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Bayerische Zentralstelle für pfälzische Angelegenheiten, 1919-1924

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Theodor von Winterstein (1861-1945), Günder der "Zentralstelle für pfälzische Angelegenheiten". (Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Abteilung V "Nachlässe und Sammlungen", Bildersammlung Personen, Porträt Dr. Theodor von Winterstein)
Dr. August Ritter von Eberlein (1877-1949). Abb. aus: Oskar Fergg, Festschrift zur Erinnerung an die vor 50 Jahren durch die Stadt erfolgte Übernahme der 1870 gegründeten Schule, Pirmasens 1933, 60. (Bayerische Staatsbibliothek Bavar. 4545 m)

von Helmut Gembries

Bayerische Hilfs- und Propagandastelle gegen die französische Besatzungsmacht und die Separatismusbewegung in der Pfalz, gegründet durch den ausgewiesenen Regierungspräsidenten der Pfalz, Theodor von Winterstein (1861-1945), am 4. Juni 1919. Die Zentralstelle, auch bekannt als "Pfalzzentrale", stand unter der Leitung von August Ritter von Eberlein (1877-1949) und hatte ihren Sitz in Mannheim bzw. ab 1921 in Heidelberg. Sie wurde am 10. Mai 1924 endgültig von der badischen Regierung aufgelöst.

Gründung 1919

Den Anstoß zur Errichtung der "Zentralstelle für pfälzische Angelegenheiten" (später: Haupthilfsstelle für die Pfalz; auch Pfalzzentrale genannt) gab der Speyerer Regierungspräsident Theodor von Winterstein (1861-1945) nach seiner Ausweisung durch die Besatzungsbehörden (31. Mai 1919) wegen seines Widerstands gegen die französische Pfalzpolitik. Zu ihrem Leiter wurde der ehemalige Direktor der höheren Mädchenschule Pirmasens und Hauptmann d.R. Dr. August Ritter von Eberlein (1877-1949) bestellt.

Aufgaben und Finanzierung

Als "Propaganda-, Nachrichten- und Auskunftsdienst" mit Sitz in Mannheim verfügte sie über ein dichtes Netz von Informanten in den pfälzischen Behörden und einen geheimen Kurierdienst in die Pfalz. Dabei wurde sie unterstützt durch einen "Aktionsausschuss" aus Vertretern der SPD, BVP, DVP und DDP sowie Repräsentanten der pfälzischen Wirtschaft. Finanziert wurde sie aus Mitteln des Reichs und des "Pfälzischen Hilfsfonds" der Staatsregierung. Drohungen der Alliierten, zur Durchsetzung ihrer Reparationsforderungen rechtsrheinische Gebiete zu besetzen, führten im Oktober 1920 bzw. Januar 1921 zum Anschluss einer hessischen und einer preußischen Abteilung und im März 1921 zur Verlegung der Zentralstelle nach Heidelberg als "Zentralfürsorgestelle für das besetzte Gebiet, Abteilung Preußen (Oberrhein), Abteilung Hessen, Abteilung Bayern (Pfalz)". In Heidelberg war die Zentralstelle im selben Gebäude untergebracht wie die Geschäftsstelle der Speyerer Kreisregierung.

Offizielle Auflösung 1921, geheimer Fortbestand bis 1924

Auf Verlangen der Alliierten wurde sie am 1. Oktober 1921 offiziell aufgelöst, bestand aber zunächst als "Firma August Müller Nachf., Kommissionshandlung für Lebensmittel, insbesondere Kartoffeln" in Mannheim, später als "Haupthilfsstelle für die Pfalz" in Heidelberg insgeheim fort.

Nach der Ausrufung des passiven Widerstands gegen die Ruhrbesetzung und die französische Sanktionspolitik stellte sie wiederholt Waffen, Munition und Sprengstoff für Eisenbahnattentate und Sprengstoffanschläge in der Pfalz zur Verfügung. Im Herbst 1923 rüstete sie Abwehrgruppen für die bewaffnete Auseinandersetzung mit den Separatisten aus.

Nach ihrer Verwicklung in die Fälschung sog. Regiefranken als Zahlungsmittel im Bereich der französisch-belgischen Regiebahn ließ das badische Kabinett die "Haupthilfsstelle" am 10. Mai 1924 schließen. Ihre Abwicklung durch Bayern zog sich aber bis 1927 hin.

Literatur

  • Helmut Gembries, Verwaltung und Politik in der besetzten Pfalz zur Zeit der Weimarer Republik (Beiträge zur pfälzischen Geschichte 4), Kaiserslautern 1992.

Quellen

  • Verlag und Redaktion der "Pfälzischen Rundschau" (Hg.), Niemals! Dokumente aus dem Befreiungskampf der Pfalz, Ludwigshafen 1930.

Weiterführende Recherche

Verwandte Artikel

Haupthilfsstelle für die Pfalz, Pfalzzentrale

Empfohlene Zitierweise

Helmut Gembries, Bayerische Zentralstelle für pfälzische Angelegenheiten, 1919-1924, publiziert am 03.07.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bayerische_Zentralstelle_für_pfälzische_Angelegenheiten,_1919-1924> (19.03.2024)