• Versionsgeschichte

Blücherbund, 1922/23

Aus Historisches Lexikon Bayerns

von Christoph Hübner

Paramilitärischer Wehrverband unter der Leitung von Rudolf Schäfer (geb. 1885), 1922/23 hervorgegangen aus dem Bund Oberland. Die Beteiligung an der sog. Fuchs-Machhaus-Verschwörung sowie die Finanzierung durch Frankreich bedeuteten das politische Aus des Bundes spätestens im Herbst 1923.

Entstehung als Abspaltung vom Bund Oberland

Der Blücherbund ging im Winter 1922/23 aus dem Bund Treu-Oberland hervor, den der ehemalige Vorsitzende des Bundes Oberland Friedrich Knauf (geb. 1873) am 23. September 1922 gegründet hatte. Er stellte also eine Abspaltung vom Bund Oberland dar, wobei recht bald deutlich wurde, dass er mit diesem in keiner Weise konkurrieren konnte. Über die Mitgliederzahl des neuen Bundes lässt sich keine genauere Angabe machen; neben Ortsgruppen in München und Oberbayern besaß er offenbar gewisse regionale Schwerpunkte in Ober- und Mittelfranken. Der Bund geriet bald unter die Führung des aus Darmstadt zugezogenen Zollbau-Architekten Rudolf Schäfer (geb. 1885). Dieser drängte bis Januar 1923 den alten Vorstand unter Knauf erfolgreich zurück und benannte die Organisation in Blücherbund um.

Gebhardt Leberecht von Blücher. Kupferstich von 1814. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv habe-000019)

Die Bezugnahme auf den preußischen Marschall der Befreiungskriege, Gebhardt Leberecht von Blücher (1742-1819), sollte die dezidiert schwarz-weiß-rote Ausrichtung des Bundes sowie die Programmatik der nationalen Erhebung zum Ausdruck bringen. Pikanterweise stammten die umfangreichen Finanzmittel des Bundes von Anfang an großteils aus (zunächst geheimen) französischen Quellen, zu denen Schäfer exzellente Beziehungen unterhielt. Schäfer machte auch den ehemaligen Heidelberger Privatdozenten und radikalen Rasseantisemiten Dr. Arnold Ruge (1881-1945) zum "Chefideologen" des Bundes, wodurch dieser zunehmend den Charakter einer völkisch-antisemitischen Sekte erhielt.

Beteiligung an der "Fuchs-Machhaus-Verschwörung"

Historisch bedeutsam war allein die Verwicklung des Bundes in die "Fuchs-Machhaus-Verschwörung". Der ehemalige Redakteur der Münchner Neuesten Nachrichten, Georg Fuchs (1869-1949), und der ehemalige Redakteur des Völkischen Beobachters, Hugo Machhaus (1889-1923), hatten seit Mitte 1921 Kontakt zu dem im Saargebiet tätigen französischen Obersten Augustin Xavier Richert (1879-1975) gehabt. Dieser hatte ihnen französische Hilfe für den Aufbau einer gemeinsamen deutsch-französischen antibolschewistischen Front zugesagt. Ein erster Schritt dazu sollte ein Putsch in Bayern und die Separation des Landes vom "roten" Berlin sein. Seit Mitte 1922 hatten Fuchs und Machhaus eine Reihe von Führern der vaterländischen Verbände sowie Mitglieder des Münchner Wehrkreiskommandos und Polizeioffiziere in diese Pläne eingeweiht und erhebliche Geldmittel verteilt. Feste Zusagen erhielten sie aber nur vom Blücherbund und dem mit ihm verbündeten Bund Wiking. Angeblich trat sogar Richert unter falschem Namen in den Blücherbund ein (Gumbel, Verschwörer, 167).

Die Einbeziehung des Münchner Wehrkreiskommandos erwies sich indes als entscheidender Fehler. Der Reichswehr-Nachrichtenoffizier Karl Mayr (1883-1945) deckte gemeinsam mit dem von ihm informierten Stabsoffizier Ernst Röhm (1887-1934) am 28. Februar 1923 die Verschwörung des für den 1. März geplanten Putsches auf. Die Hauptverantwortlichen wurden verhaftet, ein Verfahren wegen Hochverrats und Landesverrats eingeleitet. Bei der vom 6. Juni bis zum 9. Juli 1923 dauernden Verhandlung vor dem Volksgericht München kam die Herkunft der beträchtlichen Mittel Fuchs', Machhaus' und Schäfers ans Licht - die Verwicklung offizieller bayerischer Stellen wurde dagegen ausgeblendet.

Der Herbst 1923 und das Ende der Aktivität des Bundes

Für den Blücherbund aber stellte die Offenlegung derartiger finanzieller Transaktionen in der national aufgeheizten Stimmung der Ruhrkrise ein politisches Todesurteil dar. Der Bund versuchte seine nationale Reputation zu retten, indem er ein Ausschlussverfahren gegen seinen Vorsitzenden Schäfer einleitete. Dieses schlug aber offenbar fehl; jedenfalls agierte Schäfer noch im Juli 1923 als Bundesführer. Der Bund war, auf Grund der guten Beziehungen zum Bund Wiking des Korvettenkapitäns Hermann Ehrhardt (1881-1971), am Aufbau des Grenzschutzes Nord im Oktober 1923 beteiligt. Beim Hitlerputsch spielte er jedoch keine Rolle und versank nach dem Herbst 1923 endgültig in der politischen Bedeutungslosigkeit - auch wegen der Stigmatisierung als geheimer Verbündeter des französischen "Erbfeinds".

Literatur

  • Hans Fenske, Koservativismus und Rechtsradikalismus in Bayern nach 1918, Bad Homburg u. a. 1969.
  • Harold J. Gordon, Hitlerputsch 1923. Machtkampf in Bayern 1923/1924, München 1978.
  • Emil Julius Gumbel, Verschwörer. Zur Geschichte und Soziologie der deutschen nationalistischen Geheimbünde 1918-1924, Wien 1924 (Reprint: Heidelberg 1979).
  • Hans Jürgen Kuron, Freikorps und Bund Oberland, Diss. Univ. Erlangen 1960.

Weiterführende Recherche

Empfohlene Zitierweise

Christoph Hübner, Blücherbund, 1922/23, publiziert am 11.05.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Blücherbund,_1922/23> (12.12.2024)