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Donauföderation (19./20. Jahrhundert)

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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Milan Hodza (1878-1944), von 1935-1938 tschechoslowakischer Ministerpräsident, war der Hauptprotagonist der Idee der Donauföderation nach dem Ersten Weltkrieg. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv hoff-39386)
Karte zu Winston Churchills (1874-1965) Plan für die Donauföderation aus dem Jahre1943. (Grafisches Atelier W. Felber, München-Berlin)
In der Presse wurde neben Anton Pfeiffer vor allem Alois Hundhammer mit der Donauföderation in Verbindung gebracht. Hier ein Bild von Hundhammer (l.) neben dem Dichter Günter Eich (r.) während der Jahressitzung der Bayerischen Akademie der Schönen Künste am 21. Mai 1951. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv timp-001378)

von Peter Jakob Kock

Pläne zur Neuordnung des Donauraums unter verschiedenen politischen Prämissen. Diese Überlegungen, die seit dem 19. Jahrhundert angestellt wurden, bezogen nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg auch Bayern mit ein, das - teilweise mit dem gesamten süddeutschen Raum - vom preußischen Norden Deutschlands gelöst werden sollte, um sich mit Österreich und Ungarn zusammenzuschließen.

Entwicklung

Die Idee einer Donauföderation (oder auch Donaukonföderation) reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück (Charles de Talleyrand [1754-1838], Lajos Kossuth [1802-1894]). Im 20. Jahrhundert sind zwei Phasen zu unterscheiden: die Diskussion bis etwa 1925 um die Neuordnung der Nachfolgestaaten der österreichisch-ungarischen Monarchie, und Überlegungen während sowie nach dem Zweiten Weltkrieg, in welcher Form Teile Deutschlands zusammen mit Österreich territorial neu geordnet werden könnten.

Überlegungen nach dem Ersten Weltkrieg

Der Zusammenbruch der Donaumonarchie 1918 bedingte auf der Seite der Siegermächte Pläne, wie künftig Sicherheit und Stabilität zu gewährleisten seien. Ein Anschluss Österreichs an Deutschland sollte ebenso ausgeschlossen werden wie die Revision des Friedens von Trianon, der Ungarn 1920 eines großen Teils seines Territoriums beraubt hatte. Vor allem Frankreich propagierte in Zusammenhang mit der "Kleinen Entente" die Errichtung einer Donauföderation. Wichtigster Protagonist dieser Idee war der Slowake Milan Hodza (1878-1944), der von 1935-1938 tschechoslowakischer Ministerpräsident war.

Kurz nach dem Ersten Weltkrieg gab es in Bayern Strömungen, die unter dem Schlagwort "Los von Berlin" eine neue staatliche Konfiguration suchten. Prominentester Vertreter war hierbei der BVP-Mitgründer Georg Heim (1865-1938), der - in Kenntnis der Anschlussdiskussion in Österreich - in einem Beitrag im "Bayerischen Kurier" am 30. November/1. Dezember 1918 vorschlug, Bayern solle aus dem Deutschen Reich austreten und sich mit Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Oberösterreich zusammenschließen. Heim konferierte auch mit einem Abgesandten des französischen Marschalls Ferdinand Foch (1851-1929). Dabei ging es um die Teilung Deutschlands in zwei Staaten. "Südwestdeutschland" sollte Österreich einschließen. Gedacht war auch an die Bezeichnung "Konföderation Rhein-Donau".

Debatten im Gefolge des Zweiten Weltkriegs

Im Zweiten Weltkrieg unterstützte vor allem Großbritannien Föderationspläne für den Donauraum. Auf der Konferenz von Teheran Ende 1943 trug Premierminister Winston Churchill (1874-1965) sein von habsburgischen Restaurationsplänen beeinflusstes Konzept vor: eine Föderation aus Süddeutschland, Österreich und Ungarn. Doch der russische Staatschef Josef Stalin (1879-1953) war ebenso dagegen wie der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt (1882-1945).

Ein letztes Aufflackern der Debatte um die Errichtung einer Donauföderation ist im Nachkriegsbayern bis zur Verabschiedung des Grundgesetzes 1949 zu beobachten. Den Begriff gebrauchten nun vor allem die Gegner einer ausgeprägten Föderalisierung, um vor einem Weg in Richtung Partikularismus oder Separatismus zu warnen. Bei politischen Debatten in Clubs und Zirkeln fiel zwar ab und zu das Wort Donauföderation, doch ohne irgendeine Wirkkraft. Der Bayernpartei-Politiker Josef Panholzer (1895-1973), der im französischen Exil für ein unabhängiges Bayern gearbeitet hatte, lehnte beispielsweise einen Zusammenschluss mit Österreich kategorisch ab.

In der Presse wurden vor allem die CSU-Politiker Anton Pfeiffer (1888-1957) und Alois Hundhammer (1900-1974) mit der Donauföderation in Verbindung gebracht. Gewissermaßen als "Phantom" spielte sie eine Rolle im innerparteilichen Flügelstreit der CSU zwischen Josef Müller (1898-1979) und Hundhammer, ohne dass es irgendeinen realen Hintergrund gegeben hätte.

Dokumente

Literatur

  • Peter Jakob Kock, Bayerns Weg in die Bundesrepublik (Studien zur Zeitgeschichte 22), München 1988.
  • Rudolf Wierer, Der Föderalismus im Donauraum, Graz/Köln 1960.

Quellen

  • Georg Heim, Eisners Irrgänge und Deutschlands Zukunft, in: Bayerischer Kurier 1918, Nr. 333 und 334 (30. November 1918, 1. Dezember 1918).

Weiterführende Recherche

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Donaukonföderation

Empfohlene Zitierweise

Peter Jakob Kock, Donauföderation (19./20. Jahrhundert), publiziert am 31.08.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Donauföderation (19./20. Jahrhundert)> (19.04.2024)