Bayern und Reich. Deutsche Wochenschrift
Aus Historisches Lexikon Bayerns
Presseorgan des Bundes "Bayern und Reich", entstanden im April 1923. Die konservative Zeitschrift hatte eine antiparlamentarische, stark föderalistische Tendenz und grenzte sich nicht immer konsequent von rechtsradikalen Strömungen ab, stand aber in scharfem Gegensatz zu den im Deutschen Kampfbund zusammengeschlossenen Verbänden unter der politischen Führung Adolf Hitlers (1889-1945). Ab 1925 nahm sie stärker den Charakter einer soliden Zeitschrift mit konservativer, föderalistischer, aber auch antidemokratischer Richtung an. Sie wurde 1931 eingestellt.
Hintergrund: die Gründung des Bundes "Bayern und Reich" 1922
Nachdem die bayerischen Einwohnerwehren auf Druck der Alliierten aufgelöst worden waren, gründete der Sanitätsrat Dr. Otto Pittinger (1878-1926) mit heimlicher Unterstützung der bayerischen Regierung 1922 den Bund "Bayern und Reich". Während dieser hinter der bayerischen Regierung stand, ließen sich 1923 die im Deutschen Kampfbund zusammengeschlossenen rechtsradikalen Verbände unter Adolf Hitler (1889-1945) nicht mehr vom Staat kontrollieren.
Bereits seit Oktober 1920 hatten die Einwohnerwehren über ein eigenes publizistisches Organ verfügt, das Wochenblatt Heimatland. Dessen leitender Redakteur, Hauptmann a. D. Wilhelm Weiß (1892-1950), stand 1923 auf der Seite des Kampfbundes.
Gründung und Name der Zeitschrift
Um den eigenen Standpunkt besser vertreten zu können, gründete Pittinger, der Mitarbeiter des Heimatland gewesen war, bis man ihn dort ausschaltete, im April 1923 unter dem Titel "Neue Heimatland-Briefe. Wöchentliches Nachrichtenblatt für den Bund Bayern und Reich" eine eigene Zeitschrift als Organ seines Wehrverbandes. Durch eine einstweilige Verfügung, die Weiß beim Landgericht München I erwirkte, musste der Bund den Titel ändern. Ab 11. Mai 1923 hieß sein Organ nun "Bayern und Reich Vaterländ. Wochenblatt, zugleich Nachrichtenblatt für den Bund Bayern und Reich".
Politische Linie
Das Blatt erschien ab 1. September 1923 im Zeitungsformat. Es verurteilte "die Hetze des Kampfbundes gegen den Generalstaatskommissar" Gustav von Kahr (BVP, 1862-1934), stellte die Eigenstaatlichkeit Bayerns und den bundesstaatlichen Reichsgedanken gegenüber dem Einheitsstaat heraus und forderte eine Einschränkung der Rechte des Parlaments und die Einsetzung eines Staatspräsidenten. Bayern und Reich schlug antisemitische und antimarxistische, aber auch vage antikapitalistische Töne an und verdammte Pazifismus und Internationalismus. Gegen rechtsradikale Tendenzen war es keineswegs immun. Nach dem Scheitern des Hitlerputsches distanzierte es sich aber erstmals grunsätzlich von dessen Urheber als einem von Größenwahn besessenen, demagogischen Dilettanten.
Umgestaltung zur grundsatzorientierten Zeitschrift ab 1925
1925 wurde das Format wieder verkleinert und jeweils ein mit einer Graphik geziertes Titelblatt vorangesetzt. Der Titel lautete nun "Bayern und Reich. Deutsche Wochenschrift". 1926 erschien die Zeitschrift unter dem Titel "Bayerische Rundschau", um ein größeres Publikum anzusprechen. Möglicherweise, um einer Verwechslung mit der gleichnamigen, in Kulmbach erscheinenden Zeitung vorzubeugen, änderte man den Namen ein letztes Mal. Die Zeitschrift hieß nun endgültig "Bayerische Umschau".
Nach einem Geleitwort des Monarchisten Erwein Freiherr von Aretin (1887-1952) wollte das Blatt eine Heimatzeitschrift sein. Im Sinne des Bundes sollten der Wehrgedanke wachgehalten und eine starkes Bayern im Reich verlangt werden. An die Stelle der tagespolitischen Artikel traten längere Aufsätze zu Grundsatzfragen. Die Grundlinie war christlich-konservativ und deutschnational mit föderalistischem Einschlag, ohne radikalen Aktivismus. Nach wie vor ging die Stoßrichtung gegen den Parlamentarismus. Auch Beiträge mit völkischer Tendenz fanden Aufnahme.
Deutschnationale Festlegung 1929
Bis 1929 war der frühere Lokalredakteur der Münchner Neuesten Nachrichten und Chefredakteur der München-Augsburger Abendzeitung, Dr. Friedrich Möhl (geb. 1875), Herausgeber. Mit dem Aufgehen des "Bunds Bayern und Reich" im bayerischen "Stahlhelm" 1929 schwenkte die Zeitschrift völlig auf dessen Linie ein, die weitgehend der Politik der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) unter Alfred Hugenberg (1865-1951) entsprach. Mitarbeiter waren jetzt vor allem überzeugte Deutschnationale. Im Jahr 1931 wurde die Zeitschrift eingestellt.
Literatur
- Hans Fenske, Konservativismus und Rechtsradikalismus in Bayern nach 1918, Bad Homburg u. a. 1969.
- Werner Rösler, Bund Bayern und Reich (BBR) 1922-1929, in: Dieter Fricke (Hg.), Lexikon zur Parteiengeschichte. Die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien und Verbände in Deutschland (1789-1945). 4. Band, Leipzig 1983, 187-190. (materialreich, aber mit streng marxistischer Interpretation)
Weiterführende Recherche
Bayerische Umschau, Bayerische Rundschau, Neue Heimatland-Briefe
Empfohlene Zitierweise
Paul Hoser, Bayern und Reich. Deutsche Wochenschrift, publiziert am 03.07.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bayern_und_Reich._Deutsche_Wochenschrift> (4.11.2024)