eine rege Schüler- und Studentenarbeit (Deutsche Christliche Studentenvereinigung, D.C.S.V.) aufgebaut.

Ausbreitung in Bayern

Der Arzt Dr. Wilhelm Frobenius (1855-1927) gründete nach dem Berliner Vorbild 1886 in München den zweiten CVJM im Deutschen Reich. Unter der Leitung des Gymnasialprofessors Gustav Holzhaußer (1858-1900) entwickelte sich der Verein zunächst zu einer Art Gemeindeverein, der seine Zugehörigkeit zum kirchlichen Leben der Gemeinden betonte, bevor er später auch die dem CVJM eigentümliche Zielrichtung vertrat.

Der 1889 von Stadtmissionar Karl Götz in Augsburg gegründete "Evangelische Jünglingsverein" übernahm ebenfalls die Berliner Statuten und nannte sich ab 1893 denn auch CVJM.

In Nürnberg-Gostenhof gründeten 1890 im Kontext der Gemeinschaftsbewegung die Hilfsgeistlichen Otto Erhard (1867-1928) und Wilhelm Koller (1859-1944) einen christlichen Jünglingsverein, der zum bedeutendsten bayerischen CVJM aufsteigen sollte. Unter der Leitung von Vikar Alfred Mehl (1865-1937) entstand hier auch der erste bayerische Posaunenchor. Maßgeblich prägte die Entwicklung des Gostenhofener CVJM dann der Bankangestellte Ludwig Krauß (1886-1963), der dem Verein 1908-1958 als Vorsitzender diente. 1898 gründete der Militärpfarrer Wilhelm Eichler (1867-1918) den CVJM-Nürnberg, dem sich der Gostenhofener CVJM 1905 als Zweigverein anschloss.

Mit der Gründung des Bayerischen evang.-luth. Jünglingsbundes 1903 sollte ein Dachverband für alle evangelischen Jünglingsvereine geschaffen werden. Es zeigte sich jedoch schnell, dass der Bayerische Jünglingsbund von den CVJM-Vereinen dominiert wurde, weshalb er 1908 in "Bayerischer Bund der Christlichen Vereine junger Männer und evangelischen Jünglingsvereine" umbenannt wurde.

Entwicklung 1918 bis 1945

In den 1920er Jahren konnte der CVJM mit Einführung seiner "Winterlager" und "Rüstzeiten" große Erfolge verbuchen und wuchs zum bedeutendsten evangelischen Verband für männliche Jugendarbeit heran. Bis 1932 konnte er 41 % aller in evangelischen Vereinen organisierten männlichen Jugendlichen auf sich vereinen.

Daneben gab es in Bayern im Bereich evangelischer Jugendarbeit bis 1933 folgende Vereinigungen:

  • Schülerbibelkreise (in Bayern erstmals nachgewiesen 1892)
  • Jugendbund für entschiedenes Christentum (E.C.) (1902)
  • Verband der evangelischen Jungfrauen- und Mädchenvereine (1911)
  • Bund Deutscher Jugend (1908)
  • Jugendbund der evang. Arbeitervereine (1911)
  • Christlicher Pfadfinderbund (1913)
  • Mädchenbibelkreise (1914)
  • Weggenossen-Kreise für die gebildete weibliche Jugend (1920)
  • Jugendbund des Landesverbands der evangelischen Arbeiterinnen (1923)
  • Christdeutsche Jugend (1924)
  • Christlicher Jugendbund der Landeskirchlichen Gemeinschaft (CJB) (1928)
  • Kleinere Einzelprojekte, wie z. B. die Evang. Jugendgärten in Nürnberg.

Bis 1932 waren in Bayern ca. 24.000 Jugendliche in evangelischen Jugendverbänden organisiert, das sind ca. 7% der evangelischen Jugendlichen (10-20 Jahre) in Bayern.

Mit der Zerschlagung der freien Jugendarbeit durch die Nationalsozialisten wurden auch die Strukturen der evangelischen Jugendarbeit in Bayern zerstört. Die Jugendverbände hatten sich entweder bis März 1934 der Hitlerjugend anzuschließen oder ihre eigene Kinder- und Jugendarbeit einzustellen. An eine eigenständige Arbeit war auf Verbandsebene nicht mehr zu denken. In Bayern lösten sich deshalb viele Jugendgruppen auf und firmierten von da an als freie "Gemeindejugend", die keine feste Mitgliedschaft kannte. Auf diese Art und Weise konnte zumindest ein Teil der Jugendarbeit weitergehen. Der CVJM, der 1933 größtenteils durchaus große Sympathien für den Nationalsozialismus hatte – wie viele andere in der Evangelischen Kirche auch -, musste seine Kinder- und Jugendarbeit einstellen, konnte jedoch als Verein (der Erwachsenen) bestehen bleiben.

Entwicklung in Bayern nach 1945

Der Wiederaufbau der Vereine nach 1945 vollzog sich vielfach mit internationaler Hilfe, in Bayern insbesondere aus den USA und Großbritannien. Dabei entwickelte sich die evangelische Jugend nun in zwei Gleisen: einerseits die Gemeindejugend und andererseits die Verbandsjugend. Der CVJM entwickelte sich schnell wieder zum größten evangelischen Jugendverband in Bayern. Der CVJM kümmerte sich nach dem Krieg in besonderer Weise um Kriegsgefangene, Heimkehrer und Vertriebene.

Neben dem CVJM konnten noch der Christliche Jugendbund (CJB), die Christlichen Pfadfinder, der Jugendbund für entschiedenes Christentum (EC) und der Verband der weiblichen Jugend neue Gruppen aufbauen. Neu hinzu kamen die Evangelische Jugendsozialarbeit (Evangelische Arbeiterjugend) (1945) sowie die Evangelische Landjugend (1953).

Der CVJM entwickelte in den 1950er und 1960er Jahren eine rege Kinder- und Jugendarbeit, die von Sport, Spiel, diakonischer Arbeit und Verkündigung des Evangeliums geprägt war. Hierzu gehörten sowohl die wöchentliche Gruppenstunde (Jungschar und Jugendgruppen) als auch die Pfingsttreffen und großen Sommer-Zeltlager. In den 1960er Jahren kam auch eine gesellschaftspolitische Arbeit in Form mehrerer thematischer Arbeitskreise hinzu. Die Bewegung der aus den USA kommenden "Jesus People" in den 1970er Jahren mit ihrer neuen, stark emotional gefärbten Religiosität fand in vielen CVJM-Vereinen ihren Niederschlag. In München entstand mit dem "John-Mott-Haus" eine neue, stadtteilbezogene Form der Jugendsozialarbeit, die sich vor allem auch an Jugendliche mit einem Migrationshintergrund wendet. In den 1980er Jahren kam aus Norwegen die Ten-Sing-Arbeit (Musik) und in den 1990er Jahren die Missiopoints als neue Formen missionarischer Jugendarbeit hinzu.

Die Teilnahme von Mädchen an CVJM-Gruppen ist zwar einerseits schon seit den Anfängen belegt, führte aber in Deutschland lange nicht zu der Möglichkeit einer gleichberechtigten Mitgliedschaft. Allerdings gründete sich in London bereits 1894 eine "Young Women’s Christian Association" (YWCA). Seit 1919 war es Frauen möglich, unterstützende Mitglieder der deutschen "Arbeitsgemeinschaft CVJM" zu werden. 1976 beschloss der bayerische Landesverband nach intensiver Diskussion als erster der deutschen Landesverbände die Umbenennung in "Christlicher Verein Junger Menschen" und nahm ab da Mädchen als voll gleichberechtigte Mitglieder in seinen Vereinen auf. 2005 gehörten dem bayerischen Landesverband ca. 120 Vereine mit 11.000 Mitgliedern und weiteren 6.000 regelmäßigen Teilnehmern an. Etwa die Hälfte davon waren Mädchen. Es gab im CVJM-Landesverband Bayern ca. 3.000 ehrenamtliche und 60 hauptberufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Weltweit hatte der YMCA 20 Mio. Mitglieder in 122 Ländern.

Literatur

  • Josefine Dressel, Entwicklung der weiblichen Jugendpflege in Bayern, München 1932.
  • Martin Keilhacker, Jugendpflege und Jugendbewegung in München, München 1926.
  • Karl Kupisch, Der deutsche CVJM, Kassel 1958.
  • Heinrich Riedel, Kampf um die Jugend. Evangelische Jugendarbeit 1933-1945, München 1976.
  • Ulrich Schwab, Evangelische Jugendarbeit in Bayern 1800-1933, München 1992.

Quellen

  • Karlheinz Eber (Hg.), Das Feuer brennt. 1903-1978. 75 Jahre CVJM-Landesverband Bayern. Eine Dokumentation, Nürnberg 1987.
  • Karlheinz Eber, Geballte Kraft. Väter – Vorbilder – Verkündiger, Nürnberg 1986.
  • CVJM-München, 100 Jahre CVJM München 1886-1986, München 1986.
  • Robert Dollinger, Geschichte der christlichen Pfadfinder in Bayern 1910-1977, Bubenreuth 1977.
  • Harald Wenzel, Die Geschichte des CVJM. 75 Jahre CVJM Nürnberg, Nürnberg 1973.

Weiterführende Recherche

Externe Links

Christlicher Verein Junger Männer (CVJM), Bayerischer Jungmännerbund, Bayerischer Jünglingsbund

Empfohlene Zitierweise

Ulrich Schwab, Christlicher Verein Junger Menschen (CVJM), publiziert am 20.11.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Christlicher_Verein_Junger_Menschen_(CVJM) (19.03.2024)