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Abwehrstellen, 1919-1924

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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Ausweis für die Mitglieder der Pfalzabwehr, ausgestellt vom Sonderbevollmächtigten der bayerischen Staatsregierung, Theodor von Winterstein. (Landesarchiv Speyer, R 12, Nr. 735)
Dr. August Ritter von Eberlein (1877-1949). Abb. aus: Oskar Fergg, Festschrift zur Erinnerung an die vor 50 Jahren durch die Stadt erfolgte Übernahme der 1870 gegründeten Schule, Pirmasens 1933, 60. (Bayerische Staatsbibliothek Bavar. 4545 m)

von Helmut Gembries

Außer der sog. Pfalzzentrale wurden zwischen 1919 und 1924 zur Bekämpfung der französischen Bemühungen um eine Separation der Pfalz von Bayern und vom Deutschen Reich verschiedene weitere Abwehrstellen eingerichtet. Unter ihrer jeweiligen Tarnbezeichnung waren sie mit der "Pfalzzentrale" teils identisch, teils organisatorisch verbunden.

Die im Februar 1921 gegründeten Presseagenturen "Oberrheinisches Depeschenbüro" und "Oberrheinischer Nachrichtendienst" bzw. "Oberrheinisches Nachrichtenbüro" wurden als privatwirtschaftliche Unternehmen ausgegeben. Sie waren aber ebenso wie der "Südwestverlag" der Pressestelle der "Pfalzzentrale" angegliedert. Von Bayern und dem Reich finanziert, arbeiteten sie zusammen mit der "Polwona", der "Politischen West-Ost-Nachrichtenagentur". Hinter dieser Bezeichnung verbarg sich wiederum das Lektorat der formal unabhängigen "Rheinischen Volkspflege". Bei ihr handelte es sich um das Westreferat der Reichszentrale für Heimatdienst.

"Firma August Müller Nachf., Kommissionshandlung für Lebensmittel, insbesondere Kartoffeln" war nach ihrer offiziellen Auflösung und ihrer Rückverlegung nach Mannheim ab Januar 1922 die Tarnbezeichnung für die "Pfalzzentrale" (offiziell Bayerische Zentralstelle für pfälzische Angelegenheiten). August Müller war das Pseudonym für August Ritter von Eberlein (1877-1949), deren Leiter.

Als "Deutsches Büro Mannheim" wirkte ab Dezember 1922 der wiederbelebte Aktionsausschuss des Jahres 1919 aus Vertretern der BVP, der DDP, der DVP und der SPD sowie des pfälzischen Industriellenverbandes. Nach dem Ausbruch des Ruhrkampfs und der abermaligen Verlegung der "Pfalzzentrale" als "Haupthilfsstelle" nach Heidelberg hatte er seinen Sitz weiterhin in Mannheim. Seine Besprechungen hielt er in den Räumen einer ebenfalls dort verbliebenen Zweigstelle der "Pfalzzentrale" ab.

Neben dieser Zweigstelle unterhielt die "Pfalzzentrale" während des Ruhrkampfs in Mannheim eine "Zentralstelle für pfälzische Flüchtlinge", auch "Flüchtlingsstelle Mannheim" oder - intern - "Vorprüfungsstelle Mannheim" genannt. Sie vermittelte Ausgewiesenen und Flüchtlingen Arbeitsstellen und Wohnungen im rechtsrheinischen Bayern, befragte sie aber auch über das Verhalten der Bevölkerung und der Besatzungstruppen. Die dabei gesammelten Erkenntnisse leitete sie gegebenenfalls an die zuständige Staatsanwaltschaft Mannheim weiter, um etwaige Verstöße gegen die Notgesetzgebung des Reichs verfolgen zu lassen.

Die diversen Abwehrstellen wurden mit dem Ende der Pfalzzentrale am 10. Mai 1924 aufgelöst.

Literatur

  • Ernst Otto Bräunche, Die Pfalz muß deutsch bleiben. Finanzierung und Organisation der Abwehr gegen separatistische Bestrebungen in der Rheinpfalz 1918-1924, in: Hans Ammerich/Otto Roller (Hg.), Festschrift zum 100jährigen Bestehen der Pfälzischen Hypothekenbank. 2. Teil: Beiträge zur Pfälzischen Geld- und Finanzgeschichte (Veröffentlichungen der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften in Speyer 79), Speyer 1986, 227-268.
  • Helmut Gembries, Verwaltung und Politik in der besetzten Pfalz zur Zeit der Weimarer Republik (Beiträge zur pfälzischen Geschichte 4), Kaiserslautern 1992.
  • Klaus W. Wippermann, Politische Propaganda und staatsbürgerliche Bildung. Die Reichszentrale für Heimatdienst in der Weimarer Republik, Köln 1976.

Quellen

Weiterführende Recherche

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Empfohlene Zitierweise

Helmut Gembries, Abwehrstellen, 1919-1924, publiziert am 03.07.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Abwehrstellen,_1919-1924> (28.03.2024)