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Schwangau, Herren von

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Das Wappen der Herren von Schwangau aus dem Scheibler'schen Wappenbuch. Noch heute führt die moderne Gemeinde Schwangau (Lkr. Ostallgäu) das Wappen der Schwangauer weiter. (Bayerische Staatsbibliothek, Cod.icon. 312 c)
Grabstein Konrads von Schwangau (gest. 1413) und seiner Gemahlin Margaretha von Ellhofen (gest. 1426) in Füssen. (aus: Franz Ludwig Baumann/Josef Rottenkolber, Geschichte des Allgäus von den ältesten Zeiten bis zum Beginne des neunzehnten Jahrhunderts. 2. Band: Das spätere Mittelalter 1268-1517, Kempten 1883-1895, S. 204, Bayerische Staatsbibliothek)
Einer der bekanntesten Vertreter des Geschlechts war der Minnesänger Hiltbold von Schwangau (III) (ca. 1195-1254). Seine 22 Liebeslieder haben sich in der Großen Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse) erhalten. Dort führt der Minnesänger als Wappenschild auf rotem Grund einen schwarzen Schwan. (Universitätsbibliothek Heidelberg, Cod. Pal. germ. 848, Zürich 1300/1340, fol. 146r)
Nachzeichnung des verlorenen Grabsteins des berühmten Minnesängers Oswald von Wolkenstein (1377-1445) und seiner Gemahlin Margareta von Schwangau (ca. 1392-1460), die in den Liebesliedern ihres Gemahls besungen wurde. (Marx Sittich von Wokenstein, Copia. Stambenbuch darin Aller von Graffen Freyherrn Stand-Edlen sowohl der abgestorbenen als Lebendtigen beschrieben, Sowohl aller Schlößer, soviel mir dieser zeyht bewußt ist gewest sowohl allerselbigen Wappen, Tirol, um 1600/1615, Universitätsbibliothek Innsbruck, Cod. 822, fol. 17r)
Stammtafel der Herren von Schwangau. Abb. aus: Joseph von Hormayr, Die goldene Chronik von Hohenschwangau, der Burg der Welfen, der Hohenstauffen und der Scheyren, München 1842, Taf. IV. (Bayerische Staatsbibliothek, Res/4 Bavar. 986 f)

von Wilhelm Liebhart

Ministerialenfamilie, die erstmals Mitte des 12. Jahrhunderts im Gefolge der Welfen erscheint; im 16. Jahrhundert ausgestorben. Unter den Staufern stiegen die Schwangauer zu Reichsministerialen auf, deren Hauptaufgabe die strategische Sicherung der Straße von Füssen zum Fernpass war. Sie verfügten über die Herrschaft Hohenschwangau, die sie 1535 verkauften.

Herkunft des Namens "Schwangau"

Der Name des Geschlechts rührt vom Bergrücken Schwangau her, der heute durch Schloss Neuschwanstein überbaut ist. Hier standen ursprünglich die Burgen bzw. Vesten Vorder(hohen)schwangau und Hinter(hohen)schwangau. Das Grundwort "Gau" bedeutet "Landschaft, Gegend"; das Bestimmungswort ist wohl abgeleitet von "swane, swane" in der Bedeutung "Schwan".

Geschichte der Familie vom 10.-14. Jahrhundert

Die Teilnahme eines frühen Schwangauer an der Schlacht auf dem Lechfeld 955 ist legendarisch und geht auf den österreichischen Geschichtsschreiber Josef Freiherrn von Hormayr zu Hortenburg (1781-1848) zurück. 1146/1147 erscheint urkundlich erstmals ein "Hiltibold von Swanegow" als Ministeriale in der Gefolgschaft Graf Welfs VI. (reg. 1152-1162 als Markgraf der Toskana). "Hiltbold" war der frühe Leitname der Familie. 1172 begleiteten die Brüder Hiltebold und Konrad den welfischen Herzog Heinrich XII. von Bayern (reg. 1156-1180) auf seiner Pilgerreise nach Jerusalem. Bis 1191 dienten die Schwangauer den Welfen und dann bis 1268 den Staufern als Herzögen von Schwaben und deutschen Königen. Der letzte Staufer Konradin (1252-1268) urkundete 1263 "in castro nostro Swanegowe". Die strategische Aufgabe der Schwangauer bestand in der Sicherung der Straße (Geleitrecht) von Füssen (Lkr. Ostallgäu) über Reutte (Tirol) zum Fernpass. Lehen- und Dienstgüter lassen sich deshalb sowohl im Allgäu als auch in Nordtirol nachweisen. Zeitweise scheint auch der Erzabbau am Berg Säuling eine Rolle gespielt zu haben. Im Dienst der Staufer gelang der Aufstieg in den Stand der Reichsministerialen. 1270 bezeugten Konrad, Georg und Bartholomä von Schwangau im Streit um das Konradinische Erbe einen Ausgleich zwischen Herzog Ludwig II. von Bayern (reg. 1253-1294) und Bischof Hartmann von Augsburg (reg. 1248-1286), auf dessen Seite sie standen. 1286 nannten sich Georg und Heinrich von Schwangau "Romani regni ministeriales", als sie an das bayerische Kloster Steingaden (Lkr. Weilheim-Schongau) Güter und Rechte veräußerten. In der Folgezeit findet sich die Familie nicht nur im Dienst der Fürstbischöfe von Augsburg, sondern auch der Wittelsbacher, der Grafen von Tirol-Görz bzw. seit 1363 der Habsburger als Grafen von Tirol.

Eheschließungen

Ehen wurden mit schwäbisch-bayerischen und Tiroler Standesgenossen geschlossen. Zu nennen wären die Familien Bruckberg (Lkr. Landshut), Freyberg (Lkr. Ostallgäu), Mazzensis (Mattsies, Lkr. Unterallgäu), Mindelberg (Lkr. Unterallgäu), Freundsberg (Tirol), Montalban sowie Lichtenau und Hoheneck (Oberösterreich).

Beziehungen

Engere Beziehungen unterhielten die Schwangauer zu den Stiften und Klöstern Füssen/St. Mang (Vogtei, Grablege), Ottobeuren (Lkr. Unterallgäu) (Lehenträger), Stams (Tirol) (Grablege), Steingaden (Grablege), Wessobrunn (Lkr. Weilheim-Schongau) und Wilten (Tirol), was sie aber nicht davon abhielt, 1290 Rottenbuch (Lkr. Weilheim-Schongau) und 1318 Steingaden zu überfallen.

Geschichte der Familie vom 14.-16. Jahrhundert

Seit 1290 sind drei Linien nachgewiesen. In der Ritterschlacht bei Mühldorf 1322 zwischen den Königen Ludwig dem Bayern (reg. 1314-1347, ab 1328 Kaiser) und Friedrich dem Schönen von Österreich (1289-1330) standen die Schwangauer auf der Seite der Habsburger. Diese wurden aber erst seit 1363 mit Erzherzog Albrecht III. (reg. 1365-1395 als Herzog von Österreich) ihre Tiroler Lehnsherren. Zu diesem Zeitpunkt lassen sich sechs Ansitze bzw. Burgen der Familie nachweisen: Frauenstein am Berzenkopf, Vorder(hohen)schwangau (heute Torbau Neuschwanstein), Hinter(hohen)schwangau (heute Hauptbau Neuschwanstein), Schwanstein (heute Schloss Hohenschwangau), der runde Scheiblingsturm ("Synwellenturm") und zeitweise Tannenberg (Lkr. Weilheim-Schongau).

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts brach zwischen den drei Linien der Familie ein anhaltender Konflikt aus, der sich in Vergleichen und Verträgen von 1423, 1428 und 1434 niederschlug. 1428 kam zunächst ein "Burgfriede" zwischen den Brüdern Konrad und Marquard mit ihren Neffen Georg (Jörg), Heinrich, Hans und Thomas Schwangauer zustande. Man wollte den Eigenbesitz und die Lehen gemeinsam erhalten und vor Verpfändung und Verkauf bewahren. 1434 führten die Familienzweige ein Seniorat für die Reichslehen ein, trotzdem kam es aber zur Realteilung. Das gegenseitig eingeräumte Vorkaufsrecht wurde 1440 von Jörg dem Älteren hintergangen, als er seinen Anteil an der Herrschaft Hohenschwangau, die Burgen Frauenstein und Schwanstein, an Herzog Albrecht III. von Bayern-München (reg. 1438-1460) veräußerte. Der Familienzusammenhalt ging damit endgültig zu Ende, aber nicht der Ausverkauf: Caspar von Schwangau verkaufte 1481 an Erzherzog Sigmund von Österreich (reg. 1439-1490) als Tiroler Grafen die Tiroler Rechte. 1496 belehnte König Maximilian I. (reg. 1486-1519, Kaiser seit 1508) Wolfgang, Ulrich, Caspar und Stefan von Schwangau mit der Reichsherrschaft. Zuletzt tat dies Kaiser Karl V. (reg. 1519-1556, Kaiser seit 1530) 1521 für Heinrich und Georg von Schwangau. Der Plan der beiden letzten kinderlosen Schwangauer, 1523 die Herrschaft Hohenschwangau an Kaiser Karl V. und seinen Bruder Erzherzog Ferdinand (1531-1564 römisch-deutscher König, seit 1558 Kaiser) zu verkaufen, zerschlug sich. Die fünf Befestigungen galten als ruinös. 1535 verkauften die Brüder Georg und Heinrich schließlich an die bürgerliche und finanzstarke Kaufmannsfamilie der Baumgartner in Augsburg. Am 12. Januar 1536 starb mit Georg Schwangauer das Geschlecht nach 400 Jahren aus. Die Herrschaft Hohenschwangau wurde schließlich 1567 von Bayern angekauft.

Literatur

  • Karl Heiserer, Zur Besitzgeschichte der Herren von Schwangau und ihrer Nachfolger in der Herrschaft Hohenschwangau, in: Alt Füssen (1984), 71-92.
  • Wilhelm Jakob, Die Herren von Schwangau, in: Alt Füssen 8 (1932) Nr. 2, Nr. 14, Nr. 15, Nr. 16/17, Nr. 18 u. Nr. 19/20.
  • Wilhelm Liebhart, Die Reichsherrschaft Hohenschwangau, in: Wilhelm Liebhart (Hg.), Schwangau. Dorf der Königsschlösser, Sigmaringen 1996, 117-146.
  • Hans Pörnbacher, Hiltbold von Schwangau. Der Minnesänger und seine Lieder, München 1957.
  • Hans Pörnbacher, Margareta von Schwangau. Herrn Oswalds von Wolkenstein Gemahlin, Weißenhorn 1983.

Weiterführende Recherche

Externe Links

Hohenschwangau, Herren von

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Empfohlene Zitierweise

Wilhelm Liebhart, Schwangau, Herren von, publiziert am 13.09.2016; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Schwangau,_Herren von> (18.04.2024)