Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM): Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 17. Oktober 2019, 09:04 Uhr
Im Unterschied zu den anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland schreibt die Bayerische Verfassung vor, dass Rundfunk ausschließlich in öffentlicher Verantwortung und öffentlich-rechtlicher Trägerschaft betrieben werden kann (Artikel 111a). Deshalb ist die am 1. April 1985 gegründete Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) auch Veranstalter der privaten Hörfunk- und Fernsehprogramme in Bayern. Vor allem ist sie zuständig für die Genehmigung und Beaufsichtigung der Angebote des privaten Hörfunks und Fernsehens in Bayern. Daneben ist sie auch im Bereich Förderung und Forschung tätig. Ihre Aufgaben sind im Bayerischen Mediengesetz (BayMG) definiert. Als Anstalt des öffentlichen Rechts hat sie das Recht der Selbstverwaltung, übt ihre Aufgaben frei von staatlicher Beeinflussung aus und unterliegt der eingeschränkten Rechtsaufsicht durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Sie hat ihren Sitz in München.
Historischer Hintergrund
Seit 1985 besteht in Bayern ein duales Rundfunksystem, das neben dem Bayerischen Rundfunk (BR) eine Fülle von privaten Fernseh- und Hörfunkanbietern hat entstehen lassen. Diese werbefinanzierten privaten Medien stehen in Konkurrenz vor allem zu den öffentlich-rechtlichen Sendern, die gebühren- bzw. seit 2013 beitragsfinanziert und damit nicht von Werbeeinnahmen abhängig sind. Durch die Bestimmungen des Artikels 111a der Bayerischen Verfassung (BV) hat Bayern allerdings auch die privaten Medien unter öffentlich-rechtliche Trägerschaft gestellt.
Den Startschuss zur Privatisierung in Bayern gab nach einem Kabelpilotprojekt in München 1984 das Bayerische Medienerprobungs- und -entwicklungsgesetz, das vom 1992 und nochmals 1998 novellierten Bayerischen Mediengesetz abgelöst wurde. Dort waren auch Struktur und Aufgaben der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) detailliert geregelt.
Struktur und Aufgaben der BLM
Die BLM verfügt als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt nicht nur über die Programmhoheit, sondern fördert auch die technische Verbreitung und die Programmqualität in vielfältiger Weise. Besonderes Augenmerk richtet sie auf die Sicherung der Meinungsvielfalt, Jugendschutz und Medienpädagogik.
Die BLM besteht aus drei Organen: Der Medienrat, in dem wie im Rundfunkrat ab 2017 50 Vertreter gesellschaftlicher Gruppen sitzen, trifft alle wesentlichen Entscheidungen der Zulassung von Sendern, der Programmkontrolle, der Technikförderung und der Vielfaltsicherung. In diesem Gremium spiegelt sich die gesellschaftliche Legitimation und Vielfalt wieder, die im Artikel 111a BV intendiert ist. Die starke Stellung des Medienrates ist ein Zeichen dafür, dass die Integration aller gesellschaftlichen Kräfte im Land ein entscheidender Faktor für dieses neue Rundfunkmodell war. Die neun Mitglieder des Verwaltungsrates kümmern sich in erster Linie um die wirtschaftlichen Angelegenheiten der BLM. Der Präsident, der die Verantwortung für die Geschäftsführung trägt und die Landeszentrale nach außen vertritt, und der Geschäftsführer bilden die Spitze der Verwaltung. Diese setzen die Beschlüsse des Medienrates um und führen den laufenden Geschäftsbetrieb.
Eine Fülle von Aufgabenfeldern ist der BLM im Mediengesetz zugewiesen, um die Entwicklung, Förderung und Veranstaltung privater Rundfunkangebote und die Weiterverbreitung außerbayerischer Programme zu gewährleisten. Zum Aufgabenfeld "Gestalten" zählen die Genehmigung privater Rundfunkanbieter, die Vielfaltsicherung, die Programmaufsicht, die Einhaltung der Werberegeln und des Jugendschutzes, aber auch die technische Verbreitung und die Kabelbelegung. Die Rundfunkzulassungen werden nach dem neuen Mediengesetz künftig unbefristet, die Frequenzzuweisungen weiterhin befristet erteilt.
Unter dem Stichwort "Fördern" sind die Förderung der Programme, der technischen Infrastruktur und der Film- und Fernsehentwicklung ebenso zu subsumieren wie Maßnahmen zur Stärkung der Medienkompetenz und der Aus- und Fortbildung. Im Bereich "Forschen" untersucht die BLM regelmäßig die Mediennutzung, betreibt Forschungen zu Programmangeboten, zur Wirtschaftlichkeit von Sendern und zur Medienpädagogik. Besonderes Gewicht hat dabei die jährlich erscheinende Funkanalyse. Die Informations- und Kommunikationstätigkeit der BLM drückt sich durch Internetangebote, Publikationen und eine Vielzahl von Tagungen und Veranstaltungen aus, wobei die Lokalfunktage in Nürnberg und vor allem die Medientage in München zu bundesweiten Zentralereignissen geworden sind.
Die BLM finanziert sich über einen 1,9 %-Anteil aus den in Bayern anfallenden Rundfunkbeiträgen und verfügte im Jahr 2013 über einen Haushalt von 28,2 Mio. Euro.
Geschichte der BLM
Am 20. März 1985 konstituierte sich der Medienrat als erstes Organ der BLM.
Am 1. April nahm die Geschäftsführung der BLM in München mit fünf Mitarbeitern ihre Tätigkeit auf. Schon Ende Mai gingen die ersten Lokalradios auf Sendung. Der Medienrat wählte am 9. Dezember 1985 Rudolf Mühlfenzl (1919-2000) zum ersten Präsidenten und Wolf-Dieter Ring (geb. 1941) zum Geschäftsführer und Stellvertreter des Präsidenten der Landeszentrale. 1990 wurde Ring in das Amt des Präsidenten gewählt, das er bis 2011 bekleidete. Er wurde damit zur prägenden Persönlichkeit für die Entwicklung des Privatfunks in Bayern. Von Anfang an war auch der Landtagsabgeordnete Klaus Kopka (CSU, geb. 1939) dabei, der als Vorsitzender des Medienrats von 1985 bis 2003 amtierte. Aufgrund des Verdachts fragwürdiger Privat-Darlehen, die er von bayerischen Medienfirmen in Anspruch genommen haben soll, verzichtete er auf eine erneute Kandidatur. Diese "Kredit-Affäre" beschäftigte den Medienrat in den Folgejahren mehrmals und führte zur Ausarbeitung eines strengen Verhaltenskodex für die Mitglieder der Organe der BLM. Als Nachfolger von Ring wurde 2011 Siegfried Schneider (CSU, geb. 1956) gewählt, der sich zunächst den Vorbehalten der Landtagsopposition und einiger kritischer Medien ausgesetzt sah, er könne die erforderliche Staatsferne nicht garantieren. Der CSU-Politiker Schneider war vor seiner Wahl Staatsminister für Unterricht und Kultus (2005-2008) und Staatsminister in der Bayerischen Staatskanzlei (2008-2011). Mit einer Umstrukturierung der BLM, der Schaffung einer neuen Abteilung Medienkompetenz, der Konzentration auf die rasante digitale Entwicklung und einem Konzept für den Hörfunk 2020 hat er inzwischen aber deutliche Akzente gesetzt, die alle Anfangsvermutungen verstummen ließen. 2016 wurde er mit großer Mehrheit für weitere fünf Jahre zum Präsidenten gewählt.
Die strukturpolitische Aufgabe der BLM war es von Anfang an, flächendeckend eine starke lokale und regionale Rundfunklandschaft aufzubauen. Im ersten Jahrzehnt wirkten als wichtige dezentrale Institutionen die Kabel- bzw. späteren Medienbetriebsgesellschaften mit, deren Aufgabe es war, die lokalen Interessen vor Ort in die Organisationsverfahren einzubringen. Nach deren politisch motivierter Auflösung setzte ab 1999 eine Zentralisierung und zugleich Stärkung der BLM ein, die sich nun verstärkt der technischen Entwicklung und den wirtschaftlichen Interessen widmete.
Produziert wurden die zahlreichen Programme von einer Vielzahl von Anbietern, wobei die Zeitungsverleger von Anfang an eine besonders starke Stellung hatten. Die ursprüngliche Gesellschaftervielfalt ist seit Mitte der 1990er Jahre einem austarierten System mit mehreren, fast gleich starken Gruppierungen gewichen. Daneben gibt es noch eine Reihe unabhängiger und sehr unterschiedlicher Spartenanbieter und Zulieferer, die ihrerseits zur Vielfalt beitragen.
Ein neues Aufgabenfeld hat das Mediengesetz von 2016 in Artikel 11 der BLM zugewiesen, das MedienNetzwerk Bayern, eine Initiative zur Stärkung des Medienstandorts Bayern. Zentrale Aufgaben sind, die Branchen zu vernetzen, den Medienstandort Bayern umfassend darzustellen und digitale Entwicklungen voranzutreiben, um so die bayerische Medienwirtschaft bei der digitalen Transformation zu unterstützten.
Dem MedienNetzwerk gehören sechs Partner an: Der Freistaat Bayern, die Bayerische Landeszentrale für neue Medien, der Bayerische Rundfunk, der FilmFernsehFonds Bayern, der MedienCampus Bayern und die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Seit September 2016 ist die Geschäftsstelle des MedienNetzwerks Bayern bei der BLM angesiedelt. Am 12. Mai 2016 hat der Medienrat ein umfassendes Konzept "Hörfunk 2020" beschlossen, mit dem die Bedingungen des lokalen Hörfunks fortgeschrieben und optimiert werden sollen. Auf der Basis dieses Beschlusses konnte am 15. Dezember 2016 mit Genehmigung des Medienrates der Startschuss für die Einführung von Bürgerradio in Bayern gegeben werden, mit dem die Bürger am Meinungsbildungsprozess beteiligt und das Engagement vor allem auch junger Menschen für das Medium Radio gefördert werden sollen. Hauptziel ist es, die lokale Programmvielfalt in den Regionen zu erhalten, um den Kultur- und Heimatbezug der unterschiedlichen Regionen zu stärken und damit die regionale und lokale Identität zu fördern.
Mit Beschluss vom 30. März 2017 gab der Medienrat außerdem grünes Licht für ein umfassendes Projekt zur Erforschung der "Geschichte des Lokalfunks in Bayern", mit dem die Universität Bamberg beauftragt ist und das in eine 2019 erscheinende Gesamtdarstellung münden wird.
Literatur
- Bayerische Landeszentrale für neue Medien (Hg.), Lokalfunk und Lokalität. Analyse der Umfeld- und Einflußkriterien (BLM Schriftenreihe 11), München 1990.
- Herbert Bethge, Der verfassungsrechtliche Status der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). Rechtsgutachten, hg. von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, Baden-Baden 2. Auflage 2011.
- BLM - Gestalten, Fördern, Forschen, Informieren, hg. von der BLM, Augsburg 2015.
- BLM – 25 Jahre, München 2010; weitere Hinweise auf der Homepage der BLM, bes. dort "Über Uns/Chronik 1985-2015"; kritisch dazu: Maria Goblirsch, in: BJV report 2 (2011), 18-20.
- Frank Bösch, Politische Macht und gesellschaftliche Gestaltung. Wege zur Einführung des privaten Rundfunks in den 1970/80er Jahren, in: Archiv für Sozialgeschichte 52 (2012), 191-210.
- Frank Bösch, Vorreiter der Privatisierung. Die Einführung des kommerziellen Rundfunks, in: Norbert Frei/Dietmar Süß (Hg.), Privatisierung. Idee und Praxis seit den 1970er Jahren, Göttingen 2012, 88-107.
- Anne Buchholtz, Wege zur Vielfalt. Die Organisation privater Rundfunkangebote nach dem Bayerischen Mediengesetz, Frankfurt am Main 2004.
- Die Medienanstalten. Jahrbuch 2015/16, Leipzig 2016, 171.
- Stefan Förster, Vom Urknall zur Vielfalt. 30 Jahre Bürgermedien in Deutschland, Leipzig 2017.
- Reinhard Hartstein u. a., Rundfunkstaatsvertrag. Kommentar, München 2. Auflage 1995, 209-291.
- Eva Heinold-Krug/Erich Schäfer (Hg.), Qualitätsentwicklung in Bürgermedien, Berlin 2012.
- Hans J. Kleinsteuber, Radio. Eine Einführung, Wiesbaden 2012.
- Rudi Loderbauer, Das bayerische Lokalradio – ein Beitrag zur kulturellen Identität, Norderstedt 2007.
- Joachim Trebbe, Der Beitrag privater Lokal- und Lokalfernsehprogramme zur publizistischen Vielfalt. Eine Pilotstudie am bayerischen Senderstandort Augsburg, München 1996.
- Manfred Treml, Geschichte und Struktur des Lokalfunks in Bayern, in: Mitteilungsblatt des Verbands bayerischer Geschichtsvereine 27 (2016), 271-296.
- Jürgen Wilke, Die zweite Säule des "dualen Systems": Privater Rundfunk, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 9-19 (2009), 12-19.
Quellen
- Leitfaden für lokale Fernsehmacher, Baden-Baden 2011.
- Lokalfunk und Lokalität. Analyse der Umfeld- und Einflußkriterien, München 1990.
- Wolfgang Protzner u. a., Lokalität und lokale Medien – Heimat im Lokalradio, ungedrucktes Manuskript, Universität Bamberg (1991).
Externe Links
Weiterführende Recherche
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Empfohlene Zitierweise
Manfred Treml, Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM), publiziert am 09.05.2017; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bayerische_Landeszentrale_für_neue_Medien_(BLM)> (31.10.2024)