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Landvogteien in Schwaben

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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Karte der Landvogtei Oberschwaben (Gestaltung: Stefan Schnupp, Angaben nach: Hofacker, Landvogteien in Schwaben u. Schiersner, Vorderösterreich)

von Hans-Georg Hofacker (†)

Die Landvogteien in Schwaben entstanden im Zuge der Revindikationspolitik König Rudolfs I. (reg. 1273-1291). Im heutigen Bayerisch-Schwaben umfassten die Reichslandvogteien Oberschwaben, Niederschwaben und Augsburg. Die Reichslandvögte vertraten als Amtsträger den König. 1378 wurden die Vogteien Ober- und Niederschwaben vereinigt. Im 16. Jahrhundert geriet insbesondere die Landvogtei Oberschwaben in den Einflussbereich Österreichs, das seine Herrschaft über Teile Schwabens in den vorherigen Jahrzehnten intensiviert hatte. Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 und seine Folgen führten zur Auflösung der Reichslandvogteien.

Die Revindikationspolitik König Rudolfs von Habsburg

Mit der Revindikation des staufischen Haus- und Reichsguts und seiner Zusammenfassung in Reichslandvogteien versuchte König Rudolf I. (reg. 1273-1291), dem Königtum in Schwaben eine neue Basis zu verschaffen. Die Reichslandvögte vertraten als jederzeit abberufbare Amtsträger den König. Sie verwalteten die Einkünfte des Reichs, übten den Schirm über die Reichsklöster und stadtherrliche Funktionen in den Reichsstädten aus. Unter ihrem Schutz standen auch die Juden. Zusammen mit den Städten, deren Aufgebote sie anführten, wahrten sie den Frieden. Die Reichslandvogtei Oberschwaben knüpfte an die spätstaufische Prokuration um Ravensburg (Baden-Württemberg) an. Ihr Sprengel reichte von der Donau bis zum Bodensee. Mit Kaufbeuren, Schongau (Lkr. Weilheim-Schongau) und Füssen (Lkr. Ostallgäu) griff sie über die Iller nach Osten aus. Die in dieser Region besonders zahlreich vertretene ehemals welfisch-staufische Ministerialität schlug den Weg in die Reichsunmittelbarkeit ein.

In Niederschwaben nördlich der Alb dominierten seit der späten Stauferzeit mächtige Dynasten. Die hier eingerichtete Reichslandvogtei blieb ein Verbund von Stadtvogteien, deren wichtigste Esslingen und Reutlingen (beide Baden-Württemberg) mit der Reichsburg Achalm waren. Im Norden grenzte sie an den Reichsgutbezirk um Wimpfen (Baden-Württemberg) am unteren Neckar. Die seit 1279/1281 nachweisbare Reichslandvogtei Augsburg umschloss das Reichsgut am mittleren Lech und an der Wertach. Die ostschwäbische Städtegruppe um Nördlingen (Lkr. Donau-Ries) wurde erst von König Albrecht I. (reg. 1298-1308) in einer Landvogtei zusammengefasst.

Der folgende Überblick beschränkt sich auf die seit 1378 vereinigten Reichslandvogteien in Ober- und Niederschwaben.

Die schwäbischen Reichslandvogteien bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts

Die Geschichte der schwäbischen Reichslandvogteien ist eine Geschichte ihres Zerfalls und Funktionswandels. Die entscheidende Zäsur war der Thronstreit zwischen Friedrich dem Schönen (reg. 1314-1330) und Ludwig dem Bayern (reg. 1314-1347, Kaiser seit 1328). Seit der Zeit Ludwigs des Bayern wurde das Amt des Landvogts auf Lebenszeit des Herrschers verliehen. Zu Objekten der Fiskalpolitik wurden die Landvogteien seit den 1370er Jahren, als es üblich wurde, sie zu verpfänden.

Der Auflösungsprozess setzte am frühesten in Niederschwaben ein. Schon die Revindikationspolitik König Rudolfs I. hatte das Ziel verfehlt, den staufischen Hausbesitz wieder ans Reich zu bringen und die Grafen von Württemberg auf ihren Kernraum an der Rems und am mittleren Neckar einzugrenzen. 1298-1307, 1324/25, 1330-1360 und 1371-1378 war die Landvogtei in ihrem Besitz. Zielstrebig versuchten sie, durch den Erwerb von Pfandrechten über Reichsstädte, städtische Ämter und Einkünfte und über den Klosterschirm, Rechte des Reichs und Reichsgut in ihren Herrschaftsaufbau zu integrieren. Nach dem Sieg über Graf Ulrich von Württemberg (reg. 1366-1388) bei Reutlingen (Baden-Württemberg) 1377 setzten die Städte durch, dass die Grafen auf alle Zeiten vom Besitz der Landvogtei Niederschwaben ausgeschlossen wurden. Die ihr noch verbliebenen Rechte - der Bezug von 'Schirmgeldern' für die Überlassung stadtherrlicher Rechte in den Reichsstädten Aalen, Esslingen, Reutlingen und Weil der Stadt (alle Baden-Württemberg) - wurden 1378 der Reichslandvogtei in Oberschwaben zugeschlagen.

Aber auch die anderen schwäbischen Reichsstädte emanzipierten sich aus den Landvogteien. Sie unterstellten stadtherrliche Ämter der Kontrolle von Rat und Bürgermeistern und nahmen das Recht in Anspruch, sich in Bünden zusammenzuschließen, worin ihnen die Herren folgten.

Im schwäbischen Konfliktgemenge zwischen Herren und Städten übernahmen die Landvögte am Ende des 14. Jahrhunderts die Überwachung von Friedensschlüssen und die schiedliche Entscheidung noch offener Streitfragen. Die Tätigkeit der Landvögte in der schiedlichen Streitschlichtung nahm unter Kaiser Sigismund (reg. 1411-1437, Kaiser seit 1433) weiter zu. Sein Ziel war es, den kleinen Ständen im südlichen Schwaben Zugang zu einer vom König autorisierten richterlichen Instanz zu sichern. Die Landvögte entschieden Streitigkeiten um Reichsgut und Reichspfandschaften. Erstmals wurden ihre Schutzbefugnisse über die Reichsklöster im Sprengel der Landvogtei präzisiert. Einzelne Herren und Klöster erhielten den Reichslandvogt als Gerichtsstand anstelle des königlichen Hofgerichts. Einen Abschluss fand diese Entwicklung 1434 mit der Verpfändung der Landvogtei an Herzog Wilhelm III. von Bayern-München (reg. 1397-1435). Als Inhaber der königlichen Friedensgewalt hatte er die Aufgabe, alle Streitigkeiten zwischen der Ritterschaft und den Städten 'oder anderen' zu entscheiden.

Die schwäbische Reichslandvogtei zwischen Habsburg und Wittelsbach

Herzog Leopold III. von Österreich (reg. 1365-1386). Abb. aus: Jakob Fugger, Ehrenspiegel des Hauses Österreich, Buch I-VI, Augsburg 1555, fol. 201r. (Bayerische Staatsbibliothek Cgm 895)

Herzog Stephan II. von Bayern (reg. 1347-1375) verwaltete 1343-1347 die Reichslandvogtei Oberschwaben und bezog das Reichsgut in seine intensive Territorialpolitik ein. Zwischen 1357 und 1361 leitete Herzog Rudolf IV. von Österreich (reg. 1357-1365) seinen Anspruch auf die schwäbische Herzogswürde auch vom Besitz der Landvogteien im Südwesten ab. 1373 gehörten die Reichslandvogteien im Elsass und in Oberschwaben zu der Abfindung, welche die Wittelsbacher für die Überlassung der Mark Brandenburg an Kaiser Karl IV. (reg. 1346-1378, Kaiser seit 1355) erhielten; der Kaiser wollte sich damit auch ihre Unterstützung für die Wahl seines Sohnes Wenzel (reg. 1376-1400) zum König sichern. Die Landvogteien gingen an die Herzöge Stephan III. (reg. 1375-1413) und Friedrich von Bayern (reg. 1375-1393), der 1375 auch die Vogtei über Augsburg erhielt. Die Pfandsumme für die oberschwäbische Landvogtei betrug 6.250 fl.

Die weitere Vergabe der seit 1378 vereinigten schwäbischen Reichslandvogteien war abhängig von den Beziehungen König Wenzels zu den im Südwesten konkurrierenden Fürsten. Im Februar 1379 bestätigte er ihre Verschreibung an Herzog Friedrich. Um sich die Unterstützung Habsburgs zu sichern, verpfändete er sie wenig später zusammen mit den Vogteien über Augsburg und Giengen an der Brenz (Baden-Württemberg) an Herzog Leopold III. von Österreich (reg. 1365-1386) für die überaus hohe Summe von 40.000 fl. Leopold erhielt das Recht, Reichspfandschaften abzulösen; auch heimfallende Reichslehen sollten in seinen Besitz übergehen. Damit nahm er den Versuch Herzog Rudolfs IV. von Österreich wieder auf, die Landvogtei in den habsburgischen Herrschaftsaufbau im Südwesten zu integrieren. Herzog Friedrich konnte den Besitz der Landvogtei bis 1382/83 behaupten. 1394-1398 hatte sie wieder Herzog Stephan III. inne, der wegen innerwittelsbachischer Konflikte Rückhalt bei Wenzel suchte und ihn gegen die böhmische Magnatenopposition stützte. Als sich die Königswahl Ruprechts von der Pfalz (reg. 1400-1410) anbahnte, wurde der auf luxemburgischer Seite verbliebene Herzog Ernst von Bayern (reg. 1397-1438) 1399/1400 mit der Landvogtei belohnt.

Die wittelsbachisch-habsburgische Herrschaftskonkurrenz im südlichen Schwaben

Herzog Sigismund, der Münzreiche, von Tirol (reg.1446-1490). Tafelgemälde eines Innsbrucker Hofmalers, um 1480/90 entstanden. (© Belvedere, Wien lizensiert durch CC BY-SA 4.0)

Die Reichslandvogtei Oberschwaben war seit 1415 im Pfandbesitz der Truchsessen von Waldburg. Sie war ein Relikt aus vorterritorialer Zeit. Unter dem Schirm des auf der Veitsburg bei Ravensburg residierenden Landvogts standen 12 Klöster (Weingarten mit dem Priorat Hofen, Weissenau, Salem, Ochsenhausen, Schussenried, Rot an der Rot, Marchtal [alle Baden-Württemberg], Buxheim [Lkr. Unterallgäu], Baindt, Heggbach, Löwental, Gutenzell [alle Baden-Württemberg]). Die Landvogtei besaß die hohe Gerichtsbarkeit nicht nur über die Besitzungen der Klöster, sondern auch in Gebieten reichsunmittelbarer Herren und der Reichsstädte. Ihre Forsthoheit, die mit der hohen Gerichtsbarkeit gleichgesetzt wurde, reichte vom Allgäu und vom Bodensee bis ins nördliche Oberschwaben. Aus der Überlassung stadtherrlicher Ämter und Einkünfte rührten die 'Schirmgelder' her, die die Reichsstädte Biberach, Buchhorn (Friedrichshafen) [beide Baden-Württemberg], Kaufbeuren, Lindau, Memmingen, Pfullendorf, Ravensburg, Überlingen und Wangen [alle Baden-Württemberg] dem Landvogt entrichteten. In Biberach, Buchhorn (Friedrichshafen) und Memmingen (bis 1495) urteilte der Landvogt über Totschlagsdelikte. Er berief auch die Richter des kaiserlichen Landgerichts auf Leutkircher Heide und in der Gepirs. In ihrem Kernbereich bei Ravensburg besaß die Landvogtei ausbaufähige grundherrliche und niedergerichtliche Rechte, die aus welfisch-staufischer Zeit stammten. Ihre Geleitrechte auf den Straßen, die vom östlichen Bodensee zur Donau führten, ermöglichten die Kontrolle des Handels der Reichsstädte.

Diese Befugnisse boten den fürstlichen Vormächten vielfältige Einflussmöglichkeiten. Für die bayerischen Herzöge war die Landvogtei das Vorfeld vor ihrem Hegemonialraum zwischen Iller und Lech. Herzog Albrecht III. von Bayern-München (reg. 1438-1460) und Herzog Ludwig IX. der Reiche von Bayern-Landshut (reg. 1450-1479) forderten von Kaiser Friedrich III. (reg. 1440-1493, Kaiser seit 1452) mit Nachdruck die Überlassung der Landvogtei. Diesen Anspruch leiteten sie aus ihrer Verpfändung an Herzog Wilhelm III. ab, die noch nicht vollzogen war, als der Herzog 1435 starb. Ludwig IX. legte besonderen Wert auf die mit der Landvogtei verbundenen und von Kaiser Sigismund genauer definierten jurisdiktionellen Kompetenzen. Sie konnten seine weitgespannte Bündnis- und Landfriedenspolitik in Schwaben flankieren und die kleinen Reichsunmittelbaren enger an Bayern binden.

Für Habsburg war die Landvogtei ein Bindeglied zwischen den Herrschaften in Vorarlberg und in Schwaben. Mit ihr konnte die Region nördlich des Bodensees gegen die Eidgenossen gesichert werden. Kaiser Friedrich III. erlaubte 1452 Herzog Albrecht VI. von Österreich (reg. 1446-1463) und 1464 Herzog Sigmund von Tirol (reg. 1446-1490), sie von den Truchsessen von Waldburg auszulösen, was jedoch nicht erfolgte. Als der Kaiser dies 1473 auch Herzog Albrecht IV. von Bayern-München (reg. 1465-1508) gestattete, löste Sigmund die Pfandschaft aus, um ein Festsetzen Wittelsbachs in Oberschwaben zu verhindern. Obwohl er Truchsess Johann von Waldburg im Besitz der Landvogtei beließ, begann er mit der Konsolidierung ihrer Schirm- und Jurisdiktionsbefugnisse, die er als landesfürstliche Herrschaftsrechte betrachtete. Die Reichsunmittelbaren im Anspruchssprengel der Landvogtei weigerten sich aber, ihm zu huldigen. Diese Herrschaftsintensivierung und der Versuch, Herren und Reichsstädte im südlichen Schwaben auch durch Dienst- und Schirmverträge an sich zu binden, standen in Zusammenhang mit seinem Plan der Wiedererrichtung des schwäbischen Herzogtums, zu dessen Kernbestand er die Reichslandvogtei rechnete. Als Herzog Georg der Reiche von Bayern-Landshut (reg. 1479-1503) eine neue Phase bayerischer Westexpansion einleitete, ließ sich Sigmund das Recht zur Ablösung von den Truchsessen von Waldburg erneut betätigen; vollzogen wurde sie erst 1486.

Die Herrschaftsintensivierung Österreichs in Oberschwaben

Karte der Reichslandvogtei Oberschwaben und des kaiserlichen Landgerichts auf der Leutkircher Haid von 1755. Abb aus: Johann Reinhard Wegelin, Historischer Bericht von der Kaiserl. und Reichs Land Vogtey in Schwaben wie auch dem frey Kayerl. Landgericht auf der Leutkircher Haid, und in der Pirß, o. O. 1755, vor 1. (Bayerische Staatsbibliothek, 2 Germ.sp. 158 x-1)

Kaiser Maximilian I. (reg. 1486-1519, Kaiser seit 1508) führte als Herr Tirols und der Vorlande die Politik Herzog Sigmunds weiter. Die neu errichtete Regierung in Innsbruck, der die Landvogtei unterstellt war, knüpfte seitdem ein engmaschiges Netz von Herrschaftsansprüchen über die Reichsunmittelbaren in ihrem Sprengel. Die Verpfändung an Herzog Leopold III. wurde als Verkauf sämtlicher Rechte und Besitzungen interpretiert, die das Reich in ihrem Sprengel besaß. Die Landvogtei galt als eine der Grafschaft Tirol inkorporierte Herrschaft, zugleich als Überrest des alten Herzogtums und als Kern eines neuen schwäbischen Fürstentums. Ihre forstliche, geleitliche und hohe Obrigkeit zwischen Bodensee und Donau konstituierte aus österreichischer Sicht ein 'Universalterritorium', innerhalb dessen man kein 'territorium particulare' dulden wollte. Bis ins 18. Jahrhundert hinein war es Ziel habsburgischer Politik, der Ausformung partikularer, nach Landeshoheit strebender Herrschaftsbildung in diesem Raum entgegenzuwirken.

Jeglicher Anspruch der 'Insassen' auf Reichsunmittelbarkeit war hinfällig. Die 'Insassen' beriefen sich dagegen auf ihre Mitgliedschaft im Schwäbischen Bund, bei dessen Gründung (1488) Kaiser Friedrich bestätigt hatte, dass Schwaben keinen eigenen Fürsten habe und unmittelbar dem Reich zugehöre. Aus Innsbrucker Sicht war das ein eklatanter Verstoß gegen die Interessen Österreichs gewesen, der jetzt rückgängig gemacht werden musste. Erster Höhepunkt der aggressiven Politik Österreichs war der Versuch, 1515 die nichtgräflichen Herren und 1523 die Prälaten der Schirmklöster und die Reichsstädte Memmingen, Biberach, Ravensburg, Wangen, Leutkirch (Baden-Württemberg) und Buchhorn (Friedrichshafen) als 'Insässen' der Landvogtei zu Landtagen zu laden. Gegen diesen Anschlag auf ihre Reichsunmittelbarkeit suchten sie Rückhalt beim Schwäbischen Bund. Am härtesten traf die österreichische Herrschaftsintensivierung die Schirmklöster. Aus der Sicht der Prälaten zielte sie darauf ab, den landvogteilichen, von Reichs wegen ausgeübten Schirm in eine landesfürstliche Kastvogtei mit völliger Kontrolle über Besitz, Finanzen und Gerichtsbarkeit ihrer Klöster umzuwandeln.

Im mittleren und südlichen Oberschwaben gelang die territoriale Verdichtung auf Kosten der Klöster, der Grafen von Montfort-Tettnang, der Grafen von Werdenberg-Heiligenberg und kleinerer Herren durch die Okkupation von Niedergerichts- und Steuerrechten. Manche Herren traten auch direkt unter den Schutz Österreichs und der Landvogtei. Auch im Raum um Memmingen versuchte die Landvogtei, ihre Herrschaftsrechte zu intensivieren. 1548 wurden die Kompetenzen erstmals vertraglich festgelegt. Die Reichslandvogtei behielt sich außerhalb der Etter (Grenze der Niedergerichssprengel) der Dörfer, die zwischen Iller und Günz der Stadt, dem Spital und einzelnen Bürgern gehörten, die mit der 'hohen Obrigkeit' gleichgesetzte hohe Gerichtsbarkeit vor. 1586 galt dies auch für die von der Stadt erworbenen Herrschaft Eisenburg (Lkr. Memmingen). 1749 erhielt die Stadt Memmingen für 30 000 fl. das Geleitrecht in ihrem Gebiet, aus städtischer Sicht ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur vollen 'Landeshoheit'. Für die ihr seit 1495 überlassenen Rechte zahlte die Stadt jährlich 300 fl. Auch mit anderen 'Insässen' und 'Anstößern' (Angrenzern) schloss Österreich Verträge über die Abgrenzung und Überlassung von Herrschaftsrechten.

Aus österreichischer Sicht minderte dies aber nicht die 'Superiorität' und 'Präeminenz' Habsburgs im 'Land zu Schwaben'. Im 18. Jahrhundert nutzten reiche Klöster, allen voran Weingarten, finanzielle Notlagen Österreichs aus, um sich die hohe Obrigkeit über ihre Untertanen zu sichern. Das landvogteiliche Kernterritorium im mittleren und südlichen Oberschwaben mit dem Verwaltungssitz Altdorf (Weingarten) gliederte sich im 18. Jahrhundert in 15 kleine Ämter und war in die vorderösterreichische Verwaltung integriert. Im nördlichen Oberschwaben blieb die Reichslandvogtei ein Gemenge von Schirm- und Pfandrechten und Lehen, von hoher, geleitlicher und forstlicher Obrigkeit, aus dem nach schwäbischer Auffassung kein Anspruch auf 'Landeshoheit' abgeleitet werden konnte.

Das Ende der Landvogteien

Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 und seine Folgen führten zur Auflösung der schwäbischen Reichslandvogteien. Die Landvogtei Ober- und Niederschwaben fiel im Zuge des Friedens von Preßburg 1805 mit Ausnahme dem Bayern zugesprochenen Amt Gebrazhofen an Württemberg. Eine endgültige Regelung zwischen den Königreichen Bayern und Württemberg wurde schließlich 1810 mit dem Staatsvertrag von Paris geschaffen. Württemberg erhielt das Gebiet nun vollständig. Die Reichslandvogtei Augsburg fiel hingegen an Bayern.

Literatur

  • Hans Feine, Die kaiserlichen Landgerichte in Schwaben im Spätmittelalter, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung 66 (1948), 148-235.
  • Eberhard Gönner/Max Miller, Die Landvogtei Schwaben, in: Friedrich Metz (Hg.), Vorderösterreich. Eine geschichtliche Landeskunde, Freiburg 2., erweiterte u. verbesserte Auflage1967, 683-704.
  • Hans-Georg Hofacker, Die schwäbische Herzogswürde. Untersuchungen zur landesfürstlichen und kaiserlichen Politik im deutschen Südwesten im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit, in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 47 (1988), 71-148.
  • Hans-Georg Hofacker, Die Landvogtei Schwaben, in: Volker Press/Hans Maier (Hg.)/Dieter Stievermann (Bearb.), Vorderösterreich in der frühen Neuzeit, Sigmaringen 1989, 57-74.
  • Hans-Georg Hofacker, Die schwäbischen Reichslandvogteien im späten Mittelalter (Spätmittelalter und Frühe Neuzeit 8), Stuttgart 1980.
  • Konstantin Maier, Die schwäbische Landvogtei und die schwäbischen Reichsprälaten, in: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 19 (2000), 143-156.
  • Stadt Augsburg (Hg.), Die Staufer in Augsburg, Schwaben und im Reich, Augsburg 1977.
  • Johann Reinhard Wegelin, Historischer Bericht von der Kaiserl. und Reichs Land Vogtey in Schwaben wie auch dem frey Kayerl. Landgericht auf der Leutkircher Haid, und in der Pirß, o. O. 1755. (Band 1) (Band 2)
  • Georg Wieland, Das leitende Personal der Landvogtei Schwaben von 1486 bis 1806, in: Franz Quarthal/Gerhard Faix (Hg.), Die Habsburger im deutschen Südwesten. Neue Forschungen zur Geschichte Vorderösterreichs, Stuttgart 2000, 341-364.

Quellen

  • Repertorien. Vorderösterreichische Regierung betr. Landvogtei Schwaben, Bd. 1 / B,60,1 (als Mikrofiche in der Bayerischen Staatsbibliothek einsehbar).
  • Repertorien. Vorderösterreichische Regierung betr. Landvogtei Schwaben, Bd. 2/B 60,2 (als Mikrofiche in der Bayerischen Staatsbibliothek einsehbar).
  • Peter Steuer, Vorderösterreichische Regierung betr. Landvogtei Schwaben (769 - ) 1330 - 1806 (1818) (Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Repertorien 2,60 = B 60), Stuttgart, 1993.
  • Bernhard Theil, Landvogtei Schwaben, Oberamt Altdorf (1376 -) 1498 - 1789 (1842) (Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Repertorien B,61,IV), 2004.
  • Bernhard Theil, Landvogtei Schwaben, Oberamt Altdorf Urkunden 1347 - 1782 (Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Repertorien B 59), 2004.

Weiterführende Recherche

Reichslandvogtei Schwaben

Empfohlene Zitierweise

Hans-Georg Hofacker, Landvogteien in Schwaben, publiziert am 21.01.2015; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Landvogteien_in_Schwaben> (16.04.2024)