Berchmanskolleg, Pullach
Aus Historisches Lexikon Bayerns
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1925 gegründete Ordenshochschule der neu errichteten Oberdeutschen Provinz des Jesuitenordens. Am Berchmanskolleg studierten und unterrichteten ausschließlich Jesuiten, Lehrinhalt war die neuscholastische Philosophie. 1971 wurde das Kolleg nach München verlegt und in Hochschule für Philosophie umbenannt.
Zur Namensgebung
Das Berchmanskolleg in Pullach war von 1925-1971 die Hochschule für Philosophie der Jesuiten in Deutschland. Sein Namenspatron Johannes Berchmans (1599-1621), ein flämischer Jesuit, starb am Ende seines Philosophiestudiums in Rom. Am 15. Januar 1888 wurde er von Papst Leo XIII. (1810-1903, reg. 1878-1903) heiliggesprochen und zum Patron der studierenden Jugend erhoben.
Baugeschichte
Den Grundstein des Kollegs legte am 24. August 1924 Augustin Bea (1881-1968), der erste Provinzial der wiederbegründeten Oberdeutschen Provinz und spätere Kurienkardinal. Das Studienhaus errichtete man in der Nähe von Warnberg (bis 1938 Gde. Solln, dann Stadt München). Dieses Landgut gehörte bis zur Aufhebung des Ordens 1773 dem Münchner Jesuitenkolleg. Dorthin pflegte der Dichter Jakob Balde SJ (1604-1668) seine Ausflüge zu machen.
Die Architekten Georg Guinin und Richard Müller entwarfen die Baupläne, die der Bauunternehmer Georg Berlinger sen. (1882-1946) ausführte. Die Ausgestaltung der Kapelle im zeitgenössischen Stil übernahm wahrscheinlich Jakob Angermair (1869-1945), dem Oskar Martin Amorbach (1897-1988) und Augustin Pacher (1863-1926) zur Seite standen.
Das Professorenkollegium und sein Lehrangebot
An der Ordenshochschule lehrten ausschließlich Jesuiten auf Latein neuscholastische Philosophie, die sich an Francisco Suárez SJ (1548-1617) orientierte. Die Vorlesungen begannen am 5. Oktober 1925. Ausgehend von Immanuel Kant (1724-1804) und Joseph Maréchal SJ (1878-1944) entwickelten später Walter Brugger SJ (1904-1990), Johannes Baptist Lotz SJ (1903-1992) und Josef de Vries SJ (1898-1989) eine eigene Transzendentalphilosophie.
Das Studium dauerte sechs Semester. Neben Logik, Erkenntnistheorie und Metaphysik standen auf dem Lehrplan Ethik, Natürliche Theologie, Naturphilosophie und Philosophische Psychologie. Jesuiten konnten an der Hochschule das kirchliche Lizentiat und Doktorat erwerben.
Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg
Trotz der Schikanen durch die Nationalsozialisten, denen sich Lothar König SJ (1906-1946) energisch widersetzte, konnte während des "Dritten Reiches" der Lehrbetrieb aufrechterhalten werden. Kurz vor Kriegsende wurde das Gebäude beschlagnahmt und den Jesuiten das Kloster Maria Eck bei Traunstein als "Auslagerungsstelle" zugewiesen. Von 1945 bis 1948 bestand am Berchmanskolleg eine theologische Fakultät, die Karl Rahner (1904-1984) als Dekan leitete.
Von Pullach nach München
Bis zum Vatikanischen Konzil (1962-1965) erweiterten die Professoren ihr Lehrangebot und begannen 1961, auf Deutsch zu dozieren. Aufgrund der Konzilsbeschlüsse erließ der Jesuitenorden am 10. Oktober 1967 eine neue Studienordnung und verkürzte das Grundstudium in Philosophie von sechs auf vier Semester. Daraufhin ging die Zahl der Studenten so stark zurück, dass ein Ende des Berchmanskollegs abzusehen war. Um Nichtjesuiten für das Studium an der Hochschule zu gewinnen, wurde sie 1971 nach München verlegt, wo sie bis heute als "Hochschule für Philosophie" fortbesteht.
Literatur
- Julius Oswald SJ (Hg.), Schule des Denkens. 75 Jahre Philosophische Fakultät der Jesuiten in Pullach und München, Stuttgart 2000.
Weiterführende Recherche
Empfohlene Zitierweise
Julius Oswald SJ, Berchmanskolleg, Pullach, publiziert am 11.05.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Berchmanskolleg,_Pullach> (11.10.2024)