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Sozialverband VdK Bayern

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Logo des Sozialverbandes VdK Bayern.
Mitgliederentwicklung des VdK Bayern 1947-2013. (Sozialverband VdK Bayern e.V.)
Die ersten VdK-Mitarbeiter behalfen sich mit alten Kisten als Schreibtischersatz. (Sozialverband VdK Bayern e.V.)
Die Landesvorsitzenden des VdK Bayern (1946-2003): Max Peschel (1946-1957), Richard Zöller (1957-1961), Karl Weißhäupl, Karl Jörg Wohlhüter (1991-2003). (Sozialverband VdK Bayern e.V.)
Die Landesvorsitzenden des VdK Bayern (seit 2003): Gerhard Bernkopf (2003-2004), Horst Seehofer (2005), Ulrike Mascher (seit 2006). (Sozialverband VdK Bayern e.V.)
Die Landesgeschäftsführer des VdK Bayern (1946-1994): Karl Weißhäupl (1946-1954), Hans Huber (1954-1980), Hugo Karl (1980-1985), Wolfgang Hahntow (1985-1994). (Sozialverband VdK Bayern e.V.)
Die Landesgeschäftsführer des VdK Bayern (seit 1994): Albrecht Engel (1994-2013), Michael Pausder (seit 2013). (Sozialverband VdK Bayern e.V.)
Das Plakat zur Spendenaktion "Helft Wunden heilen". Alljährlich kommen bei der Hausssammlung Spendenerträge im siebenstelligen Bereich zusammen. (Sozialverband VdK Bayern e.V.)

von Kathrin Klaffl

Der Sozialverband VdK Bayern wurde am 4. Dezember 1946 gegründet. Dachverband auf Bundesebene ist der VdK Deutschland, der am 29. Januar 1950 als "Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner e. V." ins Leben gerufen wurde. In der Nachkriegszeit widmete sich der VdK der Verbesserung der materiellen und gesellschaftlichen Situation der Kriegsbeschädigten. Ab Ende der 1960er Jahre öffnete er sich infolge des Generationenwechsels auch Menschen mit Behinderungen, die nicht Folgen von Kriegseinwirkungen waren, und Rentnern. Der VdK versteht sich als Interessenvertretung für sozial Benachteiligte und bezieht Stellung zu Thematiken aus der Gesundheits- und Sozialpolitik. Nach eigenen Aussagen kämpft er für soziale Gerechtigkeit und bietet Rentnern, Menschen mit Behinderung, chronisch Kranken, Pflegebedürftigen und deren Angehörigen, Familien, älteren Arbeitnehmern und Arbeitslosen eine Lobby. Seit seiner Gründung ist der VdK Bayern der größte Landesverband des Sozialverbandes VdK Deutschland (Stand 2013: 616.000 Mitglieder, rund 2.000 Ortsverbände, 69 Kreis- sowie sieben Bezirksgeschäftsstellen). Er vertritt seine Mitglieder in allen Sozialrechtsangelegenheiten vor den Sozial- und Verwaltungsgerichten und dem Bayerischen Landessozialgericht.

Sozialverband VdK Bayern (VdK)

Am 4. Dezember 1946 fand in München die Gründung des VdK Bayern statt. Auch in anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland schlossen sich örtliche Selbsthilfegruppen zusammen, aus denen in Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) vier Jahre später, am 29. Januar 1950, der "Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands" (VdK) entstand. Aufgrund seiner Mitgliederzahl, der daraus resultierenden Finanzstärke und seiner Lobbyarbeit gilt der VdK Bayern als gewichtiger Wegbereiter für die Interessensvertretung der deutschen Kriegsbeschädigten nach dem Zweiten Weltkrieg. Schwerpunkte der Arbeit in der Nachkriegszeit waren die Verbesserung der materiellen Situation der Kriegsbeschädigten und deren Integration als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft.

Ende der 1960er Jahre nahm die Mitgliederzahl aufgrund des Generationenwechsels rapide ab. Daraufhin öffnete sich der VdK auch gegenüber Menschen mit Behinderung und den Sozialrentnern (Menschen, die eine Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung beziehen). In den Folgejahren benannte sich der VdK noch dreimal um (1970: "Verband der Kriegs- und Wehrdienstopfer, Behinderten und Sozialrentner Deutschlands e. V."; 1994: "Verband der Kriegs- und Wehrdienstopfer, Behinderten und Rentner Deutschlands e. V."; 1998: Ergänzung durch den Zusatz "Sozialverband VdK Deutschland"), bevor 2002 der Verband als "Sozialverband VdK Deutschland e. V." im Vereinsregister eingetragen wurde. Mit der bislang letzten Umbenennung bringt der VdK seinen umfassenden Vertretungsanspruch für alle Sozialleistungsempfänger und seine Interessensvertretung in allen sozialpolitischen Themen zum Ausdruck.

Entstehungsgeschichte des VdK Bayern

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatte die Lage der deutschen Kriegsversehrten eine hohe sozialpolitische Präsenz, denn das Deutsche Reich war nicht nur politisch wie militärisch zusammengebrochen, sondern mit ihm auch die Versorgungsgesetze für die Kriegsopfer und das Rentenversicherungssystem. Eine Beratung, Betreuung und Versorgung der Kriegsbeschädigten war zu diesem Zeitpunkt nur in einem geringen Maße gegeben, da die Nationalsozialisten etliche Verbände der freien Wohlfahrtspflege (beispielsweise die Arbeiterwohlfahrt) verboten hatte. Im Juni 1945 begann der spätere VdK-Präsident und bayerische Landesvorsitzende Karl Weishäupl (SPD, 1916-1989, Vorsitzender 1963-1989) nach erfolgter Genehmigung durch die US-Militärregierung seine Betreuungs- und Beratungstätigkeit von Kriegsopfern in Rosenheim. Mit der ersten Haussammlung im September 1945, die insgesamt 154.675,04 Reichsmark einbrachte, konnten neben den Beratungstätigkeiten die Kriegsopfer mit Prothesen ausgestattet und Arbeitsvermittlungs- und Umschulungsmaßnahmen durchgeführt werden.

In München setzte sich im August 1945 der damals 32-jährige Hans Huber, später Gründungsmitglied des VdK und langjähriger Geschäftsführer des VdK Bayern (1954-1980), für die Hinterbliebenen und Invaliden ein. Durch Haus- und Straßensammlungen des Roten Kreuzes, die unter anderem von Hans Huber organisiert wurden, konnten vorwiegend Kleidung, Nahrung und Prothesen an die Soldaten, Flüchtlinge, Witten und Waisen ausgegeben werden. Auch kleine Renten und Beihilfen konnten an die Kriegshinterbliebenen ausbezahlt werden, da die amerikanische Besatzungsmacht in Bayern die Rentenzahlungen einstellte.

Um die Not bei den Kriegsopfern, Witwen und Waisen zu beseitigen, wurde in Rosenheim am 18. Oktober 1945 durch die Besatzungsmächte die erste Beratungsstelle für Kriegsopfer unter der Trägerschaft des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) zugelassen. Als Leiter der "Abteilung Kriegsopfer" beauftragte das Präsidium des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) Karl Weishäupl damit, flächendeckend in Oberbayern Beratungsstellen für Versehrte und Invaliden zu eröffnen. Als Leiter der Abteilung Kriegsopfer baute er ab Mitte März 1946 in Oberbayern Nebenstellen auf, die als Anlaufstellen für Versehrte und Invaliden fungierten. Weiterhin forderte Max Peschel (SPD, 1886-1969, Landesvorsitzender VdK Bayern 1946-1957) 1945/1946 die Staatsregierung auf, einen örtlichen Zusammenschluss von Selbsthilfegruppen der Kriegsopfer zu erreichen. Zunächst lehnten die amerikanische und französische Besatzungsmacht die geforderten Zusammenschlüsse ab. Die Alliierten hatten die Befürchtung, dass in den ersehnten Kriegsopferverbänden das nationalsozialistische Gedankengut überdauern könnte.

Nach mehrmaliger Einreichung von Denkschriften bei der Staatsregierung genehmigte das Staatsministerium des Inneren am 29. November 1946 die Gründung des "Verbandes der Körperbehinderten, Arbeitsinvaliden und deren Hinterbliebenen in Bayern e.V.". Am 4. Dezember 1946 fand in den Räumen der Landesversicherungsanstalt Oberbayern in München die Gründungsveranstaltung statt. Erster Landesvorsitzender wurde Max Peschel, als Landesgeschäftsführer wurde Karl Weishäupl benannt. Im Januar 1947 wurde der erste Ortsverband in Penzberg (Lkr. Weilheim-Schongau) gegründet. Damit begann die Gründungsphase von weiteren Ortsverbänden in der US-amerikanischen Besatzungszone.

Die Gründungsphase von Ortsverbänden des VdK in anderen Besatzungszonen verlief sehr unterschiedlich. So lies beispielhaft die britische Besatzungszone in Norddeutschland den "Sozialverband Deutschland e. V." (SOVD; früher: Reichsbund) zu. Bevor am 29. Januar 1950 der VdK Deutschland gegründet wurde, schlossen sich im September 1948 die süd-, südwest- und westdeutschen Landesverbände zum "Bund der Kriegs- und Zivilbeschädigten, Sozialrenten- und Hinterbliebenen-Verbände Deutschlands" (BKD) zusammen. 1949 beschloss der BKD, einen zentral ausgerichteten Verband zu gründen, in dem Einzelpersonen eine Mitgliedschaft erlangen konnten.

Die Gründung des VdK Deutschland im Januar 1950 gilt als Abschluss der Aufbau- und Gründungsphase, da auch die Landesverbände unter einer gemeinsamen Dachorganisation zusammengeführt wurden. Die Einflussnahme auf Politik und Ministerien wuchs seit der Gründung rasant an. Im Jahre 1974 war der VdK in insgesamt 28 Gremien auf Bundesebene vertreten.

Öffnung hin zu einem modernen Sozialverband

Nach der Gründung des VdK Bayern wuchs seine Mitgliederzahl bis 1956 auf 400.000 Mitglieder an. In dieser Zeit führte der VdK als Bevollmächtigter und Stellvertreter 200.000 Sozialgerichtsprozesse, sammelte und verteilte fünf Mio. Reichsmark und ca. sieben Mio. DM an Kriegsopfer und förderte den sozialen Wohnungsbau mit mehreren tausend Wohnungen für Kranke und Schwerbehinderte. Mit der rasch wachsenden Mitgliederzahl benötigte der Verband auch größere Geschäftsräume. Er erwarb vom Bayerischen Staat in München ein Gebäude und begann mit den Umbauarbeiten. Am 1. Februar 1954 bezog der VdK Bayern in der Schellingstraße die neuen Geschäftsräume. Bis heute befinden sich in dem Bürokomplex der VdK-Bezirk Oberbayern, der Kreisverband München und der VdK-Reisedienst.

In den 1960er Jahren stand der VdK Bayern mehreren Veränderungen gegenüber: der Abnahme der ursprünglichen Klientel der Kriegsopfer bedingt durch Sterbefälle, dem demografischen Wandel mit den geburtenstarken Jahrgängen und dem aufgrund des natürlichen Verlaufes in Friedenszeiten sinkenden Beratungs- und Betreuungsbedarf von Kriegsbeschädigten. Trotz kritischer Stimmen entschied sich der damalige Vorsitzende Karl Weishäupl zu einer Öffnung des VdK Bayern hin zu den "Zivilbeschädigten".

Mit der verstärkten Vertretung und Aufnahme der Belange von Menschen mit einer Behinderung sowie von Sozialrentnern schaffte es Karl Weishäupl, den organisatorischen Bestand sowie die sozialpolitische Stellung des VdK Bayern für die Zukunft abzusichern. Beispielhaft war der VdK an der Entwicklung und Beratung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG), des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) und an dem Gesetz über die Sozialversicherung Behinderter (SVBG) maßgeblich beteiligt. Der moderne Sozialverband war geboren. Um die sozialpolitische Vertretung zu stärken, trat der VdK 1975 dem "Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband" als korporatistisches Mitglied bei.

Tätigkeiten und Erfolge des VdK Bayern

Durch die sozialpolitische Reformdynamik und die damit verbundene Undurchschaubarkeit des Rechtssystems ist der Beratungs- und Vertretungsbedarf der Betroffenen und Mitglieder nach wie vor gegeben. Er sieht demnach seine Kernaufgabe in der Einflussnahme auf die Gesetzeslage und der ausführenden Verwaltung. Der VdK-Landesverband Bayern vertritt durch seine Volljuristen die Mitglieder vor den Sozial- und Verwaltungsgerichten und dem Bayerischen Landessozialgericht in allen Sozialrechtsangelegenheiten. Seit 1954, mit Beginn der Schaffung der Sozialgerichtsbarkeit, erstritt der VdK Bayern für seine Mitglieder Zahlungen in Höhe von 280 Mio. €. Neben der Kernkompetenz der Rechtsvertretung sicherte sich der VdK Bayern eine starke Position in der Öffentlichkeit.

Durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit und seinen Lobbyismus in der Gesundheits-, Arbeits-, Renten-, und Behindertenpolitik konnte der VdK Bayern sein Profil schärfen und seinen Bekanntheitsgrad erhöhen. Mithilfe der gesteigerten medialen Präsenz konnte der VdK Bayern seit den 1990er Jahren einen stetigen Anstieg seiner Mitgliederzahlen verzeichnen. 2010 belief sich diese auf 586.779. Das ist mehr als ein Drittel der Gesamtmitgliederzahl des VdK Deutschland. Neben der konstanten Zunahme der Beitragseinnahmen, die sich im Jahr 2010 auf 34.253.535 € beliefen, konnte der VdK Bayern seine Sammlungsergebnisse "Helft Wunden Heilen (HWH)" im Jahr 2010 trotz Wegfall des Bayerischen Sammlungsgesetzes (BaySammlG) im Jahr 2008, das per Gesetz die Seriosität der Hilfsorganisation sicherstellte, auf dem Niveau der vergangenen Jahre halten. Mit den jährlichen Sammlungen (2010: ca. 2,6 Mio.) werden v. a. Menschen unterstützt, die unverschuldet in Not geraten. Neben den Beiträgen und Spenden fließen die Erträge aus den wirtschaftlichen Tätigkeiten des Verbandes und seiner Tochtergesellschaften direkt in die Bilanz. Zu den Tochtergesellschaften des VdK Bayern gehören (Stand 2013):

  • Dimetra gGmbH (Integrationsfirma; bietet Menschen mit einer seelischen Behinderung einen Arbeitsplatz)
  • VdK-Erholungswerk gGmbH (Kur- und Erholungsmöglichkeiten)
  • VdK-Versicherungs-Service GmbH (Produktpalette umfasst Lebens-, Renten-, Sach- und Gesundheitsversicherungen)
  • BTZ-VdK-Rehawerk-Straubing gGmbH (Spezialeinrichtung für berufliche Eingliederung von Menschen mit seelischer Erkrankung und Behinderung)
  • VdK-Pemperlprater Caroussell GmbH (behindertengerechtes Biedermeierkarussell)
  • VdK-Reisedienst GmbH (geschulte VdK-Reisebegleiter begleiten die vorwiegend älteren Teilnehmer auf Reisen)
  • VdK-Medien- und Anzeigenverwaltung GmbH
  • VdK-Telecom GmbH (VdK-Mitgliedern werden verständlich erklärte Produkte aus den Bereichen Festnetz, Mobilfunk und Internet angeboten)
  • VdK-EDV-Service GmbH (Produktsortiment umfasst Softwareentwicklung, Rechenzentrumsdienstleistung, Systemadministration und Support für Verbände des VdK Deutschland)

Literatur

  • Wolfgang Schroeder/Bettina Munimus/Diana Rüdt, Seniorenpolitik im Wandel. Verbände und Gewerkschaften als Interessensvertreter der älteren Generation, Frankfurt/New York 2010.
  • Michael Spörke, Behindertenpolitik im aktivierenden Staat. Eine Untersuchung über die wechselseitigen Beziehungen zwischen Behindertenverbänden und Staat, Kassel 2008.

Quellen

  • Max Meindl/Sozialverband VdK Deutschland/VdK Kreisverband Starnberg (Hg.), Festschrift zur 50-Jahrfeier des VdK Kreisverband Starnberg, Starnberg 1997.
  • Michael Pausder/Sozialverband VdK Bayern e. V. (Hg.), Geschäftsbericht 2007-2010. 19. Ordentlicher Landesverbandstag des Sozialverbands VdK Bayern vom 8. April bis 10. April in München, München 2011.
  • Michael Pausder/Sozialverband VdK Bayern (Hg.), 60 Jahre VdK Bayern. Festschrift zum 60-jährigen Jubiläum, München 2006.

Weiterführende Recherche

Externe Links

Verband der Kriegs- und Wehrdienstopfer, Behinderten und Sozialrentner Deutschlands e.V., Verband der Kriegs- und Wehrdienstopfer, Behinderten und Rentner Deutschland e.V., Sozialverband VdK Deutschland e.V.

Empfohlene Zitierweise

Kathrin Klaffl, Sozialverband VdK Bayern, publiziert am 09.09.2013; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Sozialverband_VdK_Bayern (27.04.2024)